No news & keine Pointe!
Dafür aber 6 Schritte in die Zukunft von Management & Leadership
Die Management- & Führungssysteme, die Organisationen so lange zum Garanten unseres Wohlstandes und unserer Wirtschaftskraft gemacht haben, sabotieren sich selbst. Wichtige Kernelemente sind statt auf Wertschöpfung und Leistungserbringung eher auf Wertvernichtung und Machterhalt und -kontrolle ausgerichtet.
Die Angst mit Nicht-Management und Nicht-Führung aufzufallen ist aufgrund der möglichen medialen Wirkung groß. Dennoch verharren wir in dem System, in der oft vergebenen Hoffnung, das es die aktuellen Probleme löst und sich an zukünftigen Notwendigkeiten anpassen lässt. Obwohl die Ergebnisse fast täglich im Großen und eigentlich täglich im Kleinen sichtbar werden, halten wir am Alten fest. Und so sehr ich jetzt nach Manager- und Führungskräfte-Bashing klingen mag, so sehr weiß ich, dass sie individuell und persönlich meist wenig dafür können. Auch sie sind Sklaven eines extrem tief und fest verankerten Systems.
Früher, als Industriearbeit der Standard war, stand die Effizienz im Mittelpunkt der Arbeit – heute, mit Mehr Wissens- und Servicearbeit müssen Management & Führung auch den Menschen im Blick haben – und in Zukunft kommt noch die (Um-)Welt hinzu. Damit haben Management und Führung in den letzten Jahren einen Komplexitäts- und Aufgabenzuwachs erlebt, wie kaum eine andere Rolle in Organisationen.
Management und Führung, wie sie heute traditionell verstanden werden, erbringen nicht mehr die Leistungen, die notwendig sind, um die nächsten wichtigen Entwicklungsschritte zu gehen. In vielen Bereichen ist es uns gelungen, die Produktivität zu steigern, auch wenn die tatsächlichen Ergebnissteigerungen dahinter zurückbleiben. Gerade im Bereich Management & Leadership hinken wir hier weit hinterher und schlimmer noch, hier liegen allzu oft Ursachen für die fehlenden Ertragssteigerungen. Hier den Ursachen auf den Grund zu gehen, könnte vielen Organisationen und vor allem den hochengagierten Menschen darin enorm helfen und wieder Auftrieb geben.
Der Charakter der Arbeit verändert sich
Akkordarbeit war rein effizienzgetrieben. Wissensarbeit ist kompetenz- und kreativitätsgetrieben. Zukunftsorientierte Arbeit (und die Arbeit der Zukunft) wird gleichzeitig auf Effizienz, auf den Menschen, auf Nachhaltigkeit, auf das Gemeinwohl und auf die dafür notwendigen Transformationen ausgerichtet sein (müssen). Eine überwältigende Aufgabe, die allein nicht wirklich zu bewältigen ist.
Die einfache Skalierbarkeit von Arbeitsleistung hat in dem Maße abgenommen, in dem Akkordarbeit nicht mehr realisierbar ist. Wissens- und Dienstleistungsarbeit dominieren heute die Wertschöpfung, lassen sich aber kaum durch schnelleres Denken und Handeln steigern. Damit haben wir die Möglichkeit der direkten Einflussnahme auf im wahrsten Sinne des Wortes ‚greifbare’ Ergebnisse verloren. Je mehr wir auf solche direkten Leistungsnachweise verzichten (müssen), desto mehr versuchen wir, diesen Mangel durch Kontrolle und Dokumentation von Fortschritten auszugleichen. Früher hatte Macht, wer Ziele setzen und kontrollieren konnte. Heute scheint Macht zu haben, wer die KPIs definiert und die Berichte liest und kommentiert. Macht, die letztlich immer weniger Einfluss auf die Leistung hat.
Selbstorganisation – nicht die Lösung
Selbstverantwortung und Selbstorganisation hätten das Zeug, hier eine Veränderung herbeizuführen, wenn wir nicht in der Masse im alten System der Fremdsteuerung sozialisiert worden wären. In uns steckt oft der Glaube, dass wer nicht kontrolliert wird und kein positives Feedback bekommt, auch nicht (gut) genug leistet. Ohne Lob ist Arbeit nichts wert. In Feedback und Anerkennung steckt mehr Macht als in Kontrolle, denn negatives Feedback und vorenthaltene Anerkennung treffen uns direkt und ins Mark unseres Selbstverständnisses.
