Equal pay ist eine aktuelle Forderung, die heute oft im Raum steht, einfach weil gerade die (Geschlechter-) Ungerechtigkeit oftmals zu groß ist. Sollten wir uns dann nicht schon fragen, ob das, was wir ggf. neu aufsetzen, nicht nur gleich, sondern vielleicht auch schon fair ist?

Was könnte „fair“ in diesem Kontext überhaupt bedeuten? Gleicher Lohn für gleiche Zeit, gleiche Kompetenzen, gleiche Chancen, gleiche Leistung? Abhängig von der Situation des Unternehmens, der privaten Situation der Mitarbeitenden, der Wettbewerbssituation im Stellenmarkt, der Altlast an Lohnstrukturen im Unternehmen?

Und wie könnte bzw. würde der Schritt aussehen, ein gerechtes Lohnsystem aufzusetzen?

Fair pay ist eines der diffizilsten Themen, die es im Spannungsfeld Mitarbeitender und Arbeitgeber gibt. Die „richtige“ Bezahlung zu finden ist ein Balanceakt, der viel Aufmerksamkeit erfordert. Zu groß ist die Gefahr von Unzufriedenheit, Neid oder einem Gefühl mangelnder Wertschätzung. Aber auch das andere extrem ist möglich. Ein zu hohes Gehalt kann das Gefühl übertriebener Wertschätzung und die Wahrnehmung auch (zu) viel Arbeitsleistung zu schulden entstehen lassen und fördert so Überarbeitung bis zum Burn out. Auch ein Zustand, der keinem der Beteiligten wirklich hilft. 

Daher ist es besonders wichtig, zunächst Vor- und Nachteile abzuwägen, diese mit der eigenen Situation im Unternehmen abzugleichen und dann zu entscheiden, welche Schritte man wie weit in diese Richtung gehen will, und wann. Es ist ganz sicher kein Thema, das man überstürzt angehen sollte.

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workLIFE Barometer 2023 – Ergebnis der traditionell geführten Unternehmen

Dass das Thema grundsätzlich Relevanz besitzt, hat meine kleine Umfrage im Rahmen des workLIFE Barometer 2023 gezeigt. Dabei habe ich ‚nur‘ nach „equal pay“ gefragt, einem Ansatz, den ich als vorgelagerten Entwicklungsschritte zu „fair pay“ ansehe. Die folgende Aussage sollte bewertet werden: „Bei uns werden alle Mitarbeitenden unabhängig von Alter, Geschlecht, Herkunft etc. für gleiche Arbeit gleich bezahlt.“

Die Differenzierung zwischen modern geführten (und damit nach Aussagen der Teilnehmer insgesamt hochgradig erfolgreichen Unternehmen) und traditionell geführten zeigt, dass das Thema in immerhin 72% der modern geführten weitgehend umgesetzt ist, jedoch nur in 37% der traditionell geführten. 

Das workLIFE Barometer 2023 hat gerade in dieser Differenzierung noch eine Vielzahl weiterer lesens- und reflektionswürdiger Ergebnisse geliefert, die ich hier zusammengestellt habe.

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workLIFE Barometer 2023 – Ergebnis der modern geführten Unternehmen

Aber, was bringt fair pay ganz konkret?

Hier zunächst ein paar Vorteile, die fair pay mit sich bringen sollte:

