Raus aus der Stressfalle!

Raus aus der Stressfalle!

Wir wissen leider alle viel zu viel über Stress. Trotz aller (Er)Kenntnis erleben wir ihn immer wieder. Gehetzt im Privatleben, Zeitdruck und negatives Feedback im Arbeitsleben. Da braucht es niemanden, der noch kluge Ratschläge gibt.

Allerdings scheint es, als seinen doch ein paar Hinweise angebracht, denn der meiste Stress im Arbeitsleben entsteht nicht, weil wir zu blöd zum Arbeiten sind, sondern weil wir zu blöd zu sein scheinen, die Systeme, in denen wir arbeiten, so zu gestalten, dass Arbeit stressfreier wird. Oft sind es eher die Rahmenbedingungen, der Zugang zu Ressourcen oder mangelnde Transparenz, die zu schlechter Kommunikation, zu Druck und zu unklaren Entscheidungswegen führen.

Jetzt kommt sicherlich von einigen die „Ja, aber mein Chef“… als die Ursache allen Übels. Ja, es gibt Chefs, die so sind, es gibt echte, na(rr)zistische Ar……er darunter. Menschen, die dazu nicht geeignet sind und den Job dennoch machen (dürfen). Ja, richtig. Der einzige Tipp der hier hilft: man diese im Grunde nur verlassen, um ihnen zu entgehen.

Aber es gibt die Masse der anderen Führungskräfte, die sich durch das/die Systeme, in denen sie agieren (müssen) selbst so gestresst fühlen, dass sie nicht besser damit umzugehen wissen, als diesen Stress einfach weiterzugeben.

Der Stress, der von diesen ausgeht, resultiert aber aus einer Schwäche des Systems, die man angehen und abstellen kann. Man muss es nur als solche erkennen und angehen.

Dazu dann gleich ein paar Empfehlungen.

Hormoneller Giftcocktail

Wie Stress wirkt, muss ich hier kaum beschreiben. Nicht anders als vor tausenden Jahren, als wilde Tiere oder Kampf Stress auslösten, schießen u.a. Adrenalin und Cortisol in unsere Blutbahn. Flucht- und Kampfinstinkte erhalten freien Lauf, wir sind extrem fokussiert und schalten die Bereiche des Gehirns weg, die zum Denken zu lange brauchen würden. Dafür erhalten unsere Muskeln maximale Energien, zugleich werden Schmerzreize unterdrückt. Wir können kämpfen bis zum umfallen – aber nicht darüber nachdenken, welche anderen Optionen wir haben. Bei akutem Stress sind Magen, Darm und alles, was uns bremsen könnte, außer Funktion. Das geht hin, bis zu einem abgeschwächten Immunsystem und einer im Gegenzug besseren Blutgerinnung. Die Hormone steuern uns. Hormone, die man am besten durch körperliche Aktivität abbaut. Körperliche Aktivität, die wir am Arbeitsplatz meist nicht haben. So bleibt vor allem Cortisol länger im Körper und baut nach und nach einen inneren Zustand von Dauerstress auf.

Stress, der immer individuelle Auswirkungen hat, aber durch die Organisation (unserer Arbeit) system(at)isch getriggert ist und sich dort allerdings fast nie sinnvoll abbauen lässt.

Ein Zustand, den Unternehmen ernst nehmen sollten, denn er kostet Zeit, Geld und reduziert (in zu hohem Maß) die Leistungsfähigkeit der Mitarbeitenden.
Problematisch ist, dass ein bisschen Stress durchaus hilfreich und gut sein kann. Ein (individuell) zu hoher Stresspegel ist es nicht.

Ein „Stress-deep-dive“ 

Um den Ursachen näherzukommen lohnt es, ein wenig tiefer ins Thema Stress einzusteigen, denn erstaunlich viel davon ließe sich bereits am grünen Tisch eliminieren. Der erste Punkt ist sicherlich, sich die Stressoren bewusst zu machen, denn der berühmt-berüchtigte Säbelzahntiger ist erstaunlicherweise heute in Unternehmen kaum noch präsent. Dafür erleben wir zu oft Dinge wie: Überlastung, inhaltliche Überforderung, Zeitdruck, häufige Arbeitsunterbrechungen, schlechte Arbeitsorganisation in Form von schlecht funktionierenden Prozessen und ungeeigneten Strukturen, sinnbefreite Zeitfresser-Meetings,  Intransparenz, Konflikte, Lärm, einseitige körperliche Belastungen, Unfairness, manchmal auch illegitime Tätigkeiten u.v.a.m.

Vieles davon ist dabei nicht auf das individuelle Arbeitsverhalten und den verinnerlichten Arbeitsethos zurückzuführen. Die Masse dieser Stressoren könnte relativ leicht von denjenigen aufgelöst werden, die das Betriebsmodell der Organisation definiert, das Organisationsdesign entworfen und den organisationalen (Anpassungs-)Fähigkeiten Raum (bzw. zu oft leider zu wenig Raum) gegeben haben.

Weil ich es für so wichtig halte, hier ein paar mehr Details zu diesem Thema, zu dem ich aktuell die 6-teilige Artikelreihe von @Alec Leverson und @Dr. Johanna Anzengruber über „Organization Capability“ nur empfehlen kann.

Drei grundlegende Elemente jeder Organisation: das ‚Betriebsmodell‘, das ‚Organisationsdesign‘ und die ‚Organisationale Fertigkeiten‘ sind unter anderem in hohem Maß entscheidend dafür, wie viel generelles Stresspotenzial eine Organisation in sich trägt.

Das Betriebsmodell definiert konzeptionell, wie Ressourcen genutzt, Prozesse und Strukturen angelegt werden, um die grundlegende Zielsetzung, die Intention des Unternehmens umzusetzen. Es beschreibt, wie das Unternehmen organisiert, koordiniert und ausgerichtet ist, um die Mission und Strategie zu erfüllen. Sie bildet die Grobstruktur des Unternehmens und gibt Leitlinien vor.
Es bestimmt damit, ob das Unternehmen ein eher modernes Regelwerk nutzt oder nach den guten alten, traditionellen (und *Ironie ein* früher immer richtigen *Ironie aus* 😉 Prinzipien und Parametern funktioniert.

Das Design der Organisation grenzt ab, wie sie strukturiert ist, einschließlich der Rollen, Verantwortlichkeiten, Berichtslinien und anderer formaler Beziehungen. Es legt die Hierarchie, die Prozesse, die Arbeitsteilung und die Koordinationsmechanismen fest, einschließlich der Differenzierungen zu und von Funktionen und Teams.

Die Fähigkeiten/Fertigkeiten/Möglichkeiten/Kompetenzen der Organisation (Organizational Capabilities) erlauben ihr, Leistung zu erbringen und auf Veränderungen zu reagieren. Sie helfen Abläufe, Prozesse, (Entscheidungs-)Wege und Kommunikation zu optimieren. Da die Anforderungen an diese Optimierung sich stetig verändern können, führen sie (idealerweise) zu einem sich stetig anpassenden und verbessernden Organisationsdesign und Betriebsmodell. Sie sind Inhalt und Ergebnis der Ausführungs- und Lernphase der Organisation. Betriebsmodell und Organisationsdesign sind also eher wie eine Reihe von Richtlinien oder Leitplanken zu behandeln, die eine beträchtliche Flexibilität zulassen sollten statt als statische Pläne und Fakten.

Wie daraus Stress entsteht? Ganz einfach, indem diese drei auf sich aufbauenden Teile als relativ statisch angesehen werden. Doch in einem System, das nicht nur äußeren, sondern auch inneren Einflüssen unterliegt, durch neue Mitarbeiter, neue Anforderungen der Kunden, veränderte Ziele und Aufgabenteilung etwa, kann und darf nichts statisch sein. Wird die Arbeit, die dieses System leisten soll, dennoch so gehandhabt, bleiben Prozesse, Strukturen und Entscheidungswege unverändert, entstehen Konflikte und Stress in der und durch die Organisation, die sich auf alle auswirken.

Ist man sich dieses Spannungsfelds bewusst, ist es leicht für die Organisation Stress systemisch und strukturell zu vermeiden. Der Schlüssel ist das Verständnis für die Anpassungsfähigkeit und -notwendigkeit von Management Design (als Oberbegriff für die drei genannten Elemente) und von Feedbackloops, die den Veränderungsbedarf kanalisieren und konstruktiv nutzbar machen. Ziel ist dabei alle drei Grundpfeiler der Organisation aufeinander abgestimmt und kontinuierlich weiter zu optimieren, um sie einer sich verändernden Um- und Innenwelt anzupassen. Wobei sich die Notwendigkeit zur Kontinuität allein schon dadurch ergibt, dass die drei Elemente sich gegenseitig beeinflussen. So führt die Weiterentwicklung bei einem Element fast automatisch zu Anpassungsbedarf bei einem anderen. Es entsteht ein (klassisch) iterativer Prozess der Verbesserung. 

Spannend ist, dass Unternehmen mit relativ modernen Managementmodellen scheinbar weniger organisational verankerten Stress erzeugen. Das workLIFE Barometer 2023 zeigt hier bei allen hierfür relevanten Fragestellungen deutliche Vorteile gegenüber traditionell agierenden Unternehmen.

So, und nur? Was kann ich tun?

Da die Auslöser für Stress also in zwei Lagern zu suchen sind, beim Individuum und seiner Reaktion auf Belastungen und bei der Organisation selbst, sollte man sie immer auch von beiden Seiten aus angehen. 

Dabei ist es wichtig, sowohl die individuellen Wahrnehmungen und Erfahrungen, als auch die organisationalen Rahmenbedingungen, Annahmen und die Arbeitskultur zu betrachten, wenn man negativ wirkenden Stress minimieren will.

Wie so oft bietet eine bewusste Beobachtung einen guten Einstiegspunkt. Relevante Reflektionsfragen dazu sind auf der individuellen Ebene etwa:

– Wie gehst du damit um, wenn du gestresst bist? Welche Maßnahmen/Mechanismen kennst du, um vorhandenen Stress (Hormonbelastung, psychische Belastung) abzubauen? Welche Freiräume brauchst du dafür?

Oder zum tieferen Einstieg:

  • Woran erkennst du, dass du gestresst bist?
  • Was muss geschehen, damit du dich gestresst fühlst?
  • Was muss geschehen, damit du dich nicht gestresst fühlst?
  • Was muss geschehen, damit du rechtzeitig aus Situationen aussteigst, von denen du weißt, dass sich dich stressen?
  • Begibst du dich bewusst in Situationen, in denen du negativen Stress empfindest? Warum? Wann passiert das? Wie passiert das?
  • Wie geht dein Umfeld damit um, wenn du erkennst, dass du gestresst bist?
  • Woran erkennst du selbst, dass du gestresst bist?
  • Wie viel Stress tut dir gut?
  • Welche Indikatoren weisen früh (genug) darauf hin?
  • Wie beugst du vor, um nicht in Situationen zu kommen, in denen du übermäßigen Stress empfindest? Wie kann dein Umfeld dir dabei helfen?

Auf der organisationalen Ebene sind zwei geeignete Fragestellungen:

  • Mit welchen Maßnahmen, Strukturen, Zielen und Routinen erzeugt die Organisation bei ihren Mitarbeitenden übermäßigen negativen Stress?
  • Welche Ressourcen und Möglichkeiten stehen den Mitarbeitenden zur Verfügung, um mit ihrem individuellen Stress besser um zugehen, ihn abzubauen oder ihn zu vermeiden?

Allerdings reichen diese nicht aus, um den Themen wirklich auf den Grund zu gehen. Wer dies will, muss tiefer einsteigen und damit starten, die Zusammenhänge umfassender verstehen zu wollen. Oftmals für viele, auch erfahrene Manager ein Augenöffner. Wie das geht, erläutere ich gerne im Einzelgespräch – dafür fehlt hier einfach der Raum.

Die Ansätze, um individuell gegenzusteuern kennen viele. Sie drehen sich um das eigene Selbstverständnis und eine gesunde Lebensweise zum Ausgleich der hormonellen Auswirkungen von Stress. Klassiker sind ein bewussteres und effektives Zeitmanagement, die Schaffung von Raum für regelmäßige kurze Pausen, tägliche Achtsamkeitsübungen und Meditation, eine offenere Kommunikation mit Vorgesetzten und Kollegen über Arbeitslast, Herausforderungen und Bedürfnisse, mehr körperliche Aktivität, eine ausgewogene Ernährung und natürlich Entspannungstechniken wie Atemübungen oder progressive Muskelentspannung.

Und auch auf Seite der Organisation gibt es Klassiker, die immer wieder empfohlen werden, wie etwa die Möglichkeit, flexible Arbeitszeiten zu nutzen, die Option, von zu Hause aus zu arbeiten, eine offene und transparente Kommunikation, die Bereitstellung von Möglichkeiten für sportliche Aktivitäten oder Fitnesskurse, die Förderung der mentalen Gesundheit, eine klare und realistische Aufgabenverteilung, mehr Anerkennung und Lob für gute Arbeit, eine unterstützende und kooperative Teamkultur.
Alles Themen, die viele Unternehmen nutzen, und dennoch ist der Stress weiterhin (fast) allgegenwärtig.

Alles gut, doch alles auch nur geeignet, um die Symptome zu lindern. 

Wie viel wirksamer wäre es, an den Ursachen zu arbeiten und der Falle zu entkommen?!

Moderne schlägt Tradition – wie Organisationen (und workLIFE) einfach besser werden

Moderne schlägt Tradition – wie Organisationen (und workLIFE) einfach besser werden

workLIFE Barometer 2023 – Ergebnisbericht

Modernes Management macht Organisationen erfolgreicher und verbessert zugleich das workLIFE.

Der gewählte Managementansatz, traditionell oder modern, beeinflusst in großem Maß, wie erfolgreich die Unternehmen selbst und wie engagiert die Mitarbeitenden darin die Zukunft gestalten können. Es sind die Rahmenbedingungen für Zusammenarbeit, die zunehmend über den Erfolg entscheiden. Das zeigen die Ergebnisse meiner diesjährigen Umfrage teils sehr eindrucksvoll. 

Der eigentliche Fokus dieser Studie lag auf dem workLIFE, dem Status des Verhältnisses von Arbeit zu Privatleben. Doch die Ergebnisse zeigen Effekte, die weit darüber hinausgehen und die deutlich belegen, welchen enormen Einfluss das vom Management gewählte und im Kern der Geschäftstätigkeit verankerte Denken und Handeln auf den Erfolg und das workLIFE im Unternehmen hat. Eine wichtige Erkenntnis für alle, die sich optimale Voraussetzung für das eigene Arbeitsleben beziehungsweise für den Erfolg ihres Unternehmens wünschen.  

workLIFE erscheint häufig als individuelle Wahl, die sich durch Gesundheits- und Krisenpräventionsmaßnahmen, durch Coaching und Zeitmanagement beeinflussen lässt. Jedoch ist zu einem großen Teil die Wahrnehmung und die Notwendigkeit zur Investition in workLIFE von der jeweiligen Arbeitssituation abhängig. Ein Faktor, der wesentlich vom Managementsystem und der davon anhängenden Kultur der Organisation beeinflusst wird.

workLIFE sollte also nicht nur als individuelle Wahl, sondern immer auch mit dem Blick auf die Einflüsse durch die Organisation betrachtet werden.   

workLIFE Screening grosses Bild

Zwei Faktoren, die in diesem Kontext eine besondere Rolle spielen sind ‚Wirkung‘ und ‚Würde‘.
Einerseits geht es darum, aus Unternehmenssicht Arbeit so zu gestalten, dass jeder Mitarbeitende und das Unternehmen insgesamt, bestmögliche Wirkung (nach innen und außen) erzeugen kann und andererseits, aus der individuellen Perspektive, ist die Intention, dass die persönlichen Wahrnehmungen, Wünsche und Erwartungen so weit erfüllt werden, dass es gelingt ein würdevolles (Privat)Leben zu genießen.

Einen kleinen Einschub zum Thema ‚Würde‘ findest Du hier.

Abb 1 1

Abb 1: Ergebnisse zu Wirkung in Würde in traditionell bzw. modern geführten Unternehmen

Nun, ich habe nachgefragt. Ich habe meine Kontakte und Follower gebeten an meiner Umfrage zum Thema workLIFE teilzunehmen und eine kleine Zahl ist diesem Aufruf dankenswerterweise gefolgt. So ist ein Blitzlicht davon entstanden, wie Arbeit und (Privat)Leben zusammenpassen und welche Treiber und Einflüsse darauf wirken.

Um es kurz zu machen: Die Ergebnisse sind eindeutig. Wie viel privates im Arbeitsumfeld zugelassen wird, ist vor allem davon abhängig, wie das Management sich versteht und tickt.
Kurz: Modernes Management schlägt traditionelle Ansätze in vielen Aspekten der (Zusammen)Arbeit, teilweise sehr deutlich. Es verschafft den Mitarbeitenden damit nicht nur ein besseren, würdigeres Lebensgefühl, sondern den so geführten Unternehmen zugleich signifikant bessere Erfolgsaussichten. Es schafft Arbeitssituationen und -raum, der für die meisten Mitarbeitenden deutlich angenehmer und attraktiver ist. Modern geführte Unternehmen sind (mindestens) in den Bereichen workLIFE und Erfolg, traditionell gemanagten weit voraus.

Damit hat die Entscheiderriege in den Unternehmen, Geschäftsführungen und Management, die Wahl. Sie entscheiden, auf welchen Ansatz das Unternehmen für die Zukunft setzt. Sie bestimmen auf einer zumeist sträflich vernachlässigten Ebene mittel- und teils unmittelbar über den künftigen Weg und Erfolg. 

Moderneres Managementdenken und -handeln hat vielfältige positive Wirkungen auf die Organisation und das workLIFE, und damit nicht nur auf das Employer Branding, auf die Fluktuation oder den Krankenstand, sondern insbesondere auch auf die Leistungs-, Innovations- und Veränderungsbereitschaft und -fähigkeit, sowie den mittel- und langfristigen Unternehmenserfolg. 

Beim workLIFE Barometer 2023 standen die Details von vier relevanten workLIFE Elementen: ‚workLIFE experience‘, ‚workLIFE framework‘, ‚sustainable workLIFE‘ und ‚future workLIFE‘ im Fokus. Zusätzlich wurden auf dieser Basis die Potenziale und Realitäten rund um die Themen ‚Wirkung‘ und ‚Würde‘ erhoben. Diese Aufgliederung erlaubt eine differenzierte Betrachtung und vor allem auch ein gegliedertes  Vorgehen zur Verbesserung der Situation, ohne das Gesamtbild aus den Augen zu verlieren.

Das Resultat: Es ist eher schlecht als recht, um das Thema workLIFE und die Wirkung sowie die Würde in den betrachteten Unternehmen bestellt. Nur wenige Unternehmen, besonders diejenigen, in denen moderne Managementansätze genutzt werden, können sich weit vor der Masse positionieren. Diese Unternehmen besitzen einen deutlichen Vorsprung bei allen erhobenen Erfolgsparametern. Ihnen gelingt es besser, ihre Fähigkeiten und Ressourcen  zielgerichtet einzusetzen. Sie besitzen zufriedenere, loyalere Mitarbeitende, die bereit sind, sich stärker zu engagieren und zuversichtlicher in die Zukunft blicken. Sie haben langfristig deutliche bessere Voraussetzungen (geschaffen), als Unternehmen, die nach eher traditionell Managementansätzen gemanagt und geführt werden. 

Sie liegen bei dem wichtigen Thema ‚Wirkung‘ im Durchschnitt um 50% vorne und auch die Wahrnehmung der ‚Würde‘ der Mitarbeitenden sind sie um ca. 35% besser. Die Top-Unternehmen unter ihnen übertreffen diese Werte nochmals um den gleichen Faktor.

Ähnliches gilt für die vier weiteren betrachteten Dimensionen im workLIFE Barometer. Hier wird ein weiterer wichtiger Aspekt sichtbar: Die Strukturgröße. Innerhalb der Teilnehmergruppe nutzt eine Mehrzahl der kleineren Strukturen (bis 50 Mitarbeitende) bereits moderne Managementansätzen. Insbesondere diese zeigen, auch im direkten Vergleich zu kleinen, aber eher traditionell geführten Einheiten, deutlich bessere Ergebnisse. (Da lediglich sieben Teilnehmer aus traditionell geführten kleinen Einheiten stammten und dies statistisch nicht als relevant angesehen werden kann, wurde hier im Detail nicht weiter differenziert.)

Um im Weiteren eine statistisch erträgliche Betrachtung zu ermöglichen, habe ich für die folgenden Grafiken und Aussagen folgende Cluster gebildet: 

  1. Unternehmen mit einem modernen Management und weniger als 50 Mitarbeitenden (11 Teilnehmer)
  2. Unternehmen mit einem modernen Management und mehr als 50 Mitarbeitenden (14 Teilnehmer)
  3. Unternehmen mit einem traditionellen Management und mehr als 500 Mitarbeitenden (22 Teilnehmer)
  4. Unternehmen mit einem traditionellen Management und mehr als 500 Mitarbeitenden (19 Teilnehmer)

Dies erscheint auf den ersten Blick nicht vergleichbar, der zweite Blick zeigt aber (in statistisch nicht mehr tragbaren Verfeinerungen), in diesen Gruppen relativ einheitliche Werte. 

So ergibt sich…

Abb 2

Abb 2: Ergebnisse zur workLIFE experience

Die workLIFE experience betrachtet in drei Bereichen, inwieweit sich das Privatleben im und mit dem Job vereinbaren lässt. Dabei beleuchtet LIFE @work den Raum, den das Privatleben und die individuelle Entwicklung im Arbeitsleben einnehmen kann. (Diese ist in sehr kleinen Unternehmen zuweilen eingeschränkt.) Im Teil work (in LIFE) wird evaluiert, welche Möglichkeiten die Organisation für Zwischenmenschliches und  Achtsamkeit bietet und workLIFE betrachtet schließlich, wie die Organisation mit wichtigen workLIFE Hygienefaktoren, wie etwa Wertschätzung und Wahlmöglichkeiten umgeht.  

Die Ergebnisse zeigen, außer im LIFE @work, deutliche Vorteile für modernes Management. Allein bei ganz kleinen Unternehmen (gerade bei denen mit weniger als 20 Mitarbeitenden) sind Themen, wie Wertbeitrag und Feedback, offenbar so offensichtlich, dass sie nicht explizit gelebt werden.

Die größten Unterschiede gibt es bei der Entscheidung über Entwicklungsmöglichkeiten (nur 11% in trad. Mgmt-Unternehmen > 500 MA und 76% in modern gemanagt Unternehmen) und beim Versuch gegenseitig auf möglichst stressfreies Arbeiten zu achten (9% bei Unternehmen mit trad. Mgmt und 65% bei Unternehmen mit mod. Mgmt.)

Bedenklich ist auch, dass in traditionell geführten Unternehmen nur 7 % bestätigen, dass darauf geachtet wird organisationale, d.h. geplante, strukturierte Zeitverschwendung zu vermeiden. In modern geführten Unternehmen gelingt dies 42%, also 6-mal häufiger.
Etwas mehr Achtsamkeit bei dem Umgang mit dieser Ressource würde uns allen guttun, wie ich vor ein paar Wochen bereits hier geschrieben habe. Die Ansatzpunkte sind dabei wohlbekannt: Bürokratieabbau, strukturiertere Meetings und zielgerichtetere Teilnehmerlisten, die Reflektion von Aufgabenstellungen und den Abbau von Altlasten in Form von überholten Prozessen und Abstimmungs- bzw. Entscheidungswegen. Vieles könnte wirklich einfach anders und besser gestaltet und getan werden.