Das macht uns fertig. Und so kontrollieren und überwachen wir uns selbst. Oft kritischer als jeder andere es könnte, denn wir wollen ja arbeiten, wir wollen ja gute Leistung bringen, wir wollen ja das Maximum aus unserem Engagement herausholen. Wir wollen, nein, oft sollen und müssen wir onmipräsent und always-on sein, um zu antworten, um unseren Beitrag zu leisten, um Anerkennung zu finden.
Gutes Management (als Utopie) für die Zukunft
Gutes Management und gute Führung sind so unglaublich wichtig für die Zukunft JEDES Unternehmens – aber sie können nur dann gut werden, sein und bleiben, wenn sie die veränderten Rahmenbedingungen verstehen und in den Organisationen abbilden, wenn sie die Entwicklungen antizipieren und die Unternehmen darauf vorbereiten, wenn sie ihrer Zeit voraus sind und nicht auf ausgetretenen Pfaden hinterherlaufen.
Was ist Management & Leadership – heute und in Zukunft?
Management & Leadership sind zwei zentrale Begriffe, um zu beschreiben, wie Unternehmen geführt werden. Heute, mit einem sich wandelnden Führungsverständnis und stärker vernetzten (gemanagten) Organisationen, muss Leadership stärker mit in dieses Repertoire aufgenommen werden.
Diese drei Aufgabenfelder sind eng miteinander verzahnt, so dass wir die Begriffe oft synonym und manchmal in verwirrender Vielfalt verwenden. Für mein Projekt „Management2035“ habe ich deshalb versucht, mehr Klarheit zu schaffen:
Management beschreibt den Rahmen, in dem die gemeinsame Arbeit stattfindet, die Strukturen, Regeln, festgelegten Routinen & Prozesse und die Grundelemente der Kultur der Aufbauorganisation. Es ist (bisher) auf Effizienz ausgerichtet und beschäftigt sich mit dem richtigen Tun („doing things right“).
Management ist im übertragenen Sinne der Rohbau der Organisation, angepasst an die aktuellen Anforderungen und im Idealfall offen für spätere An-, Aus- und Umbauten.
Führung sorgt dafür, dass der Rahmen mit Aufgaben und Rollen gefüllt wird. Sie sorgt dafür, dass die Organisation mit den konkreten Prozessen und Handlungen gefüllt wird, die notwendig sind, um Strategien zu verfolgen, Entscheidungen zu treffen und Ziele zu erreichen. Der Fokus liegt darauf Menschen und Ergebnissen aufeinander abzustimmen und darauf, die richtigen Dinge zu tun („doing the right things“).
Führung kümmert sich um die Innenausstattung der Organisation, bringt Farbe ins Spiel, schafft ein funktionales Ambiente und sorgt dafür, dass nichts im Wege steht.
Leadership gestaltet die zwischenmenschliche Ebene in der Organisation. Sie ist das Salz in der Suppe der Organisationskultur. Sie erleichtert die Kommunikation und den Wissenstransfer, indem sie den Menschen Anknüpfungspunkte und Freiräume zur Orientierung und Mitgestaltung bietet. Leadership funktioniert oft im Netzwerk und weniger in der formalen Struktur. Der Fokus liegt auf Zukunft, Werten und Sinn und darauf, den Weg zu weisen („leading the way“).
Leadership verwandelt die Organisation in einen Raum, in dem sich Menschen gerne und engagiert einbringen.
Um dem rasanten Wandel, dem technologischen Fortschritt, dem Klimawandel und dem demografischen Wandel gerecht zu werden, brauchen wir ein neues, breiteres Verständnis von Management, Führung & Leadership (MF&L). Breiter nicht nur in den Aufgaben und im Denken, sondern auch in der gemeinsamen Arbeit daran.
Um besser zu fördern und zu beteiligen, um schneller auf Veränderungen zu reagieren und neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, um ökologische und soziale Verantwortung zu verbinden und um kontinuierlich neue Ideen zu entwickeln und umzusetzen, sollte MF&L als gemeinsame Aufgabe der Organisation verstanden werden. Dort, wo wir ohnehin Leadership im Netzwerk erleben und erfahren, sollten wir auch Management und Führung als gemeinsame Aufgabe derer verstehen, die die notwendigen Kompetenzen besitzen oder aufbauen wollen. Wenn uns das gelingt, verlieren wir wahrscheinlich den Drang nach zu enger Kontrolle und Machtausübung, gewinnen aber umso mehr eine Vorstellung davon, wie Selbstverantwortung in der Arbeit und Selbstorganisation tatsächlich aussehen und uns helfen können, die Zukunft besser zu meistern.
