„Ist doch besser, den alten weiter zu fahren, oder?!“ Warum der Systemwechsel plötzlich sinnvoller ist, als abzuwarten

>>> Perspektive

Ich gebe zu, ich gehöre zu den Menschen, die lieber einen guten Gebrauchtwagen – und den dann auch noch lange – fahren, als regelmäßig in einen Neuwagen zu investieren. Das hat viele Gründe, zum einen ist ein Auto für mich mehr Nutzgegenstand als Prestige, zum zweiten leben wir „auf dem Land“ und da ist es ohne Auto noch schwierig und drittens möchte ich die Dinge in Tiefe verstehen und Lösungen finden und ausprobieren können, d.h. ich schraube ich im Zweifel gerne auch selbst.
 
Bei uns in der Straße gibt es aber auch alle möglichen anderen Ansätze. Ein Nachbar fährt seine Autos bis sie regelrecht auseinanderfallen, andere haben ihre Firmenwagen und damit ohnehin alle drei Jahre etwas Neues vor der Tür und, ja, es gibt auch die klassischen Neuwagenkäufer. Sicher ist sicher, auch wenn’s etwas kostet.
 
Festzustellen ist dabei: Je höher und (vermeidlich) sicherer die Position (im Job), desto neuer und moderner, sicherer, wartungsärmer, einfacher zu bedienen und effizienter auch das Auto (inkl. der Firmenwagenfahrer).

Restaurierte Oldtimer

Ein Kollege aus meiner Konzernzeit hatte den netten Spleen, neue Produkte und Ideen in Analogien zu Autos zu präsentieren. Da gab es die Mercedes S-Klasse für die gehobene Ansprüche, den VW Golf fürs Volk und ein paar erste SUVs. So und damit bin ich bei meinem Punkt angekommen. Wenn ich in Unternehmen blicke, dann stehen da zwar die Neuwagen vor der Türe, in den Unternehmen wird aber konsequent auf Oldtimer gesetzt. Nein, ich meine nicht angegraute Manager, die auf Ihre Betriebsrente spekulieren. Es hat wenig mit dem Alter zu tun, NEUgierig und experimentierfreudig zu bleiben.
 
Was ich meine, sind die Systeme und Strukturen in denen wir arbeiten. An der Stelle nutzen wir Oldtimer aus den 20’er Jahren (ja, ich meine tatsächlich die 1920er Jahre). Die Ansätze wurden zwar alle 20 – 30 Jahre restauriert und bekamen neuen Lack, ihr Kern, ihr Antrieb, ihr Getriebe und das Armaturenbrett gehen dennoch auf die alten Managementtechnologien zurück. Meist sind wir uns dessen nicht einmal bewusst, sie werden ja zum Teil bis heute als „state of the art“ gelehrt, auch wenn Wissenschaft und eigene Erfahrungen dieser Lehre heute vehement widersprechen. Dazu kommt: Wer aus diesem Mainstream ausschert, wird kritisch beäugt, teils neidvoll, aber immer auch mit der Erwartung, dass in diesem neuen Konzept irgendwo ein Dieselgate schlummert. Die Angst davor wirtschaftlichen Schaden zu verursachen, indem in diesem grundlegenden Bereich etwas Neues ausprobiert wird führt zu wirtschaftlichen Schäden, die ich im Durchschnitt auf 25% bis 30% der Leistung der Unternehmen schätze.
 
Welche Folge diese (Fest)Haltung (am Alten) führt, hat Karl-Heinz Büschemann in seinem Artikel in der Süddeutschen am Freitag wunderbar auf den Punkt gebracht. In „Die große Verunsicherung der deutschen Manager“ schreibt er u.a. : „Die alten Gewissheiten der Unternehmensführung gelten nicht mehr. Die Lehrbücher helfen nicht mehr weiter. Stets wussten die Chefs wenigstens ungefähr, was passiert, wenn sie eine bestimmte Maßnahme ergreifen. Inzwischen berichten sie von dem Gefühl, den festen Boden unter den Füßen verloren zu haben.“
 
Das Grundbedürfnis „Sicherheit“ ist Angst und Ohnmacht gewichen. Lähmung ist die bittere Konsequenz. 
 
Während in den Unternehmen die Manager langsam feststellen, dass das alte System nicht mehr zu funktionieren scheint, deutet sich meinem Analogon Autos ein Systemwechsel an. Dabei geht es mir nicht um Elektro- oder Brennstoffzellenantriebe statt Verbrennungsmotoren. Das ändern noch nicht wirklich das System. Was deutlich fundamentaler Wirkung zeigen wird, ist die Kombination aus der „sharing economy“ und autonom steuernden Fahrzeugen. Die logische Folge sind Mobilitätskonzepte, die den Besitz von Führerschein oder Autos größtenteils überflüssig machen und damit Industrien, Gesellschaft aber auch Bereiche wie Städtebau und Mobilität im Alter nachhaltig verändern werden.
 

Leadership and learning are indispensable to each other. (John F. Kennedy)

Der Abhang hinter dem Tipping Point

Wenn ich jetzt wieder das System „Organisation“ in den Blick nehme, so scheint hier der „Tipping Point“ eher erreicht zu werden. Nicht nur, dass viele Mitarbeiter die sie hemmenden Strukturen und Prozesse längst geschickt umgehen, sie betreiben auch sehr aktiv die Gestaltung der Zukunft – auch wenn sie sich alleine vieler strukturell-systemischer Altlasten nicht entledigen können. (Wie stark diese Bewegung ist, lässt sich an den Ergebnissen einer kleinen Studie von mir ablesen.)
 
Um ein Bild zu nutzen, das Gunter Dueck in seinem aktuellen Omnisophie Beitrag genutzt hat, beginnt die Kugel, die lange von den vielen, die es Sisyphus gleich tun und anderen “earyl Adapters“ neuer Arbeitswelten, mit viel Mühsal, Enttäuschungen, Entbehrungen, Niederlagen und dennoch mit viel Energie den Berg hinaufgeschoben wurde, nun langsam selbst den Berg auf der anderen Seite hinabzurollen und eine enorme Bewegungsenergie in sich aufzunehmen. Was lange nur Hirngespinst einiger weniger war, hat auf einmal das Zeug die (Arbeits)Lebensrealität vieler in großem Umfang und schnell zu verändern. Was bislang als „soft“ und „esoterisch“ abgetan wurde und gegenüber „harten Zahlen“ vernachlässigbarer „Kulturkram“ war, wird jetzt, mit Blick auf einen demographischen wie technologischen Wandel, der mit bislang unbekannter Dynamik, Komplexität und Geschwindigkeit die Unternehmensumwelten durchschüttelt, zur notwendigen Bedingung, um Zusammenarbeit in Unternehmen so effektiv zu machen, wie es die Zukunft ganz einfach erfordert.
 
Oder, um es anders zu sagen: Der Treibstoff für die bislang weit verbreiteten Oldtimer kann in naher Zukunft bestenfalls noch in Apotheken erworben werden und selbst dann ist er noch rar, teuer und schwer zu handhaben. 
 

Die Arbeit nach alten Logiken hat ausgedient. Wir müssen das System dringend neu gestalten!

 
Die Kugel kommt ins Rollen. Das führt dazu, dass auch Menschen wie ich, die schon lange beobachten, wie teils verzweifelt versucht wird das alte System am Laufen zu halten und die gerade deshalb mit viel Energie die Kugel auf den Berg geschoben haben, erstaunt dastehen und gebannt zuschauen, wie sie sich auf der anderen Seite zur Lawine ausweitet und beginnt sich selbst den Weg zu bahnen.
 
Das Problem solch fundamentaler Systemveränderungen ist, dass es keinen wirksamen Abwehrmechanismus (mehr) gibt. Weder Aussitzen noch Wegducken, kein Ignorieren oder auf andere verweisen. Es gibt, wegen der Energie und der Ungewissheit, die eine solche Lawine in sich trägt, allein die Option auf ihr zu reiten, sie verstehen zu lernen, ihre Kraft zu nutzen, um dann (immer wieder) im richtigen Moment geeignet reagieren zu können. Der Wandel von einem durch wenige gesteuerten, plan- und kontrollierbaren Unternehmenssystem, hin zu einem, in dem optimale, breit aufgestellte Zusammenarbeit der einzige echte Garant für langfristige Existenz ist, lässt sich weder verhindern noch vermeiden. Die Lawine kommt und je länger man versucht vor ihr zu flüchten, desto mehr Momentum baut sie auf und desto vehementer ergreift sie die Flüchtigen.
 
Sie ist unaufhaltsam. Auch für diejenigen, die ihrem Oldtimer, dem alten Ansatz, bis heute zu 100% vertraut haben, auch wenn der Motor immer häufiger stotterte und einige Gänge im Getriebe nicht mehr funktionieren. Der Wagen fährt noch, er verliert an Geschwindigkeit, aber er fährt….. während die anderen über die Fahrt im Hyperloop nachdenken.
 
Andererseits, was weiß ich schon. Auch Lawinen sind nicht vorhersagbar und auch, wenn ich von der Bergspitze aus die Welt betrachte, es ist nur meine Perspektive auf die Dinge. Daher bin ich extrem gespannt auf eure Sicht und Ansätze, wie ihr mit der Lawine umgeht. Schreibt es bitte in die Kommentare und teilt den Artikel gerne, um aktiv weitere Sichtweisen einzubeziehen. Nie war der Dialog über diese Themen wichtiger als heute.
 
Ich freue mich übrigens schon auf die neuen Mobilitätskonzepte. Dann kann ich meine Lebenszeit sinnvoller einsetzen, als im Stau zu stehen. Dann kann ich auch im hohen Alter noch frei entscheiden, wann ich wohin fahren will. Dann kann ich alle Vorzüge genießen, die mit die heutige Technik einfach nicht bieten kann. Neu und anders ist dann in jedem Fall besser, als alt und gewohnt.
 
P.S. Wer das Thema aus der Perspektive „Digitalisierung“ vertiefen möchte. Gunter Dueck hat (auch dazu) hier einen lesens- und vor allem dringend reflexionswürdigen Beitrag geschrieben.

