Misstrauen ist eine schreckliche, institutionelle Wahrheit. Sie ist so tief im Denken und Handeln, in Hierarchien, Strukturen und Bürokratien verankert, dass sie nicht „einfach so“ überwindbar ist. Sie ist an vielen Stellen ein Relikt aus einer anderen Zeit, einer Zeit, in der Kopf und Hand getrennt waren, in der nur wenige mitdenken sollten und die anderen hart arbeiten mussten. Sie kostet Zeit, Energie, Geld und schadet deutlich mehr als sie Nutzen stiftet.

Inzwischen steht uns das Misstrauen massiv im Weg. Der misstrauenslogische Hang zur Kontrolle, zur führungs-eigenen Entscheidung, zur Steuerung über fixe Ziele hat eine Arbeitswelt erschaffen, in der Druck, Frust, Resignation, Zurückhaltung die Regel statt der Ausnahme ist. Noch zu selten kann man freie Gestaltungsräume, freienZugang zu notwendigem und offene Dialoge erleben. Was folgt, ist weniger Spitzenleistung als viel mehr stark gebremster Leistungswille. Das ist Irr-sinn im Wortsinn! Irrsinn, der die Tragfähigkeit von Visionen und dem vielbeschworenen Purpose unterminiert und der ausbremst, was wir dringend brauchen: den ungehinderten Fluss von Ideen, Mut und Innovation. 

Warum tun wir das?

Wir misstrauen, weil wir Angst haben. Weil es immer schon die 3-5% an Mitmenschen gegeben hat, die betrügen, belügen und alles allein zum eigenen Vorteil auslegen. Auf die Fragen, wie man diesen konsequent begegnet, ihnen den Raum nimmt, sich ungehindert breitzumachen, haben wir meist nur eine Antwort gefunden: umfassendes Misstrauen allen gegenüber. Indem wir alle beschränken und ihnen misstrauen, stellen wir sicher, dass die paar weingen, die jeden Freiraum für sich rücksichtslos ausnutzen, keinen echten Schaden anrichten können. So stecken über 95% in der Falle, weil es ein paar Menschen gibt, denen wir nicht konsequent begegnen wollen oder können. 

Dieses Misstrauen hat weitreichendere Folgen, als nur ihre Wirkung in den Unternehmen. Es lässt das Systemvertrauen in den Staat und das soziale Umfeld schwinden und wirkt auf die Gesellschaft mit einer zunehmenden Spaltung und einer weiteren Erosion des früher selbstverständlichen Grundvertrauens. Ein absolut überflüssiges und toxisches Übel!

Dabei gibt es eine Alternative: Konsequentes, ehrliches Vertrauen. Vertrauen kombiniert mit umfassender Konsequenz und direkter Ansprache von allem, was droht aus dem Ruder zu laufen. 

Vertrauen aufzubauen ist ein langwieriger Prozess, einer der 10-mal mehr Aufbauarbeit erfordert, als notwendig ist, um es zu (zer)stören. Es ist ein Wechselspiel zwischen Geben und Nehmen, zwischen Vertrauenswürdigkeit und Vertrauensfülle. 

Doch vollständiges, umfassendes Vertrauen ist zugleich eine Utopie, die wir beim besten Willen nicht erreichen werden, jedenfalls so lange nicht, wie unsere Gesellschaft auf Misstrauen gepolt ist. Es wird daher nicht gelingen, einen Schalter in der Geschäftsführung umzulegen und ab morgen vertrauensvoll und vertrauenswürdig miteinander zu arbeiten. Der schnelle Weg durch die Vordertür ist verschlossen. 

Daher kann man es sich getrost sparen, den Start einer Vertrauenskultur zu verkünden, ohne, dass das Unternehmen in seinem Fundament darauf eingestellt ist! Das ist ein Fake, der zunächst nach einer genialen Idee klingt, im Nachhinein aber bitter aufstößt. „Jetzt haben wir uns alle lieb und gehen vertrauens- und respektvoll miteinander um“ ist, wenn es hart auf hart kommt, zu oft eine hohle Phrase.

Vertrauen durch die Hintertüre

Wer dagegen einen Schlüssel für die Hintertüre hat, wer auf der Systemebene, bei Management- und Führungspraktiken, -instrumenten und -verständnissen ansetzen kann, der hat echte Chancen etwas zu verändern. Wer zunächst die Grundlagen aufbaut und die Werkzeuge des Misstrauens aus dem Führungs- und Managementinstrumentarium tilgt, der wird mehr Erfolg ernten. Denn, das Misstrauen steckt tief. Es hat sich wie eine glühende Lanze tief in die Menschen eingebrannt. Aber es steckt vor allem auch im System, denn Misstrauen hat allzu oft System. Das zu verstehen, ist der Schlüssel zur Hintertüre, den Manager und Führungskräfte in der Hand haben. Sie müssen nur (noch) clever genug zu sein, ihn ins Schloss zu stecken. Wem es gelingt, nachhaltig das System zu verändern, wem es gelingt, dass Vertrauen in dem, wie „das Unternehmen“ Dinge tut, wirklich konsequent wahrnehmbar ist, dem wird es gelingen, auch die Wahrnehmung der Menschen zu verändern. 

Die Instrumente des Misstrauens sind allerdings vielfältig. Sie sind erlebbar in vielen Praktiken, Ideen und Symbolen. Sie zu erkennen braucht ein scharfes Auge, Mut und Ausdauer. Sie anzusprechen und zu verändern, diese Fehler im System zu beheben braucht Offenheit und Selbstvertrauen. Aber, es lohnt. Denn jede eliminierte Quelle des Misstrauens ist ein Baustein neuen Vertrauens.

Nehmt wahr, was nicht wahr sein sollte

Setzt euch zusammen, schärft eure Wahrnehmung, schaut euch um. Wo werden Menschen ohne erkennbaren und guten Grund eingeschränkt, warum werden Ideen ausgebremst, wie wird Macht verteilt und gelebt, was ist Wahrheit im Unternehmen und zugleich so sinnlos, so abstrus, so misstrauend, dass es abgeschafft werden sollte?

Das ist die Hintertüre, durch die die Grundlage für Vertrauen ins Unternehmen kommen kann. Wenn die ‚Missinstrumente‘ gefunden und abgeschafft werden, ändert sich die Kultur, das Zusammenarbeiten und damit auch das Maß an Vertrauen. Es ist sicherlich zunächst kein einfacher Weg, aber er lohnt!

Wie FokusWahlfreiheit, so ist auch das Maß an Vertrauen ein Indikator, den wir im Rahmen der Diagnostiken von AgilityInsights erheben. Im Zusammenspiel und der gemeinsamen Betrachtung stellen sie sehr konkrete und direkt nutzbare Hinweise und Hebel dar, mit denen wichtige Schritte hin zu mehr Spitzenleistung leichter gegangen werden können.

Mehr Infos gerne auf Nachfrage.