Zeiten der Unsicherheit sind Zeiten für Experimente. Das war schon immer so. Zeiten der Unsicherheit waren auch immer Zeiten für neue Impulse und Innovation. Es sind immer auch Zeiten eines manchmal gefahrvoll erscheinenden Aufbruchs. Und damit waren Sie immer Zeiten des Scheiterns, der Angst, der Scham und der Verletzlichkeit. Die Themen, Mut und Angst, Courage und Scham sind untrennbar miteinander verbunden.
 
Die Angst vor dem Scheitern ist dabei manchmal Triebfeder, viel öfter jedoch Hemmschuh. