Brennglas Pandemie: Wie Konflikte im System Bürokratie erzeugen, Energie rauben – und was man dem begegnen kann

Brennglas Pandemie: Wie Konflikte im System Bürokratie erzeugen, Energie rauben – und was man dem begegnen kann

Unter der Bürokratie zu leiden ist vielen wohl ein sehr vertrautes Gefühl. Zurzeit vielleicht mehr denn je. Den deutschen Behörden ist es mit langem Anlauf gelungen, an ihrer eignen Bürokratie, ihrer mangelnden Flexibilität und Kompliziertheit krachend zu scheitern. Das Virus lässt sich offensichtlich nicht durch Verordnungen und Ordnungsversuche einschüchtern. Der Impfstoff nicht schneller verimpfen, wenn alle dazu notwendigen Daten zuvor neu erfasst werden müssen. Flexibel auf eine sich verändernde Situation einzugehen und zu reagieren geht anders.

Doch wer sich jetzt über den Tellerrand blickt und sich dabei über die Regierung aufregt, sollte den Blick noch einmal auf die eigenen Teller richten. Jetzt, in einem Moment, in dem der Silberstreif am Horizont beginnt an einen Sonnenaufgang zu erinnern, sollten wir alle in uns gehen und überlegen, ob und was wir tun können, um optimal auf all das vorbereitet zu sein, das nach einem „Neustart“ auf uns zukommen kann.
Viele Unternehmen mussten die letzten Monate mit angezogener Handbremse agieren. Jetzt ist es Zeit zu zeigen, dass sie es besser machen als die Regierung, dass sie Raum für maximale Anpassungsfähigkeit und Engagement schaffen, um die kommende und doch so wenig greifbare Situation optimal zu handhaben und die sich bietenden Gelegenheiten zu nutzen. Doch, wo stehen die Unternehmen an dieser Stelle? Welche Hemmnisse müssen sie überwinden, um das Bürokratiemonster und all die anderen Ungetüme, die Energie aus unserem Arbeitsalltag abziehen, im Griff zu haben oder gar zu besiegen?

In den letzten Wochen habe ich im Rahmen einer Umfrage versucht zu klären, wie sich die wichtigsten Indikatoren für (und gegen) eine reibungslose Zusammenarbeit in der Zeit seit Beginn der Pandemie verändert haben. Die ersten Ergebnisse sind allerdings ernüchternd, auch wenn sich in vielen Unternehmen Dinge, zum Teil tatsächlich zum Guten, verändert haben.

Zusammenfassung 

Es ist nicht neu, dass sich während der Pandemie die, vor allem psychische Belastung für viele Mitarbeiter erhöht hat. Die Ergebnisse der Umfrage zeigen einige Punkte auf, an denen diese Mehrbelastung spürbar wird. Sie zeigen zugleich auf, dass Unternehmen, die schon vor Beginn der Krise modernen Managementprinzipien implementiert hatten, heute deutlich besser dastehen und sich in eine gute Ausgangsposition für die Zeit nach der Pandemie gebracht haben. Sie bauen zum Beispiel auf Selbstorganisation statt Bürokratie und Delegation von Entscheidungen an die Wissensträger statt sie über die hierarchische Machtpositionen zu spielen. Sie sind damit erkennbar erfolgreicher und besser auf das kommende Unbekannte vorbereitet. Sie werden mit hoher Wahrscheinlichkeit den Neustart besser meisten und sich schneller & flexibler mit den erneut veränderten Umständen arrangieren.

Die Ergebnisse der Befragung zeigen einige Stellschrauben auf, an denen die Entscheider in den Unternehmen bereits jetzt drehen können, um die schlimmsten Symptome der Belastung zu lindern. Dazu gehört der Arbeitsaufwand, der in bürokratische Aufgaben fließt, eine klare Kommunikation, die Gerüchte und fake news vermeiden hilft und vor allem ein klares Bewusstsein über die Auswirkungen fehlerhaft kombinierter Managementprinzipien. Gerade letztere führen vermehrt zu systembedingten Konflikten, die Ursache für viele nachgelagerte Symptome sind und einen enormen Einfluss auf das Leistungsvermögen des Unternehmens haben.

Es sind in der Masse leider tatsächlich Stellschrauben, die nur diejenigen, die die Macht und den Willen haben die Regeln der Zusammenarbeit zu verändern, in der Hand haben. Das „Fußvolk“, die so wichtigen Mitarbeiter der unteren Hierarchieebenen, können zwar in ihrem direkten Umfeld, unter dem Radar und auf dem kleinen Dienstweg einige wenige Dinge verbessern, der große Wurf kann aber nur gelingen, wenn dieser von „oben“ eingesteuert wird und hier wichtige Weichenstellungen erfolgen. Ganz zentral gehört dazu, die Zusammenhänge im Steuerungssystem des Unternehmens zu analysieren und zu verstehen. Sie sind häufig ursächlich für Symptome wie „Bürokratie“, fehlenden Raum für Engagement, Lernen und Selbstverantwortung oder wachsenden Widerstand bis hin zum Zynismus. Dabei sind es, das zeigt die Erfahrung, oft eher kleine Impulse die zu nachhaltigen und positiven Veränderungen führen.

Resümee

Wie das anfangs genannte Beispiel der Bundesregierung im Kontext der Pandemie zeigt, kommt es heute mehr denn je darauf an, Handlungsräume und Paradigmen in der Organisation zu verankern, dass es erlauben schnell, flexibel, aber mit einer klaren gemeinsamen Ausrichtung auf das zu reagieren, womit die Umwelt aufwartet. Wer hingegen die eigene Handbremse lösen will, tut gut daran, bewusst auf das Gesamtsystem zu blicken, um anschließend das Bürokratiemonster und die Energiefresser hinter sich zu lassen. 

Wie immer hat jede Geschäftsführung, haben die Entscheider auf allen Ebenen in jedem Unternehmen die Wahl. Sie entscheiden darüber wie bewusst sie persönlich mit den Themen Steuerung und Kontrolle vs. Selbstverantwortung und Freiraum umgehen. Die Auswertung zeigt die Korrelation von Command & Control und den arbeitsbelastenden Folgen und andererseits den positiven Effekt eines modernen und systemkonfliktfreien Managementverständnisses.
Jetzt ist die Zeit, sich darauf bewusst vorzubereiten. Es lohnt tiefer zu blicken.
Wer dies tun möchte: Am Ende dieses Beitrags finden sich weitere Informationen und ein Link.

Mehr Details

Die Unterschiede zwischen der Zeit ‚vor‘ und ‚während‘ der Pandemie erscheinen in der Gesamtsicht zunächst relativ unspektakulär. Insgesamt hat die Bürokratie in vielen Unternehmen etwas zugenommen, die Beziehungen und direkten persönlichen Kontakte haben gelitten, Austausch und die gegenseitige Unterstützung finden weniger statt. Im Gegenzug haben neue Regeln Einzug gehalten und unter anderem die Entscheidungsfindung beschleunigt.

Ein differenzierterer Blick führt jedoch auch zu einem differenzierteren Bild.
Die Ergebnisse erlauben zwischen Unternehmen, die nach eher „traditionellen“ Maßstäben geführt  werden (mit einem Fokus auf Prozesse & Strukturen, einem klar hierarchischen Denken und Handeln) und eher „modern“ gemanagten (mit bewusst gesetzten Leitplanken statt starren Regeln, Selbstverantwortung & -organisation, sowie „new Work“ Ansätzen) zu unterscheiden. Dabei wurden die Einschätzungen der insgesamt 93 freiwilligen Teilnehmer in vier Kategorien betrachtet: Dem Maß an Bürokratie, der Menge an Engagement/Energie, die Ausrichtung des gewählten Managementmodells mitsamt etwaiger grundlegender, systemischer und systembedingter Widersprüche, sowie den fünf Kernbereichen von NextManagement.  

Die Wette: Managementtradition oder eher zeitgemäß und „modern“ 

Gerade der direkte Vergleich der traditionell geführten Unternehmen mit den moderneren zeigt  eindeutige Tendenzen auf, etwa beim Thema Bürokratie oder dem nutzbaren Engagement. Die Studie bestätigt die Erwartung, dass in den nach klassischen Managementmustern geführten Unternehmen, im Allgemeinen ein relativ hohes Maß an bürokratischen Prozessen und Vorgaben herrscht, die zum Beispiel die Entscheidungsfindung verlangsamen, Autonomie einschränken und den Zugang zu benötigten Ressourcen erschweren. Zugleich zeigt sie, dass der Distanzzwang die starren, bürokratischen Strukturen zum Teil aufgebrochen haben und die Masse an bürokratiebedingten Belastungen abgenommen hat. Der Indexwert für Bürokratie sinkt hier leicht von 69 Punkten vor der Pandemie auf 66 während ihr. 

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Der Vergleich mit den eher moderneren Unternehmen zeigt allerdings, dass hier das Niveau mit 53 Punkten vor der Pandemie und 47 während ihr, deutlich niedriger liegt. 
Insbesondere auch der mit bürokratischen Prozessen verbundene Zeitaufwand unterscheidet sich deutlich. So geben 68% der Befragten aus traditionell geführten Unternehmen an, schon vor der Pandemie mit mehr als 30% der Arbeitszeit mit „bürokratischen Aufgaben“ befasst gewesen zu sein, in der aktuellen Situation steigt dieser Wert auf 74%. 30% der Arbeitszeit, bedeuten für die meisten Arbeitnehmer 1,5 Arbeitstage pro Woche. Die Frage nach dem zusätzlichen Wertbeitrag dieser Mehrbelastung wurde in der Studie nicht geklärt. 

Zum Vergleich: bei den eher „modernen“ steigt der Anteil der Mitarbeiter, die angeben mehr als 30% der Zeit mit bürokratischen Aufgabenstellung befasst zu sein von 18% auf 50%. Auch hier gibt es also, bedingt durch die Pandemie eine Mehrbelastung und zugleich viel Luft nach oben.  
Könnten die traditionsgebundeneren Unternehmen ihre Werte auf das Niveau der moderneren senken, würde dies ca. 10 % der Arbeitszeit, etwa zugunsten der Wertschöpfung, freisetzen.

Produktive Kraft oder Bremse

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Der Vergleich der produktiven Energie und des Engagements fällt noch deutlicher aus. Während in den nach alten Mustern geführten Unternehmen das Grundniveau an Engagement grundsätzlich niedrig bis mittel ist (vor der Pandemie geben nur 17,5% an hoch engagiert zu sein, wobei der Wert während der Pandemie auf 15,8% sinkt. Damit stimmen die Werte im Grundsatz mit der jährlichen Studie des „Gallup-Instituts zur Mitarbeitermotivation überein.), stehen diesem in Unternehmen mit zeitgemäßen Managementmustern Werte von 40,7% bzw. während der Pandemie sogar 51,9% gegenüber. In diesen Organisationen hat der Grad an Engagement damit deutlich zugenommen.
Gegenspieler der zu mehr Zusammenarbeit motivierenden Energien sind allerdings immer auch mit am Werk. Diese sind, bei den nach tradierten Grundsätzen arbeitenden Organisationen, nicht nur grundsätzlich intensiver, sie haben sich zudem auch weiter verstärkt. In der Bilanz sind die produktiven Kräfte in modern geführten Unternehmen ca. doppelt so stark ausgeprägt, wie der traditionell geführten Vergleichsgruppe. 

