Warum in die Ferne schweifen, wenn die Zukunft…. irgendwie doch nicht beginnt.

Das ganze Geschreibse und Gerede über die „Zukunft der Arbeit“, bringt doch nichts. 

Da gibt es zwar die kleine Gruppe unbeugsamer, die in ihrem virtuellen gallischen Dorf immer wieder darauf hinwiesen, dass wir mittendrin sind in einer globalen Veränderung von Arbeitsweisen, Arbeitsstrukturen und Arbeitszielsetzungen. Aber ändern können die doch nichts. Die reden zwar viel, haben aber nicht die Hebel in der Hand um was zu verändern. Und die anderen, die haben zwar die Hebel in der Hand, kommen aber vor lauter „Gegenwart der Arbeit“ nicht zum Nachdenken.
Warum lehnen sich nicht einfach mal alle zurück und warten. Es besteht kein Grund nervös zu werden. Der (Ur-)Knall der „neuen Arbeit“  – wer hat ihn denn bisher gehört? Bislang ist bestenfalls ein leises Donnergrollen wahrzunehmen. Warum also sollte irgendeiner unserer Entscheider in den Unternehmen, der Politik oder der Gesellschaft in unserem Land mit einer funktionierenden Export- und einer „gesunden und florierenden Volkswirtschaft“ an diesem perfekt funktionierenden System etwas ändern?

Wir können ruhig auch 2016 weitermachen wie bisher.

Wir können darauf vertrauen, dass die Wirtschaftsindikatoren uns schon sagen werden, wenn etwas schief läuft und der Veränderungsdruck ausreichend groß ist, um den von außen induzierten Wandel auch bei uns anzugehen.
Wobei – wir haben unmerklich einen wesentlichen Kreuzungspunkt erreicht, der vielleicht doch Anlass gibt nochmal die Entwicklungswegekarte herauszukramen und unseren Standort zu re-evaluieren. Denn – wir sind als Wirtschaftsnation hochgradig abhängig von unserem Umfeld. Aber, das zeigt gerade VW im großen und viele KMU im kleinen – wir scheren uns einen Dreck um das, was da draußen „in der global-digitalen Welt“ gerade passiert. Wir agieren weiter als seinen wir in einem vollkommen unabhängigen, abgeschlossenes System zugange.
Dabei beginnt die technologische Entwicklung im Moment eine gesellschaftliche und menschliche Entwicklung nach sich zu ziehen, die die Menschheit in dieser Vehemenz und Geschwindigkeit nie erlebt habt. Vielleicht sind wir gerade deshalb in eine Schockstarre verfallen.
Diese Entwicklungen sind zu neu und zu schnell. Sie passen nicht in die altgewohnten Entscheidungsprozesse und -konzepte. Damit ist auf Entscheiderebene die Notwendigkeit zur Neu-)Besinnung zwar maximal gegeben (und wie ich behaupte oftmals bewusst), da aber gleichzeitig die eindeutigen und „garantiert verlustfreien“ Konzepte fehlen, um die Entwicklung anzugehen, ist die Veränderungsbereitschaft auf Null gefallen.

Ganz ehrlich.