Das workLIFE framework blickt stärker auf den organisationalen Rahmen, die Regeln und Parameter für die (Zusammen)Arbeit. Diese haben weitreichenden Einfluss auf die Leistungsfähigkeit der Organisation. Es gliedert sich auf in die Bereiche: Menschen, Organisation und Erfolgsaussichten. 

Die Menschen und ihre Potenziale sind das Rückgrat erfolgreicher Unternehmen. Damit die Menschen erfolgreich sein können, benötigen Sie vier Elemente, die in diesem Wert zusammengefasst sind: Fokus, Wahlfreiheit, transparente, aufrichtige Kommunikation und Fokus.

Abb 3

Abb 3: Ergebnisse zum workLIFE framework

Die Organisation setzt logischerweise den Rahmen, in dem die Menschen Ihre Leistung erbringen. Sie kann auf die Basisparameter von Vertrauen, Beziehungen und Zusammenarbeit großen Einfluss nehmen.

Die Erfolgsaussichten der Organisation sind Motivation und Resultat des Commitments bezüglich der sich bietenden Gelegenheiten und der geführten Dialoge und Feedbackkultur.

Die Vorteile moderner Managementansätze zeigen sich im workLIFE framework besonders eindrücklich. Auch hier liegen sie durchweg vorne. Außergewöhnlich groß ist die Diskrepanz bei den Werten für die etablierte Feedbackkultur. Die Wahrnehmung, dass Führungskräfte produktive Gespräche über Erwartungen und Leistungen mit ihren Mitarbeitenden führen, haben in den modern geführten Unternehmen 76%, in den traditionell geführten nur gerade einmal 24%. Ähnlich ist es um die Antworten auf die Aussage „Wir halten, was wir unseren Kunden versprechen, mit einer attraktiven Strategie und den richtigen Fähigkeiten“ bestellt. Hier sehen dies bei den modern geführten 92% als gegeben an, bei den traditionell geführten nur 47%. Nicht ganz so groß ist die Differenz bei der Aussage zur Sinnwahrnehmung und dem Grad der Identifikation. Hier stimmen bei den modern gemanagten Organisationen 84% zu, bei den traditionellen mit 52% immerhin gut die Hälfte. 

sustainable workLIFE: Die meisten Unternehmen stehen beim Thema Nachhaltigkeit noch  sehr am Anfang.  

Dies zeigt sich in durchgängig niedrigeren Werten als Ergebnis der Befragung.

Aber auch hier haben moderne Ansätze die Nase vorn.
Die Organisationale Verantwortung setzt sich aus einem breiten Portfolio an Einzelmaßnahmen wie u.a. Fairness, Diversität, der Stärkung des Umweltbewusstseins der Mitarbeitenden  zusammen. Sie ist mit dem workLIFE framework ein Bereich, der hohe Aufmerksamkeit erfordert und zugleich durch zielgerichtete Maßnahmen vergleichsweise einfach bearbeiten lässt.

Abb 4

Abb 4: Ergebnisse zum sustainable workLIFE

Die Bewertung des ökologischen Handelns betrachtet verschiedene Aspekte des Umgangs mit den ökologischen Rahmenbedingungen. Hier gehen Fragen nach der Ressourcennutzung, ökologischen Standards und Energie- bzw. Klimaschonung ein.  

Die gute Nachricht in diesem Kontext: Diversität ist kein Thema. 88% der moderneren (und 54% der traditionelleren) Unternehmen  sind offenbar hinreichend heterogen aufgestellt.
Die schlechte Nachricht: Die Unterstützung der Mitarbeitenden, um den Arbeitsweg oder Dienstreisen klimaneutral zu absolvieren. Hier sind bislang erst 24% der modernen und 17% der traditionellen am Start. 

Und sonst: Die größten Unterschiede gibt es beim Thema Fairness und Equal Pay. Hier sagen 72% der Mitarbeitenden in moderneren Unternehmen, dass das gegeben ist, allerdings nur 37% der traditionellen bestätigen dies für ihre Organisationen. Sicherlich an vielen Stellen eine Altlast, aber eine, an der gearbeitet werden sollte! Die Kollegen aus dem New Pay Umfeld wird es freuen.

Eine fast ebenso große Differenz gibt es bei der Förderung des Umweltbewusstseins. Hier sind zwar 60% der Modernen aktiv, aber nur 29% der traditionellen. Platz drei in dieser Liste geht an die Frage inwieweit die Arbeitszeit selbstorganisiert und selbstverantwortlich bestimmt werden kann. Ja nach Job sicherlich nicht einfach, aber fast immer machbar. Hier sind 72% bzw. nur 44% der Organisationen bislang so weit. 

Future workLIFE dreht sich im Wesentlichen um Trends, die Bereitschaft Experimente zu wagen und das Maß an Zuversicht, mit der die Mitarbeitenden in die Zukunft blicken. 

Bei den Trends ergibt sich ein sehr gemischtes Bild. Während technologische Trends bei den modernen mehr Aufmerksamkeit genießen als bei den traditionellen (68 % vs. 27%) und kulturelle und gesellschaftliche Trends eher sträflich vernachlässigt werden (mod.: 52% vs. trad.:12%), sind organisationale Trends bei allen stärker im Fokus (mod.: 76% vs. trad.: 51%). Dies mag allerdings an der Teilnehmergruppe liegen, die aufgrund meiner Blase diese Themen eher auf dem Schirm hat. Bemerkenswert ist, dass der Wert bezogen auf die Unternehmensgröße überproportional abnimmt. 

Abb 5

Abb 5: Ergebnisse zum future workLIFE

Das mit Experimenten sehr unterschiedlich umgegangen wird sollte nicht verwundern (mod.: 84% vs. trad. 32%). Eher schon, dass bis auf zwei Ausnahmen alle Teilnehmer davon ausgehen, dass ihre Aufgaben NICHT wegfallen werden, die Jobsicherheit also hoch ist. 

Was sonst noch auffällt 

Der Klassiker: Die Organisation der Organisation (und der Führung). Das heißt, die  Managementinstrumente werden nicht oder schlecht genutzt, einiges in und an der Prozesswelt liegt im Argen. Und das vor allem bei den Unternehmen, die sich doch eigentlich auf lang erprobte und gut funktionierende Managementinstrumente verlassen können sollten, sprich bei den traditionell geführten. Hier klagen 71% über Managementinstrumente wie Ziele, Strategien, etc. die keinen Mehrwert liefern und sensationelle 78% über Managementprozesse, etwa Leistungsbewertungen, Zielvereinbarungen etc. die keine Nutzen für ihre Arbeit besitzen. 

Ein Problem in diesem Kontext: Menschen mit etwas Abstand zum shopfloor, meist diejenigen in Führungsverantwortung, sehen die Welt einiges rosiger, als der Rest der Belegschaft. Damit ist die Gefahr groß, die Notwendigkeit von Anpassungen nicht zu erkennen, oftmals, weil es keinen Austausch, keine Dialoge dazu gibt. In den Ergebnisses des Barometers zeigt sich ein systemisch bedingter Dunning-Kruger-Effekt, da viele Führungskräfte annehmen (müssen), dass die Dinge funktionieren. Ein Effekt, der sich in dieser Befragung wieder einmal zeigt und mir auch im Kontext der Management Twins immer wieder begegnet.

Last but noch least: Der workLIFE framework als Gesamt(kunst)werk, zu dem unter anderem auch die gerade genannten Managementinstrumente und -prozesse gehören. Dieser strukturelle Rahmen mit seinen Regeln, gelebten Grundsätzen, Annahmen und (oftmals) Vorurteilen über „die Welt da draußen“, dessen zugehörige Fragen ich mir aus den Management Twin Betrachtungen ausgeliehen habe, ist bei vielen ziemlich wackelig und wenig robust. Im Durchschnitt kommen alle betrachteten Unternehmen hier nur auf 55 von 100 Punkten. Wobei auch hier die modernen mit 70 Punkten den traditionellen (47 Punkte) weit voraus sind. Ein Thema, das gerade diese zunehmend vor Probleme stellen wird. Denn hier geht es um den organisationalen Kern der Geschäftstätigkeit und damit um die Frage, wie viel Resilienz und Stabilität die Organisation als strukturelles Objekt und System in sich trägt. 