  • Talentsuche, -gewinnung und -bindung: Unternehmen, die fair pay praktizieren haben einen positiven Ruf und werden als Arbeitgeber der Wahl angesehen. Es zieht qualifizierte und engagierte Mitarbeiter an und trägt dazu bei, hochqualifizierte Fachkräfte langfristig zu binden. Unternehmen, die fair bezahlen, bauen eine langfristige Beziehung zu ihren Mitarbeitern auf, die zur Stabilität und Nachhaltigkeit des Unternehmens beiträgt.
  • Diversität und Inklusion: Fair pay fördert eine vielfältige und inklusive Arbeitskultur, in der Menschen unabhängig von Geschlecht fair behandelt werden. Dies steigert die Kreativität, Innovationskraft und die Vielfalt der Ideen im Unternehmen. Mitarbeitende sind motivierter innovative Ideen einzubringen und neue Lösungsansätze zu entwickeln.
  • Motivation und Produktivität: Mitarbeitende, die wissen, dass ihre Arbeit fair vergütet und wertgeschätzt wird, sind in der Regel motivierter und produktiver. Angemessene Bezahlung trägt zur allgemeinen Zufriedenheit der Mitarbeiter bei, was sich positiv auf deren Gesundheit und psychisches Wohlbefinden auswirkt.
  • Image und Reputation: Unternehmen, die für Fairness in der Bezahlung stehen, haben ein besseres Image und eine positive Reputation in der Öffentlichkeit.
  • Geringere Fluktuation: Durch faire Bezahlung wird die Fluktuationsrate reduziert, da Mitarbeitende weniger wahrscheinlich das Unternehmen verlassen, um nach besseren Vergütungsmöglichkeiten zu suchen. Das senkt zugleich die Kosten für Rekrutierung, Einarbeitung und Training.
  • Arbeitsmoral und Teamarbeit: Eine faire Bezahlung fördert eine positive Arbeitsmoral und stärkt das Teamgefühl, da alle Teammitglieder das Gefühl haben, wertgeschätzt zu werden. Die Spannungen im Team, die aufgrund von unfairer Entlohnung entstehen könnten, werden reduziert.
  • Wirkung auf die Unternehmenskultur: Fair pay trägt zur Entwicklung einer Unternehmenskultur bei, in der Zusammenarbeit, Respekt und Gerechtigkeit gefördert werden. Das verbessert ganz allgemein das Arbeitsumfeld. 
  • Höhere Kundenbindung: Zufriedene Mitarbeiter, die fair entlohnt werden, neigen dazu, eine höhere Servicequalität zu bieten, was zu einer besseren Kundenbindung führt.
  • Wirtschaftlicher Erfolg: Studien haben gezeigt, dass Unternehmen mit einer Geschlechtergleichheit in der Bezahlung langfristig wirtschaftlich erfolgreicher sind, da sie von einem breiteren Talentpool profitieren und bessere Entscheidungen treffen können. Zusätzlich tragen zufriedene und motivierte Mitarbeiter stärker dazu bei, die Geschäftsziele zu erreichen. Indem sie u.a. effizienter arbeiten und bessere Leistungen erbringen.
  • Geringere rechtliche Risiken: Eine faire Bezahlung reduziert das Risiko von rechtlichen Auseinandersetzungen wie Diskriminierungsklagen oder Vorwürfen unangemessener Behandlung.

Aber natürlich gibt es nicht nur Vorteile. Einige Nachteile sollten in die Betrachtung mit einbezogen werden.

Hier sind sechs mögliche Nachteile:

  • Kostensteigerung: Unternehmen könnten höhere Lohnkosten tragen müssen, was zu finanziellen Belastungen und Reduzierung der Gewinnmargen führen kann.
  • Wettbewerbsnachteil: Wenn andere Unternehmen in derselben Branche nicht fair bezahlen, könnte das Unternehmen Schwierigkeiten haben, im Wettbewerb zu bestehen.
  • Geringere Flexibilität: Das Unternehmen könnte weniger flexibel sein, wenn es darum geht, Löhne an unterschiedliche Fähigkeiten oder Erfahrungen anzupassen.
  • Mögliche Ineffizienzen: Ein starres Lohnsystem könnte zu Ineffizienzen führen, wenn es nicht in der Lage ist, individuelle Leistung und Beiträge angemessen zu berücksichtigen.
  • Bürokratie und Verwaltungsaufwand: Ein komplexes System zur Ermittlung von fairen Löhnen könnte zu erhöhtem Verwaltungsaufwand führen.
  • Abhängigkeit von externen Standards: Die Festlegung von fairen Löhnen könnte auf externen Normen und Daten basieren, was möglicherweise nicht immer genau die individuellen Gegebenheiten des Unternehmens widerspiegelt.

