Es ist paradox. Unsere Leistungsgesellschaft hypt persönlichen Erfolg und schreibt ihn den Individuen zu, gleichzeitig wissen wir, dass die (Organisations-)Systeme ‚in‘ und (beispielsweise in meinem Fall als selbstständiger Berater) ‚mit‘ denen wir arbeiten, ganz wesentlichen Einfluss darauf haben. Wir sind selbst zu sehr Teil des Gesamtsystems, als dass wir die Dinge klar trennen könnten. Zudem, da die meisten Erfolgsfaktoren sich stark gegenseitig beeinflussen.

Damit ist schwer vorhersagbar, wer, womit, welchen Erfolg hat. Manches scheint Zufall, anderes jahrzehntelange Planung. Am Ende ist es überwiegend eine Mischung aus beidem. Dennoch lassen sich sieben Faktoren erkennen, die in jeder Konstellation auf der individuellen, der Team- und der Organisationsebene großen Einfluss auf den realisierbaren Erfolg haben.

Es lohnt für jeden, diese im Detail und im Zusammenspiel näher zu betrachten und natürlich, sie für sich zu nutzen:

  1. Vertrauen
    Vertrauen hat mehrere Dimensionen. Es geht ebenso um Selbstvertrauen, um das Vertrauen, das andere in einen setzen, genauso um das Systemvertrauen, also die Erwartungen, die wir an Organisationen und große Strukturen haben und für berechtigt halten. Jede dieser Vertrauensbereiche hat seine Bedeutung. Systemvertrauen erzeugt das Gefühl (psychologischer) Sicherheit und Stabilität. Eine er wichtigsten Grundlagen, um angstfrei arbeiten zu können.
    Das Vertrauen anderer und damit die Erkenntnis der eigenen Vertrauenswürdigkeit ist ein wichtiger Hebel, um Ideen, Impulse und Chancen angehen und ausprobieren zu können. Wem nicht vertraut wird, den hält man kurz.
    Selbstvertrauen und ein gewisser Vertrauensvorschuss, den man auf dieser Basis nach außen gibt, sind wichtige Bausteine für den Aufbau und Erhalt guter Beziehungen.
    So wirkt Vertrauen insgesamt positiv auf das so wichtige Gefühl (und die Bestätigung) der Selbstwirksamkeit.  
  2. Feedback
    Es gibt schon eine Menge Tipps zum richtigen Feedback. Vom Sandwich bis zu radikal offenem Feedback wird vieles propagiert. Am Ende ist es eine Sache zwischen Sender und Empfänger, zudem abhängig von der Tagesform, dem Stresslevel und dem Vertrauen bzw. der Beziehung zwischen den beiden. Daher ist es wichtig zunächst darüber zu sprechen, welche Art von Feedback auch ankommen kann und sich dazu (natürlich) zunächst selbst klarzumachen, wie man selbst funktioniert.
    Wenn es um Feedback an und in Teams oder größeren Gruppen geht, hilft auf dem Weg eine geschulte Moderation bis hin zu Mediatoren. Gemeinsam den anderen verstehen lernen, ist hier die Aufgabe.
    Unabhängig davon: Feedback ist überlebenswichtig. Ohne unsere eigene Position und Perspektive mit der anderer abgleichen zu können droht, gerade bei der Arbeit, die Gefahr „aus dem Ruder zu laufen“. Zu viel, zu wenig, das falsche, genau das richtige… häufig ist es alleine schwierig einzuordnen, ob das, was man gerade mit bestem Wissen und Gewissen getan hat, auch wirklich ins Gesamtbild passt.
  3. Beziehungen
    Kein Wunder, gute Beziehungen sind das A und O unseres sozialen Lebens, auch bei der Arbeit. Große, aktive, möglichst divers aufgestellte Netzwerke mit „weak ties“, stabilen, aber vergleichsweise schwachen Verbindungen gehören genauso dazu wie eine kleine Gruppe von „strong ties“, Menschen, mit denen man sich vertrauensvoll über wirklich alles unterhalten kann und zwischen denen die Art des Feedbackgebens längst verhandelt und etabliert ist.
    Beziehungen brauchen dabei immer ein ausgeglichenes Geben und Nehmen. Augenhöhe ist auch hier der Begriff, der hängenbleiben sollte. Wenn die Balance aus den Fugen gerät, wenn sich Schuld oder das Gefühl, ausgenutzt zu werden, aufbauen, berechtigt oder unberechtigt, ist das immer Gift für jede, auch noch so kleine Gemeinschaft.
    Und noch etwas ist reines Gift: Abhängigkeit. Beziehungen funktionieren nur dann langfristig gut, wenn beide/alle Parteien das Gefühl der Unabhängigkeit bewahren können. Starke Abhängigkeiten mögen in manchen Situationen entlasten, auf Dauer tun sie es nicht. Sie erzeugen dann nur noch Angst und zerstören nachhaltig jeden Gedanken an Selbstwirksamkeit.
  4. Wahlfreiheit
    Selbstwirksamkeit ist auch eines der wichtigsten Stichworte im Kontext der Wahlfreiheit. Ich muss, auch und gerade im Job, die Möglichkeit haben mit selbst, angstfrei und unbelastet für oder gegen etwas, das mit mir passiert oder geschehen soll zu entscheiden. Nur wer frei entscheiden kann, kann auch gute Entscheidungen treffen. Sei es, dass es darum geht, wie die eigenen Aufgaben erledigt werden, oder um große Investitionen für oder in das Unternehmen. Wer sich gezwungen fühlt, macht auch alle anderen zu Gekniffenen.