Soviel zu den Ergebnissen des Barometers. Stellt sich die Frage, was nun getan werden kann. 

Die Teilnehmer können anhand der Befragungsergebnisse identifizieren, an welchen Stellen es sich lohnt zu investieren. Aber auch aus den Mustern in den Gesamtergebnissen lassen sich allgemeine Handlungshinweise ableiten. 

Als Mitarbeiter:in würde ich mir ganz genau ansehen, ob mein Arbeitgeber mir eine Arbeitssituation bietet, die ich als würdevoll empfinden kann. Die allererste Frage ist dabei, welche Art Managementphilosophie verfolgt wird. Wird eher traditionell geführt oder modern und bei welcher fühle ich mich am wohlsten? Die zweite grundsätzliche Frage: In welcher Unternehmensgröße passen die Dinge für mich am besten? In kleinen Unternehmen ist die Interaktion meist besser, aber die Sichtbarkeit des einzelnen geht im gemeinsamen Ergebnis eher unter. Zugleich ist die individuelle Chemie zwischen allen Kontaktpersonen hier wichtiger. Die nächste Frage für mich wäre, die nach möglichen Entwicklungsschritten. Wer kann und darf darüber entscheiden, welches Mitspracherecht und welche Optionen habe ich bzw. wer muss sie ermöglichen oder zustimmen?

Eine, sicherlich NICHT letzte wichtige Frage wäre für mich, wie mit Stress und (systemischer und struktureller) Zeitverschwendung umgegangen wird, denn am Ende geht es auch um die Gesundheit und Lebenszeit jedes einzelnen.

Als Recruiter oder Personal-/Organisationsentwickler würde ich mir nochmal genau ansehen, wie man die Erledigung der jeweiligen Aufgaben mit mehr Wahlfreiheit und Entscheidungskompetenzen aufwerten kann. Das passt auch in den Kontext der oftmals maroden Managementinstrumente und -prozesse. Ein weiteres Thema ist das der Strategiekommunikation (und wahrscheinlich auch Entwicklung). Hier fehlt es häufig am Gefühl der Einbindung und Beteiligung am Entstehungs- und Implementierungsprozess. Zu oft fallen Strategien „vom Himmel“ und sind auf der Arbeitsebene wenig hilfreich, weil dort am konkreten Bedarf vorbei bzw. mit so wenig handlungsleitender Klarheit formuliert wird, dass sie einfach auch nicht betrachtet, beachtet und erfüllt werden kann.
Wer in eher traditionell geführten Strukturen arbeitet, sollte zusätzlich über Alternativen in den Bereichen wechselseitiger Vertrauensaufbau, und damit meine ich explizit auch Systemvertrauen und Vertrauen in die Führung, sowie Potenzialentfaltung und Nutzung der Fähigkeiten und Kompetenzen der Mitarbeitenden nachdenken. Ein weiterer Punkt ist das Thema (gefühlte und wahrgenommene) Fairness und Equal Pay. Manchmal mag es reichen in diesen Bereichen offener zu kommunizieren und keine Geheimnisse und Gerüchte zu forcieren, oft braucht es allerdings ein größeres Umdenken.

Und als Entscheider, (Top-)Führungskraft oder als Teil einer Geschäftsführung würde ich die Ohren spitzen und in den Dialog mit den Mitarbeitenden gehen, um zu klären, ob sie eines oder mehrere der hier genannten Themen (ebenso) kritisch sehen. Gerade die eher langfristigen und strategischen Themen sind es, die hier Beachtung finden sollten und können. Equal Pay ist eines davon. Aber insbesondere der gesamte Bereich der Nachhaltigkeit erfordert mehr Beachtung, auch weil es zunehmend zu einem erfolgskritischen Faktor wird, wenn das Umfeld und die eigenen Mitarbeitenden hier weiter sensibilisiert werden. Hier schließt sich, , wie die Befragung zeigt, vor allem für die eher traditionell geführten KMU zeigt, der Punkt gesellschaftliche und soziale Verantwortung an. Unternehmen können schnell in die allgemeine Kritik geraten, andererseits können sie von positivem Wirken in diesem Bereich aber auch enorm profitieren. 

Die Zahlen zeigen, dass in allen Unternehmen das Managementinstrumentarium mindestens eine Reflektion, oft auch ein Update benötigt. So manches der lange genutzten Werkzeuge und Denkmuster verhindern und bremsen mehr als sie nutzen.

Ich persönlich halte Beiräte z.B. zum Thema Nachhaltigkeit, gesellschaftliche Einbindung, aber auch zur Management- und Führungsentwicklung für besonders hilfreiche Gruppen, da sie, mit mehr Abstand zum Unternehmen und ggf. mehr Nähe zu den speziellen Themenblöcken, als zugleich als Radar und Reflektionsfläche für die Entscheider in den Unternehmen dienen können. Sie können auf sehr smarten Wegen zu mehr Wirksamkeit der Organisation beitragen ohne als Berater zugleich zu sehr ins System einzugreifen. Hier ist eine langfristigere Begleitung oft mindestens ebenso wirksam.  

Denn es sollte klar sein: Ziel ist es, die Wirksamkeit sicherzustellen und kontinuierlich zu verbessern. Dazu sind gerade die Themen aus den Bereichen „workLIFE experience“, „workLIFE framework“ und „future workLIFE“ besondere Indikatoren.

Mehr Details und Grafiken werden in den nächsten Tagen auf www.guidobosbach.com veröffentlicht und als PDF verfügbar gemacht. Bei Interesse einfach vorab melden.

Das workLIFE Barometer kann weiterhin, gegen eine Schutzgebühr, als erweiterte Checkliste und Basis für die Ableitung von Handlungsoptionen genutzt werden. 

Weitere Infos: 

Das workLIFE Barometer 2023 ist mein Projekt, unabhängig von einer Projektbeauftragung. Die Methodik wurde exklusiv für diese Studie konzipiert. Mit dem zugehörigen Arbeitgebersiegel unterstütze ich auf Wunsch Organisationen bei der Weiterentwicklung ihres Managementansatzes. Kontakt: guido@guidobosbach.com oder presse@guidobosbach.com

Du kannst diesen Beitrag hier als PDF herunterladen.

Bitte, glaub mir nicht! Warum Wahrheit nicht mehr das ist, was sie mal war

Bitte, glaub mir nicht! Warum Wahrheit nicht mehr das ist, was sie mal war

>>>> Achtung: Individuelle Wahrheit <<<<

Wir leben in einer verzwickten Welt. Einer Welt, in der es keine Wahrheiten mehr gibt. In der Annahmen gleichzeitig richtig und falsch sind. In der jeder ein Körnchen der Wahrheit besitzt, aber doch niemand alles weiß.

Egal, ob es um die Zukunft von Jobs, KI, der Energieversorgung, die Politik – ja, da schonmal grad gar nicht – oder sowas Banales wie Unternehmensführung geht (das nur, weil ich mich da wenigstens ein wenig auskenne), DIE Wahrheit, DEN richtigen Ansatz, DAS beste Vorgehen, das alles gibt es nicht mehr. Gab es wohl nie, höchstens vielleicht in einer aus heutiger Sich durch die Vergangenheit bestätigten Variante einer bisherigen Erlebniswelt. Denn davon ist alles wahr, zum Teil jedenfalls.

Wie ich darauf komme? In Teilen (m)einer Unternehmensführungsberaterbubble wird gerade über den Wert von Methoden, Modellen, von Büchern und ihren Autoren gestritten. Überraschender Tenor: Man kann ihnen nicht trauen, man muss sie enttarnen, sie schreiben und sprechen über ihre Modelle und ihre Methoden und geben sie preis, aber sie kennen die echte Wahrheit gar nicht. Sie kennen sie womöglich nicht einmal und haben nur Bruchstücke des allgemein verfügbaren Wissen und ihres eigenen Erfahrungskanons, für sich passend, zusammengepuzzelt. Kurz: es wird moniert, dass auch einige der bekannteren Autoren NUR ihre PERSÖNLICHE Wahrheit besitzen und diese als allgemeine Erkenntnis weitertragen. OMG! Was denn auch sonst?!