Kontrollieren oder Ermöglichen

Bei der gewählten Unterscheidung der Gruppen sollte man größere Unterschiede beim identifizierten Managementmodell erwarten können. Diese werden sichtbar, wenn man den durch die Pandemie induzierten internen Wandel anschaut. 

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Während in den moderner geführten Unternehmen kaum Notwendigkeit gesehen wurde, die Paradigmen zu verändern, ist in den anderen betrachteten Organisationen der Versuch erkennbar,  Zentrales Management durch mehr Selbstverantwortung und Macht als Steuerungsinstrument durch mehr Offenheit zur Delegation zu ersetzen. Es ist der Weg von der „Kontrolle“ zur „Ermöglichung“. 

Während in den moderneren Strukturen ohnehin die Mehrheit auf hohe Selbstorganisation statt Bürokratie setzte, hat diese in den traditioneller geführten Unternehmen ihre Bedeutung behalten, genauso, wie weiterhin vor allem auf klare Zielvorgaben gesetzt wird.
In den zeitgemäßer agierenden Unternehmen war es augenscheinlich deutlich leichter Selbstorganisation, die Delegation von Entscheidungen umzusetzen und den Umgang mit Zielvorgaben zu flexibilisieren. 

Bemerkenswert ist, dass in vielen Unternehmen (61%), unabhängig von der genutzten Managementmodell, zunehmend schwere Konflikte im Managementsystem erkennbar sind. Konflikte, die entstehen, wenn zum Beispiel zwar selbstverantwortlich gehandelt werden soll, aber zugleich starre Zielvorgaben existieren oder wenn über hierarchische Macht geführt, aber zugleich, pandemie- und distanzbedingt, zu Selbstorganisation übergegangen wird, bzw. werden muss. Während der Pandemie ist eine Zunahme dieser Konflikte von 20% bzw. 30% zu erkennen. Die Reaktion auf diese Verschiebungen im System führt zum Versuch zusätzlicher Kontrolle, was sich in mehr Nachweispflicht, Reports und Kontrolle führt, was wiederum zusätzlich Energie und Arbeitszeit bindet. Eine Abwärtsspirale, die in ihren Auswirkungen nicht unterschätzt werden sollte. 

Trotz allem mehr Freiheiten

Im Bereich der NextManagement Kategorien zeigt sich nochmals, wie deutlich sich die moderneren Unternehmen von den Traditionalisten abheben. In allen Bereichen haben sich diese während der Pandemie, stabil auf hohem Niveau gehalten, während in der Vergleichsgruppe, zwar etwas aufholen kann, aber insgesamt weit (16 von 100 Punkten) zurückbleibt. Allein beim Organisationssystem verbessert sich der Wert von 33 auf 50 – insbesondere weil den Mitarbeitern zwangsläufig mehr Freiheiten eingeräumt werden.   

Size matters

Noch etwas fällt auf: Kleine Strukturen kommen besser durch diese schwierige Zeit. Schaut man allein auf die Größe der Organisation, schneidet das Größensegment „11 – 50 Mitarbeiter“ insgesamt deutlich besser ab, als alle anderen. Sie kommen mit weniger Bürokratie aus, gehen mit mehr Engagement voran, und schneiden im Kontext NextManagement, der die Bereiche „Culture“, „Power&Performance“, „People Relations“, „Leadership“ und „Organizing system“ umfasst, deutlich besser ab, als alle anderen. Allerdings gibt es auch hier systembedingte Konflikte, die ausgeräumt werden sollten, um die Situation weiter zu verbessern. Die Idee einiger großer Unternehmen ihre Strukturen auf maximal 150 Mitarbeiter zu begrenzen, erweist sich vor diesem Hintergrund als sehr hilfreich.

Insgesamt

Die Umfrageergebnisse geben klare Hinweise auf wichtige Stellschrauben, die Unternehmen beachten können (und sollten) um die Entwicklungen in der Krise für sich zu nutzen. Die Betrachtung und das Auflösen systembedingter Konflikte, die es in der Folge erlauben die Menge an bürokratischen Aufgaben zu verringern und mehr Raum für Engagement zu geben, sowie der Abbau von negativer Kommunikation sind wichtige Elemente. Um ein optimales Setup der Organisation für die Zeit nach der Pandemie vorzubereiten, sollten diese Punkte individuell im Detail analysiert und ggf. bearbeitet werden.

Der vollständige Ergebnisreport wird voraussichtlich im Laufe der nächsten Woche veröffentlicht. Interessenten können sich hier registrieren, um ihn zu erhalten. 
Sofort danach werden die individuellen Ergebnisreports für die Teilnehmer der Studie versandt und die Buchgewinner benachrichtigt.
Wer die Umfrage und die zugehörige Analyse für sich und das eigene Unternehmen nutzen möchte, kann hier mit mir in Kontakt treten

Die in der Erhebung genutzten Fragen sind an folgende Quellen angelehnt:

  • den Bureaucratic-Mass-Index von Gary Hamel und Michele Zanini zu finden in „Humanocracy – Creating Organizations as Amazing as the People Inside“
  • die Arbeiten von Prof. Dr. Heike Bruch zu „Organisationale Energie“ u.a. zu finden in „Fully Charged“ von Heike Bruch und Bernd Vogel
  • die Managementmodelldiagnostic von Lukas Michel, zu finden u.a. in „People-centric Management“ 
  • das NextManagement-Konzept  
Lust auf Zukunft?!

Lust auf Zukunft?!

Im Moment lese ich oft, dass die „neue Normalität“ es notwendig macht Veränderungen im Unternehmen voranzutreiben. Oft geht es dabei um digitale Werkzeuge und/oder die Einführung von ortsunabhängigem Arbeiten, manchmal um (das aktuelle Verständnis) von „New Work“-Komponenten, mal um eine neue Kultur, neue Führungsstile und -qualitäten. Die Liste ließe sich noch einiges fortsetzen. In der Masse geht es darum, einige schon länger bekannte Probleme endlich mit nun erhöhtem Druck anzugehen. Es sind allerdings weiterhin Probleme, die (nur) an der Oberfläche kratzen, bzw. Symptome einer durch die Pandemie beschleunigten Bewegung in Richtung einer moderneren „normalen“ Art der (Zusammen)Arbeit. Selten wird sich, obwohl leicht möglich, bewusst Zeit genommen, um sich die Ursachen zu analysieren und auf Basis dieser Erkenntnis die Gelegenheit zu nutzen, das Unternehmen umfassend auf die Zukunft und die sich abzeichnenden Probleme und Herausforderungen vorzubereiten.    Die aktuelle Situation wirkt in vielen Bereichen wie eine Booster für (bereits zuvor) absehbare Entwicklungen. (Zusammen)Arbeit wird zukünftig an vielen Stellen deutlich stärker erfordern, dass wir vertrauensvoller und vertrauenswürdiger miteinander umgehen. Wir werden erwachsener werden müssen, um gemeinsam besser in den Dialog gehen zu können, um uns besser zuzuhören und abweichende Meinungen zuzulassen, um besser zu entscheiden, Ressourcen sinnvoller zu nutzen und das Unternehmen mit besseren Produkten und Angeboten sicherer im Markt zu positionieren. Sprich, die vielbeschworene Kultur und das organisational verinnerlichte Menschenbild müssen jetzt tatsächlich beobachtet und mit gezielten Impulsen bewegt werden. In Zukunft werden wir weniger nach strikten individuellen Vorgaben arbeiten, wir werden vernetzter agieren und unsere Kompetenzen bündeln. Wir werden uns stärker fokussieren und mehr Wahlfreiheit brauchen, um unsere Adaptions- und Anpassungsfähigkeit auszubauen. Wir werden mehr Generalisten brauchen, die uns das Gesamtbild schlüssiger erklären und es sinnvoll erweitern können, um trotz allem ein gemeinsames klares Zielbild zu besitzen.    Vor viele weitere Themen, die unsere Anpassungsfähigkeit herausfordern, werden wir kurzfristig von unseren Kunden, unseren Märkten und unserer (Um)Welt, die wir schon so nachhaltig verändert und zerstört haben, gestellt – und es wird von uns verlangt, darauf schnell, präzise und qualitativ hochwertig zu reagieren.   Das alles bedeutet nichts weniger, als dass wir eine Technologie endlich weiterentwickeln müssen, die wir 100 Jahre vernachlässigt haben: den „Rahmen der Zusammenarbeit“, das genutzte Managementmodell!   Doch wie soll, wie kann es uns gelingen, diese alles jetzt, meist unvorbereitet, anzugehen? Wie kann es uns gelingen auf diese großen Themen zu fokussieren, und die vertrauten, „einfachen“ aber kleinen, zeitfressenden Alltagsproblemen auszublenden? Wie können wir sicherstellen, tatsächlich am Ende die großen Dinge anzugehen, die langfristigen und so übermächtig erscheinenden?   Wir leben in Zeiten, die unser bisheriges Weltverständnis in einer Art und Geschwindigkeit auf den Kopf stellt, dass viele ganz schwindelig macht. Es ist eine Zeit, in der neue Lösungswege selten ausreichen und wir, aufgrund der Dynamik und Komplexität, neue Lösungsräume entstehen lassen müssen. Um nicht vollständig im Chaos zu versinken, ist es Zeit auf die Ursachenebene vorzudringen und die Basis unserer Aktivitäten zu betrachten und zu verändern, anstatt unsere Zeit weiter mit der Heilung und Behebung von Symptomen zu verschwenden.    Viele schauen an dieser Stelle (hierarchisch) nach oben, zu den Top-Entscheidern und Führungskräften. Sie waren und sind diejenigen, deren Aufgabe es ist, die Grundlagen für eine erfolgreiche Zukunft zu legen. Allerdings reicht es heute nicht mehr diese Kollegen mit dieser Aufgabe allein im Regen stehenzulassen. Zukunft ist eine Aufgabe, die alle gemeinsam angehen müssen!   „Das Management“ oder „die Führungskräfte“ ohne interne (und gezielte externe) Unterstützung diese Problemstellung angehen zu lassen, ist passt nicht zu den systemischen Komplexitäten und Dynamiken. Ein solches Verständnis wird der gemeinsamen Verantwortung für diese, unsere Zukunft, nicht gerecht. Klar ist: Wir sind alle Teil des Problems und wir sind damit alle, in unserem Denken und Handeln, in unseren (Vor)Urteilen, Wahrnehmungen, Wünschen, Bedürfnissen und Zielen immer auch Teil der Lösung!  
„Wir sind alle Teil des Problems – und damit auch Teil der Lösung!“
  Großen Themen können wir, wenn wir sie für uns erfolgreich meistern wollen, nur gemeinsam angehen. Meist startet eine Idee in einer kleinen Gruppen, mit einem Impulsgeber und den ersten zwei Verbündeten, die dann die 15% der „early adopter“ einbeziehen und die schließlich bis zu 80% mitnehmen, die dann umfassend die Herausforderung schultern und meistern. Den Kollegen im Management, der Führungs“elite“, kommt dabei noch immer eine Sonderrolle zu. Ihre Rolle ist allerdings nicht die, eines Impulsgebers oder Teil der kleinen, in-team-en Dreiergruppe zu sein, aber sie müssen sich dafür einsetzen, dass die ersten 15% Raum haben, um zusammenzufinden und ihre Energien frei zu bündeln. Sie müssen dazu das Problem verstehen, ihre Position, ihr Netzwerk und damit auch ihre Reputation und Macht dazu nutzen, um mögliche Hebel zu identifizieren und den engagierten Protagonisten die Ressourcen und Aufmerksamkeit zu ermöglichen, die diese als Hauptakteure der Veränderung brauchen!   Roger L. MartinRichard Straub und Julia Kirby schreiben dazu in einem aktuellen Artikel aus Anlass des diesjährigen Global Peter Drucker Forum (GPDF): „Part of your job as a leader is to frame the problems you want people to apply their energies to solving. That framing begins with comprehending the nature of a problem, and communicating the way in which it should be approached.“ [„Teil Ihrer Aufgabe als Führungskraft ist es, die Probleme zu formulieren, von denen Sie wollen, dass die Menschen ihre Energie für deren Lösung einsetzen. Das beginnt damit, die Natur eines Problems zu verstehen und die Art und Weise zu vermitteln, wie es angegangen werden sollte.“]   In einem weiteren Artikel im Blog des GPDF schreibt Miriam MeckelTaming them [,the threats of the future,] requires the will and inner readiness to derive the necessary conclusions and make the right decisions, led not by answers but by tough questions: Is there someone you can call in to talk to in a spirit of trust to walk through decision scenarios? Is there someone in your own team who can tell you what you don’t want to hear, but definitely should? And is the team that is involved in the decision diverse enough to think about options from different directions and put them to the test?“ [„Sie [, die Bedrohungen der Zukunft,] zu bändigen erfordert den Willen und die innere Bereitschaft, die notwendigen Schlussfolgerungen abzuleiten und die richtigen Entscheidungen zu treffen, wobei nicht die Antworten, sondern harte Fragen ausschlaggebend sind: Gibt es jemanden, an den Sie sich wenden können, um mit ihm vertrauensvoll Entscheidungsszenarien durchzuspielen? Gibt es jemanden in Ihrem eigenen Team, der Ihnen sagen kann, was Sie nicht hören wollen, aber auf jeden Fall hören sollten? Und ist das Team, das an der Entscheidung beteiligt ist, vielfältig genug, um über Optionen aus verschiedenen Richtungen nachzudenken und sie auf den Prüfstand zu stellen?“]   Beide Zitate bestätigen die Bedeutung eines umfassenden Verständnisses für die Problemstellung und insbesondere auch die damit verbundenen Hebel und Wirkzusammenhänge. Im Kern ist es die kulturelle Frage, ob Ehrlichkeit und Vertrauen so weit etabliert sind, sodass die obigen Fragen alle mit „ja“ beantwortet werden können.   Diese zukunftsentscheidende, eher unterstützende denn weisungsgebende Rolle der Top-Führung ist einer der wichtigsten Stellglieder, um neue kulturelle und formale Regeln und Rahmenbedingungen in Unternehmen zu etablieren. Die Top-Führung definiert im Regelfall nicht nur das Geschäftsmodell mit seinen Kunden, Angeboten, seinem Ressourcenbedarf und seinen Zielen, sie definieren (oft eher unbewusst) das im Unternehmen gelebte Managementmodell – und bei diesen gibt es entscheidende Unterschiede!    Im Managementmodell ist verankert, in welcher Form Regeln, Ziele und damit auch (wahlweise) Zwänge, Ablenkung, Ballast und Misstrauen das Unternehmen bestimmen. Es beantwortet implizit und explizit die Frage wie weit Wahlfreiheit, Energie, Freiheiten und Vertrauen aufgebaut und genutzt werden können, um neue Denk- und Handlungsräume zu öffnen.    Die Macht der Top-Entscheider im Unternehmen, ihre hierarchische Autorität, ihre Weisungsgewalt gibt ihnen sowohl die Möglichkeit Angst und Schrecken zu verbreiten und über Druck und Verunsicherung zu führen, und, auf der gegenüberliegenden Seite der Skala, die Chance mit rationalen Impulse und, noch besser, (im positiven Sinn) emotionalen Ansprachen die Bedürfnisse, Lust und Engagement der Mitarbeiter aktiv zu adressieren. Sie sind aufgrund ihrer Rolle und Position diejenigen, denen es am leichtesten gelingen kann, die „Schönheit“ und die Chancen einer Aufgabe und eines Wandels aufzuzeigen, um damit anderen zu ermöglichen etwas positives daraus mitzunehmen, etwas zu lernen, etwas zu erleben oder etwas zu entdecken.    Voraussetzung ist: Die Grundlagen müssen stimmen! Um in dieser Form miteinander Veränderung anzugehen zu, braucht es gesunde, gleichwertige, ausbalancierte Beziehungen zwischen den Beteiligten statt einer (allzu oft präsenten) Entmündigung. Jeder muss soviel Raum und Aufrichtigkeit in der Beziehung wahrnehmen, dass er sich trotz einer ggf. als unterlegen oder  unsicher wahrgenommenen Position traut, seine persönlichen Wahrheiten und  Problemwahrnehmungen offen an- und auszusprechen. Wir müssen wieder dahin kommen, uns als Erwachsene gegenseitig ernst zu nehmen und auch so zu behandeln, ohne Herabwürdigungen, subjektive Bewertungen oder Vorurteile. 