Hier ist Beratung gefordert – #BCExtended

Hier ist Beratung gefordert – #BCExtended

Was jetzt kommt ist – zugegeben – eher etwas für Nerds und all jene, die verstehen wollen, wie ich vorgehe und arbeite, um aus Unternehmen nicht das letzte, sondern das beste rauszuholen und zu aktivieren.
Zugleich ist es, wie so oft, wenn ich schreibe, eine (Selbst)Reflexion (auch) zum Thema Beratung (und vielleicht auch zur Zukunft von Beratung), die dennoch auch handfeste Hinweise enthält, wie jeder selbst das Unternehmen, das ihm/ihr am Herzen liegt in Richtung Zukunft entwickeln und bewegen kann. Denn (nur), wer sich beobachtet, sich selbst spiegelt und dabei bewusst und achtsam agiert, kann sich in den großen Schritten weiter entwickeln, die es heute braucht, um am und im Markt attraktiv zu bleiben.
Also, wenn ihr Lust habt….. einfach weiterlesen:
Die Geschichte dieses Beitrags beginnt ohne mich. Das Personalmagazin hatte zu einer „Berater Challenge“ aufgerufen. Sie hat eine klassische Beratungsaufgabe in den Raum gestellt und den kleinen Kreis der großen, d.h. Detecon, EY, Haufe, HR Pioneers, Mercer Promerit sowie bei Accenture, Bain, Cap Gemini, Deloitte, Kienbaum, Korn Ferry, KPMG, McKinsey und PWC gefragt, wie sie das Thema angehen und die Unternehmen dabei begleiten würden. Allerdings nahmen nur die ersten fünf aus dieser Liste und damit zumeist die kleineren unter „den großen“ die Herausforderung auch an.
Aus Sicht des Personalmagazins verständlich, sich auf 15 Anbieter zu fokussieren. Der Anbietermarkt ist einfach zu groß und wächst stetig, auch weil viele Unternehmen derzeit händeringend nach kompetenter Unterstützung beim Umbau ihrer Organisation(sstruktur) suchen.
Doch gerade deshalb gibt es auch im Kontext zeitgemäßer Management- und Organisationsentwicklungsansätze ein oftmals unterschätztes Potenzial eher kleinerer Beratungen, die (organisations)individuelle Lösungen gemeinsam mit den Menschen in den Unternehmen erarbeiten und etablieren. Ganz persönlich, von Mensch zu Mensch. Schließlich fällt es ‚kleinen’ leichter wirklich zu leben, was sie vermitteln… Aus manchen ‚großen‘ hört man da schließlich auch anderes.
Unabhängig davon: eine „Berater Challenge“… klingt spannend :), ist es doch eine Herausforderung für diejenigen, die sonst eher die Menschen in den Unternehmen herausfordern. Für mich in jedem Fall eine gute Gelegenheit zu reflektieren, ob und wie mein eigenes Vorgehen, mein Muster, hier gepasst hätte.
UND – und hier kommen meine lieben Kolleginnen und Kollegen ins Spiel – eine Herausforderung, die wir aufgreifen könn(t)en, um sie zu einer „Berater Challenge Extended“ (#BCExtended) zu machen. Die wir nutzen könn(t)en, um Vielfalt und Vernetzungsfähigkeit unserer Angebote aufzuzeigen. Denn was „die Großen“ können, könnten wir gemeinsam auch.
Ihr seid also angerufen, euch eure eigenen Gedanken zu machen, aufzuschreiben, was und wie ihr „es“ tun würdet (in Stichworten Blogbeiträgen oder als Slidedeck), um dann euren Weg aufzuzeigen. Ich bin gespannt ob und wer seine Kompetenz hier einbringt. (Mehr dazu am Ende des Blogposts)

Aber nun: Was hätte ich geantwortet, wenn ich gefragt worden wäre 😉

Hier zur Einstimmung in kurzen Worten die Aufgabenstellung (soweit sie aus dem Onlineartikel herauszulesen ist).
Die Winds Of Change GmbH & Co. KG (WOC), ein fiktiver Automobilzulieferer für Abgas- und Klimalösungen, mit weltweit 11.000 Mitarbeitern ist momentan gesund, die Zukunft wirft allerdings ihre Schatten voraus. Das traditionell geführte und strukturierte Unternehmen, mitten in einem globalen, dynamischen, sich massiv verändernden Markt, will (und muss) sich verändern, denn die Unternehmensführung rechnet damit, dass der Druck steigt. Das Unternehmen sollte also idealerweise den Wandel adaptieren und intern vorwegnehmen. Für diese (Neu)Ausrichtung auf die Zukunft soll eine Lösungsskizze ausgearbeitet werden. Konzipiert hat den Case Professor Ingo Weller, Leiter des Instituts für Human Capital Management an der Ludwig-Maximilians-Universität München.
Dieser fiktive Case des Personalmagazins klingt nach einem typischen Fall der gegenwärtigen deutschen Unternehmenslandschaft mit einem ebenso typischen umfassenden und universellen Szenario: Die organisationskulturelle, digitale und zugleich individuelle Transformation.

Was tun?

Klar ist: Vieles ist Unklar! Die Informationslage ist beschränkt, erfordert Interpretation und beinhaltet Unsicherheiten.
Klar ist auch (und das wird auch im Artikel deutlich): Die Herausforderung ist nur systemisch zu meistern. Sie erfordert Arbeit an einer (möglichen) Vielfalt von Themen, mit und für die Menschen, dem großen Bild im Kopf und Gefühl für die kommenden Entwicklungen.
Eine Kernfrage dabei ist: Wieviel Arbeit ist (schon) auf der Ursachenebene möglich, wo müssen zuerst Symptome bearbeitet werden, um anschließend weiterzukommen. Wo steht das Gesamtsystem, wozu ist es bereit? Wie stark ist die Top-Führung bereit ‚loszulassen‘ und partzipativere Ansätze zu gehen?
Wie sehr die Spitzenmannschaft hier gefordert ist, ihr klassisches Vorgehen zu reflektieren, hat ganz aktuell meine Studie gezeigt, deren Ergebnisreport nicht umsonst „Gemeinsam ist das neue Top-Down“ heißt. Das Ziel darf kaum weniger sein, als den Boden für möglichst viele Hochleistungsteams im Unternehmen zu bereiten.
Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass „Winds Of Change“ in einem Markt agiert, der sowohl von hohen Abhängigkeiten, engen Margen und starken Bindungen an die Automobilhersteller, als auch von einer enorm beschleunigten Entwicklung in Bezug auf die Digitalisierung der Fahrzeuge geprägt ist. Vernetzung, Internet of Things, die Entwicklung neuer Mobilitätskonzepte und damit vollkommen neue Kunden und Nutzeranforderungen, 100% Zuverlässigkeit und Langlebigkeit sind nur einige der Eckpunkte, die es zu bedenken gilt.

Wo beginnen?

Natürlich braucht eine solche Aufgabenstellung zunächst einen tieferen Einblick ins Unternehmen. Alles andere wäre fahrlässig. Viele Bestandsanalysen die mittels ‚Beobachtern‘ den Status aufzunehmen versuchen, sind allerdings zwangsläufig auch sehr subjektiv geprägt. Hier Objektivität zu gewährleisten ist aus meiner Sicht aus zwei Gründen fast unmöglich: zum einen ist jeder Berater der im Unternehmen aktiv wird, sofort auch Teil des Systems und verändert durch die Beobachtung bereits das Ergebnis. Zum anderen ist die Wahrnehmung des Beraters zwangsläufig subjektiv.
Eine fundierte und objektive Analyse stößt andererseits bei Auftraggebern häufig zunächst auf Widerstand. Einfach weil’s, wie mein Lieblingstool an dieser Stelle, als Onlinebefragung Geld kostet, man dabei nicht wirklich zusehen kann und alles so einfach wirkt. Für den Auftraggeber und für mich ist Objektivität dennoch am Ende günstiger und verlässlicher.
Wo ich also idealerweise schrittweise arbeite, erst die Analyse, dann die Reflexion und das konkrete Entwicklungsangebot, muss ich in diesem Fall für das weitere Angebot auf diese validen Faktenbasis verzichten und direkt starten. Also: ran an den „Musterprozess“. Ich nenne dabei den Ansatz des „Corporate Co-Re-creation“ (CoCoRe) bewusst „Muster“, weil er immer organisationsindividuell an die konkreten Bedürfnisse angepasst werden muss. Ihn einfach zu 100% zu durchlaufen ist wenig zielführend und konterkariert die eigentliche Intention: Ressourcen zu schonen und Potenziale optimal zu nutzen.

Und dann?

Im Kern setzt CoCoRe darauf, die Erfahrungen, Kompetenzen, Ideen und Impulse der Mitarbeiter konsequent zu nutzen und diese daher von Beginn an maximal einzubinden. Je früher die 10% – 15% der unternehmens- und zukunftsbegeisterten Raum erhalten, sich fokussiert zu engagieren, desto besser das Ergebnis. Harald Schirmer hat bei Continental (auch ein Automobilzulieferer) aufgezeigt, welche enorme Energie dabei frei werden kann, wenn weltweit „Ambassadoren“ für die Zukunft des Unternehmens aktiv werden dürfen. Aber auch bei anderen Unternehmen der ‚Branche‘ (Favi, Allsafe Jungfalk, Harley Davidson) oder in ingenieur- und produktionsgeprägten Umfeldern (AES, Chronoflex, W.L.Gore) wird deutlich, dass ein umsteuern zwar anstrengend aber möglich und vor allem mit Blick auf die Zukunft erfolgversprechend und fast unumgänglich ist.

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Daher ist das erste Ziel, zu den wichtigen Themen (Stichwort: Analyse, s.o.) „Multiteams“ zusammenzubringen, die x-functional, x-culture, x-hierachy und intensiv vernetzt die ganz eigene „Future Challenge“ angehen. Ihre Aufgabe ist die Kernpunkte der (neuen) Rahmenbedingungen zu definieren, die die Zusammenarbeit an den Themen, die die Zukunft des Unternehmens bedeuten können und sollen. Relevante Themenstellungen sind dabei zum Beispiel nach außen gerichtete Themen, wie „Trends & Innovationen“, „Anforderungen durch neue Mobilitätskonzepte“, „Ab in die Luft – welche neue Bereiche entstehen gerade“, „Talentsuche innen und außen“ oder nach innen blickend: „Influencer und Multiplikatoren identifizieren“, „Mit Collab-tools und ESN Vernetzung fördern“ oder „Silos öffnen und Austausch fördern“.
Um das Unternehmen auf die technologischen Herausforderungen, der Entwicklung neuer Produkte für vollkommen neue Anwendungsszenarien von Fahrzeugen, einzustellen, braucht es Menschen im Unternehmen, die sich zu 100% dafür einsetzen wollen. Es muss sich bereits im laufenden Transformationsprozess als Talentmagnet in den Zukunftstechnologien der Branche positionieren können. Es muss auf den alten Kernthemen aufbauen und neue aufbauen können. Es muss, klassisch geprägt wie es zu Beginn ist, sich von der Spitze abwärts auf zeitgemäße Management- und Führungsansätze einlassen und diese vorleben.
Wer an so vielen Stellen neues implementieren und lernen, sowie altes verlernen will, der braucht die große Gemeinschaft um zugleich Kultur, Werte, Wissen, Haltung und Verhalten zu bewegen.

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Das Unternehmen muss, muss, muss…. Es muss viel, wenn es seine Zukunftsfähigkeit wirklich umfassend absichern will. Vor allem aber muss es ‚können’. Es muss sich den Raum geben das alles auch tatsächlich anzugehen.
Es muss dazu möglichst umfassend die vielen engagierten Akteure im Unternehmen zusammenbringen und ihnen Raum Einflussmöglichkeit und Sicherheit geben. Flow und Hochleistung entstehen nur dort, wo die Voraussetzungen tatsächlich, praktisch und handfest gegeben sind. Sie entstehen nicht durch Theorien und Powerpoints, sondern nur durch die gemeinsame Arbeit und Offenheit zur Reflexion.
Und natürlich helfen manchmal Labs, Experimente, Agile Methoden, kleine „Haier/W.L.Gore“ Einheiten, klare Kommunikation, Transparenz, Klarheit zu Entscheidungswegen und Zuständigkeiten. Genauso helfen manchmal aber auch bewusste Irritationen, „Geheimbünde“, Start-Up Safaris. Was tatsächlich fruchtet….? Das hängt von der tatsächlichen Situation und der Bereitschaft ab „das Ding“ mit allen und für alle zu meistern.
Mit (Rück)Blick auf die (objektiven 😉 ) Analysen, die ich aus Unternehmen zu sehen bekomme, sind es oft (grundlegend einfache) Themen. Dazu gehört ein Mangel an Wahlfreiheit und Fokus genauso dazu wie grundlegende Themen bei der Gestaltung der Führungssysteme und klassischer Führungsthemen wie dem Einbezug bei Strategiediskussionen, Unklarheiten in der Kommunikation und Transparenz, konkurrierende Entscheidungsprozesse und (auch) Entscheidungen die zwar von gut gebrieften, aber am Ende eben doch, Laien getroffen werden, die die Menschen dazu bringen, nicht mehr an die Zukunft „ihres“ Unternehmens zu glauben und sich aus diesem Prozess zu verabschieden.
Meine Erfahrung zeigt: Dieser Wandel kann nicht weit genug oben beginnen UND es braucht wenig, wenn er dort tatsächlich konsequent begonnen wird. (Auch) Bei den Top-Führungskräften kommt es neben dem fundierten Grundgerüst und der Offenheit für die Vielfalt an konkreten Vorgehensweisen und Methoden, immer auch auf die Absichten und Zielsetzungen der handelnden Personen an.
Und natürlich gilt, dass man sich auch als Berater immer wieder auf das Neue einlassen muss, erkennen muss, was wann wo und für wen passt und was nicht. Das ist, was den Erfolg ausmacht.
Wer zu fest an sich und die Wirksamkeit des eigenen Ansatzes glaubt, verliert zu leicht den Blick für die damit entstehenden Probleme.