Was ist passiert? Worauf können wir vertrauen?

In meiner Wahr-nehmung sind Wahrheiten inzwischen zu langsam für unsere Welt. Die Beschleunigung von Informationsverbreitung, die kürzeren Entwicklungszyklen, die wachsende Vielfalt, die damit immer schneller wachsende Dynamik, all das hat dazu geführt, dass die Halbwertzeit von Wahrheiten sich ähnlich verkürzt hat, wie unsere Aufmerksamkeitsspanne.

Es gibt zwar ein paar (vergleichsweise) wenige, dann aber wirklich große, ultimative Wahrheiten, aber so unglaublich viel mehr offen Fragen, auf die wir bestenfalls Annäherungen von ‚Richtigkeiten‘ kennen. Die Wahrheiten, die wir zu kennen glauben, existieren manchmal nur für eine logische Sekunde.

Denn, alle Wirklichkeiten und Wahrheiten sind kontextabhängig. Sie lassen sich nur da bestätigen, wo gewisse Rahmenbedingungen exakt in der geforderten Form vorhanden sind. Nur da sind die betreffenden Aussagen richtig (oder falsch) und erlauben Schlussfolgerungen. (Im Mathematikstudium lernt man das mit der ersten Beweiskette, die man aufzustellen versucht. Wohl deshalb triggert mich das Thema immer so.) Im realen Leben jedoch, ändert sich vieles zu schnell. Die Wahrheit ist dann nur ein Schnappschuss (aus) der Wirklichkeit.

Das Problem ist, dass wir dennoch Wahrheiten glauben können müssen. Wir brauchen sie, um zu vertrauen. Dem System, anderen Menschen, Maschinen, der Welt, egal, wo wir uns bewegen. Wir sind so konditioniert, unser Gehirn ist so aufgebaut, dass wir vieles als gegeben und richtig, also als die Wahrheit annehmen (können) müssen, um uns auf die verbleibenden und ggf. kritischen Bereiche fokussieren und konzentrieren zu können. Alles andere müssen wir gefahrlos ausblenden können.

In unserer aktuellen Welt nehme ich allerdings deutlich vermehrt wahr, dass wir Wahrheiten nur dann anerkennen, wenn sie sich komplikationslos in das persönliche Wahrheitskonstrukt einweben lassen. Alles, was daran rühren, zur kritischen Betrachtung der bereits verinnerlichten Glaubenssätze anregen könnte, wird immer vehementer abgestritten, ausgegrenzt und beschimpft. Manche können mit unliebsamen Ansichten und daraus resultierenden möglichen Wahrheiten offenbar nicht umgehen. Die Angst scheint zu groß, das sicher geglaubte Fundament des eigenen Standpunkts zu verlieren. Eine latente Unsicherheit ist omnipräsent und weit verbreitet.

Das ist allgemein sichtbar und war natürlich auch in der Berater-Unternehmensbeziehung immer ein kritischer Faktor. Heilsversprechen waren und sind immer ein guter USP. Allerdings, gerade bei Beratern suchen Kunden die Sicherheit, die Ihnen die Welt nicht mehr bieten kann. Dass man als Individuum oder auch als Beratungsunternehmen, die Weisheit nicht für sich gepachtet oder mit Löffeln gefressen hat, macht eher suspekt als attraktiv. Warum sollte man schließlich Geld in etwas investieren, das mit dem Risiko des Nichtgelingens behaftet ist, insbesondere in der Beratung?

Dabei entsteht auch hier Wahrheit, anwendbare Wahrheit, erst im Anwendungsfall. Sie entsteht aus der Theorie, die sich in Form von Wissen-Mosaiksteinen aus der Expertise und der Kompetenz der Beteiligten zusammensetzt, und der Praxis, auf die dieses Konstrukt stößt. Methoden und Modelle treffen dann auf Menschen (und hoffentlich auch Menschlichkeit) und deren Umfeld, die selten zum Anforderungspaket der Theorie passen. Laborbedingungen existieren im realen Leben nur selten.

Schwierig wird das, wenn der Glaube an die eigene Wahrheit, der weiteren Erkenntnis im Wege steht, dass andere Perspektiven auch andere Bilder und Situationen erzeugen. Systeme sind nicht nur immer anders, sie sind auch aus jedem Blickwinkel enorm unterschiedlich. Sie sind einmalig, was gut ist. Nicht weil das Beratereinkünfte sichert, sondern, weil wir die Vielfalt brauchen, um uns zu entwickeln, uns aneinander argumentativ zu reiben, unser Verständnis zu schärfen, zu wachsen, zu lernen und einander zu inspirieren.

Vor ein paar Tagen las ich in einem anderen Zusammenhang, dass “Pauschalisierungen grundsätzlich schwierig seinen“ (einfach mal sacken lassen 🙂 ). Dabei ist gerade die maximale Pauschalisierung ein probates Mittel gegen die Verunsicherung, die die Nichtexistenz einer nützlichen Wahrheit erzeugt. Sie wird gerne in beliebigen Argumentationsketten als Killerargument verwendet. Gerade, wenn Differenzierung eigentlich Not tun würde. Dabei können wir Menschen so viel mehr!

Aber, manchmal stecken wir so fest, dass der Tellerrand selbst mit dem Fernglas nicht mehr ins Blickfeld kommt. Dann sind wir so sehr im Kosmos der eigenen Erbsenwelt eingeschränkt, dass die Unsicherheit uns über den Kopf wächst. Glücklich können dann diejenigen sein, die erkennen, dass sie einen persönlichen Dunning-Kruger Moment erleben und realisieren, dass, so groß der Wunsch auch sein mag, Themen verstanden zu haben, um mitzureden, man doch erst noch in der Talsohle steckt.
Es gibt viel zu lernen, jeden Tag wird es mehr.

Wie können wir damit umgehen, dass in einer so veränderlichen und vielschichtigen, unplanbaren Welt, kaum mehr etwas existiert, an dem man sich als Strohhalm klammern kann? Wo sind die Wahrheiten, denen wir vertrauen können?

Leider, oder zum Glück, je nachdem, wohl vor allem in uns. In jedem und in den Gemeinschaften, Kollektiven und Gruppen. Damit vor allem auch in den Arbeitsumfeldern, von denen wir umgeben sind. Allerdings müssen wir damit auch gut umgehen, bzw. den klugen Umgang damit wieder lernen. Reflektion ist angesagt. Die Dinge im Spiegel und aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten. Denn die eigene Wahrheit kann, nein, wird, jemand anders auch ganz anders sehen. Das ist manchmal anstrengend, aber das ist auch gut so!

Doch Reflektion braucht Selbst-Vertrauen und eine gute Selbst-Wahrnehmung. Ich erlebe oft, dass es da im individuellen hapert und im gemeinschaftlichen sehr schwierig wird. Manche der Spiegel, die ich beruflich Organisationen vorhalte, zeigen Bilder in einer unglaublichen Bandbreite an unterschiedlichen Wahrnehmungen derselben Artefakte. Die Eindrücke der Antwortgeber, der Blick auf die eigene Arbeit und das Zusammenspiel im Unternehmen, unterscheiden sich teils diametral und das, obwohl nach außen zuweilen ein enger Schulterschluss kommuniziert wird. Auch diese Wahrheiten sind manchmal schwer zu erkennen und zu verkraften.
Und es tauchen Elemente auf, die den üblichen Betrachtungswinkel stark überschreiten und damit zugleich erweitern. Zuweilen wichtige Details, über die nie gesprochen wurde, weil sie niemand gesehen hat. Wie war das noch mit dem Tellerrand?