Was brauchen Unternehmen in der Zukunft?

Es lohnt zu versuchen sich folgende Fragen zu beantworten: 
  • Wie sieht das Unternehmen in 10 Jahren aus? 
  • Hat es alle notwendigen Fähigkeiten schon jetzt aufgebaut, um diese Zeitspanne zu überstehen? 
  • Wie würde die wichtigste Botschaft aus dem Jahr 2030 an die Verantwortlichen von heute lauten und was würde sie dazu bringen ihr Handeln dieser Nachricht anzupassen? 
  • Welche Weichen müsste und könnte man heute stellen und was hätte den größten Einfluss darauf, wie gut das Unternehmen im Jahr 2030 dasteht? 
  Meine Wette: Die meisten der Informationen, die aus der Zukunft kämen, hätten weniger damit zu tun, welches das top-innovative Produkt für das Unternehmen war, sondern eher damit, was grundsätzlich zu tun, um neuen Ideen, Technologien und Entwicklungen an- und aufzunehmen. Kern dieser Botschaft wäre wahrscheinlich, wie es leichter gelingt, all das Wissen, all die neuen Themen, all die Informationen so zusammenzutragen, die Köpfe und die Energie so zusammenzubringen, dass die richtigen Schritte eingeleitet und gegangen werden können. Kern der Botschaft wäre weniger das ‚wie‘, als das ‚auf welcher Grundlage‘, es wäre weniger das Geschäftsmodell als das Managementmodell.    Unternehmen in denen Menschen voller Selbstvertrauen, Selbstwert und Selbstverantwortung arbeiten, werden die Herausforderungen und Probleme der Zukunft leichter meistern. Wir wissen schon längst, dass Organisationen, die hinreichend kleine Teams, mit einer intensiven Vernetzung, modularen und teils redundanten Aufgabenstellungen und hoher Transparenz etabliert haben, optimale Voraussetzungen besitzen, um große Krisen und Herausforderungen vergleichsweise unbeschadet zu überstehen.   Solche Organisationsformen basieren allerdings auf einem grundlegend anderen Verständnis für die notwendigen Regeln, Strukturen und Prozesse als dies heute vielfach implementiert ist. Sie funktionieren mit einem anderen organisationalen Betriebssystem. Sie denken anders, sie handeln anders und sie sind damit besser auf die Herausforderungen eingestellt, die eine „neue Welt“ uns abverlangt.    Wie gelangt man zu einem solchen neuen System der Zusammenarbeit, einem, das imstande ist, das Unternehmen krisenresilient und langfristig sicherer zu machen?    Meine Antwort, mein aktueller „Goldstandard“ für einen solchen Entwicklungsweg: Bevor etwas passieren kann, muss das Top-Management sich informieren und den Mut sowie die Bereitschaft entwickeln, eine Entwicklung anzugehen, deren Ende und Auswirkungen nicht absehbar sind. Entwicklungen, wie die hin zu einem neuen zeitgemäßen und zukunfts-wirksamen Managementmodell sind aufgrund ihrer systemischen Komponenten und der komplexen Entwicklung des Umfelds nicht planbar. Dennoch ist eine solche Entwicklung – ich behaupte in 90% der Unternehmen – absolut notwendig, denn sie sind grundlegend, um die Unternehmen auf die Zukunft vorzubereiten. co re create organizations Kopie Ist der Mut gefasst – unabhängig, ob dies der Mut der Verzweiflung oder er aus einer tieferen Erkenntnis wächst – so bietet sich an, die Entwicklung nach folgendem Muster anzugehen.
  1. Möglichkeitsraum aufzeigen entwickeln – Bedarf erkennen Zunächst gilt es auf mindestens zwei Wegen den Bedarf zu erkennen. Zum einen, indem man in einen offenen Dialog, etwa in Form von themenbezogenen Open Space Veranstaltungen oder Retrospektiven eröffnet und den offenkundigen Bedarf abfragt und priorisieren lässt. Flankierend ist eine objektive Analyse der Defizite und der möglichen Hebel für Veränderung notwendig. (Ich arbeite an dieser Stelle mit einer Diagnostik von Agility Insights, die zudem den Vorteil bietet eine Selbsterkenntnis-Dialog anzustoßen, der in der Lage ist unterbewusste Hürden abzubauen und so deutlich schneller, fokussierter und engagierter als gewohnt in Bewegung zu kommen.) Die Ergebnisse dienen als Grundlage für einen, idealerweise begleiteten, diagnostischen Selbsterkenntnisprozess. 
  2. Möglichkeitsraum aufzeigen – Reflektieren Die Ergebnisse werden zusammengetragen und in Gruppen unterschiedlicher Zusammensetzung (mit und ohne Top-Führungskräften) reflektiert, um die wirksamsten Ansatzpunkte zu identifizieren. Diese werden in Bezug auf ihren Aufwand (Zeit & Ressourcen), den durch sie neu hinzugewonnenen gewonnen, relevanten Lösungsraum (Ausbau von Vernetzung, Kompetenzen, Wissen, Märkten, Produkten usw.) bewertet und ihre Wirkung auf der bewussten (d.h. der sichtbaren (Zusammen)Arbeit) und der unbewussten (d.h. den unsichtbaren, und/oder unbewussten Treibern der Zusammenarbeit) Arbeitsebenen bewertet.  
  3. Betriebssytem(komponenten) entwickeln – Dialoge anstoßen Vernetzte Teams entwickeln Ideen dafür, wie die Ansätze genutzt, die Hebel angesetzt und die Bedarfe befriedigt werden können. Sie gestalten den Rahmen für neue Regeln und Prozesse, schlagen vor, welche bestehenden Artefakte und Routinen überarbeitet oder abgeschafft werden sollten und stellen ihre Arbeitshypothesen und -ergebnisse immer wieder zur Diskussion (zum Beispiel in internen Foren). 
  4. Betriebssytem(komponenten) entwickeln – Betriebssystem gestalten Auf Basis der Erkenntnisse aus den Dialogen werden Entwürfe für eine verbindliches Regel- und Rahmenwerk für die Organisation erstellt. Dabei wird zwischen expliziten und impliziten (kulturelle) Regeln differenziert und für beide Formen nach Wegen gesucht, diese in einer Form in den Arbeitsalltag zu integrieren, die die Zusammenarbeit vereinfacht und verbessert.
  5. Das neue Arbeitsfeld gestalten – verbessern Die neuen Rahmenbedingungen für die gemeinsame Arbeit werden als Experimente im normalen Arbeitsumfeld implementiert, um ihre Wirksamkeit abzuschätzen und relevante Erfahrungen zu sammeln. Aufgrund der gesammelten Erfahrung werden transparent Änderungen vorgenommen.
  6. Das neue Arbeitsfeld gestalten – implementieren Rahmenbedingungen, Regeln, Prozesse und Strukturen, die sich als förderlich für eine höhere Arbeitsqualität und Wirksamkeit erwiesen haben, werden als neue Standards implementiert. Alle gemeinsam sind für die Einhaltung verantwortlich, alle gemeinsam arbeiten transparent an weiteren Verbesserungen. Ziel ist in einem klaren Rahmen mit sich ständig an den Bedarf anpassenden Regeln zu arbeiten, s.d. jeder maximale Energie einbringen und Wirkung erzielen kann.  
  Jede Veränderung ist ein Abenteuer, eines, auf das man sich vorbereiten kann und sollte. Als Grundausstattung für diese Expedition sollte man sich immer wieder ein paar Erkenntnisse in Erinnerung rufen:
  • Niemand will verändert werden, aber selbstgesteuerte Veränderung kann das Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen stärken.
  • Eine von oben verordnete Veränderung zerstört die notwendige Motivation und Kreativität. 
  • Die zu veränderte Problemstellung und die beabsichtigte Zielsetzung sollte daher individuell subjektiv begreifbar gemacht werden (auf rationaler und emotionaler Ebene).
  • Dazu können Experimente dienen, die die Zielsetzung vorwegnehmen und erleben lassen. 
  • Solche Experimente entsprechen fast nie zu 100% der späteren Realität.
  • Veränderungen müssen für (möglichst) jeden Betroffenen einen konkreten, persönlich fühl und/oder erlebbaren Nutzen bringen, z.B. eine fachliche oder emotionale Beteiligung am Entwicklungsergebnis etwas durch mehr Wissen/Kompetenz, neue wertvolle Erfahrungen, größere Anerkennung oder (manchmal) auch mehr Geld. 
  • Rein abstrakte, auf große Gruppen oder das gesamte Unternehmen bezogene Zielsetzungen bringen niemanden wirklich in Bewegung.
  • Im Laufe des Wandels ist regelmäßige Reflexion des erreichten und das kommenden hilfreich, um sich an den Nutzen zu erinnern. Dies kann durch externe Begleitung erfolgen oder auch durch Peer-Mentoring und -Coaching. 
  • Alle mittel- und (sowieso) die unmittelbar Beteiligten sollten sich jederzeit über den Status, die ursächliche Problemstellung und die aktuelle (ggf. veränderliche) Zielsetzung informieren können.
  • Meistens verändern sich Ziele auf dem Weg, sie werden konkreter oder müssen aufgegeben bzw. neu formuliert werden. Dies zeigt von Anpassungsfähigkeit, nicht von Schwäche oder mangelnder (Projektleitungs)Kompetenz. 
  • Veränderung belastet alle Beteiligten zusätzlich, daher sollten sie beim weiter laufenden Tagesgeschäft Unterstützung erhalten.
  • Bewusste und explizite Vorher-Nachher Vergleiche nach dem Abschluss der Veränderung helfen, den Boden für die nächste zu bereiten.
  • Veränderung lebt durch die mit ihr verbundene Kommunikation!
  • Ein proaktiver Umgang mit Kritik und Konflikten ist unumgänglich für den Erfolg. Dabei sollte die Verantwortung bei den Beteiligten verbleiben. 
  • Mit Erwachsenen sollte, gerade auch in schwierigen Zeiten und bei Konflikten, wie mit Erwachsenen umgegangen werden. Augenhöhe ist kein Luxus!    
  Die Unternehmen, in denen wir arbeiten sind kultureller, sozialer und (natürlich auch) finanzieller Anker für unser Leben. Sie zukunftsträchtig und krisenresilient zu gestalten, erlaubt uns sorgenfreier in die Zukunft zu blicken. Dies verändert in signifikantem Maß den Zusammenhalt und damit die Zusammenarbeit im Unternehmen sowie das Zusammenleben über die Grenzen der Organisation hinaus. Wenn es uns gelingt, die Unternehmen fit für eine sich stetig und beschleunigt wandelnde, immer komplexer zusammenhängende Welt zu machen, dann gelingt es uns auch, unsere Gesellschaft wesentliche Schritte in diese Richtung gehen zu lassen. Wir haben es in der Hand!