Was es kostet

Auf Basis des mir vorliegenden Briefings, mit den Unsicherheiten einer fehlenden konkreten Analyse eine Aufwandsschätzung abzugeben, wäre unlauter und bestenfalls irreführend. Anderseits will man natürlich wissen wo man dran ist. Klar ist, je mehr sich das Management Zeit und Raum nimmt den Prozess mitzugehen und zu gestalten (d.h. nicht nur die Reports zu lesen, sondern mit am Thema arbeitet), desto schneller und günstiger kann man den Prozess gestalten. Am Ende also eine Frage der Prioritäten.
Der Gesamtprozess braucht dabei mindestens 18 Monate: 3 Monate, um zu starten, zu wissen, wo man steht und wer an welchem Ende des Unternehmens in welche Richtung zieht. 3 Monate, um sich zusammenzufinden. 3 Monate, um die Richtung zu klären und erste Dinge auszuprobieren. 3 Monate, um sie tief in die Augen zu blicken und zu klären, wie die gemeinsame Zukunft aussieht und dann 6 Monate, um all das in seien Anfängen auf den Weg zu bringen.
Nach diesen 18 Monaten (die auch 24 werden können) ist dann der Moment gekommen, an dem man in die zweite Runde geht und klärt, was übrig geblieben ist, was sich verändert hat, wohin es dann wieder weitergehen soll usw.
Diese Art der Weiterentwicklung ist ein zyklischer Prozess. Ihm hilft externe Starthilfe und er braucht regelmäßige Reflexion von außen, damit er gelingt. Er sollte aber tief in das (neue) Fundament des Unternehmens eingewoben werden und sich zu einem aktiv gelebten Kulturwerkzeug wandeln.

Die Kurzfassung

Das war jetzt schon viel Text und viel Theorie, um ganz viel Praxis zu beschreiben. Dabei verliert man leicht die Übersicht. Daher einiges nochmal und anderes ergänzend in Stichworten:

  • Der Start: Objektive Analyse zu Identifikation des Status Quo und der Fokus-/Priothemen (Altlasten)
  • Partizipative Mobilisierung der Menschen im Unternehmen (mindestens der 10%-15% „engagierten Zukunftsbeweger“)
  • Paralleles herausarbeiten der Chancen / Opportunitäten:
  • gemeinsame Reflexion möglicher Entwicklungswege
  • Ableitung eines Wegeplans mit Identifikation von Fokusbereichen der Entwicklung wie z.B. Talent-Sourcing/-Aktivierung,
  • Verknüpfung der drei Entwicklungsbereiche: fachliches (Identifikation und Ausbau von aktuellem Know-How), soziales (Identifikation und Ausbau der Unternehmensgemeinschaft) und organisationales (Definition der Rahmenbedingungen für optimale Zusammenarbeit mit einem weiter entwickelten, zukunftsgerichteten Unternehmensfokus)
  • Anstoßen unternehmensweiter Dialoge, um die Basis zu verbreitern, mehr Impulse und Ideen einzuholen, diese zu konkretisieren und aufzuzeigen, dass Entwicklungsraum für „fokussierte Vielfalt“ vorhanden ist.
  • Gemeinsame, möglichst vorbehaltlose Reflexion der bestehenden Strukturen und Prozesse um einen (neuen) effizienten und effektiven organisationalen (Management)Rahmen, ein neues „Betriebssystem“ (OS) zu gestalten.
  • Sukzessives Ausprobieren der Ideen, neuen Wege und Strukturen mit dem Ziel diese im Vorfeld, vor einer Unternehmensweiten Adaption zu verbessern.
  • Schließlich die Implementierung der Ansätze, die sich als derzeit zielführend herausgestellt haben.

Was man hier zu wenig sieht: Der CoCoRe Zyklus lebt auch von seinen Reviews und Retrospektiven. Sie sind der Schlüssel um mit wachem Auge immer wieder zu schauen, wo weiterer Optimierungspotenzial besteht.

Was dabei wichtig ist

Mir ist bei all dem eines vor allem anderen wichtig: Gemeinsam die Grundlage dafür zu schaffen, dass die Menschen im Unternehmen es in die Zukunft weitertragen und entwickeln wollen. Erfolg sollte Erfolg für die Menschen sein. Zusammen-Arbeit ist weiterhin das Stichwort und ‚Gemeinsam das neue Top-down‘.
Zusammenarbeit braucht einen Rahmen den derzeit in 99,9% der Unternehmen nur das Management schaffen kann. Entweder, indem es erlaubt, dass er von allen gemeinsam geschaffen wird oder indem es diesen mit einen großen Maß an Einfühlungsvermögen und Selbstreflexion (im ersten Schritt) selbst schafft.

Die Vorbilder der Zukunft aus der Vergangenheit

Für solche Rahmenbedingungen gibt es gute Vorbilder. Die langlebigsten Unternehmen der Vergangenheit haben einige Eigenschaften gemeinsam, die es (zumeist) lohnen betrachtet, entwickelt und zu etabliert zu werden:

  • Modularität und damit Anknüpfungspunkte und Anpassungs-/Adaptionsfähigkeit für die kommende (mögliche) Vielzahl an Zukunftsszenarien
  • Redundanzen und damit bewusste Austauschbarkeit, gepaart mit der Fähigkeit schnell Kapazitäten aufzubauen und zu verlagern.
  • Diversität – die Vielfalt erlaubt immer neue Perspektiven und damit Chancen in einem sich verändernden Markt.
  • Sie schaffen damit den Raum für Adaptionsfähigkeit. Eine der wohl wichtigsten Fähigkeiten in einer dynamischen VUCA-Welt.
  • Zugleich sind sie besonnen. Die Vielfalt will schließlich Raum haben, zu Entschlüssen zu kommen, die Modularität erlaubt zugleich vielen nebeneinander zu tun und die Redundanz hilft der Adaptionsfähigkeit das als gut und richtig erkannte auszubauen.
  • Schließlich nutzen sie ihre interne Vernetzung und Verbundenheit, um das Unternehmen insgesamt groß, statt im internen Konkurrenzkampf sich gegenseitig nur immer kleiner zu machen.

Unternehmen wie Haier und W.L.Gore, und auch viele kleinere zeigen zusätzlich, wie sehr es hilft die genannten Prinzipien in einer Vielzahl kleinen Einheiten zu etablieren. Das schafft zwar vielleicht keine Monopolstellung in einem Markt, sorgt aber für eine unfassbare Stabilität in vielen Märkten. Die Frage ist, womit das Unternehmen besser in und durch seine Zukunft kommt.

Wartet nicht, startet!

Wenn ihr also in „eurem“ Unternehmen (etwas) bewegen wollt, dann

  • Tretet einen Schritt zurück und reflektiert und analysiert – möglichst gemeinsam mit anderen, möglichst mit Innen- und Außenperspektive, möglichst aus der Vielfalt der Individuen, der Teams, der Stakeholder und der gesamten Organisation.
  • Erkennt den Bedarf, die Hemmnisse, die eure Arbeit derzeit schwer und den Weg in die Zukunft steinig erscheinen lassen.
  • Geht in den Dialog. Findet interne Verbündete und externe Impulsgeber. Identifiziert gute und abschreckende Beispiele. Macht greifbar, was als Damoklesschwert über euch hängt und als Potenzial unter der Oberfläche schlummert.
  • Beschreibt, wie ihr miteinander arbeiten wollt, was ihr braucht, was euch hilft, was euch stört, was ihr loswerden möchtet. Diskutiert es mit denen die daran festhalten wollen – und all zu oft gar nicht mehr wissen warum, außer aus Gewohnheit.
  • Schafft so den Raum, der dem Unternehmen hilft sich zu entwickeln.
  • Und dann versucht euch an den ersten kleinen Schritten. Fallt hin, steht auf, stolpert, gewinnt an Trittsicherheit und geht. Einfach, klar, stur, aber niemals geradeaus.

Und wenn ihr Unterstützung sucht: Es gibt auch viele extrem gute „kleine“Beratung, die oftmals „sogar“ besser zu euch passen könnten.
Ich hatte am Anfang meine Kollegen aufgerufen ihre Ansätze und Perspektiven zu teilen. Ohne zu Ahnen, was jetzt auf ich zukommt, biete ich an, diese zusammenzutragen und sichtbar zu machen.
Besonders freue ich mich, wenn ihr dabei Anknüpfungspunkte identifiziert. Denn nicht jeder ist New-Pay-, Effectuation-, Recruiting-, Gamification-, Motivations-, Reflexions-, Führungs-, Management-, Agilitäts-, Digitalisierungs- und was-weiss-ich-was-Experte.
Gemeinsam – und ich wiederhole mich gerne – können auch wir unglaubliches bewegen.

Zeitgemäße Führung braucht zeitgemäßes Management

Führung agiert nie im luftleeren Raum. Führende braucht Kontext: Menschen, Aufgaben, einen Handlungsrahmen, damit die Rolle einen Wertbeitrag liefert. Sie brauchen dazu etwas, auf das sie aufsetzen können: Haltungs- und Verhaltensmuster, Strukturen, ein „Betriebssystem“, das die wichtigsten Parameter, den Rahmen und Regeln dieses Kontexts beschreibt. Ohne diesen Rahmen, der an die Kultur und die Expertise der Organisation anschließt, können Zusammenarbeit, Wertschätzung und Wertschöpfung nicht „optimal“ funktionieren. 
  
Meine letzten Artikel drehten sich um die Zielsetzung und Ausgestaltung von zeitgemäßer Führung. Doch Führende, unabhängig davon ob hierarchisch oder aufgrund des Ansehens in der Organisation dazu berufen, können niemals positiv für das Unternehmen agieren, wenn sie dabei mit Rahmenbedingungen zu tun haben, die ihnen keine Unterstützung bieten. Diesen Kontext zu schaffen, ihn so viel wie nötig und zugleich so wenig wie möglich zu definieren, ist Aufgabe von Management. 
 

Was ist Management  

Mit Management meinen wir oft gleichermaßen die Funktion und die Institution. Gerade zur Institution gibt es einige Versuche der Definitionen, viele davon mehrere Generationen alt. Nur ganz wenige davon halte ich heute noch für zielführend, weshalb ich lieber meine eigene ins Feld führe: „Management ist die Kunst, die Rahmenbedingungen für optimale Zusammenarbeit zu gestalten.“ Und, ich weiß nicht wie ihr das seht, für mich ist es wirklich eine echte Kunst!
 
Die Krux ist, dass wir zwar die Prozesse und Strukturen rund um diese Rahmenbedingungen, Grundannahmen, mentalen Modelle und organisationalen Glaubenssätze, mit einer wahnsinnigen Akribie immer wieder versuchen zu verbessern und zu verfeinern, die Grundlagen selbst aber als so in Stein gemeißelt wahrnehmen, dass wir nicht einmal wagen sie in Zweifel zu ziehen. Auf der Symptomebene sind wir damit so unschlagbar gut, dass wir die Ursachenebene vollständig außer Acht lassen. 
 