Doch das alles hilft nicht unbedingt, die eigene Situation einzuschätzen. Daher hier Reflektionsfragen, die dir helfen sollen, das Thema übergreifend und spezifisch zu erfassen: 

Die Kernfrage, die sowohl hinter „fair pay“ wie auch „equal pay“ steckt ist: Was verstehe ich/ verstehen wir als fair bzw. gleich?
Wie kann man mit individuellen Stärken und Schwächen umgehen?
Sollte man das spezifische soziale Umfeld und die Lebenssituation des/der Einzelnen in die Gehaltsfestlegung mit einbeziehen? 

Dazu können gleiche Aufgaben sehr unterschiedlich erledigt werden, was so oder so zu einem Gefühl der Ungerechtigkeit führen kann. Ein Grund, warum gute und transparente Kommunikation gerade in diesem Kontext enorm wichtig ist!

Die Umsetzung von equal bzw. fair pay ist von so vielen organisationsindividuellen und aufgaben- sowie mitarbeiterspezifischen Faktoren abhängt, darunter die Branche, Unternehmensgröße und -struktur sowie die allgemeine Wirtschaftslage, dass es ein Projekt ist, dass sich immer auch den Managementrahmen und -parameter mit einbeziehen muss. Dazu gibt es sehr einfache und umfassende Werkzeuge. Wenn da dazu mehr erfahren möchtest, sprich mich an.

Warum sollte man es dennoch angehen?

Von fair pay profitieren in erster Linie die Arbeitnehmenden und die Gesellschaft insgesamt. Hier sind einige der Argumente:

  • Arbeitnehmer: Fair pay gewährleistet, dass Arbeitnehmer angemessen für ihre Arbeit entlohnt werden. Dies führt zu höherer Arbeitszufriedenheit, Motivation und Produktivität. Arbeitnehmer haben auch eine bessere finanzielle Sicherheit und können ein angemessenes Leben führen, ohne ständig finanziellen Druck zu spüren.
  • Gesellschaftliche Gerechtigkeit: Fair pay fördert soziale Gerechtigkeit, da es Einkommensunterschiede reduziert und die Wohlstandsverteilung fairer gestaltet. Dies kann helfen, soziale Spannungen zu verringern und das Gefühl von Ungerechtigkeit in der Gesellschaft zu reduzieren.
  • Wirtschaftliche Stabilität: Wenn Arbeitnehmer fair bezahlt werden, haben sie mehr Kaufkraft, was zu einer höheren Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen führt. Dies kann die Wirtschaft ankurbeln und das Wirtschaftswachstum fördern.
  • Unternehmenserfolg: Fair pay kann auch für Unternehmen vorteilhaft sein. Gut bezahlte Mitarbeiter sind oft motivierter und engagierter, was sich positiv auf die Arbeitsleistung, die Innovationsfähigkeit und die Qualität der Arbeit auswirken kann. Zufriedene Mitarbeiter bleiben in der Regel länger im Unternehmen, was die Kosten für Personalfluktuation reduziert.
  • Talentsuche und -bindung: Unternehmen, die fair bezahlen, haben oft einen Wettbewerbsvorteil bei der Anziehung und Bindung von hochqualifizierten Fachkräften. Mitarbeiter sind eher bereit, in Unternehmen zu bleiben, die ihre Arbeit schätzen und adäquat belohnen.
  • Langfristige Nachhaltigkeit: Fair pay kann zur Schaffung einer nachhaltigen Arbeitskultur beitragen, in der ethische Prinzipien und soziale Verantwortung hoch geschätzt werden. Dies kann langfristig dazu beitragen, das Image eines Unternehmens zu verbessern und das Vertrauen von Kunden und Investoren zu gewinnen.


Und wie??

Wer faire Gehaltsstrukturen in einem Unternehmen etablieren möchte kommt nicht umhin eine ganzheitliche Herangehensweise zu wählen. Alles andere ist dazu verdammt Flickwerk zu bleiben oder nach der Einführung wie ein Kartenhaus wieder in sich zusammenzufallen. Dies ist insbesondere gefahrvoll, wenn an anderer Stellen schwerwiegende Altlasten die Implementierung sabotieren oder unterminieren würden. Solche Altlasten und damit die gesamte Rahmen- und Regelstruktur zu beleuchten sollte daher immer der erste Schritt sein.