Tun, was wirklich, wirklich wichtig ist ?!

Manchmal kommen Momente, Zeiten und Fragestellungen, die von jetzt auf gleich helfen den Blick zu schärfen. Nicht, weil alles glatt und super läuft, dann ist selten der Impuls da, sich an die eigene Nase zu fassen. Viel häufiger geschieht dies, wenn die Dinge eben nicht nach Plan und „easy“ laufen, wenn Herausforderungen zu Problemen werden und in den Mücken plötzlich tatsächlich ziemlich viel Elefant steckt. Dies sind die Zeiten, die zwar kaum Gelegenheit bieten, dafür aber um so mehr dazu einladen, bewusst zu reflektieren was „wirklich Sache ist“, zu überlegen, ob der eingeschlagene und vielleicht schon ausgetretene Weg noch immer der Richtige ist und ob ein „Rerouting“ vielleicht doch Vorteile bieten würde. 
 
Könnte man aus der Zukunft zurückblicken, wäre das alles einfach. Egal, ob im persönlichen Bereich oder im Arbeitsleben. Hätten wir vor 10 Monaten gewusst, dass ein neuartiger Virus auf der Bildfläche auftauchen würde, hätten wir Gegenmaßnahmen ergriffen und müssten uns heute nicht die Frage stellen, ob ein neuer Lockdown droht oder wann die Maskenpflicht einmal endet. Hätte die Automobilindustrie vor 10 Jahren gewusst, dass Verbrennungsmotoren durch alternative Antriebe ersetzt werden müssen, um dem Klimawandel entgegenzuwirken, wären andere Weichenstellungen möglich gewesen. 
 
Aber nein, wir können nicht aus der sicheren Entfernung einer langfristigen Zukunft heraus die Vergangenheit ändern und wir können nicht mit dem Wissen von heute die Entscheidungen von damals revidieren. Aber, wir können uns heute gute und richtige Fragen stellen, die helfen Entscheidungen zu treffen, die in der Zukunft eine größere Erfolgswahrscheinlichkeit besitzen.
 
In vielen „agilen“ Unternehmen sind Retrospektiven auf der Arbeitsebene heute breit etabliert. Unterstützt von internen oder externen Moderatoren wird bewusst Zeit und Gelegenheit gegeben, all die Dinge auf den Tisch zu bringen, die in der ‚kurzen Vergangenheit‘, in den letzten Monaten, zu Problemen geführt haben. Ziel ist die nahe Zukunft zu verändern und die Dinge besser zu machen. Alles kann, darf und soll(te) betrachtet werden, die ‚wichtigsten‘ Themen werden identifiziert und gemeinsam Lösungen (oder mindestens Lösungsteams) auf den Weg gebracht. 
 
Doch, wie findet man das Geheimrezept, um auch für eine langfristigere Zukunft die Weichen richtigzustellen? Was ist in dieser Hinsicht wirklich, wirklich ‚wichtig‘? Was lohnt anzufassen und zu verändern, wann, für wen und wofür?
 
Wenn man Führungskräfte, Geschäftsführer und Vorstände fragt, so ist wichtig, was Erfolg verheißt, was Sicherheit und Anerkennung bringt – persönlich und für das Unternehmen. Dieser ‚Erfolg‘ wird häufig damit verbunden, was das Unternehmen kurzfristig und vor allem wirtschaftlich nach vorne bringt, was schnell sichtbar und greifbar wird. Die kurzfristige Strategie ist sicht- und greifbarer als das mittelfristige Ziel oder gar die langfristige Vision. Der Einfluss auf die Arbeitsebene, die Übersicht über die Tätigkeiten, die Kontrolle der Ergebnisse, das alles gibt schnelleres und vermeintlich hilfreicheres Feedback, als sich gedanklich mit etwaigen Zukunftsszenarien auseinanderzusetzen. ‚Wichtig‘ und ‚dringlich‘ liegen oft sehr nah beieinander, und so bleiben die wirklich wichtigen Dinge meist auf der Strecke. So werden langfristig mehr Probleme als Erfolge geschaffen.
 

Was ist ‚wichtig’?

‚Wichtig’ ist nicht allein ein eindimensionales Thema, rein auf einer persönlichen Ebene. Es ist nichts, bei dem es nur darum geht, soziale Akzeptanz, Status, Geld oder Sicherheit zu erlangen. Es ist individuell enorm abhängig von der sehr unterschiedlichen Prägung, die jeder einzelne von uns schon mit der Muttermilch aufgesogen hat.
 
‚Wichtig’ hat mindestens drei weitere Dimensionen. Die zweite Ebene in dieser Zählung ist die soziale Ebene, die Organisation. Die Gemeinschaft bewertet ‚wichtig‘ mit (weiteren) kulturellen, ethischen aber auch strukturellen Aspekten. Die Zusammenarbeit, Entscheidungen, Abläufe, Netzwerke, Kommunikation, was immer auf dieser Ebene aus gemeinschaftlich besonders relevant erkannt wird, lässt ganz eigene Marker und Präferenzen entstehen. 
 
Eine dritte Ebene steckt in der wirtschaftlichen, ökonomischen Einheit, die jedes Unternehmen bildet. Keine Frage, ohne dem ökonomischen Bereich eine hinreichend große Bedeutung zu geben, kann kein Unternehmen lange überleben. Dies wird gerade in der aktuellen Krisenzeit immer klarer. Dennoch ist es eben nur ein Teilaspekt, insbesondere, wenn es irgendwann darum geht, aus den (Teil-)Ruinen wieder auferstehen. Spätestens dann sind nicht mehr die Zahlen wichtig, sondern die produktiven Energien und Ideen, die es braucht um sich neu zu erfinden. Spätestens dann wird die Bedeutung der sozialen und individuellen Ebenen klar, spätestens dann ist es notwendig, die richtigen ‚wichtigen‘ Dinge zu tun. 
 
Und dann ist da noch ein vierter Bereich, der in den letzten Jahren besonders an Bedeutung gewonnen hat. Es ist die Umwelt der Unternehmen, in der ‚wichtig‘ auch ‚nachhaltig‘ bedeutet. In der eine sinnvolle Ressourcennutzung und -schonung neue Prioritäten gewonnen haben.   
 
Vier Ebenen und drei Fristigkeiten
Diese vier Ebenen haben mit Blick auf die Arbeit im Unternehmen sehr unterschiedliche Wirkungen bezogen auf ihre wahrgenommene Kurz-, Mittel- und Langfristigkeit. Persönliche und nachhaltige Themen haben immer eine Kurz- und Langfristigkeit. Organisationale vor allem Mittelfristigkeit und der ökonomische sollte – außer in akuten Krisenzeiten – vor allem langfristig gedacht werden.   
 