    Zu dieser Wahlfreiheit gehört auch der Zugang zu den Ressourcen, die Entscheidungen für oder gegen etwas erst ermöglichen. Hier werden zu oft mittelbare Abhängigkeiten aufgebaut, die einschränken und damit den eigentlich vorhandenen Kompetenzen und Fähigkeiten den Raum nehmen.
    Es ist eben dieses Gefühl, im „Driver Seat“ zu sitzen, der es ermöglicht den besten Weg einzuschlagen, für sich, für das Team und am Ende eben auch das Unternehmen.
  5. Zusammenarbeit
    Wer von Beziehungen und Wahlfreiheit spricht, kommt automatisch zum Thema „Zusammenarbeit“. Wir alleine sind kaum mehr in der Lage, alle relevanten Zusammenhänge und Entwicklungen abzuschätzen. Wir können alleine gar nicht mehr alle Informationen erfassen, alles Wissen besitzen und alle Kompetenzen in uns vereinen, die es heute im Job so oft braucht.
    Damit Zusammenarbeit gut funktioniert, ist das miteinander wichtig. Das miteinander arbeiten, genauso wie das miteinander Misserfolge zu erleben und Erfolge zu feiern. Der Trick ist auch Misserfolge und Erfolge so weit in der Balance zu halten, dass letztere motivieren auch erstere ab und zu in Kauf zu nehmen. Das erfordert und bringt gleichermaßen gute Beziehungen.
    Was Zusammenarbeit zerstört, sind reale oder auch nur vage wahrgenommene Ungerechtigkeiten. Sie führen zu Abschottung und Ausgrenzung. Von besonderer Bedeutung sind daher klare Regeln, Kompetenzen und vor allem auch umgesetzte Konsequenzen bei Nichtbeachtung dieser, idealerweise selbst gesetzten Grenzen. Da wir uns wiederum in einer extrem dynamischen Umwelt bewegen, ist Grundvoraussetzung, diese Grundannahmen und Paradigmen regelmäßig gemeinsam zu reflektieren. Nur so hat das Arbeitsklima eine Chance, gesund zu bleiben. 
  6. Sinn bzw. Purpose
    Ehrlich gesagt, ich finde den Hype um „Purpose“ etwas übertrieben. Ja, das Thema ist wichtig, aber alleine auch nicht der Schlüssel zum Erfolg. Einen klaren Purpose, die Intention, den Zweck, das Ziel, die Aufgabe und eben damit den Sinn des eigenen Tuns zu beschreiben, ist fraglos wichtig. Nur den Sinn in den Fokus zu rücken, allerdings eben auch nur die halbe Miete.
    Was zweifelsohne relevant ist, ist in all dem die persönliche Sicht wiederzufinden. Was immer man macht, sollte zu dem passen, was man sich für den aktuellen Lebensabschnitt als hilfreich und zielführend vorgenommen hat. Das gemeinsame Ziel, der Sinn, muss in jedem selbst etwas zum Klingen bringen. Wenn das gelingt, ist ein gewaltiger Schritt in Richtung intrinsischer Motivation gelungen. Gelingt es nicht, dann wird’s halt etwas zäh.
  7. Fokus
    Last, aber im Sinne eines zweiten Peaks der Relevanz, sicherlich „not least“: Fokus. Was das meint, klingt für viele inzwischen wie Hohn, wobei das Homeoffice vieler Büroarbeitenden in den letzten Jahren etwas davon zurückgebracht hat. Fokus heißt konzentriert, unterbrechungsfrei, störungsarm, in aller möglichen Ruhe, eine überschaubare Zahl an gleichzeitigen Aufgaben abarbeiten zu können. Ein Zustand, der leicht erreicht werden könnte, gerade in Großraumbüros aber unerreichbar scheint. Interessanterweise kommen immer mehr Unternehmen wieder auf die Idee, Ruhezeiten einzuführen, in denen das Telefon auf den AB geht, E-Mails nicht empfangen werden können und andere Menschen am Schreibtisch nicht erwünscht sind. Vom notwendigen Regelwerk her supereinfach und auch die Implementierung fällt oft erstaunlich leicht. Warum? Einfach, weil es allen etwas bringt.
    Unabhängig davon kann man natürlich auch gemeinsam fokussiert arbeiten und ebenso sollten Räume für den kreativen und kommunikativen Austausch geschaffen und gefunden werden, aber bitte eben nicht als unabänderlicher Dauerzustand.
    Was auch hilft, den eigenen Fokus zu halten: Raum, Zeit und manchmal die richtigen Tools, um runterzukommen und den Kopf zu leeren. Ich brauche, je nach vorherigem Ablenkungsgrad, manchmal nur 3 Minuten, manchmal 10 Minuten, um wieder klar im Kopf zu sein. Mein Supertool für „schneller, mehr Fokus“ ist meine Mickey-Maus, mein „Kapselgehörschutz“ mit 35 dB Dämmwert. Aufsetzen und Ruhe ist. Das Gute dabei: Es wirkt auch optisch. Wer mich mit dem Ohrenschützer sieht, weiß, ich bin nicht ansprechbar.
    Was natürlich auch hilft: Fokus im Kalender. Keine Meetings ohne Mehrwert oder eigenen Beitrag. Wenn schon Treffen, dann bitte strukturiert und möglichst konzentriert. So, dass alle Beteiligten raus gehen und denken: Das hat jetzt wirklich etwas gebracht. Das bringt nicht nur Fokus, es spart auch Zeit und Geld – zumindest, wenn man sich erlaubt, den (unnötigen) zeitlichen Aufwand über das Durchschnittsgehalt der Teilnehmer in Kosten zu übersetzen. Aber das nur am Rande.