Es gibt ein probates Mittel, dem zu entgehen. Dialoge. Dialoge über Perspektiven und Sichtweisen, über Vorahnungen, Annahmen und Glaubenssätze, über falsche Wahr- und wahre Falschnehmungen. Was in diesen Dialogen, sofern sie offen und ehrlich geführt werden, entstehen kann, ist eine neue, gemeinsame und von allen geteilte Wahrheit. Eine Sicht auf das Unternehmen, wie sie in dieser Form noch nie geteilt und gemeinsam eingenommen wurde.

Was es dazu braucht?

Wichtig ist, die Vielschichtigkeit auch zulassen, Bilder zu nutzen, mit Anekdoten und Metaphern die Dinge zu erklären, sodass jeder sie, erst für sich, dann zusammen, verstehen kann. Das gemeinsame Verständnis entwickelt sich aus dem gemeinsamen Verstehen. Das gilt für kleine Teams genauso, wie für große Konzerne und ganze Gesellschaften.

Und Dialoge brauchen Dialoganreger. Menschen, die die Unterschiedlichkeiten in den Perspektiven erkennen, ansprechen und thematisieren können. Die die Autorität, die Macht und den Willen haben, die Dinge zu klären. Denen das Gemeinsame am Herzen liegt, weil sie verstanden haben, dass wir zusammen mehr können als alleine, oder gar alleine im Disput. Wir brauchen mehr die Zusammenbringer als die Auseinandertreiber. In Teams und Unternehmen genauso, wie in der Gesellschaft. Wir brauchen Menschenführung, die inspiriert und versteht und Unternehmensführung, die Raum gibt und Chancen eröffnet.

Wir brauchen Wahrheiten, die man glauben kann.

Bei allem, was ich hier mit bestem Wissen und Gewissen geschrieben habe: GLAUB MIR NICHT EINFACH! Reflektiere das Gelesene, spiegele es an Deinen Erfahrungen und Erkenntnissen. Nimm jeden Satz auseinander und kläre, was davon lohnt wahr-genommen zu werden. Sei inhaltlich kritisch und bewusst. Übernimm die Verantwortung dafür, was Du für be-merkenswert erachtest. Denn, was ich geschrieben habe, ist NUR MEINE Sicht. Es ist meine Expertise, meine Beobachtungen, meine Analyse.

Vielleicht weißt Du zu den Themen mehr als ich, dann freue ich mich, über Hinweise und Deine Sicht, um daraus zu lernen.

Und damit ich nicht nur schreiben, sondern auch noch etwas für Dich tun kann: Wenn Du es wagen möchtest, mit Deinem Team, Deiner Führungscrew oder dem ganzen (Teil)Unternehmen in den Spiegel zu schauen, lass uns das gemeinsam tun. Ich freue mich, mit Dir neue Perspektiven einzunehmen und neue Aspekte und Ansätze zu entdecken. Auch Dein Unternehmen kann mit der Wahrheit umgehen, glaub mir!

Wir haben New Work kaputt gemacht

Wir haben New Work kaputt gemacht

Von der Idee ist kaum mehr ein spärlicher Rest geblieben.

Wir haben uns stets bemüht, wenigstens Teile davon hinzubekommen. Frithjof Bergmann war mit der Idee gestartet, einen Gegenentwurf zum Kapitalismus der 70‘er Jahre zu formulieren. Ihm ging es darum, grundlegenden menschlichen Bedürfnissen (Wahlfreiheit, Selbstständigkeit/-wirksamkeit und Teilhabe/Zugehörigkeit) Raum zu geben. In einer Zeit, in der man seinen Arbeitgeber nicht wechselte und der vorgegebenen Karriereleiter folgte, das Ziel maximale Jobsicherheit war und Massenentlassungen undenkbar schienen, gehörte der Mensch einfach noch dem Unternehmen. Fertig. Abhängigkeit = Sicherheit. Der Chef als (meist) wohlwollender Diktator, der vieles schon richtig machen und den Rest schon irgendwie richten wird. 

Die Idee, dem Primat des Kapitals (und dem hierarchischen Top-down) ein wenig Menschlichkeit und vielleicht sogar Ökologie, wenn auch nicht gegenüber, so doch zumindest zur Seite zu stellen war da schon immens radikal, einfach unglaublich weit weg – im Grunde utopisch.

Und jetzt? Jetzt bezeichnen wir technisch seit über 20 Jahren mögliche Home Office Lösungen als „neue Arbeit“, betrachten flexible Arbeitszeitmodelle und 4-Tage-Wochen noch immer argwöhnisch, fordern „mehr Bock auf Arbeit“  und haben nicht verstanden, dass es längst um viel, viel mehr geht, als Arbeit zu haben, die man wirklich, wirklich gerne macht.

New Work, so wie es Bergmann verstanden hatte, aber auch so wie das Update der New Work Charta es sieht (New Work = Freiheit, Selbstverantwortung, Sinn, Entwicklung und Soziale Verantwortung), ist kaputt. Nicht weil die Ideen schlecht sind, sondern weil wir, in einer uns zunehmend zu komplexen und überfordernden Welt, versuchen Bruchstücke als das Ganze wahrzunehmen und denken, damit dann alles erledigt zu haben. Wir haben ein mikroskopisch kleines Puzzleteil vor Augen und glauben das ganze Universum in Händen zu halten und zu verstehen. 

Das Problem: Je weiter wir in die Zukunft gehen, desto wichtiger ist es, das Gesamtbild WIRKLICH zu erkennen. Je weiter wir kommen, desto mehr stellen wir fest, dass das eine Element alleine doch nicht wirklich etwas verändert. Je weiter wir sehen können, desto klarer ist, dass wir nur dann noch unsere Lebenssituationen retten können, wenn wir sehr umsichtig und bewusst, aber auch sehr schnell umsteuern. 

Und doch, gibt es etwas, dass schnell alles verändern könnte! So banal es klingt: Wenn wir Arbeit neu verstehen, könnten wir unser Leben besser verstehen, die Grundlagen dafür neu bewerten und vielleicht doch noch Systeme so beeinflussen, dass wir vergleichsweise glimpflich durch die nächsten Jahrzehnte kommen. 

Kluge Unternehmen, und davon gibt es ja glücklicherweise, doch viele, sind da schon auf dem Weg. 

Bislang ist „Leben, um zu arbeiten“ ein seltenes Ideal und „Arbeiten, um zu leben“ und den Lebensstandard zu halten, die Regel. Arbeit, die nicht unbedingt selbstverantwortlich erledigt werden soll, die nicht immer sinnvoll erscheint, die manchmal ihre soziale (und ökologische) Verantwortung eher leugnet als lebt, die kaum Entwicklungschancen, weder für das Individuum, noch für das Team oder das Unternehmen, bietet und bei der die Freiheit daraus besteht, zwischen den notwendig erscheinenden Übeln zu wählen. 

Dabei kann in allen Jobs, in allen Bereichen, allen Branchen, allen Unternehmensgrößen, Arbeit auch so gestaltet werden, dass es Arbeit ist, die ins Leben passt und nicht (nur) umgekehrt, das Leben sich an der Arbeit orientieren muss.

Wir könnten in vielen Bereichen besser und schneller auf die Veränderungen reagieren, wenn wir bei der Art, wie wir Arbeit verstehen und gestalten, umdenken und umsteuern würden. Denn (Erwerbs)Arbeit ist und bleibt auf absehbare Zeit weiterhin das dominante, zentrale Element in unseren Leben.

Ich habe ein paar Fragen gesammelt, die helfen können, den Status zu reflektieren und ggf. die Trendwende in Gang zu setzen:

  • Zur „Quality of LIFE@work“: Was kann ein Unternehmen tun, um die Arbeit ans Leben (der Mitarbeitenden) anzupassen, sodass diese sich bestmöglich einbringen und voll auf die Arbeit konzentrieren können und wollen?
  • Zur „Quality of work (in LIFE)“: Wie nehmen Mitarbeitende ihre Arbeit wirklich (und ungeschönt) wahr? Ist sie reiner Broterwerb, kraftraubend, Zeitverschwendung oder Inspiration, engagierend, energiegebend, und sinnvoll investierte Zeit? Wie wird miteinander umgegangen? 
  • Zur „ Quality of workLIFE“:  Wie können sich Mitarbeitende mit Ihrer Persönlichkeit, ihren Fähigkeiten, Ihrem Entwicklungswillen, ihrem Engagement und allem, was an gutem in ihnen steckt im Job einbringen? Nutzt das Unternehmen alle Möglichkeiten aus, um ihnen Raum zu geben oder engt es sie ein?
  • Quality of work(&family)LIFE
    Welche Möglichkeiten erhalten die Mitarbeitenden, um ihr Familienleben mit ihrer Arbeit unter einen Hut zu bekommen?