Wir halten so sehr daran fast, dass noch heute in vielen Hochschulen der wissenschaftliche Standard der 70’er und 80’er Jahre gelehrt (oder geleert?! ) wird. Den „neuen“ Führungs- und Managementkräften wird so (un)bewusst vorenthalten, was an aktueller Erkenntnis vorliegt.
 
Dabei meine ich mit „aktuell“ nicht einmal die Experimente in Richtung Holokratie oder „Results Only Work Environment“, die Netflix Kultur oder den Aufbau von Spotify. Ich meine mit „Erkenntnissen“, was bei vielen den Unternehmen, die heute deutlich überdurchschnittlich erfolgreich agieren, im Kern an Gemeinsamkeiten steckt. Bei allen Benchmarks die wir nutzen, schauen wir dort scheinbar nicht so genau hin.
 

Interessante Gemeinsamkeiten

Wobei – ja, man muss einfach auch etwas genauer hinsehen. Die Gemeinsamkeiten finden sich bei Unternehmen, die schon lange „anders“ arbeiten, auf einer Art ersten Abstraktionsebene. Sie finden sich in einzelnen Puzzleteilen auch in der Literatur, etwa in Reinventing Organisations, in TED Vorträgen wie dem von Martin Reeves zu „langlebigen Unternehmen“, sie finden sich in den Forschungen zu organisationaler Energie von Prof. Dr. Heike Bruch, oder der Studie zu Agilem Management, die ich gemeinsam mit AGILITYINSIGHTS durchführen konnte.         
 
Das Spannende und (für manche Beraterkollegen frustrierende) dabei ist, dass sich diese Gemeinsamkeiten bislang nicht zu einem einheitlichen Puzzle verbinden lassen und damit nicht per copy-paste übertragbar sind. Die Teile sind in sich so flexibel und anpassungsfähig, dass sie immer wieder ein neues, organisationsindividuelles Bild ergeben. Es steckt viel individuelle Arbeit darin, immer wieder nutzbar, aber nicht kopierbar.
 
Zeitgemäß gemanagte Unternehmen agieren nach ähnlichen Prinzipien. Egal ob man sich W.L. Gore, Haier, Buurtzorg, FAVI, Spotify, Whole Foods Markets, Handelsbanken oder einen der vielen, vielen anderen ansieht. Sie alle, obwohl in sehr unterschiedlichen Branchen, Unternehmensgrößen und Strukturen aktiv, haben Raum geschaffen für autonome, intensiv vernetzte, voneinander lernende, aufeinander aufbauende, sich durchdringende und ergänzende und doch redundante und modulare Gruppen, die gemeinsam wirtschaften, voneinander lernen und gemeinsam daran arbeiten, die Mission des Unternehmens zu erfüllen.
  

MultiWirkungsbox, statt singulärem Antriebsstrang 

Übertragen auf des deutschen liebstes Kind, das Auto, haben sie den zentralen Antriebsstrang des Unternehmens durch eine Vielzahl unabhängiger Motoren ersetzt, die sie im Getriebe, dem Leistungsentfaltungsraum, immer wieder neu so kombinieren, dass am Ende eine maximale Gesamtwirkung steht. Dazu variieren sie die Drehrichtung der Motoren, die Größe der Zahnräder, deren Anordnung. Sie sind in der Lage die Energiezufuhr zu modifizieren, sie haben die Reibungsverluste minimiert und ersetzen frühzeitig Antriebsteile, die sich als nicht erfolgversprechend erweisen, um die Erkenntnisse daraus an anderer Stelle direkt wieder zu nutzen. Es ist diese bedachte, unplanbare, nicht statisch konstruierbare Anpassungsfähigkeit, die sie auszeichnet. Sie sind beweglich, sie atmen, sie agieren vorausschauend und bereiten sich vor, ohne sich festzulegen. Sie sind auf diese Art in der Lage, auf (fast) alles zu reagieren, was der Markt an Chancen und Risiken bietet. Statt zu schalten und zu walten, haben diese Unternehmen die Automatik aktiviert.
 
Um das zu tun, achten sie genauso auf die Grundbedürfnisse der Mitwirkenden, ihre sozialem, persönlichen und existenziellen Anforderungen und Erwartungen, wie auch auf die der Außenwelt, auf die ökonomischen und (immer wichtiger) die ökologischen Folgen ihres Handelns.
 
Das schafft den Rahmen in dem zeitgemäße Führung funktionieren kann, braucht aber zugleich bereits Führende, die damit umgehen können. So zusammenzuarbeiten verlangt nach Menschen, die bereit sind ihr Tun zu reflektieren und ggf. zu verändern. Es verlangt danach gemeinsam die Grundsätze der Organisation bis auf ihre Ursachen hin zu durchdringen, diese Ursachen zu hinterfragen, sie aus neuen Blickwinkeln zu betrachten und dann, soweit notwendig, neu zu formulieren.
 

Erneuern oder weiter Wirkungslosigkeit kultivieren? 

Wer mit diesem Selbstverständnis sich und andere (formal oder freiwillig) führt, ist zwar in der Lage in vielen so agierenden Organisationen positive Wirkung zu erzielen, die Unternehmen selbst, ihr Management, die Kunst der Gestaltung von Zusammenarbeit, ist dabei aber so von den sehr unterschiedlichen Gegebenheiten abhängig, dass der Rahmen, das Betriebssystem selbst erarbeitet werden muss. Wer von euch hat dazu heutzutage noch Lust und (überhaupt) Zeit? 
 
Wie immer, wenn große Aufgaben anstehen, geht es vor allem um den ersten Schritt, das erste Wort auf dem leeren Blatt Papier, den ersten Hieb gegen den morschen Baum. Wie immer sind es die kleinen Dinge, mit denen Großes beginnt. Auch, wenn es um den großen Schritt einer Erneuerung einer Organisation, eine zeitgemäße Neugestaltung, geht. 
 
Auf meiner Suche nach der Weltformel einer einheitlichen Herangehensweise, habe ich immerhin einige Schritte erkannt, um (weiterhin) organissationsindividuell vorzugehen. (Un)Abhängig von den vielen Einflussfaktoren, wie der Position im Markt, der „Reife“ der Menschen in Entscheidungs- und Nicht-Entscheidungspositionen, der Bewusstheit bzgl. der eigenen unconscious bias, der Wettbewerbs- und Partnerschaftssituation, der Erwartungen der Investoren, dem Innovationsbedarf, dem Willen tatsächlich etwas zu verändern, und all der übrigen 1001 Themen.
 

Bewusste Themenvielfalt statt unbewusster Managementeinfalt

Klar sollte sein: es geht nicht um eine kleine Veränderung, eine abgegrenztes Change Projekt. Es geht um nichts weniger als ein (oft vollkommen) neue Organisationsverfassung, ein grundlegendes Regelwerk, ein Betriebssystem für die Zusammenarbeit. Und es geht darum, dieses im laufenden Betrieb zu implementieren. Besondere Achtsamkeit, ein klarer Fokus, Bewusstheit und Bewusstsein ist gefordert, auch und gerade weil es immer in einem Umfeld geschieht, in dem unvorhersehbare Entwicklungen an der Tagesordnung sind. 
    
Mein Vorschlag für den Weg des, wie ich es nenne „Corporate Renewal, der Erneuerung der Organisation von innen heraus, sind fünf wesentliche Schritte:

  1. Der objektiven Reflexion der Potenziale und Hemmnisse in der Organisation, bezogen auf die Strukturen, Prozesse, die Kultur und die Gestaltung der Zusammenarbeit und eines möglichst umfassenden Dialogs zu den Ergebnissen.
  2. Einem “executive alignment“, der gemeinsamen Reflexion der Analyse, der Identifikation der Kernthemen und der Abstimmung eines ersten Fahrplans, mit den so wichtigen (formalen und anerkannten, freiwilligen, nicht-formalen) Top-Führenden.
  3. Der Einladung und Durchführung eines organisationsweiten, freiwilligen Dialogs zum Thema Corporate Renewal und der organisationsweit gemeinsamen Arbeit an der Formulierung der Parameter und Prinzipien für den weiteren Weg – einem ersten Unternehmensmanifest.
  4. Der gemeinsamen Entwicklung eines neuen “Betriebssystems” für die Organisation.
  5. Der Implementierung des Betriebssystems, gepaart mit regelmäßigen, eng getakteten Retrospektiven, Reviews und Projektionen weiterer notwendigen Schritte.

 
Während Change dabei, im Versuch komplexes zu etwas „nur kompliziertem“ zu machen, sich oft nur auf ein Thema fokussiert, solltet ihr, gerade während der ersten drei Schritte eine breite Palette an Themen betrachten, die je nach Organisationstyp, -branche,- große, -kultur variieren können. (M)Eine erste Übersicht an Themen, die ich immer wieder als relevant erkenne, habe ich euch mitgebracht: 
 
Egal auf welcher Ebene ihr in eurer Organisation unterwegs seid, überlegt, gerne mit anderen gemeinsam, in welchen Themen ihr den größten Erneuerungsbedarf seht – und startet dann, im kleinen oder großen, mit Schritt eins.    
 
Ich muss gestehen, mindestens zwei Aspekte kommen hier im Beitrag eigentlich zu kurz – einfach weil der Raum fehlt. Daher nur kurz: Ein neues Betriebssystem hängt wesentlich von der Position des Unternehmens in seinem Lebenszyklus ab. Dazu hatte ich vor ein paar Monaten etwas geschrieben.
Zweitens ist die „user experience“ von entscheidender Bedeutung. Was immer ihr neu (er)schafft, wiederentdeckt oder beibehaltet, ihr solltet immer darauf achten, die Handhabbarkeit möglichst einfach und intuitiv zu gestalten. Egal ob es um Kommunikations- und Entscheidungswege, respektive -tools geht oder um Wechselmöglichkeiten zwischen Strukturen, die Möglichkeit voneinander zu lernen, enthierarchisierte Führung oder auch zentral um die Ausgestaltung der Institution „Management“ als GEMEINSAME Gestaltung des Rahmens für optimalen Zusammenarbeit geht. Alles sollte, in all seiner Komplexität und Systemik, einfach zu „bedienen“ sein. Einen Teilaspekt davon hatte ich auch bereits einmal beleuchtet.
 

Womit waren „die anderen“ erfolgreich?

Nochmal zurück zu den am Anfang genannten Unternehmen. Sie alle haben Teams und Gruppen um Gesamtaufgaben herum geschaffen und gleichzeitig zentrale Unterstützung da aufgebaut, wo sie hilfreich war. Die von F.W. Taylor vor fast 110 Jahren propagierte Arbeitsteilung haben sie alle soweit zurückgefahren, dass die Teams im (oftmals) direkten Kundenbezug, eine maximale Wirkung erzielen können. Alle, die Kunden begeistern und/oder einen Wertbeitrag erzeugen, sollen dies möglichst frei tun können. Am Ende geht es also {auch) hier auf den ersten Blick um eine Kernaussage des agilen Manifests und vieler (halbmodernen) Managementlehren, um Kundenfokus. Auf den zweiten Blick geht es aber, und dieser Unterschied ist entscheidend, um Menschenfokus! Der große Unterschied, der, der den überragenden Erfolg ausmacht ist, dass „das Management“ dafür gesorgt hat, den Menschen die Struktur und den Raum zu geben, um sich, von vielen „alten Zwängen befreit“, sodass sie sich mit einem klaren Fokus um ihre Hauptaufgabe kümmern können.
 
Sorry, wenn ich hier wieder eine echte, intensive Herausforderung beschreibe. Doch, erstens ist es eine, die mit einem wirklich kleinen, einfachen Schritt beginnt. Einem Schritt, den es ohnehin immer lohnt zu gehen, auch wenn sich nicht absehen lässt, wohin der weitere Weg die Organisation führen wird. Und zweitens ist es eine Herausforderung, die für 90% aller Unternehmen, die in eine vergleichsweise entspannte Zukunft blicken wollen und die dazu das Engagement aller Stakeholder nutzen möchten, unumgänglich ist. Was in den nächsten Jahren an Entwicklungen auf uns zu kommt lässt immer weniger Raum, für das Festhalten an falschen Management- und Führungstraditionen.
 
Aber, entscheidet selbst, auf welchen Antriebsstrang ihr in der Zukunft setzen wollt.  
 
Ihr könnt den Beitrag hier als PDF herunterladen. 

#Managementskandal? Haben wir haben mehr als nur ein #Digitalisierungsgate?

Das #Dieselgate, der #VWSkandal, Themen die uns inzwischen seit Jahren beschäftigen. Wie Behörden und Kunden mit falschen Informationen versorgt und bewusst hintergangen wurden sollte den handelnden Personen die Schamröte (und noch mehr) ins Gesicht treiben. Inzwischen ist VW wohl der erste Empfänger einer für Deutschland neuen und bereits riesigen Sammelklage. Für ein Automobilunternehmen, das ohnehin mit den Weiterentwicklungen neuer Mobilitätskonzepte zu kämpfen hat, das sich zu spät in Richtung neuer Technologien jenseits alter bewährter Kernkompetenzen geöffnet hat, ist dies (leider nur) ein weiteres Problem, das die zukünftige Existenz signifikant bedroht.

 
Es scheint, als hätte der Vogel Strauß*) auf vielen Ebenen als Vorbild gedient. Auf Ebene der Top-Manager wurde versucht das Thema auszusitzen, auf tiefer gelegenen Führungsebenen war die Angst vor den persönlichen Konsequenzen wahrscheinlich zu groß. Das ging so lange gut, wie Kommunikation zentral gesteuert werden konnte und das allgemeine Bewusstsein für die Auswirkungen von Autoabgasen auf die Gesundheit und das Klima noch vernachlässigbar klein waren. Doch diese Zeiten sind heute vorbei.

Der VWSkandel ist nur der Anfang

Was es bei VW „nur“ ein #ManagerSkandal, so sehe ich in viele Unternehmen ein größeres Problem, das die so dingend notwendige Weiterentwicklung vieler Organisationen massiv behindert. Das #Digitalisierungsgate ist für mich dabei nur teilweise ein, vergleichsweise schnell lösbares, Infrastrukturproblem. Das Thema, das das „gate“ zum #Managementskandal macht, ist die Tatsache, dass einige Manager den Kern ihrer Aufgabenstellung, also das Management ihres Unternehmens und damit die Optimierung der Rahmenbedingungen für erfolgreiche Zusammenarbeit, zum Schaden der Unternehmen selbst bewusst oder unbewusst falsch interpretieren. Ein Mangel der mittelfristig zum Schaden unserer Wirtschaft und der Gesellschaft gereicht.
 
Die Digitalisierung ist dabei nur eines der Themen, die dieser Missinterpretation zum Opfer fallen und gefallen sind. Ebenso sind es die, sich im Rahmen der Digitalisierung in ihrer Bedeutung für den Unternehmens(miss)erfolg verstärkenden „neuen“ Formen der Interaktion und Zusammenarbeit, die wir in den (Buzz)Worten „Agilität“ und „New Work“ wiederfinden. Die Themen, die in der Nachfolge von Digitalisierungsmaßnahmen zu brandeiligen, und damit extrem schwierigen, Kulturtransformations-, Werteentwicklungs-, Führungs- &Entscheidungsdesign- und Organisationsentwicklungsprojekten führen.
 
Ebenso wie die manipulierte Software in den Steuergeräten der betroffenen Motoren, ist das „Fehlverhalten“ an sich und seine Auswirkungen seit Jahren, teilweise seit Jahrzehnten bekannt. Der #Managementskandel ist weder neu, noch war er nicht absehbar. Dennoch wird die seit 100 Jahren fast unveränderte Art zu führen – und das treibt das Problem für mich auf die Spitze – bis heute weiterhin vermittelt und gelehrt und das OBWOHL spätestens sein Peter Drucker (und damit den 1950-1960er Jahren) neue, sehr erfolgreiche Wege aufgezeigt wurden. Nicht umsonst arbeiten W.L.Gore (der Hersteller von „Goretex“) seit seiner Gründung Mitte der 1950er „anders“ als die andern Unternehmen. Patagonia, Semco und all die klassischen Beispiele langfristig anders arbeitender großer Unternehmen kennt ihr ohnehin. Und dankt einfach auch mal an die vielen kleineren Unternehmen, die immer schon „anders“ gearbeitet haben.
 
Zahlen und KPI als Steuerinstrumente für von Menschen angetriebene Unternehmen in dem Ausmaß und mit der Konsequenz zu nutzen, wie es heute vielfach der Fall ist, ist lediglich mit Blick auf einen kurzfristigen Shareholder Value von Vorteil. Für alles andere, auch und insbesondere für Investoren, die länger als den Bruchteil einer Sekunde ihre Ressourcen in die Zukunft von Unternehmen stecken, ist es das in den aller-aller-allermeisten Fällen nicht.
 

Generelles “Softwareupgrade” als Lösungsoption

Bei den vom #Dieselgate betroffenen Verbrennungsmotoren wird gestritten, ob ein Softwareupdate ausreicht oder eine Hardwarenachrüstung notwendig ist. Eine Frage, die in brutaler Parallelität auch für den #Managementskandal angefacht werden könnte. In manchen Fällen, so meine Erfahrung hilft bereits ein Softwareupdate, d.h. die Vermittlung neuer Ansätze und Möglichkeiten um die Führungskräfte und Manager zur Reflexion über „neue“ und vor allem geeignetere Managementmethoden in den Unternehmen zu bringen. Damit kann bereits viel erreicht werden, auch wenn dies zuweilen eine mehrmonatiger Prozess ist, der neben der Vermittlung zeitgemäßer Modelle auch Supervision und/oder Peer-Coaching umfassen sollte.
In anderen Fällen kann auch eine Hardwarenachrüstung in Form neuer, die Zusammenarbeit besser unterstützender KollegInnen hilfreich sein, um alte Fachkompetenz mit neuer Methodenkompetenz langfristig zusammenzubringen.
 
Den zielführendsten Ansatz sehe ich allerdings in einem generellen, die ganze Organisation umfassenden SoftwareUPGRADE – einem neuen Betriebssystem für die Zusammenarbeit. Da Unternehmen, anders als die beim #Dieselgate betroffenen Fahrzeuge, nicht für ein paar Tage, bzw. Monate, in der Werkstatt verschwinden können, muss ein solcher Prozess – der weit weg von (Softwareupdate)-Change, eine tiefergehende (und anschließend kontinuierliche) Weiterentwicklung anstößt – im laufenden Betrieb erfolgen. Ein geeignetes, bewusst vorbereitetes Vorgehen ist damit unumgänglich. 
Allerdings, und daran scheitern viele, muss das Upgrade zunächst im Management selbst installiert werden. Hier muss ausprobiert und getestet werden, was teilweise parallel, oft aber erst danach in der übrigen Organisation angegangen werden soll. Implementiert man zunächst auf der Arbeitsebene, führen die geänderten Abläufe und Vorgehensweise schnell zu einem “Motorversagen“. 
Wir der Weg ausreichend bewusst und reflektiert angegangen ist die neue Software, die neue Haltung, so zukunftsgerichtet entwickelt, dass sie den kommenden Herausforderungen trotz und zugleich den Mitarbeitern (dem Treibstoff des Unternehmens) Raum lässt, sich an den Stellen einzubringen, an denen neue Kräfte und neue Leistungen gefordert sind.
 
Wir stehen erst ganz am Anfang der Aufarbeitung dieses #Managementskandals. Doch der Wille zur positiven Mitwirkung bei den hauptsächlich Betroffenen – auf der Arbeitsebene – ist enorm viel größer, als bei den nachvollziehbar angepissten Kunden beim #Dieselgate. Das gemeinsame Ziel (das) Unternehmen erfolgreich in die Zukunft zu führen und damit das eigene soziale Umfeld, wie den Arbeitsplatz zu erhalten ist glücklicherweise riesig. Eine Klage wegen unterlassener und bewusst manipulierender, falscher Management- und Führungsleistung ist daher aktuell noch nicht zu erwarten – aber wir weiß.
 
Ich kann allen Managern nur raten, dieses Potenzial zeitnah zu nutzen. Es lohnt sich für sie selbst, wie auch für das Unternehmen, die Wirtschaft und die Gesellschaft. Die Folge wäre ein Betriebsklimawandel in den Unternehmen, der mehr Probleme lösen kann als heute vorstellbar ist. Vielleicht ist es der Schlüssel, um über das Weltklima (Wetter) auch die Überlebensfähigkeit unserer Kinder und Enkel auf diesem Planeten sicherzustellen. Mindestens ist er die Chance zeitgemäß und zukunftsgerichtet die Basis für erfolgreiche Zusammenarbeit zu etablieren. 
Allerdings glaube ich, dass sich das Zeitfenster, um diesen Wandel anzugehen, inzwischen auch schon eher wieder schließt, als öffnet. VUCA und der globale Wettbewerb stehen schon nicht mehr auf der Türschwelle. Die richtige Zeit zum Handeln hat vor 5 Minuten begonnen.
 
 
DISCLAIMER: Ich weiß glücklicherweise, dass es ebenso eine große Zahl von zeitgemäß agierenden und auf das Wohl ihres Unternehmens fokussierten Manager gibt. Diese bilden schließlich den Kern meines Kundenstamms. Daher bitte ich, diesen Text nicht als allgemeines Managementbashing zu verstehen. Er soll das Gegenteil davon sein und anregen und aufmerksam machen, statt Widerstand zu erzeugen. 
Doch der mögliche Schaden für unsere Wirtschaft, das gesamte Zusammenspiel der Unternehmen, macht mir einfach zunehmend Sorge!
 
*) Nein, auch der Vogel Strauß steckt seinen Kopf nicht freiwillig in den Sand. Das würde auch die Sauerstoffversorgung des Gehirns zu sehr unterbinden. Er hält ihn nur zum Grasen so tief, dass er in diesen Momenten sein Umfeld nicht mehr beobachten kann.

Ihr wollt mehr Innovation? Ihr braucht (mehr) gute Führung!

Vor ein paar Wochen hatte ich gefragt, welche Wunschthemen ich in den letzten Blogposts des Jahres noch aufgreifen sollte. Eine der Fragestellungen kam von Daniel Gburek: „Wie kann man in seinem Unternehmen innovative Themen und das operative Tagesgeschäft vereinigen? Was kann man dem Spruch “keine Zeit für Innovation” entgegensetzen? Funktioniert Innovation im laufenden Betrieb?“
 
Warum nur, kommt mir diese Fragestellung bekannt vor 😉

Ambidextrie

Innovation ist Fluch und Segen. Die klassische Antwort, und die, die förmlich nach Seminaren und Workshops zum Thema schreit ist: Ambidextrie = Beidhändigkeit. Der Versuch gleichzeitig „Exploration” und „Exploitation“, also die Weiterentwicklung und der Ausbau des bestehenden Geschäfts, der Bestandsprodukte und Serviceangebotes (Exploration) und den Aufbau von „echt Neuem“, das Kerngeschäfts erweiterndem, neue Kundengruppen anziehendem (Exploitation) zu betreiben.
 