Zugleich besitzen die Ebenen und ihre zeitlichen Ausprägungen systemische Verknüpfung, die es unmöglich macht eine klare Handlungsreihenfolge festzulegen, nach der man die Themen abarbeiten sollte. Dies gilt es zu beachten, auch und weil viele, auch einige derzeit gehypten Ansätze, die Sicht auf diese Zusammenhänge eher einschränken. Sie geben das Gefühl bereits auf dem richtigen Pfad zu sein, oft bevor die Frage, was wirklich, wirklich, wirklich wichtig ist, überhaupt gestellt wird. Einen starken ‚Purpose‘ zu verkünden, Grassroots laufen zu lassen, oder New Work Impulse in die Strukturen und Abläufe einzuweben, das alles kann im Detail helfen die Not zu lindern, aber keine dieser Ideen hilft umfassend dabei zu erkennen, worum es zukunftsgerichtet für alle Beteiligten und das Unternehmen wirklich geht bzw. gehen sollte.
 
Natürlich ist es verführerisch, sind bei der Lektüre eines gut geschriebenen Buches von einem neuen Ansatz überzeugen zu lassen. Natürlich ist es leicht einen Vortrag zu hören, der überzeugend klingt, um anschließend dessen Impulse direkt in die Umsetzung zu bringen.
Doch am Ende wird allzu oft klar, dass eine fundierte Analyse, eine wirklich ehrliche Betrachtung im Spiegel, ein ernsthaftes Auseinandersetzen mit der Frage, was, auf allen vier Ebenen, wirklich, wirklich, wirklich ‚wichtig‘ UND zukünftig wirksam sein kann, hundertmal mehr Wert ist.
Wer klug ist, startet erst danach mit der Suche nach dem richtigen Impulsvortrag, dem work-hack oder der sinnstiftenden Idee, die es braucht, um das richtige Momentum ins Unternehmen zu tragen und die Menschen zur Veränderung zu ermutigen. Wer klug ist weiß, dass es erst ein Basisverständnis bei den wichtigen Initiatoren und Multiplikatoren braucht, um dann einen breiten Austausch und Dialog zu den Dingen, die individuell, organisational, unternehmerisch und aus der Umweltbetrachtung als wichtig gelten sollten, zu starten. 
 
Bei aller komplexen Systematik der Zusammenhänge, meine Empfehlung für einen Weg zu einem fokussierten Verständnis von ‚wichtig für uns und unser Unternehmen’ führt über einen offen und umfassenden Angang des Themas. Er startet mit Retros auf allen Organisationsebenen (vor allem und insbesondere auf der obersten) und einer objektiven Betrachtung der gesamten Wirkstrukturen, mit ihren, oft tief implementierten Hemmnissen und Störfaktoren. Begleitende ‚Vertrauens- und Vertrautengruppen‘ helfen den die Komplexität (soweit möglich) zu entflechten  und einzelne Trends nicht nur als strategische Implikation zu bewerten, sondern auch deren Verknüpfung, Interdependenzen und Interaktionen zu verstehen. Diese Schritte dienen als Vorbereitung, um anschließend bereit zu sein kritisch zu hinterfragen, was für das Unternehmen, in seiner Gesamtheit wirklich, wirklich, wirklich wichtig ist, um die nächsten drei, die nächsten 10 oder die nächsten 30 Jahre, möglichst gut zu überstehen. 
      
Als ein Ergebnis dieser Aktivität wird zutrage treten, wie unterschiedlich „wichtig“ auf den dargestellten Ebenen wahrgenommen wird, wie verschieden die daraus resultierenden Schlussfolgerungen sind und welche Vielfalt an Szenarien und Entwicklungswegen daraus entsteht. Ein anderes Ergebnis wird sein, dass die Offenheit steigt, Reflexionen und deren Ergebnisse erst zu nehmen und kritische Fragen und Antworten zuzulassen. 
 
Keinem Unternehmen tut es gut, immer nur nach einfachen Antworten zu suchen! Gerade in schwierigen Zeiten ist es fatal, sich nur um das Feuerlöschen zu kümmern. Der Blick muss sowohl weiterhin darauf gerichtet bleiben, Quellen für neues Löschwasser u finden, als auch mit den Resultaten der Entwicklungen vorwärts gewandt umzugehen.
 
Unternehmen, die ihr ‚wichtig‘ wirklich wichtig nehmen, betrachten sich gerne im Spiegel, sie holen sich bewusst neue Impulse ins Haus, etablieren offene und ehrliche Dialogrunden, sie nehmen wenig als unveränderbar und vorgegeben an. Sie betrachten das Geschäft, die Zusammenarbeit, die Organisationsstruktur genauso kritisch, wie etablierte und oft längst nicht mehr zeitgemäße Führungs- und Managementparadigmen. Sie erlauben sich Dinge zu bewegen, die undenkbar und abstrus anmuten. Sie sind bereit, sich dafür zu engagieren, was ihnen, nach bewusster und tiefer Betrachtung, umfassend als wirklich, wirklich, wirklich wichtig erscheint.
 
Dies sind auch die Unternehmen, die langfristig bessere Perspektiven haben. Es sind die Unternehmen die entspannt(er) in die Zukunft schauen. Es sind die, die vielen anderen einen entscheidenden Schritt voraus sind. Probieren Sie es einfach aus. Es lohnt sich!  

Vier Schritte, fünf Fokusbereiche – eine Zukunft für Management und Führung

Vier Schritte, fünf Fokusbereiche – eine Zukunft für Management und Führung

>>>> Reflexionsimpuls

Was ist sind Unternehmen wert, d.h. was sind sie für uns Wert, wenn wir bzw. die Unternehmen so weitermachen wie bisher? Was geschieht, wenn die Art, wie wir Unternehmen – und die darin geleistete Arbeit – sich deutlich langsamer entwickelt, als der Rest der Welt?
Das sind große Fragen, Fragen, die gerade jetzt, zu denken geben sollten. Sie sind dazu geeignet Reaktionen hervorzurufen, die zeigen, wie sehr wir bereit sind unsere Glaubenssätze und tief verankerten Gewohnheiten und Sichtweisen auf den Prüfstand zu stellen ODER aber an nichts zu rütteln, um das wahrgenommene (fragile) Gleichgewicht nicht zu gefährden.
 
Tatsächlich hat sich (und uns) dieses „Gleichgewicht“ ständig und stetig weiterbewegt. Die Art, wie wir Unternehmen managen und führen, wie wir die Grundregeln festlegen und sich diese weiterentwickeln, hat sich schon immer – in kleinen und großen Schritten – verändert. Doch es stimmt auch, dass, mit den sich rapide beschleunigenden Entwicklungen der Umwelt (von Unternehmen) diese Unternehmen – und deren Top-Entscheider – sich nun auch schneller bewegen sollten / müssen. Denn am Ende entscheiden sie über ihr, das unternehmerische und unser aller (wirtschaftliches) Überleben. Mithin keine Frage, die wir auf die leichte Schulter nehmen sollten. Zu viel hängt für jeden einzelnen und unsere Gesellschaft davon ab.
 
Gary Hamel, einer der prominentesten Managementvordenker unserer Zeit, schreibt zu den Chancen und Stoßrichtung solcher Entwicklungen in seinem neuen Buch „Humanocracy“: „Entgegen der herkömmlichen Auffassung liegt das, was eine Arbeit gering qualifiziert macht, nicht in der Art der Arbeit, die sie mit sich bringt, oder in den erforderlichen Qualifikationen, sondern in der Frage, ob die Personen, die diese Arbeit ausführen, die Möglichkeit haben, ihre Fähigkeiten zu erweitern und neue Probleme anzugehen.“ Und „Die Avantgarde-Unternehmen bieten überdurchschnittlich hohe Löhne, nicht weil sie ungewöhnlich großzügig sind, sondern weil ihre Mitarbeiter außergewöhnliche Werte schaffen. In diesen Unternehmen herrscht die tiefe Überzeugung, dass “gewöhnliche” Mitarbeiter außergewöhnliche Ergebnisse erzielen werden, wenn sie die Chance erhalten, zu lernen, zu wachsen und ihren Beitrag zu leisten.“
 
In diesem Sinne sollte es das langfristige Ziel von Managern und Führungskräften sein, die Grundlagen dafür zu schaffen, dass ein solcher Umgang miteinander, und wie ich zeigen werde, mit unserer Umwelt, in den Unternehmen möglich ist, um langfristig – und dazu auch noch nachhaltig – den eigenen Fortbestand zu sichern.
 

Ein Blick zurück

Um den Zustand und die Entwicklungsmöglichkeiten von Management und Führung einordnen zu können, und damit die Entwicklungsoptionen zu verstehen, die sich daraus für jeden, wirklich jeden von uns ergeben, lohnt ein kurzer Blick zurück.
 
Vor 100 Jahren begann das, was damals „Scientific Management“ genannt wurde und bis heute die Basis für „modernes“ Management ist, mit Stoppuhr, Waage und Tabellen. Mit dem Ziel die Effizienz der Arbeit zu optimieren, wurde beobachtet, verglichen, Arbeit aufgeteilt und verbessert. Der intensive Blick nach innen, auf die Arbeitsschritte und Abläufe machte es möglich z.B. Autos zu einem Bruchteil des vorherigen Preises zu bauen und so erschwinglich zu machen. Normierungen und Standards erlaubte es die gleichen Produkte 10.000-fach zu erzeugen. Ein klarer organisationaler Rahmen mit strikten Regeln & Normen, Vorgaben und Kontrolle half „Economies of Scale“ zu erreichen. Höhere Gewinne führten zu größeren Unternehmen, was wiederum mehr Steuerungsnotwendigkeit und Bürokratie erforderte. Und um schnelles Wachstum zu erzeugen, wurden vermehrt Investoren eingeladen Aktien von Unternehmen zu erwerben.
 
Im nächsten großen Schritt, ca. 50 Jahre später, wurde versucht das „höher, schneller, weiter“ zu optimieren, indem der Blick stärker auf den Rand der Unternehmenausgeweitet wurde. Um die Bedürfnisse der Eigentümer / Shareholder besser bedienen zu können, wurde die Anwendung und der Einfluss von KPI’s weiter verbessert. Die Organisation als mechanistische, klar strukturiert funktionierende Einheit, sollte stetig weiter wachsen und planbare Profite erwirtschaften. Ein Vorgehen, das mittelfristig immer mehr den Druck auf die Belegschaft und die Belastung der genutzten Ressourcen erhöhte und oftmals den Kunden aus dem Blick geraten ließ. Doch auch dieses System kam an seine Grenzen. Um das Standardgeschäft bis an seine Grenzen zu optimieren wurde die Bürokratie ausgeweitet und stärkere Kontrollen implementiert. So breitete sich mangelnde Flexibilität, Mittelmaß und Apathie aus. Die Balance Scorecard war einer der letzten Versuche, zu retten, was nicht mehr in die Zeit passt.
 
Vor knapp 20 Jahren begann dann die Zeit des „homo sapiens agilis“, dem weisen, agilen Menschen, der mit einem tiefen Verständnis für die Bedürfnisbefriedigung der Kunden darauf hinwirkte, verhärtete Strukturen aufzubrechen und mehr Anpassungsfähigkeit und Flexibilität in die Unternehmen zu vergrößern. Ein Ansatz, der den Blick über den Tellerrand des Unternehmens in das nähere Umfeld mit sich brachte. Zugleich bedeutet es eine deutliche Kehrtwende für die Art der Zusammenarbeit (Verbundenheit, Vertrauen), der Kommunikation (transparent, neue Kommunikationswege), der Entscheidungsbefugnisse (dezentral, schnell), der Strukturen (cross-funktionale kleine Einheiten), der Kundennähe (aktive Arbeit mit dem Kunden, Design Thinking) und mithin mehr Individualität auf allen Seiten.
 
Doch diese Öffnung hin zu einer stärkeren Nutzung der individuellen Fähigkeiten, Gedanken und Erfahrungen, zeitgleich mit einem schnell wachsenden Bewusstsein für die Chancen neuer Technologien UND der Auswirkungen der bisherigen (industriellen) Entwicklungen ließ (und lässt) das Bewusstsein wachsen, dass sich der Umgang mit den verfügbaren Ressourcen schnell und drastisch verändern muss. Der nationale “earth overshot day”, der Tag an den die national verfügbaren, nachwachsenden Ressourcen für dieses Jahr aufgebraucht waren, was bereits am 3. Mai. Global ist es in diesem Jahr der 22. August. Zu früh, auch wenn die weltweiten Lockdowns etwas Linderung unseres Ressourcenhungers verheißen.
 
Damit verbunden wurde (und wird) der globale Effekt der früheren Management-/Systemansätze immer deutlicher. Ethische Konflikte werden offener diskutiert und die Grundsätze unseres Wirtschaftens zunehmend hinterfragt.
 
Auch wenn die meisten Unternehmen noch mit dem Paradigmenwechsel von einer steuerungsfokussierten Shareholder Value Logik zu einer wirkungsfokussierten Agilitätslogik zu tun haben, so lassen die Trends von Kunden- und Marktbedürfnisentwicklungen bereits erahnen, dass der nächste Schritt nicht mehr nur bevorsteht. Es will und sollte jetzt (an)gegangen werden, um mit der Dynamik Schritt zu halten.
 
„There is no Planet B“ ist nicht nur ein Claim der Fridays for future Bewegung. Er kann auch zum Synonym für ein Weiterdenken von Management und Führung werden. Es gibt keine andere Option, zumindest für Unternehmen, die lange in ihren Märkten bestehen wollen, als sich der Herausforderung zu stellen. Dies bedeutet nicht nur den Menschen, im Sinne von agileren Arbeitsstrukturen, mehr Raum zu geben, sondern auch die Grundlagen für starke Nachhaltigkeit in sich zu verankern. Starke Nachhaltigkeit, das ist nachhaltiges, ressourcenbewusstes Handeln mit sozialem, ökologischem und eben auch ökonomischem Kontext. Es ist die, in diesem Fall bewiesenermaßen mögliche Quadratur des Kreises, der wirtschaftlichen Stärke aufgrund – und insbesondere nicht trotz – eines sozialeren und ökologischen sinnvolleren Miteinanders.
 
Es ist der, nach „Stoppuhr & Waage“, nach „Shareholder Value“ und „Agilität“ der vierte große Entwicklungsschritt, den Unternehmen mit Blick auf die Veränderungen ihres Umfelds und (damit) ihrer Zielsetzungen gehen müssen.
Alle diese Entwicklungsschritte lassen sich entlang von fünf Fokusbereichen beschreiben.
Im ersten Schritt, bei „Stoppuhr & Waage“ wurde die Bedeutung eines klar geordneten organisationalen Systems („organizing system“)entdeckt und so aufgebaut, dass es ein (aus damaliger Sicht) möglichst effizientes Zusammenspiel ermöglichte. Regeln, Routinen, Entscheidungsfindung, Strukturen und die eingesetzten Technologien wurden an diesem Ziel ausgerichtet und die Führung und vor allem die Menschen ihm untergeordnet.
 
Im zweiten Schritt des „höher, schneller, weiter“ kamen strenge(re) Maßgaben bezüglich der zu erbringenden Leistung hinzu, die durch strenge und stringente, an den Zielen und Strategien ausgerichtete, Kennzahlen und Entscheidungen kontrolliert und implementiert wurden. „Power & Performance“ lagen maximal im Fokus. Die Sicherstellung von Profiten wurde durch eine klarte Allokation der Verantwortung an der Spitze unterstrichen.
 
Die steigende Komplexität und Dynamik globaler, intensiv vernetzter Märkte erforderte eine vergrößerte Anpassungsfähigkeit. Es erforderte, dass Menschen und ihre (Zusammen)Führung, mehr Aufmerksamkeit erhielten. Die Fähigkeit (gemeinsam) zu lernen, sich seiner Ergebnisse und Leistungen bewusst zu werden, Beziehungen zu internen und externen Partnern aufzubauen, Menschen zu ermutigen und ihnen das Gesamtbild der Aktivitäten verständlich näherzubringen, um mehr Orientierung und zielgerichtete Zusammenarbeit zu ermöglichen, standen und stehen im Fokus.
 
Aktuell gewinnen die kulturellen, ethischen, klima- und umweltrelevanten Themen immer mehr an Einfluss. War Unternehmenskultur bislang der „Beifang“ einer leistungsorientierten Unternehmensführung, so schaut eine (aus)wirkungs- (und leistungs-)orientierte Top-Mannschaft nun mit noch mehr Bewusstsein darauf, wie Kommunikation, Verbundenheit, Vernetzung, Mut und die, das Unternehmen zusammenhaltenden und Kultur gestaltende Geschichten und Vorbilder gestaltet sind und bewegt werden können.

Wachsende Relevanz der fünf Fokusthemen 

Mit dem vierten Schritt sind nun alle fünf Fokusthemen: „Culture“, „Power & Performance“, „People“; „Leadership“ und das „Organizing System“ vollends in den Blick von klugem, zukunftsgerichtetem Management (& Führung) gerückt. Nun gilt es mit allen gleichzeitig zu jonglieren, ohne auch nur einen Moment lang den Anschein zu erwecken, eines der Themen könnte an Aufmerksamkeit verlieren und herunterfallen.
 
Auf dem gesamten Weg, schon bei den ersten Schritten, haben sich die Inhalte dieser Fokusthemen stets verändert und wurden den Gegebenheiten angepasst. Gleiches gilt für den jetzt zu gehenden Schritt. Statt fixer Regeln sind heute weit gefasste Leitplanken wichtig. Statt der finanziellen Sicherheit ist es heute (zusätzlich) die psychologische Sicherheit der Mitarbeiter, die notwendig für den Erfolg ist. Statt klarer Handlungsvorgaben und hierarchischer Entscheidungsprozesse, steigt dezentrale Verantwortungsübernahme und die Freiheit auch ungewöhnliche Experimente zu wagen zur gewinnbringenden Handlungsmaxime auf. Und, wohl wichtigstes Element, statt des Wohl der Shareholder, Kunden und/oder Mitarbeiter, geht es immer mehr um das soziale und ökologische Wohl des globalen Umfelds.
 
Die Welt rund um die Unternehmen hat die Anforderungen an Management und Führung in einem Maß verändert, das es schwer macht, an den alten gewohnten Handlungs- und Vorgehensweisen festzuhalten. Wir müssten dem Denken viel Zeit geben sich verändern zu können. Dennoch fürchte ich, dass die wenigsten Unternehmen diese Zeit wirklich haben. Die Dynamik verstärkt sich, die Zeitspannen für wichtige Entwicklungsschritte verkürzen sich zugleich – in Produktentwicklungsprojekten genauso, wie bei der Weiterentwicklung der diesen Projekten zugrundeliegenden Management- und Führungslogiken.
 
Durch diese Dynamik wächst die Gefahr, dass bei den einzelnen, nacheinander anzugehenden Entwicklungsschritten immer wieder Artefakte des alten Denkens und Handelns in den Strukturen, Prozessen und Kulturen zurückbleiben, die ein konsequentes Weitergehen unterbinden.
 
Ein „Next Management“ muss sich darauf einlassen (wollen und können), das Unternehmen in allen fünf Fokusbereichen eingehend auf solche Artefakte hin zu untersuchen. Diese Artefakte stellen eine latente Gefahr dar, da sie als signifikante Störungen und Hemmnisse einer neuen Logik der Zusammenarbeit, die individuelle und die gemeinsame Entwicklung bremsen können oder Ablenkung und Ressourcenverschwendung bedeuten können. Eine sorgsame und bewusste Betrachtung und Beobachtung ist daher hier mehr als nur angeraten.
Next Management Overview
Es geht insgesamt darum eine (neue) Logik der Zusammenarbeit zu etablieren, die gleichermaßen individuellen Entwicklungen, wie die des Unternehmens und die der direkten und der globalen Umwelt im Auge hat. Eine Logik, die den Blick nicht nur nach innen, auf den Rand oder über den Rand hinaus richtet, sondern die neue Perspektiven einnehmen kann und mit einer Drohne in der Lage ist neues Terrain zu erkunden. Es geht um mehr als das, was sich mit Stoppuhr & Waage mit dem Shareholder Value oder Agilität im Unternehmen abbilden ließ.
 
Es geht um eine Logik, die verstanden hat, dass es allen, und vor allem dem Unternehmen selbst nützt, jetzt die Weichen zu stellen, um langfristig und nachhaltig auf den richtigen Gleisen fahren zu können.
 
Eine Logik, die tatsächlich von deutlich mehr Menschen mitgetragen wird, als das Menschenbild vieler suggeriert. Zum Schluss nochmal Gary Hamels Perspektive auf diesen, so wichtigen, Aspekt: „Im Laufe der Zeit bringt diese Überzeugung eine Belegschaft hervor, die über tiefes Wissen verfügt, unendlich erfinderisch und leidenschaftlich kundenorientiert ist. Die Erfahrung der postbürokratischen Rebellen zeugt von einer einzigen leuchtenden Wahrheit: Ein Unternehmen hat von der Zukunft oder seinen Konkurrenten wenig zu befürchten, wenn es mit selbstverwaltenden “Mikrounternehmern” überfüllt ist.“
 
Manager und Führungskräfte, die mit einem solchen Verständnis an der Zukunft ihrer Unternehmen arbeiten, werden zeigen können, welche Werte wirklich in den Unternehmen stecken. Es sind Werte weit jenseits unserer heutigen Vorstellungskraft.

Raus aus den Krisen – hin zu mehr Mensch(lichkeit im Management)

Raus aus den Krisen – hin zu mehr Mensch(lichkeit im Management)

>>>> Reflexionsimpuls

Manchmal stelle ich mir die Frage, wie Unternehmen aussehen und funktionierten würden, wenn KI („Künstliche Intelligenz„ besser „automatisierte Datenanalyse“) Management- und Führungsrollen einnehmen würden. (Zur Einordnung der Begriffe: „Management“ = Festlegen der Regeln, Strukturen und Prozesse, „Führung“ = Interaktion mit den Mitarbeitern, um die vom Management vorgegebenen Regeln, Strukturen und Prozesse so zielgerichtet zu leben, dass die Vision des Unternehmens Wirklichkeit wird.)
 
Erste Experimente zu KI in der Führung gab es vor einigen Jahren. Damals wurden die von KI Entscheidungen im Durchschnitt positiver bewertet als die menschlichen Führungskräfte. Heute arbeiten Startups an Möglichkeiten Führung durch KI zu verbessern. Doch, was verbessert sich dann? Werden wir mit Hilfe von KI rationalere Entscheidungen treffen können. Werden wir zukünftig rein logisch vorgehen? Nach ethischen und moralischen Grundsätzen werden wir dann handeln? Wird es gelingen Empathie und soziale Aspekte einzubinden und wie wird das geschehen? Welche Annahmen und Zielsetzungen werden dem zugrunde liegen? Wie wird Führung dann sein und wahrgenommen?
 