Jeder einzelne dieser sieben Faktoren ist individuell und im Zusammenspiel mit den anderen beeinflussbar. Von jedem einzelnen, aber eben auch vom Team und der gesamten Organisation. Aus der individuellen Sicht erhöhen sie die Erfolgswahrscheinlichkeit im Job und verbessern die Karriereaussichten. Aus der Perspektive der Organisation sind sie ein Booster für den gemeinsamen Erfolg.

Bleibt die Frage nach einer möglichst objektiven Evaluation. Wer über eine gute Beobachtungsgabe und die notwendige Portion Selbstreflektion verfügt, wird schnell erkennen, wo er/sie bei den einzelnen Punkten steht. Schwieriger wird es, wenn es darum geht, die Einzelwahrnehmungen im Team oder einer größeren (Teil-)Organisation zusammenzuführen. Hier ist tatsächlich Knowhow und Erfahrung gefragt. Mein Favorit und der Grund, warum ich mich im weltweiten Netzwerk von Management Insights (der Name ist Programm) engagiere ist die Qualität der Befragungen, die wir als zentrales Element nutzen (können). Hundertfach, rund um den Globus erprobt, mit Benchmarkdaten zu fast jeder Industrie und Unternehmensgröße. Ganz neu ist die bislang einzigartige Möglichkeit der Erfolg von Changestrategien und -ansätzen in Szenarien zu testen, lange bevor über konkrete Maßnahmen nachgedacht wird.