Beides zugleich umzusetzen ist für manche wie Jonglieren, man kann es mit etwas Übung lernen, für andere ein Spagat, man muss sich gut vorbereiten und lange üben, und für wieder andere ist es der Overkill, weil zu viel Unterschiedliches in zu kurzer Zeit den persönlichen und gemeinsamen Ressourcenrahmen einfach nur sprengt.

Wie mit dem notwendigen und unmöglichen umgehen?

Das Innovation unumgänglich ist, um im Markt zu bleiben hat z.B. Jean-Philippe Hagmann in „Hört auf Innovationstheater zu spielen“ sehr schön beschrieben. Wer „nur“ mit Exploration weitermacht, wird im Markt, in einer Zeit der sich ständig übertrumpfenden Innovationen, immer weniger positiv wahrgenommen. Dabei muss es nicht zwangsläufig um Technologie gehen. Die heute markantesten Innovationen sind die im Bereich „user-experience“, im Umgang mit Kunden und in der Form, wie ein Produkt genutzt werden kann. Einfach „einfach“ ist das Thema – und manchmal ein unglaublich schwer zu lösendes. Gelänge es mir, wären meine Texte kürzer 😉
 
Das Problem von jedem, der sich um die Zukunft des Unternehmens sorgt, in dem er/sie tätig ist: können wir das Risiko eingehen auf das falsche Pferd zu setzen? Können wir die kostbare Ressource Zeit, können wir Geld investieren und wenn ja wie viel? Was passiert, wenn es schiefgeht?
 
Die kurze Antwort: Ja klar kann, soll und muss das sein? Wenn’s schiefgeht, wenn in der Aktion ein Irrtum steckte, dann schnell darauf lernen, alles mitnehmen, das neuen Wissen allen Interessierten geben und vor allem: WEITERMACHEN!
 
Innovation ist schließlich immer das Spiel mit dem Feuer, aber ohne Feuer hätte unsere Spezies seine Nahrung nie erhitzen und die Ernährung verbessern können. Unsere Gehirne wären nicht in der Ausmaß und in der Geschwindigkeit gewachsen und wir hätten nie die kognitive Entwicklung gemacht, die uns jetzt ermöglicht unseren Planeten zu ruinieren und unser Überleben auf’s Spiel zu setzen. Aber vielleicht kriegen wir ja noch die Kurve.

Zurück zur Innovation….

Thema Risiko: Ein Kernproblem von Innovation ist Risikoaversion. Im heutigen Marktumfeld ist Risikoaversion aber selbst das größte Risiko, zumindest für Unternehmen, die noch lange „überleben“ wollen. Sinnvoller ist ein bewusster Umgang mit Risiken und hier ganz am Anfang eine Reflexion, welche Ängste damit auf persönlichen und gemeinsamer Ebene verbunden sind und wie real die Ursachen und Hintergründe für diese Ängste sind.
 
Ebenfalls betrachtenswert ist, ob Innovation nicht schon“unter der Hand“ stattfindet. Wie sich in eng geführten Organisationen leicht „Schattenorganisationen“ bilden, um die durch die Führung verursachten Probleme zu umgehen und Zusammen-Arbeit zu erleichtern, so gibt es Unternehmen, in denen sich Mitarbeiter selbst den Raum nehmen, um, oft im Kleinen, Dinge auszuprobieren und damit manchmal innovative Ideen umzusetzen. Dieser informellen Innovation lohnt es nachzugehen, weil sie Hinweise darauf gibt, welche Freiräume nötig sind bzw. welche Räume genutzt werden. Hier kann und sollte „gute Führung“ unterstützen, um die zarten Pflänzchen zu stärken, statt sie umzuhauen.
 
Formale Innovation wird dagegen meist in Abteilungen wie R&D/F&E gepackt, damit die Menschen darin – und manchmal nur die – Neues ausprobieren. Dies widerspricht massiv der Wahrnehmung, dass alle, die Wissen, Kompetenz und Erfahrungen in Ihrem Fachgebiet besitzen, Innovationserzeuger sein können. Mit etwas Unterstützung können viele so unglaublich viel mehr, als sie im normalen Betrieb zeigen (können).

Wo kommt Innovation her?

Doch Innovation ist auch Investition. Diese wird dann für viele klassische, budgetverhaftete Unternehmen schwierig, wenn diese nicht offiziell angefragt und geplant ist. Gerade für informelle Innovation ist da kein Platz. Zeit und Geld können nicht einfach so verfügbar gemacht werden, schon gar nicht ohne gute Begründung und einen absehbaren „Return on Invest“. Zuviel Risiko, aber das hatten wir ja schon.
 
Aber wie kommt man nun dahin „to unleash the genius in your organization, the talents and the passion“, wie es, wenn ich mich recht erinnere, Linda Hill es auf dem diesjährigen Drucker Forum in Wien sagte. Die Antwort ist so banal, wie sie schwierig in der Umsetzung ist: es geht darum Raum zu geben, loszulassen, den Kontrollverlust auszuhalten und die damit verbundene Angst zu kontrollieren und auszuhalten. Am Ende ist es der Weg von der Angst vor Kontrolle bei den Mitarbeitern zur Kontrolle der Angst bei den Führungskräften.
 
Denn: Was nicht ausprobiert werden kann, kann sich auch niemals zur Innovation reifen.
Und: Jede Innovation geht (noch immer) vom Menschen aus.
 
Tim Brown, CEO von IDEO, hat, ebenfalls beim Drucker Forum und sogar in der gleichen Session wie Linda Hill (hier der Link zum Video), ein paar kritische Erfolgsfaktoren für das Gelingen von Innovation in Unternehmen genannt (die ich hier ein wenig zusammengefasst und zugleich ergänzt habe):

  1. Viele Ansätze zur Lösung einer Aufgabenstellung (eines „Jobs to be done“, wie es Clayton Christensen nennen würde) zugleich ausprobieren. Dies führt bei dem an der Lösung oder den Lösungen arbeitenden Team dazu, mehr Kombinationsmöglichkeiten zu haben und nutzen zu können.
  2. Zusammenarbeit fordern. Wieder mal geht es im Wesentlichen um Raum und Zeit, aber auch um Kultur, d.h. soziales Miteinander, um mentale Modelle und, wie ich sie nenne, um „crosse“ Teams, d.h. cross-funktional, cross-age, cross-gender etc. Das Team sollte so frei es geht miteinander arbeiten können, dabei so vielfältig wie nötig sein und so klein wie möglich.
  3. Bewusste Entscheidungsfindung. Das Wissen aus alten Projekten, mit ggf. gleicher oder ähnlicher Zielsetzung muss möglichst vollständig weitergetragen werden, jedoch nicht um Ideen frühzeitig auszubremsen, sondern um ein vollständiges Bild der Hintergründe für das damalige Scheitern zu haben und schnell zu erkennen, wo es sich ggf. lohnt doch noch einmal tiefer hineinzublicken. Denn oft gibt es neue Daten, neue Trends, neue Möglichkeiten die es beim neuen Versuch mit einzubeziehen gilt. Zu einer bewussten Entscheidungsfindung gehört auch, statt ja/nein Entscheidungen auch „sowohl, als auch“ zuzulassen und, unabhängig davon, alle zu Wort kommen zu lassen, die etwas dazu beitragen wollen (oder sollen). Wie schon gesagt, heute weiß niemand, wo das entscheidende Element an Wissen sich ggf. verbirgt.
  4. Klare gemeinsame Zielsetzung. Auch schon ein Klassiker „neuen Denkens und Managens“. Nur wenn das Ziel und Leitbild allen klar und vor allem allen gemeinsam klar ist, kann man Entwicklungen und Entscheidung für sich einordnen. Es ist der Kleber, der Teams, auch in Konfliktsituationen zusammenhalten kann. Diese Zielsetzung, die Vision, der Purpose muss entsprechend stark und verbindend sein, idealerweise mit einer wichtigen und auch gesellschaftlichen Wirkung. Es kann sein, dass es darum geht den Müll zu sammeln und so die Umwelt zu schonen und das Zusammenleben leichter zu machen oder darum, die Revolution in Unternehmen und der Gesellschaft abzuwenden oder zu mildern, indem doch noch rechtzeitig einer neuen Managementphilosophie Raum gegeben wird.

 
Das alles zeigt: Innovation ist, mehr denn je, Führungsaufgabe. Das heißt, nicht die Innovation selbst ist Aufgabe der Führungskräfte, nicht sie müssen die Idee haben und die Umsetzung gestalten, aber sie müssen den Raum zu schaffen und für die Gestaltung der Rahmenbedingungen sorgen, s.d. anschließend alle, die das Wissen, den Mut und die Lust haben sich in den Prozess einzubringen, dies auch tun können. Es ist damit eine (neue) Herausforderung für das Management und Teil des Weges hin zu einer besseren Zusammenarbeit.

Wie passt das alles in den laufenden Betrieb?

Mut-Raum geben, mentale Modelle bewusst machen und ggf. anpassen und damit die Rahmenbedingungen zu schaffen, ist ein gleichzeitiger ein Eingriff in die Führungskultur, das Managementmodell und die Organisationsstruktur. Ohne das geht es tatsächlich (nach meiner Erfahrung) nicht.
 
Es bedeutet Teams (wie oben beschrieben) zusammenzubringen, Plattformen zu schaffen, über die sie sich untereinander und mit der Restorganisation austauschen können, es bedeutet eine Lernkultur zu etablieren, zur (Selbst)Reflexion anzuregen und es bedeutet, als Führungskraft neue Aufgaben zu übernehmen. Dialoge, Debatten Konflikte wollen/sollen/müssen geführt, ausgehalten und moderiert werden, jeder braucht Raum, um sich entsprechend seinen Möglichkeiten (inkl des Persönlichkeitsbildes) einzubringen. Introvertierte brauchen einen anderen Entfaltungsraum als Extrovertierte etc.. Die Zukunft kann heute nur schaffen wer sie gemeinsam erschafft. Co-Creation ist das Code-/Buzzword im Kontext Innovation.

Die Eckpfeiler

Die Grundlage hierfür kann man schaffen, indem man ein paar Eckpfeiler setzt. Die zwei wichtigsten sind aus meiner Sicht:

  • „Ein- und Ausblicke geben“ Wie sieht das Gesamtbild der Organisation heute aus, wie soll es und wie kann es sich entwickeln, wie soll das Unternehmen in der Zukunft aussehen? Wie verändern sich Wertschöpfung, welche Trends sind absehbar, was macht der Wettbewerb, woher kommt neuer Wettbewerb, welche Nischen tun sich auf, wofür interessieren sich Start-ups? Diese Wissen ist nicht nur für die dezidierten Innovation-Teams (die es ja nicht geben kann, s.o.) notwendig, sondern es ist Wissen für alle Interessierten. Wissen durch das neue Inspiration entstehen kann.
  • „Warum können wir was wir tun?“ Welche Kompetenzen besitzt das Unternehmen, welche nicht? Welche braucht es in der Zukunft, welche nicht (mehr)? Es gilt das Selbstverstehen und das Selbstverständnis zu stärken und Vertrauen, Verbundenheit und (dazu) eine umfassende, alle inkludierende Kommunikation aufzubauen, trotz und gerade wegen der immer auch vorhandenen Vielfalt an Ideen und Impulsen.

 
Sind diese Punkte klar, ist das Wissen geschaffen, verbreitet und vorhanden, so stärkt dies den Auf- und Ausbau der Gemeinschaft im Unternehmen. Mit einer „Community Culture“ (ja, Kultur ist per se auch immer in und aus der Community geboren, aber es hilft es klar zu machen), in der der Rahmen für gute Zusammenarbeit gelegt ist, in der die Bereitschaft herrscht, ambitioniert vertrauensvoll, vertrauenswürdig und verantwortlich zu handeln, entsteht die Basis für die so wichtige kontinuierliche Innovation. Eine Basis, die auf Ehrlichkeit, Vertrauen, Respekt, dem Blick auf’s Gesamtbild, auf Neugierde, Mut und der Erkenntnis aufbaut, dass es lohnt, zusammen neues zu gestalten, selbst wenn es nur dazu dient das nächste Gehalt zu sichern.
 