Die Chancen stehen gut, dass Organisationen, deren Management und Führung sich erlauben, den Status des Nicht-wirklich-Managens und Nicht-wirklich-Führens durch den des Mit-Managens und Mit-Führens zu ersetzen, anpassungsfähiger, flexibler, klarer, nachhaltiger, innovativer, menschlicher und in all dem vor allem auch effizienter und ergebnisorientierter sind.
Um die Zukunftsfähigkeit der Organisation auf diese Weise zu verbessern, kannst du schon heute beginnen:
- Dir bewusst machen, wie die Organisation aufgestellt ist und in welchen Bereichen sie wie arbeitet, managt, führt.
- Szenarien durchdenken, wie es anders sein sollte, wenn sich die Anforderungen in den nächsten Jahren (absehbar) weiterentwickeln. Nur dann kannst Du Dich und die Organisation (in Deinem Einflussbereich) darauf vorbereiten.
- mit Deinen Kolleg:innen und Mitarbeitenden ein konkretes Bild Deiner „Organisationswelt von morgen“ entwickeln.
- die Teile des organisatorischen Rahmens, die einer Anpassung bedürfen, neu gestalten.
- denjenigen, die sich einbringen wollen, Raum und Gelegenheit geben, entsprechende Kompetenzen zu entwickeln oder (temporär) Personen in die Organisation holen, die euch unterstützen.
- regelmäßig gemeinsam überprüfen, ob man sich weiterhin in die richtige Richtung bewegt oder ob sich die Zielkorridore durch äußere Umstände verändert haben.
Die Zukunft der Arbeit liegt in unseren Händen. Indem wir gemeinsam an einer neuen Form von Management und Führung arbeiten, können wir Organisationen schaffen, die nicht nur langfristig erfolgreich und zukunftsstark sind, sondern auch einen positiven Beitrag zur Gesellschaft leisten.
Bist Du bereit, diesen Wandel mitzugestalten?
Welchen 3, 5 oder 10 Themen werden Deiner Ansicht nach in 2035 für Management & Führung relevant(er) sein? Schreib sie in die Kommentare oder schicke mir bis zum 15. Februar 2025 eine mail an perspektiven@management2035.de .
Die Frage nach der besten Entwicklungsrichtung von Management und Führung beschäftigt mich schon lange und angesichts der aktuellen weltpolitischen und gesellschaftlichen Entwicklungen immer mehr. Schließlich sind die Unternehmen, in denen wir arbeiten, eines der stabilsten sozialen Netzwerke, in denen wir uns tagtäglich bewegen. Sie sind wichtige Hebel und Wegweiser auf dem Weg in die Zukunft.
Es ist kein Zufall, dass ich mich in zwei Projekten engagiere, die sich genau mit diesem Thema, den Folgen, Lösungen und möglichen Zukünften intensiv auseinandersetzen.
Zum einen wurde ich von Lukas Michel eingeladen, als Co-Autor seines neuen Buches meine Sicht auf konkrete Denk- und Handlungsimpulse für gutes Management (und in der Folge Führung und Leadership) einzubringen. Mehr dazu zu gegebener Zeit.
Zum anderen schreibe ich selbst gerade an ‚Management 2035‘. Einem Buch, das die Frage beantworten soll, was in den nächsten 10 Jahren zu tun ist, um jede Organisation optimal auf die kommenden Herausforderungen vorzubereiten. Ein Buch, in dem ich möglichst viele Perspektiven, Erwartungen und Hypothesen zusammenführen möchte, weshalb ich gerne dazu einlade, bis Mitte Februar 2025 einen Beitrag zu leisten. Was und wie das aussehen kann, erkläre ich auf „www.management2035.de“. Dort findest Du auch Reflexionsfragen, die Dir helfen sollen, Dir selbst ein Bild von Deiner persönlichen „Zukunft der Arbeit“ zu machen – ganz unabhängig von (D)einem Beitrag zum Buch.