Bis dahin werden Menschen und Menschlichkeit weiterhin wichtiger und integraler Bestandteil von Management und Führung bleiben. Ob dies zu unserem Vor- oder Nachteil ist, hängt allein von den (organisations)individuellen Gegebenheiten ab. Nach welchen Regeln gearbeitet wird, welchen Menschenbild vorherrscht, nach welche Zielen und Vorgaben gearbeitet und welches Kulturbild im Unternehmen gelebt wird, definiert, wie menschlich dort gehandelt wird. Noch wird all dies durch die Menschen im Unternehmen, mit mehr oder weniger direktem Einfluss, selbst festgelegt. Dabei haben diejenigen an der Spitze meist deutlich mehr Einflussmöglichkeiten, als die weiter „unten“. Die Frage ist, mit welchem Bewusstsein, dies geschieht und wie sehr sich dies an den persönlichen Bedürfnissen, Zielen und Wünschen von Top-Entscheidern und Führungskräften ausrichtet. Und schließlich ergibt sich daraus die Frage, wie sehr das Geschick und der Erfolg von Unternehmen von den Bedürfnissen und den Wahrnehmungen einzelner abhängen muss und sollte?
 

System(isch)-bedingte Herausforderungen 

Schon auf der individuellen Ebene, im eigenen Lebenssystem, sind wir ständig mit unseren Bedürfnissen, Gefühlen und unserer Ratio konfrontiert – und, zumindest gilt dies für mich – auch immer mal wieder überfordert. In kleinen und größeren Gruppen potenziert sich dieses systemische Element, weshalb es gerade für die (Top-)Führungsebenen, an denen viele dieser systemische Stränge zusammenlaufen, ohnehin enorm schwierig ist, mit bestem Wissen und Gewissen und zum Wohle des Unternehmens gut und bewusst zu führen. Die aktuellen Gegebenheiten erhöhen hier oftmals den Druck dramatisch und machen es nahezu unmöglich die ‚richtigen’ Entscheidungen zur ‚richtigen’ Zeit zu treffen.
 
Wem es gelingt in einer Organisation auf der Karriereleiter aufzusteigen, der hat gemeinhin vor allem fachlich überdurchschnittliche Leistung gezeigt. Mit diesem Aufstieg steigt die positive Selbstwahrnehmung und ein gewisser Stolz auf das Erreichte, gerade auch, weil es von der Umwelt meist als als außergewöhnlich wahrgenommen wird. Man muss schon häufig richtig entschieden und das richtige getan haben, um berufen zu werden, den nächsten Schritt zu gehen. Je höher die erreichte Position, desto mehr wächst das Bewusstsein, für die eigene, herausragende Rolle. Für viele ist es eine Ehre eine hierarchisch bedeutende(re) Positionen auszuüben und, in den klassischen Strukturen, damit auch immer wichtigere Entscheidungen treffen zu können. Persönlicher Ehrgeiz ist oftmals die treibende Kraft für das aufzubringende Engagement und die auf diesem Weg internalisierten Handlungs- und Haltungsmuster verstärken und verfestigen sich naturgemäß.
 

Mitternacht Nr. 2

Prof Eddie Obeng, von der, in britischen Reading beheimaten Henley Business School, hat den Zeitpunkt an dem das Internet allen zur Wissensgewinnung und Interaktion zur Verfügung stand, als ‚Mitternacht‘ definiert, als Zeitpunkt des großen Wandels, als Beginn einer neuen Ära. Ich sehe mit schnellen Schritten das nächste ‚Mitternacht‘ auf uns zukommen. Mitternacht Nr. 2 ist der Moment, an dem wir realisieren, das die alten Handlungs- und Verhaltensmuster, die über Jahrhunderte Führung und Management in Unternehmen geprägt haben, nicht mehr funktionieren und wir beginnen (müssen und können) neue Muster zu etablieren.
 
Wie nah dieses zweite Mitternacht ist, erkennen wir daran, dass bis vor einigen Jahren in (fast) allen Branchen und (fast) allen Unternehmen die alten Muster noch gleichermaßen gut funktionieren. Inzwischen jedoch, zusätzlich angefeuert durch die Coronakrise, wird immer klarer, dass das alte ‚Richtig‘, d.h. die bisherigen Strukturen, Prozesse und vor allem Entscheidungsprinzipien, -wege und -regeln nicht mehr zu den gewünschten Resultaten führen. Sie passen schlichtweg immer weniger zu den neuen Herausforderungen. Entsprechend wird mit „neuen“ Konzepten wie Agilität, neuen Organisationsformen, Innovationsmodellen und kreativen Problemlösungsmethoden versucht, diese Symptome des fundamentalen Wandels der sozialen, ökonomischen und ökologischen (Arbeits-)Umgebungen, zu heilen.
 
Die Sehnsucht nach einem neuen, zeitgemäßeren ‚richtig‘ ist groß. Es ist klar, dass ein gesamtes neues Set an Verhaltens-, Haltungs- und damit Vorbildmuster, gerade auf der Führungsebene, notwendig ist, um mit den Folgen dieser Entwicklungen im eigenen Unternehmen umgehen zu können. Die aktuellen Herausforderungen lassen kaum mehr zu sie entsprechend der alten Muster überhaupt zu bearbeiten, geschweige denn, sie erfolgreich lösen. Für viele bedeutet dies einen, schmerzhaften, weil an tiefen, lange aufgebauten und verankerten Überzeugungen rüttelnden Wandel eigener Überzeugungen und des Selbst-Verständnisses von Management und Führung.
 
Doch, auch wenn der kommende Wandel so sehr schmerzt, weil er vor allem die Führungsebenen der Unternehmen im Fokus hat, ist es wichtig und dringend ihm jetzt ins Auge zu blicken. Er verlangt die Entwicklung neu zu etablierender Führungs- und Managementkompetenzen, deren Verlauf sich einer klassischen Wellenkurve beschreiben lässt.

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Einschub: Die Schritte auf der Management Change Kurve

  1. Überschätzung des persönlichen Einflusses – Man stellt fest, dass die Dinge doch nicht immer so laufen, wie geplant. Die Mitarbeiter entscheiden kurzfristiges selbst, einfach, weil sie es müssen. Die Ziele werden nicht erreicht, nur weil wahlweise ein Virus, neue Dynamiken, die Globailisierung, die Digitalisierung oder ungeahnte Komplexitäten die Welt im Griff halten. Kunden informieren sich im Internet selbst und kaufen dann auch noch woanders. 
  2. Zweifel / Schock – Man fühlt sich ausgeliefert und aller Handlungsmöglichkeiten beraubt. Die einst so positive wahrgenommene (mit weitgehendere) Unabhängigkeit ist plötzlich Geschichte. Man weiß nicht so recht, wie die Dinge weitergehen sollen. 
  3. Ablehnung / Leugnung – Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Die Umstände werden negiert, die eigene Kompetenz besonders herausgestellt, schließlich ist einem so etwas noch nie passiert. Man geht davon aus, dass sich die Welt schnell wieder zurückdrehen wird. Es wird klar und deutlich entschieden, egal wie. 
  4. Widerstand / Zorn / Neid – Die Wahrnehmung wächst, dass es andere nicht so sehr trifft – auch wenn dies nur oberflächlich so scheint. Das eigene Schicksal wird verflucht, der Neid wächst und damit der innere Widerstand gegen die Veränderung. 
  5. Depression – Alle Stricke reißen. Das unvermeidliche wird (endlich) auch als unvermeidlich wahrgenommen und als, vor allem, persönliche Niederlage wahrgenommen. Das Leben und die Welt scheinen sich endgültig und unabwendbar verschworen zu haben. 
  6. Akzeptanz – Mit der Akzeptanz der Gegebenheiten wird der erste Schritt gegangen, um mit den äußeren Veränderungen umzugehen. Die Dinge sind wie sie sind und es kann nach Wegen gesucht werden, aus den veränderten Umständen (persönlich) positive Entwicklungen abzuleiten. 
  7. Erkenntnis – Es wird klar, dass alte Verhaltens-, Haltungs-, Wertemuster in der bisherigen Form nicht mehr anwendbar sind. Die systemisch komplexen Zusammenhänge werden klarer und damit auch die Notwendigkeit die vorhandenen Ressourcen neu zu strukturieren und ggf. anders zu nutzen.
  8. Gemeinsames experimentieren & lernen – Als Folge eines neuen Systemverständnisses wird mehr gemeinsam und mit offenem Ausgang diskutiert und gedacht. Gemeinsames experimentieren und lernen wird als sinnvolle Alternative zum vorherigen Vorgehen anerkannt. 
  9. Verbesserung von Selbstvertrauen & Resilienz – Mit dem Verständnis, dass man in der Gemeinschaft den Herausforderungen gelassener entgegenblicken und sie meistern kann, wächst auch das Selbstvertrauen in die gemeinsamen und – durch den gleichzeitigen Lerneffekt – auch in die persönlichen Fähigkeiten. 
  10. Aufbau neuer Führungskompetenz – Auf der Basis eines grundlegenden Führungsverständnisses entsteht durch eine neue, positivere Wahrnehmung der gemeinsamen Leistungsfähigkeit neue Führungskompetenz, die langfristig erfolgversprechend ausgebaut werden kann. 

 
Teil dieses Wandels ist es, das Unternehmen für mehr partizipatives und partnerschaftliches Miteinander und für mehr gelebte Menschlichkeit zu öffnen, denn diese ist (und bleibt) die ‚Secret Sauce‘, die geheime Zutat, die es erlaubt auf die vollen Potenziale und Fähigkeiten aller Mitwirkenden zuzugreifen. Das dies nicht zur Selbstaufgabe von Führung und Management führt, ist mittlerweile common sense. Im Gegenteil, je mehr es darum geht bewusst neue und besser wirkende Regeln, Routinen und organisationale Systeme zu etablieren, die diese neue Art der Zusammenarbeit optimal unterstützen, desto mehr sind hochklassige, zeitgemäß agierende Manager und Führungskräfte notwendig und gefragt.

Was tun?

1) Zunächst hilft nur, den Balken aus dem eigenen Auge zu entfernen.
2) Die Situation mit ausreichendem Abstand analysieren:

  • Szenarien durchspielen, in denen der eigene Einfluss nicht mehr so groß ist wie gedacht.
  • Antworten auf die Frage finden, wie es dem Unternehmen ergeht, wenn man 3 Monate ausfällt – in einem Umfeld wie es vor der aktuellen Krise, während der aktuellen Krise und nach der Krise existiert. An welchen Stellen läuft es dennoch gut, an welchen Stellen entstehen Probleme und welche und wie könnte man diesen Problemen begegnen?
  • Sich Sparringspartner suchen, mit denen die Situation im kleinen, vertrauenswürdigen Kreis, diskutiert werden kann.

3) Eine Standortbestimmung für die Gruppe, den Bereich und/oder das Unternehmen durchführen:

  • Welchen Einfluss haben die Mitwirkenden selbst auf die Entwicklung?
  • Welche Szenarien sind möglich, welche wahrscheinlich, welche realistischen Optionen gibt es?
  • An welchen Stellen kann die Organisation anders agieren und was ist dazu notwendig?

4) Externe Impulse einbringen, um den Blick zu weiten und neue Horizonte zu eröffnen:

  • Zuhören, die Impulse wirken lassen und auch unbequeme Wahrheiten zulassen.
  • Die Impulse und die eigenen Überlegungen aus den ersten Phasen zusammenbringen und alles zusammen neu bewerten. (Wobei gilt, dass die externen Impulse selten 1zu1 zu den tatsächlichen Optionen der Organisation passen. Hier ist immer gemeinsames Denken und Zusammenarbeit gefordert. Wir nennen dies diagnostisches Mentoring.)