Innovation ist ein wichtiges und vom Management und den Führungskräften zu gestaltendes Thema!
 
In diesem Sinne sollte man jeden Fragen, der keine Zeit für Innovation hat oder geben will, wie er/sie sein/ihr Gehalt in 3 oder 5 Jahren finanzieren will. Denn Innovation kann jeder und damit wird jedes Unternehmen – wohl oder übel – leiden, das Innovation verzögert oder ganz verschläft. Mehr denn je, ist es wichtig, sich die Zeit zu nehmen, um vom Tagesgeschäft aufzublicken und aus Retrospektiven, Reviews und Trendvorhersagen abzuleiten, an welchen Stellen Wachsamkeit lohnt und wo sie unverzichtbar ist.
 
Daniel Gburek, ich hoffe die lange Antwort, mit ihren vielen Facetten passt dennoch zur Frage. Die ganz konkrete Antwort lässt sich nur finden, wenn man am und im Unternehmen schaut, wenn man den Status Quo, die Menschen und ihre Ziele kennt, wenn man weiß, welche Potenziale bestehen und welche geschaffen werden wollen und können.
In diesem Sinne: Viel Erfolg – ich unterstütze gerne! 😉

Hier ist Beratung gefordert – #BCExtended

„Strategisch-agile Planung, geht das?“ – Wie Sie Agilität und strategische Planung zusammen-denken

Immer wieder stehe ich mit offenem Mund da und kann nicht fassen, was um mich herum passiert. Entweder starten Unternehmen vollständig unbedacht und mit Vollgas in ihren agilen Transformationsprozess oder sie planen sich auf dem Weg dahin „einen Wolf“.

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In den letzten Wochen habe ich den Case aufgemacht, dass strategische Planungen und Agilität – so disjunkt sie im ersten Augenblick wirken – doch gemeinsam betrachtet und angegangen werden sollten. Allein schon, weil agile Strukturen in den erfolgreichen Unternehmen der Zukunft tief verankert sein und damit auch „planvoll“ implementiert werden müssen. Daher tut, wer strategisch weiter denkt, gut daran, auch „in agil“ zu denken, und das Thema mindestens auf die Agenda zu nehmen und besser noch, es dort nicht nur zu belassen, sondern auch weiter zu entwickeln.

Ja – agil ist ein Hype!  Aber ein äußerst langatmiger.

Das Internet war/ist auch ein Hype – und, geht’s wieder weg? Nein!

Wir sind so gewohnt, dass die Wirkung von Change initiativen ausbleibt, dass wir an die Wirkung von Agilität gar nicht mehr glauben. Dabei vergessen wir oft,  dass der Change oft deshalb nicht funktionieren, weil ihm ein starker Anker im Arbeitsalltag fehlt. Change der hilfreich ist, der die Arbeit erleichtert, kommt in der Mehrzahl auch an, einfach, weil er auf der ganz individuellen Ebene positive Wirkung zeigt. Genauso ist es mit Agilität, die als zentrales Haltungs-, Verhaltens- und Denkmuster allerdings den Umfang klassischer Changeinitiativen sprengt. Wer in (agilen) Strukturen arbeitet, die darauf aufbauen, dass alle ihre jeweiligen kognitiven und sozialen Fähigkeiten einbringen wird erleben, wieviel einfacher die Zusammenarbeit wird. Und ja, manchmal macht’s dann sogar Spaß. In meinen Augen alles andere als ein Fehler.

Veränderungen dieser Art finden Zulauf, statt Ablehnung. Wie sonst wären die Schattenorganisationen in einigen Unternehmen oder die, wie Pilze aus dem Boden schießenden, (Selbsthilfe)initiativen von Mitarbeitern zu verstehen, die auf diese Art versuchen, ihr Unternehmen auf einen besseren Weg zu bringen.
Das alles sollte schon Grund genug sein „dieses agile“ mit auf die Agenda strategischer Planungen zu nehmen – und das nicht nur in Großkonzernen und im Mittelstand. Auch wenn viele kleine Unternehmen ganz natürlich schon „agil“ sind, so ist es durchaus sinnvoll und zielführend die verschiedenen Aspekte und Ausprägungen einer agilen Arbeitshaltung zu durchdenken und ihnen Raum zu geben.

Wo Agilität mal angekommen ist, da geht sie dann auch nicht mehr weg.

Don’t copy

Ich habe sie wahrscheinlich schon hundertemale geschrieben, meine Warnung vor der Kopie. Und dennoch tauchen immer mehr Unternehmen (bei mir) auf, die den Heilsversprechen von Copy&Paste Beratungen (dazu gehören auch ein paar der ganz Großen) auf den Leim gegangen sind und die das XYZ-Modell übernehmen sollen und haben. Und was passiert dann…. Es geht schief, weil die Menschen, die Basiskultur, die Strukturen, die Haltung im Management, die Kunden, das Geschäftsmodell und -umfeld, einfach alles im eigenen Unternehmen ganz anders ist, als bei der Vorlage. Das Gleiche ist halt doch nicht dasselbe.

Worauf soll man aber den sonst bauen?

Wer strategisch plant, muss viele Perspektiven und Entwicklungen mit einbeziehen. Warum also nicht auch mal tief und damit jenseits klassischer Mitarbeiterbefragungen, in die eigene Organisation hineinblicken? Ja, natürlich ist das nicht leicht. Von allen Seiten weichgespülte und als kopierfähige Vorlage aufbereitete Befragungen kratzen dabei nur an der Oberfläche, Townhalll-Meetings oder Barcamps sind zu unstrukturiert und laden zu sehr die extrovertierteren Meinungsbilder ein.

Wer mehr über die dynamischen Fähigkeiten seiner Organisation erfahren will, wer herausfinden möchte, woran Geschwindigkeit scheitert oder was sie forciert, wer die Reaktionsfähigkeit, die Potenziale von Vertrauen, Zusammenarbeit, die Qualität der Beziehungen untereinander erkennen, betrachten und die Zusammenhänge verstehen will, der hat nur wenige Möglichkeiten, dies strukturiert und objektiv zu tun.

Dabei ist genau das immer wichtiger, wenn es um die brandaktuellen strategischen Themen geht, wie Talentfindung und -nutzung, die (schon fast abgedroschene, weil oft nur als große, disruptive wahrgenommene) Innovationsfähigkeit, vor allem aber die Adaptions- und Reaktionsgeschwindigkeit von Organisationen. Hier trennt sich immer mehr die Spreu vom Weizen. Hier sind die Details verborgen, die strategische Vorteile bieten. Hier liegt auch die Basis, für die wohl als längsten missachtete und zugleich zunehmend wichtig(ste) (sozial) Technologie: Gutes, durchdachtes, strategisch kluges und damit mithin heute mehr denn je agiles Management.

Kluges, agiles Management – was ist das?

Die Menge an Büchern, Vorträgen, Workshops und (Un-)konferenzen zum Thema „new leadership“ aka „neue Führung“ wächst stündlich. Das Thema „servant leadership“ aka „dienende Führung“ bekommt täglich neue Ansätze und Auswüchse zur Seite gestellt. So richtig (und alt) die Erkenntnis ist, dass dies ein guter Weg ist, um die Potenziale der Mitarbeiter zu aktivieren, so sehr fehlt eine noch wichtigere Komponente, die (allein) es ermöglich gute Führung auch umzusetzen: Ein bewusst durchdachtes, das Gesamtunternehmen voll einbeziehendes Management Design – eine Art und Form von Führungs-, Entscheidungs- und Organisationsstruktur (und vor allem -verständnis), die die Grundlage für eine positiv wirkungsvolle Zusammenarbeit in Unternehmen bildet. Eine Art das Unternehmen zu optimaler Funktion zu bringen, bei der die Zusammenhänge, das große Bild und die Treiber verstanden sind und sich bestmöglich an- und ineinander fügen.

Kennen Sie Adam Grant? Wenn nicht, lesen Sie ihn, hören Sie ihm zu, lernen Sie sein GedankenGUT kennen. Er blickt auf und in die Menschen und dies mit besonderem Fokus auf die Zusammenarbeit, die diese Menschen zustande bringen. Hier nur ein Zitat von ihm: „Die größte einzelne Indikator für die Effizienz einer Gruppe ist die Menge an Unterstützung, die die Mitarbeiter sich gegenseitig zukommen lassen.“

Und dem steht Management auch heute noch, wie schon zu Zeiten von Peter Drucker, im Weg, der schon damals schrieb: „So much of what we call management consists in making it difficult for people to work.“

Das Bild erkennen

Wenn Sie also den Gedanken zulassen, dass auch Sie als Führungskraft und Unternehmenslenker den wahren Potenzialen ihres Unternehmens (auch nur im entferntesten) im Weg stehen könnten, weil Sie nicht alles mit mit der notwendigen Schärfe und Objektivität sehen können, weil Sie nicht (mehr) alles Wissen (können) oder weil Ihre Managementstruktur zwar hervorragend plant und misst, aber das Unternehmen doch teilweise anders funktioniert, als Sie es gerne hätten, dann sind Sie gerade einen enormen Schritt weitergekommen. Diese Erkenntnis ist der erste Schritt die alten, schon längst zerbrochenen Strukturen loszuwerden.

Und damit schließt sich auch der Kreis zur strategischen Planung, denn nun kann es auch Ihnen gelingen bewusst einen neuen Aufsatzpunkt zu schaffen. Von diesem neuen Aufsatzpunkt aus, können Sie nun auch die „alten Themen“ neu betrachten, etwa Digitalisierung, die Gestaltung neuer Geschäftsmodelle oder den Einfluss der Veränderungen im Arbeitsmarkt auf Ihr Unternehmen.

„Weiche KPI“?

Keine Frage, auch zukünftiges Management fühlt sich sicherer und besser, wenn es eine Sensorik und ein System von Indikatoren nutzen kann, die ein realistisches Bild vom Unternehmen geben. Aber, welche Indikatoren sind dies? Was macht Erfolg auf diesem „anderen“ Weg aus? Was lohnt es zu betrachten?  


In einer, im Vergleich zu einer Zeit vor 15 Jahren, so anders funktionierenden Welt, erleben alte, menschliche Themenfelder eine Renaissance: Motivation, Cleverness, die Nutzung der vorhandenen Fähigkeiten und Talente, die Qualität von Dialogen zu Sinn, Risiken, Performance.

Sind dies KPI, die Sie bislang bereits nutzen und auf die Sie Ihre strategische Planung aufbauen? Wenn ja: Glückwunsch! Sie gehören zu einer exklusiven und extrem kleinen Minderheit und haben zugleich wahrscheinlich ein überproportionales Stück vom Erfolg in Ihrer Branche in der Hand.

Wenn nicht, grämen Sie sich nicht. Kaum jemandem gelingt es diese weichen Faktoren sinnvoll und objektiv zu erfassen und zu reflektieren. Aber, es ist möglich!

Eine DIY-Anleitung

Eine Do-It-Yourself (DIY) Anleitung für eine Rejustierung der strategischen Planungsgrundlage gibt es seit Jahren in Form von zwei Büchern und einem Online Design Check – allerdings eine, die erst jetzt, aber dafür mit Vehemenz, aus einem Dornröschenschlaf erwacht. Immer geht es dabei um den (Erfolgs)Faktor Menschen in modernem Managementdesign und um die Erfolgsparameter, die es diesen Menschen erlaubt sich im Sinne des Unternehmens optimal einzubringen.