Was wären eure Antworten darauf? Kennt ihr, arbeitet ihr in, lenkt und leitet ihr Unternehmen, in denen die positiven Antwortmöglichkeiten den Alltag beschreiben. Es wäre spannend, das zu erfahren. Vielleicht lohnt es, eine Übersicht solcher Unternehmen aufzubauen.

Disclaimer 😉

Auch wenn manche, meine Fragen als zu weit gehend wahrnehmen, ich versuche mich hier nicht an Arbeitswelt-  oder Kapitalismuskritik. Beide wären, aus meiner Sicht und mit Blick auf das, was wir am Arbeitsmarkt, im globalen Wettbewerb und an Klima und Umweltveränderungen in den nächsten Jahren erleben werden, zwar mehr als angebracht, aber, ganz ehrlich, wir leben alle zu gut und bequem damit und davon, um jetzt radikal zu opponieren. Zudem würde es auch unser ohnehin schon angeschlagene gesellschaftliches Gesamtgefüge zu sehr ins Wanken bringen.
Dennoch sollten wir auch diesen Ideen mehr Raum geben und uns in Richtung einer ökologisch-menschlich statt einer ökonomisch geprägten Arbeitswelt bewegen. Statt ums goldene Kalb zu tanzen könnte, es helfen, Kälber auf der Weide zu beobachten – und vielleicht ist das schon ein zentrales Bild. Denn, ehrlich, wer hat in den letzten Jahren wirklich noch Kälber auf Weiden gesehen?

Noch sechs Sätze in eigener Sache: Veränderungen gibt es auch bei mir. Auch meine Angebote und meine Website waren in die Jahre gekommen und brauchen ein Update. Ich denke da ist für jeden, der sich, sein Team oder seine Organisation in eine Richtung, wie ich sie propagiere, weiterentwickeln will, etwas dabei. Einfach mal reinschauen auf www.guidobosbach.com .

Neu ist auch ein Arbeitgebersiegel/-zertifikat für die Unternehmen, die schon in einer neuen Arbeitswelt angekommen sind. Auch hier lohnt sicherlich ein Blick: www.worklife-zertifikat.de

Feedback, positiv und negativ, solange konstruktiv, ist wie immer willkommen.

Der SelbsterHALTUNGstrieb der Organisation

Der SelbsterHALTUNGstrieb der Organisation

Das haben wir schon immer so gemacht. Warum sollen wir etwas ändern?

Schon immer mussten sich die Mitarbeitenden an die Systeme und Modelle anpassen, in denen sie gearbeitet haben. 

Doch spätestens, seitdem einige Unternehmen begonnen haben, agile Ansätze und New Work ihren Mitarbeitenden überzustülpen, heißt es immer: „Es geht um Haltung“, „Unsere Mitarbeiter müssen lernen, anders zu denken“. 

Zwar stehen wieder einmal die Mitarbeitenden im Fokus. Sie sollen wieder einmal sich, ihre Arbeitspersönlichkeit, ihr Tun verändern. Doch, wieder einmal, tut sich im „Restsystem“ wenig. Wieder einmal bleibt dort zu großen Teilen alles, wie es schon immer war. Wieder einmal bleibt die Art, wie das Unternehmen selbst agiert und funktioniert, erhalten. Never Change a running system – until it breaks.… Das Gesamtsystem muss (scheinbar) um jeden Preis erhalten bleiben. 

Auch ChatGPT sieht den Entwicklungsbedarf im Wesentlichen bei den Menschen:

„Es gibt mehrere Möglichkeiten, die Haltung von Mitarbeitern nachhaltig zu verändern. Einige davon sind:

  1. Führung durch Vorbild: Eine Führungskraft, die eine positive Haltung hat und diese auch in ihrem Verhalten zeigt, kann eine große Inspiration für die Mitarbeiter sein.
  2. Kommunikation: Eine offene und transparente Kommunikation kann dazu beitragen, dass Mitarbeiter sich wertgeschätzt und gehört fühlen.
  3. Schulungen und Weiterbildung: Durch Schulungen und Weiterbildungen können Mitarbeiter die nötigen Werkzeuge und Kenntnisse erhalten, um ihre Haltung zu verändern.
  4. Belohnungen und Anerkennung: Mitarbeiter, die für ihre positiven Beiträge belohnt und anerkannt werden, sind eher bereit, ihre Haltung zu verändern.
  5. Mitarbeiterbeteiligung: Mitarbeiter, die an Entscheidungen beteiligt werden und das Gefühl haben, dass ihre Meinung wichtig ist, sind eher bereit, ihre Haltung zu verändern.

Es ist wichtig zu beachten, dass es keine “One-Size-fits-all”-Lösung gibt und dass jede Organisation andere Ansätze benötigen kann, um die Haltung der Mitarbeiter zu verändern. Eine Kombination verschiedener Ansätze kann am besten funktionieren.“

Ehrlich: Was für eine Arroganz! Was für eine beschränkte Sicht!

Auf der einen Seite stellen viele Unternehmen fest, dass sie zu langsam, zu komplex, zu zögerlich agieren. Sie wissen, dass es Veränderung braucht, sie spüren, dass das Alte nicht mehr taugt. Und was tun sie? Im Grunde nichts verändern!

Wieso soll ich flexibler agieren, wenn der Rahmen dafür nicht gegeben ist. Warum soll ich meine Arbeit priorisieren und in Sprints erledigen, wenn danach irgendwelche Entscheidungsgremien diese Arbeit ad absurdum führen, wenn sie neue Prioritäten setzen oder Anforderungen ändern? Warum soll ich Kosten sparen, wenn es so scheint, als würde das Geld an anderen Ecken mit vollen Händen raus geworfen?

Wer die Notwendigkeiten der Entwicklung auf den Mitarbeitenden ablädt, sollte sich nicht wundern, wenn die nach anderen Optionen suchen.

Wie wäre es, die Haltung der Menschen hinten anzustellen und die Haltung des Unternehmens zuerst anzuschauen und zu verändern.

Oft liegt es an den Widersprüchlichkeiten und Bremsen, die sich in den Modellen finden, an denen Arbeit ausrichten und die Strukturen und Prozesse bestimmen. Viel liegt an den Bürokratien, an den systembedingten Konflikten, an den Unverträglichkeiten der Führungsansätze, an der mangelnden Kommunikation, an der fehlenden Möglichkeit zur Partizipation in Bereichen wie Strategie, Entscheidungsprozessen, an Diskrepanzen zwischen den Erwartungen der Organisation und den Möglichkeiten, die sie den Mitarbeitenden bietet – und an so vielem anderen mehr.

Wie sehr diese die Wirksamkeit behindern, wie sehr sie auch die persönliche Arbeitsfähigkeit behindern, wie es anders aussehen könnte, all das kann man sich überlegen, man kann das alleine oder mit Kollegen reflektieren. Wer ein objektives Bild sucht und damit als Führungskraft zugleich den Startpunkt für eine größere Veränderung setzen will, der kann sich auch Hilfe holen. Hilfe, zum Beispiel im Form eines Management Zwillings, der die eigene Arbeitssituation reflektiert. Ein einfaches Tool mit enormer Aussagefähigkeit und der Möglichkeit, die optimalen Hebel für Veränderung anhand von Szenarien abzuleiten.

Wer das probieren möchte, einfach mal hier starten.

Die Zukunft jedes Unternehmens fängt mit den Menschen an, die bereit sind, sie in die Hand zu nehmen.