5) Die Erkenntnisse einige Zeit sacken lassen, nichts übereilen, und erst Denken und Emotionen miteinander in Einklang bringen.
6) Mehr Zusammenarbeit zulassen:

  • Die Quintessenz aus den Analysen und Diskussionen erzeugen und das organisationale Betriebssystem im Detail betrachten und die Punkte identifizieren, die verändert oder neu etabliert werden sollten.
  • Den Fokus vom Individuum auf die Emergenz der Zusammenarbeit lenken.

7) Mit und nach all diesen Maßnahmen wird sich das Gesamtgefüge der Organisation verändern. Das Selbstvertrauen und die Resilienz steigen bei allen Beteiligten. Führung und Management werden sich verändern und damit die Rolleninhaber neue Kompetenzen entwickeln.
 
Diese Schritte zu gegen verlangt nach dem Verständnis für ein „Next Management“, einer Weiterentwicklung, die sich oftmals anhand von fünf Fokusbereichen beschreiben und ableiten lässt: Next Culture, Next Power & Performance, Next People Relations, Next Leadership und Next Organizing System. Was dahinter steckt, erläutere ich gerne in einem persönlichen Gespräch, und, in den Grundzügen, in meinem nächsten Blogpost.

Problem: Spitzenleistung?!

Wir sind Export- und Mittelstandsweltmeister. Die Anzahl der Hidden Champions ist fast unüberschaubar. Es geht uns gut, und deutlich besser als anderen Ländern, die von Corona UND der Wirtschaftskrise gebeutelt werden, auch wenn, ja, die Krise auch bei uns enorme wirtschaftlich Folgen hat und haben wird. Wie Gunter Dueck so richtig in seinem aktuellen Beitrag schreibt wird in dabei wichtig sein nach dem hinfallen anders wieder aufzustehen.
 
Basis unserer Position als führende Wirtschaftsmacht auf diesem Planeten ist dabei nicht durchschnittlich gut zu arbeiten und viel Glück zu haben, sondern es sind Spitzenleistungen, die uns das, was wir – viele einzelne, aber auch als Gesellschaft – Wohlstand nennen, ermöglichen.
 
Doch dieser Wohlstand, diese Spitzenleistung wird allzu oft teuer erkauft. Viele erbringen individuelle Spitzenleistung bis zum Erbrechen und zu oft bis zum Burn-Out. Sich für das Unternehmen zu verausgaben, sich Tag und Nacht einzubringen erscheint notwendig und gesellschaftlich etabliert und goutiert, um die individuelle Sicherheit durch Sichtbarkeit und Engagement zu erlangen. Es scheint, als seinen nur durch diese, manchmal übermenschlich anmutenden Beiträge, die großen Erfolge unserer Wirtschaft möglich. Es scheint, dass wir alle wenigen Leistungsträgern zu Dank verpflichtet sind, weil sie es sind, auf die wir alle bauen.
 
Doch, was ist dran an dieser Wahrnehmung? Ist die Spitzenleistung von Organisationen darauf angewiesen, dass einzelne sich bis zum Umfallen verausgaben? Ist die gemeinsame Spitzenleistung von Teams und ganzen Unternehmen in Gefahr, wenn die Top-Performer ausfallen?
 

„Höchstleistung ist zwar kontinuierlich möglich, aber nicht ständig.“

 
Klar, Unternehmen brauchen kontinuierliche Bestleistungen, um in eine Spitzenposition zu gelangen und um sich dort zu behaupten. Wer dauerhaft Mittelmaß liefert, dem ist dieses Status verwehrt. Sie brauchen, um mit Prof. Heike Bruch zu sprechen, sowohl ein hohes Maß an produktiver Energie, als auch Raum für angenehme Energie, um anschließend mit neuer Kraft weiterzumachen.
 
Ebenso wichtig, um kontinuierlich Höchstleistung zu erbringen und ebenso weit weg von einem „nur“ durchschnittlich hohen Leistungsniveau ist gerade heute, dass die Organisation in der Lage sein muss, mit den aktuellen (und den kommenden) „Störungen“ von außen konstruktiv umzugehen, sich flexibel und schnell anzupassen und sie ohne wesentliche Beschädigung zu meistern. Diese Störungen sind immer vielfältiger. Am augenscheinlichsten sind sie in Form neuer Anforderungen in Kontext Digitalisierung, der Arbeit in einem zunehmend dynamisch komplexen Umfeldern oder (auch) in globalen Krisen, wie Corona.
 
Dies, idealerweise, während im Innern der Organisation keine weiteren„Störungen“ entstehen, bzw. diese, und alle strukturellen und prozessualen Hemmnisse ohnehin auf ein Mindestmaß reduziert sind.
 

Aber, wieviel Höchstleitung brauchen wir, wer soll sie vollbringen und wie?

Welches Ideal steckt dahinter? Individuell und organisational?
 
Einige Kommentare auf Linkedin nach meinem letzten Blogbeitrag haben mich dazu gebracht, das Thema nochmal tiefer zu durchleuchten, weil ich wahrnehme, dass wir ein sehr gespaltenes Verhältnis zu dem Begriff „(Spitzen)Leistung“ verinnerlicht haben.
 
Auf den ersten Blick erscheinen zwei Ideen wesentliche Teile der Welt der Höchstleistung zu erklären. Es geht einerseits scheinbar um den ökonomischen Profit der Organisation und auf der anderen Seite um individuellen Gewinn, wobei auf dieser Ebene oft auch intellektuelle oder soziale Beweggründe dahinter stecken, etwa in Form von neuen Erfahrungen oder von sozial-hierarchischem Aufstieg und Status.
 
Zugleich scheint es, als würde der Begriff Höchst- und Spitzenleistung, gerade im New Work und ‚Human Resources‘ Kontext, immer kritischer gesehen. Die Begriffe, so scheint es, sind inzwischen Synonyme für schlechte Führung und nicht mehr zeitgemäße Rahmenbedingungen, beziehungsweise individuelle Selbstaufgabe und damit mangelnde Selbstverantwortung. Wobei zugleich Selbstverantwortung ein zentrales Ziel und Element von New Work ist.
 
Mein AGILITYINSIGHTS Kollege Lukas Michel kommentierte dies in einer mail an mich wie folgt: “Höchstleistung ist das, was Menschen, welche selbstverantwortlich handeln aus eigenem Trieb und Wunsch heraus, ganz natürlich tun – wenn sie dabei nicht von sich selbst oder von anderen (Organisation) gestört werden. Höchstleistung ermöglicht Flow, was alle wollen. Menschen wollen lernen und besser werden. Das ist nichts Negatives, sondern ganz im Gegenteil etwas Wünschenswertes. Was wäre unsere Welt, wenn nur noch Durchschnitt geliefert wird?“
 
Er schreibt weiter: „Wenn Führungskräfte „Drill“ betreiben, dann hat das einen negativen Einfluss auf die Leistung und kann die oben erwähnten Effekte auslösen. Drill hat nur in extremen Situationen (Militärkampf / Krise / usw.) einen kurzfristig positiven Effekt auf Leistung. Das sind aber die Ausnahmen, nicht die Regeln. Drilleffekte haben aber nichts mit Höchstleistung zu tun, sondern mit schlechter Führung oder Führung in Ausnahmesituationen. Ursache und Wirkung werden da bewusst vertauscht.“
 

Unser Bedürfnis nach Hochleistung

Hinter Höchstleistung auf individueller Ebene stecken oft teils existenzielle Bedürfnisse: (Selbst)Wirksamkeit zu erleben, Verbundenheit zu erfahren, Sicherheit zu besitzen, Lernen und sich entwickeln zu können, Wachstum sicherzustellen, Sichtbarkeit zu bekommen, Wertschätzung zu genießen, Unterstützung zu geben. Gehen diese mit positiven Gefühlen einher, sind sie also nicht getriggert aus z.B. Angst, Scham, Einsamkeit oder Ohnmacht, und gesellen sich Elemente wie etwa zeitnahes Feedback und Autonomie sowie ein sinnvolles Maß an Herausforderungen hinzu, so verbindet sich Arbeit mit Flow und Flow mit gerne beigesteuerter Höchstleistung [sic].
 
Auf der organisationalen Ebene gilt, dass ein Team aus individuellen Top-Performern gut und nett sein kann (wenn sie den überhaupt funktioniert), das aber (fast) jedes Team, dass den Raum und die Freiheit besitzt emergente Hochleistungszusammenarbeit für sich zu gestalten, mehr Leistung erzielt. Die Basis dafür muss allerdings tief in der Kultur und den strukturellen und prozessualen Rahmenbedingungen, dem organisationalen Betriebssystem verankert sein, was häufig genug nicht der Fall und nicht-trivial zu implementieren ist. Es sind die Dinge, die ich gefühlt schon 1000-mal hier beschrieben habe: Vertrauen in sich und das Team, gegenseitiges Verständnis, starke Verbundenheit, Dynamische Fähigkeiten (Flexibilität, Anpassungsfähigkeit), eine gemeinsame Wertbasis, ein Wir-Gefühl, ein gemeinsames ‚Warum‘ und ‚Wozu‘, Raum für Selbstverantwortung und Wahlfreiheit, gute Beziehungen und Fokus. Ist ein solches soziales Umfeld in einer Organisation gegeben, fällt es leicht(er), sich immer wieder selbst mit Spitzenleistungen in Bezug auf Wissen, Ideen und Erfahrungen ins Team einzubringen. Doch, wie es bei organisationalen Themen immer ist, dies ist eine, wenn nicht die wichtigste Management- und Führungsaufgabe, die zugleich fast immer hinter dem Alltagsgeschäft und strategischen Planungen zurücksteht.
 
Timothy Gallwey, der Business Coach, Berater und Autor der „Inner Game“ Bücher, beschreibt den Weg zu mehr gemeinsamer Höchstleistung so: „Freude, Lernen und Leistung gehören zu dem, was selbstverantwortliche Menschen sich in ihre Zielvereinbarung schreiben sollten.
Wenn das gelingt, ist Höchstleistung in Teams und Organisationen möglich ohne, dass Menschen dabei Gefahr laufen sich zu schädigen und im Burn-out zu landen. Wenn es gelingt diese Wahrnehmung in Verhalten und Haltung zu überführen, können wir auch wieder freier von Spitzenleistung sprechen, ohne das Gefühl zu haben, das darunter jemand leiden musste.
 

Epilog

Es gibt die unterschiedlichsten Definitionen zum Thema Höchstleistung und insbesondere High-Performance Teams. Eine der einfachsten und klarsten habe ich bei Prof. Wolfgang Jenewein von der Hochschule St. Gallen gehört: Es braucht eine klare Vision (ein Warum und Wozu), Wir-Gefühl (Verbundenheit) und eine gemeinsame Wertebasis.
Andererseits ist diese Definition nur schwer in Organisationen identifizier- und verifizierbar. Das Konzept, dass es mir am leichtesten ermöglicht die Grundlagen für Höchstleistung in Organisationen zu analysieren, ist das Performance Dreieck von Lukas Michel und die darauf aufbauende Diagnostik. Inzwischen gibt es diese auch in einer Version, die die Rahmenbedingungen auf individueller Ebene betrachtet (‚MEIN FLOW SCAN‘). Wer hier tiefer einsteigen will, kann sich gerne bei AGILITYINSIGHTS informieren, oder direkt auf mich zukommen.