Aber auch, wenn es „nur“ um die Vergütung gehen kann, weil andere Themen bereits geklärt sind, sollten verschiedene Aspekte betrachtet und beachtet werden. Die Implementierung von fairer Bezahlung in einem Unternehmen erfordert eine ganzheitliche Herangehensweise, die verschiedene Aspekte der Vergütung berücksichtigt. Hier sind ein paar Ansätze:

  • Transparenz bei Gehältern und Vergütungsstrukturen: Stelle sicher, dass die Gehaltsstrukturen und -kriterien für alle Mitarbeiter transparent und nachvollziehbar sind. Dies verhindert Ungleichheiten aufgrund von Geheimhaltung und stellt sicher, dass ähnliche Positionen ähnlich vergütet werden. DU kannst auch Gruppen aus gewählten Mitgliedern deiner Belegschaft etablieren, die sich um die Veränderungswünsche kümmern und diese im Dialog mit den Beteiligten klären. 
  • Jobbewertung und -klassifizierung: Führe eine objektive Bewertung der verschiedenen Arbeitspositionen im Unternehmen durch, um ihre Wertigkeit zu bestimmen. Dies hilft, Gehaltsunterschiede aufgrund von Geschlecht, Herkunft oder anderen nicht relevanten Faktoren zu minimieren.
  • Gehaltsbänder und -stufen: Etabliere klare Gehaltsbänder oder -stufen für verschiedene Positionen basierend auf Verantwortung, Erfahrung und Fähigkeiten. Dies hilft, Konsistenz und Fairness bei der Vergütung sicherzustellen.
  • Entgeltgleichheit: Beseitige geschlechtsbezogene Lohnunterschiede, indem du sicherstellst, dass männliche und weibliche Mitarbeiter, die vergleichbare Aufgaben ausführen, gleich bezahlt werden. Überwache regelmäßig, ob diese Gleichheit aufrechterhalten wird.
  • Leistungsbezogene Vergütung: Implementiere ein transparentes System für die leistungsbezogene Vergütung. Anerkennung und Belohnung sollten anhand messbarer Kriterien erfolgen, um willkürliche Entscheidungen zu minimieren.
  • Schulung und Sensibilisierung: Schulungen für Führungskräfte und HR-Mitarbeiter sind wichtig, um sie für die Bedeutung fairer Bezahlung zu sensibilisieren und Diskriminierung zu vermeiden.
  • Gehaltsüberprüfung und Anpassung: Führe regelmäßige Überprüfungen der Vergütungsstrukturen durch, um sicherzustellen, dass sie den aktuellen Marktwerten und Wettbewerbsbedingungen entsprechen. Passe Gehälter bei Bedarf an, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
  • Diversity und Inklusion fördern: Schaffe eine Unternehmenskultur, die Vielfalt und Inklusion fördert. Dies trägt dazu bei, Barrieren abzubauen, die zu Ungerechtigkeiten bei der Vergütung führen könnten.
  • Externe Überprüfung: Wenn möglich, lasse externe Experten die Vergütungsstrukturen und -praktiken überprüfen, um objektive Einschätzungen und Empfehlungen zur Verbesserung der Fairness zu erhalten.
  • Feedback und Partizipation: Biete den Mitarbeitenden die Möglichkeit, Feedback zur Vergütung zu geben, und ermutige sie zur Partizipation in Diskussionen über Gehaltsstrukturen und -anpassungen.

Die Implementierung fairer Bezahlung erfordert Zeit, Engagement und die kontinuierliche Bereitschaft zur Anpassung auf allen Seiten. Sie ist jedoch entscheidend, um eine gerechte und produktive Arbeitsumgebung zu schaffen, in der sich alle Mitarbeiter wertgeschätzt fühlen. Sie 9ist ein wichtiger Baustein und Bestandteil einer wertschätzenden und würdevollen Organisationskultur und damit (fast) jeden Aufwand wert. 

Wenn du Fragen oder Anmerkungen hast, gerne hier in den Kommentaren oder direkt an mich.