Eine der im MANAGEMENT DESIGN Buch enthaltenen zentralen Denkvorlagen (aka Canvas) möchte ich Ihnen hier zeigen, um Ihnen zu ermöglichen selbst Ihr Unternehmen hier zu reflektieren.

management design canvas

© 2015 Lukas Michel

Schon mithilfe dieses Denkrahmens und den zugehörigen zielgerichteten Leitfragen beginnt sich der Nebel über dem eigenen Unternehmen etwas zu lichten.

Klarheit 

Die im Vorgängerbuch „THE PERFORMANCE TRIANGLE“ in seinen Grundzügen beschriebenen Design Checks haben bei meinen Kunden in der Vergangenheit immer wieder zu Aussagen geführt, wie „Woher kennen Sie unser Unternehmen so gut, wenn Sie noch nie hier waren.“ oder „Das beschreibt ganz genau meine Situation, jetzt wird mir einiges klarer.“

Der Effekt erklärt sich ganz einfach: Die Design Checks schaffen schnell und unkompliziert eine objektive Visualisierung des tief verinnerlichten Bauchgefühls und zeichnen damit, gerade, wenn man auf eine breite Datenbasis zurückgreifen kann, ein sehr realistisches, manchmal erschreckend zutreffendes Bild der Unternehmen auf.

Im DIY-Modus kann man mit dem im Buch vorgestellten Design Check hier erste Erkenntnisse gewinnen.

Im Ergebnisbericht, der in diesem Jahr veröffentlichen Studie zu Agilem Management kann man lesen, dass erfolgreiche Unternehmen deutlich mehr Zeit in Dialoge zu Sinn und Risiken, zu Strategieentwicklung (!), in Kommunikation und Transparenz und die Reflexion und Ausgestaltung sinnvoller Kennzahlen, stecken als die mittelmäßigen und zweitklassigen, die sich eher auf Regeln zur Governance, Risiko Management und Pläne & Reports fokussieren.

Arbeitet man mit dem gleichen Tool und mit diesem Wissen in Unternehmen, so erkennt man schnell, wo die Löcher und Problemstellen, aber auch wo die Chancen und Potenziale liegen. Man erkennt den Werkzeugkasten agiler Fähigkeiten des Unternehmens, man sieht, welche Teile fehlen, um diesen an die Menschen und den Kontext, statt die Menschen (oder den Kontext) anzupassen und man bekommt die Hebel in die Hand, um die Fertig- und Fähigkeiten der Organisation aktiv zu verbessern.

Wie steht es damit bei Ihnen? Welches Set an Indikatoren nutzen Sie für die Ausgestaltung von Zukunftsszenarien? Kennen Sie ihren Werkzeugkasten (agiler) Fähigkeiten, was definiert ihn und was fehlt?

Einblicke mit Tiefgang 

Aber auch mit diesen Erkenntnissen kratzt man im Grunde noch an der Oberfläche. Interessanter wird es da, wenn man sich eine Ebene tiefer in die Metriken eingräbt, denn auch solche „weichen“, gerade im agilen Kontext aber so wichtigen Indikatoren, leben von den Zusammenhängen und Verknüpfungen, wie ich gleich aufzeige. Diese Verbindungen gelten zwar in allen Organisationen gleichermaßen, sind aber, bewehrt mit konkreten Daten und Aussagen, dann von besonderer Bedeutung, wenn es darum geht, all die im „normalen“ Unternehmenskontext ungenutzten Potenziale – ich spreche hier von geschätzten 30% der Leistungsfähigkeit – für die Organisation zu aktivieren. (Überlegen Sie spaßeshalber mal, wie das Unternehmen sich entwickeln könnte, wenn Sie nur 10% der Potenziale greifen könnten….)

Beispiele aus dem Design Check Ergebnisübersichten sind hier die Leadership Scorecard und die Management Toolbox. Gelingt es die mit der Toolbox und der Scorecard verbundenen Indikatoren (und jeder der aufgeführten Begriffe kann mit Leben/Werten gefüllt werden) auf, für das Unternehmen, optimal Werte zu bringen, so werden Sie kleine und große Wunder erleben.

„Erstklassige Organisationen entwerfen ihre Toolbox so, dass sie zu den Menschen und dem Kontext passt.“

leadership

Leadership Toolbox © AGILTYINSIGHTS, Lukas Michel

leadership scorecard

Leadership Scorecard © AGILTYINSIGHTS, Lukas Michel 

Die Leadership Toolbox dockt dabei orthogonal an die Scorecard an und gibt noch eine Ebene mehr an Details zum Thema Führung. Wann haben Sie zuletzt Ihre Organisation aus diesen Blickwinkeln betrachtet?

Strategische Pläne für die großen Transformationen

Die großen Transformationen, mindestens die Digitalisierung und die Entwicklung und Implementierung neuer Geschäftsmodelle stehen auf der Agenda jeder umfassenden strategischen Planung. Und auch im ganz konkreten Kontext dieser Transformationen lohnt es den Blick von der harten Realität den Innen- und Außenwelt zu den weicheren Aspekten hinzuwenden. Auch hier lassen sich Indikatoren dafür identifizieren, wo der größte (Nachhol)bedarf besteht und wie Prioritäten zu setzen sind. Agilität sollte dazu in seinen drei wichtigsten Komponenten gesondert betrachtet werden: im “operativen”, was viele Unternehmen bereits tun, man denke nur an den Aufbau agiler Teams, im “strategischen”, was manche im Zusammenhang mit der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle ebenfalls vollziehen und im “organisationalen”, woran die meisten derzeit noch nachhaltig scheitern, weil sie die Rahmenbedingungen für Agilität nicht greifen und einbringen können. Das ist auch der Grund, warum agile Teams sich in klassischen Strukturen so schwertun.

Wie die Indikatoren sich in diesem Kontext darstellen und welchen Einfluss sie an den verschiedenen Stellen haben, lässt sich an Darstellungen wie dem „Agilen Diamanten™“ und der „Agilen Energie™“ ablesen.

agiler diamant

Agiler Diamant™ mit Indikatoren aus einem Agile Design Check™
©2018 ZUKUNFTheute & AGILITYINSIGHTS

Agile Energie

Agile Energie™ mit Indikatoren aus einem Agile Design Check™
©2018 ZUKUNFTheute & AGILITYINSIGHTS

Eine individuelle Herausforderung 

Die Agile Energie™ entsteht im Zusammenspiel der drei Komponenten. Der Agile Diamant™ setzt diese in Beziehung zu den aktuellen und großen Transformationen, die viele Unternehmen derzeit beschäftigen.
Der Erfolg dieser Transformationen hängt signifikant davon ab, wie mit Agilität als zentralem Thema umgegangen wird.


So, jetzt habe ich Sie (möglicherweise) in eine schwierige Position gebracht. Sie wissen jetzt, welche „neuen“ Elemente in eine zukunftsgerichtete strategische Planung gehören und Sie kennen (zumindest) eine der Möglichkeiten, dies recht einfach zu tun. Nun müssen Sie selbst entscheiden, was Sie mit diesem Wissen anstellen. Ob Sie es zum Wohle Ihres Unternehmens einbringen oder es lieber bleiben lassen, weil es zu schwierig, zu anstrengend und zu langwierig wäre, es auf den entscheidenen Ebenen einzubringen.
Anhand dieser, Ihrer, Entscheidung lässt sich schon ablesen, wie gut die Dialoge zur Strategiefindung, zur Kultur, zu Werten und Entwicklungsoptionen bei Ihnen heute bereits sind, wie offen die Organisation für neuen Input ist und wie sie (alle gemeinsam) damit umgehen. Wie sehr fühlen sie sich gefordert sich hier im Sinne des Unternehmens stark zu machen? Wie steht es damit bei Ihren Kollegen?
Vielleicht ahnen Sie die Antworten, aber können sie aber nicht greifen.

Den Schlüssel zu konkreter Informationen finden Sie oben. Das Schloss öffnen müssen Sie nun selbst. Ich sagte ja: eine schwierige Position – oder etwa doch nicht?

Zusammenfassung und Fazit

(Gemeinsames) strategisches Denken ist das A und O mittel- und langfristiger Planungsaktivitäten. Nicht nur mit Blick auf die Entwicklungen im Umfeld, sondern insbesondere was neue Umsatzquellen und Geschäftsmöglichkeiten betrifft. Strategische Produkt-, Service-, Akquisemöglichkeiten sind bekannte Elemente des Fundaments der Zukunft. Doch um die Möglichkeiten zu nutzen, helfen Planvorgaben auf diesem Niveau nicht mehr weiter. Das Unternehmen muss gemeinsam und agil auf die Entwicklungen im Umfeld reagieren können. Damit ist der Aufbau und das Verständnis für „agile“ (Planungs)strukturen ein Pflichtbestandteil moderner strategischer Planungsinitiativen. Din der Folge sollte sich auch das Managementdesign einer bewussten strategischen Betrachtung zu unterziehen, damit dieses die mit einer strategisch-agilen Planung und Arbeit verbundenen Implikationen auf das Unternehmen zu 100% unterstützt.

Es gibt wenige Konzepte und Methoden, die es erlauben umfassend die notwendigen Einblicke und Einsichten aus dem Unternehmen strukturiert und objektiv zu erfassen und sie so für die Konzeption der Entwicklung zu nutzen. Neben den Angeboten einiger großer Beratungen sind die Agile Design Checks sind ein erprobter, verlässlicher und (im Wortsinn) preis-werter  Weg dahin. Sie bieten Einblicke, die sonst verwehrt bleiben und geben Anker- und Anhaltspunkte, wie und wo im, am und mit der Organisation gearbeitet werden sollte, um die gesteckten Ziele zu erreichen.


Links

AGILITYINSGHTS Netzwerk: http://www.agilityinsights.net

Agile Designs Checks – Übersicht:  https://agilityinsights.net/de/was-wir-tun/design-check

Agile Checks im Kontext von Strategie & Planung: https://agilityinsights.net/de/was-wir-tun/strategischeplanung

Literatur

The Performance Triangle
2013,  Lukas Michel, LID Publishing, ISBN: 978-1-907794-41-4

Management Design
2015 Lukas Michel, LID Publishing, ISBN: 978-1-907794-66-7

Das AGILITYINSIGHTS Netzwerk wurde von Lukas Michel initiiert, um Unternehmen beim Zugang und der Umsetzung von Agilität mithilfe der Agile Design Checks im Verbund und Austausch mit internationalen Partnern zielgenau beraten zu können. Die Agile Design Checks wurden von Lukas Michel entwickelt und werden stetig verfeinert. Über die Netzwerkpartner haben in den letzten 15 Jahren ca. 200 Unternehmen die Agile Design Checks mit großen Erfolg und stets positiven Feedback genutzt. Das Netzwerk steht im ständigen Austausch mit Wissenschaftlern, um durch deren Feedback und Forschungsprojekte weitere valide Informationen einbinden und nutzen zu können.

www.agilityinsights.net    |    michel@agilityinsights.com

Guido Bosbach ist, mit seinem Unternehmen ZUKUNFTheute, Top-Management Berater für kleine oder mittelständische Unternehmen, wie für Konzerne. Sein besonderer Fokus liegt auf dem zentralen Thema Agilität und deren Umsetzung in allen drei relevanten Komponenten: operativ, strategisch und organisational.
Er wurde 2017 vom internationalen Business-Netzwerk Linkedin als Top-Voice und 2018 vom Personalmagazin als Top HR-Influencer ausgezeichnet.
Guido Bosbach ist Partner im AGILITYINSIGHTS Netzwerk.

www.zukunftheute.net    |    gb@zukunftheute.net