Wäre ich für ein Unternehmen mit mehr als – sagen wir – 30 Mitarbeitern verantwortlich und zu 95 % mit Tagesgeschäft okkupiert, ich hätte meine Schwierigkeiten so schwerwiegende Entscheidungen zu treffen. Aus meiner Erfahrung wüsste ich, wie teuer es ist ständig die digital-technologischen Entwicklungen mitzugehen. Auch für einen Blick auf neue Führungs- und Organisationskonzepte würde mir schlichtweg die Zeit fehlen. Gerade auch um in Tiefe zu verstehen, welche neuen Wege und Chancen es gibt mich als Unternehmen organisatorisch neu aufzustellen. Wobei es eh keine Zeit gäbe all das strukturiert umzusetzen.
Und die durch die Entwicklungsdynamik und Komplexität induzierte Gleichzeitigkeit dieser Veränderungen würde mir vollends den Boden unter den Füßen wegziehen. Meine Unsicherheit wäre groß, vor allem, wenn mir dann noch jemand sagen würde, dass es ohnehin kein eindeutiges, klares, erfolgssicherndes Konzept gibt, und man selbst ausprobieren muss, was organisationsindividuell am besten funktioniert.
Kurz, mir würde die Sicherheit fehlen mutig etwas Neues auszuprobieren und vor allem wüsste ich nicht wo ich anfangen könnte und sollte. Mir würde sowohl das „Big Picture“ als auch der (möglichst) objektive Blick, die wichtige Außenperspektive aufs Unternehmen, die Mitarbeiter, die Prozesse und Strukturen fehlen.
Spannend ist, dass – aus der Distanz betrachtet – schon immer ein stetiger Strom von Veränderungen in unserem täglichen (Arbeits-)Leben stattfindet. Für mich ist das, wie Kinder auswachsen zu sehen. All die großen Entwicklungen, die ersten Schritte, das erste Wort, der erste Kindergartentag, der erste Schultag… all das geschieht als schleichender Prozess und natürliche Weiterentwicklung all der kleinen Schritte zuvor. Dennoch sind dann plötzlich die großen Errungenschaften da – und zugleich selbstverständlich im Alltag integriert.
Doch entwickeln sich auch Kinder nicht weiter, wenn wir sie nicht dazu bringen über die Welt nachzudenken und sie ermutigen sich neuen Herausforderungen zu stellen – zum Beispiel in dem wir ihnen neue Technologien zur Verfügung stellen und sie in die Entscheidungsprozesse stärker einbeziehen.
Auch wenn niemand die Zukunft vorhersagen kann – ein paar Trends sind sichtbar – und eine gute Vorbereitung (und Reflexion) schadet nie. Sicher scheint, dass wir 2016 – und in den folgenden Jahren – eine noch schnellere Entwicklungen von technischen Standards erleben, als in den letzten.
Neben all den Veränderungen, die langfristig und gleichzeitig ganz direkt durch die Digitalisierung auf unsere Arbeitsstrukturen einwirken – etwa durch den Wegfall von Routineaufgaben bei der Recherche von Informationen, in der Logistik oder auch „auf’m Bau“ (den ersten Bagger, der „alleine“ Häuser baut gibt’s schon, genauso wie die ersten 3D-Drucker für Häuser) – werden sich auch ganz andere Strukturbereiche anpassen. Bröselnde Machtgefüge durch sich verändernde Organisationsformen werden einige der Folgen sein. Diese Entwicklungen werden unser Arbeits-Selbstverständnis deutlich beeinflussen – und  unglaublich viele Potenziale zu Tage fördern. Sie eröffnen Chancen mehr Freiraum zu erlangen, die wir nutzen können um unsere menschlichen Kernkompetenzen wie Anpassungsfähigkeit und Kreativität wieder mehr einzubringen. Wir erlangen (vielleicht wieder) Raum, um selbst innovativ zu sein und zu lernen, oder in der Organisationsgemeinschaft neue Dinge zu stemmen und zu entwickeln.
Der für uns ganz persönlich weiterhin wichtigste Teil der Digitalisierung ist Kommunikation. Unabhängig von „Robotik“ und dem „Internet of Things“ werden wir Teil der technologischen Entwicklung bleiben.
Wir werden uns weiterhin und vermehrt einbringen, d. h. wir werden im Netz Dinge bewerten und empfehlen. Wir werden über das Netz miteinander reden, uns dabei in 2D oder vielleicht bald auch in 3D sehen können. Wir werden dabei immer mehr „virtuelle Verbundenheit“ zu Menschen aufbauen, die wir vielleicht noch nie im „realen Leben“ getroffen haben. Wir werden dabei lernen, auf wie viele unterschiedliche Arten man „berührende Beziehungen“ zu anderen gestalten kann und wie unterschiedlich diese auf uns und auf andere wirken.
Bei all dem werden wir ein paar Grundprinzipien menschlichen Zusammenwirkens wieder mehr in den Fokus rücken: Verbundenheit, Vertrauen, Vernetzung und vor allem Menschlichkeit.
Diese 4 Elemente des Zusammenlebens und des Zusammenarbeitens werden uns sozialen Wesen, gerade weil „das Digitale“ immer mehr an Bedeutung in unserem Alltag gewinnt, (wieder) wichtiger werden.
Doch – wenn ich das Donnergrollen vernehme und agieren möchte, bevor ich reagieren muss – wo fange ich (als Individuum, oder als Organisation) an? Wie schaffe ich (m)eine digi-soziale Transformation die beides erlaubt: technisch UND menschlich die heutigen und zukünftigen Möglichkeiten aktiv zu nutzen?
Dazu sollten wir erstens einen offenen Blick auf die schon „am Horizont“ erkennbaren Chancen entwickeln und zweitens uns bewusst Zeit nehmen über unseren (organisations-)individuellen Weg nachzudenken. Über unsere ganz individuelle Erwartung und Rolle darin genauso wie über die der Organisation in der wir tätig sind.
Allerdings fürchte ich, dass „wir“ dazu einfach nicht fähig sind. Für viele ist die Zukunft zu weit entfernt und zu unklar, um darüber nachzudenken. Das alles ist viel zu unsicher. Zu unsicher um zu planen, zu unsicher, um sich vorzubereiten und zu unsicher, um irgendjemandem zu trauen und  gemeinsam mit ihm in die Zukunft zu gehen.

Und dennoch – wir müssen es einfach tun.

Wir müssen einfach Vertrauen aufbauen, um das morgen zu gestalten.
Wir müssen uns selbst vertrauen und Menschen finden, denen wir vertrauen können und wollen. Wir müssen dies in unserem Privatleben und bei der Arbeit tun, damit wir die Unsicherheiten der Zukunft gemeinsam überstehen können.
Und wir brauchen Kontakte und Impulse, die uns im Wortsinn berühren und bewegen.
Dabei sind die richtigen Wegbegleiter unerlässlich. Freude, Ratgeber, Coaches, Mentoren, Diagnostiker, Glaskugelnebelentschleierer, Trendforscher und Utopisten. Gemeinsam mit ihnen könnte ich auch als Führer des kleinen Unternehmens, das all meine Zeit frisst, Startpunkte klären, offene Diskussion anstoßen und so einen Weg identifizieren, der Zukunft gangbar macht.
Doch – dieses ganze Gerede (und Geschreibe) über die Zukunft bringt wirklich nichts. Wir müssen vom reden ins reflektieren und handeln kommen. Denn reden alleine hat die (Arbeits-)welt noch nie geändert. Nur überzeugende Ideen – und Zeit sie zu reflektieren – verändern die Welt.


Wer unterschiedliche Perspektiven, Hintergründe und Impulse zur Zukunft der Arbeit lesen möchte, ist eingeladen hier in meinem Interview- und Buchprojekt zu stöbern.
Ich komme gerne bei Ihnen vorbei um als Impulsgeber, Diskussionspartner, Mentor, Standortbestimmer, Diagnostiker und Querdenker gemeinsam mit ihnen ihre Zukunft aktiv zu gestalten. 
The-New-Worker Bastian Wilkat hat zur Blogparade: “New Work 2016 – vom Hype zum Alltag” aufgerufen, was mich zu diesem Blogartikel inspiriert hat. Daher bringe ich diesen Artikel auch gerne in die Blogparade ein.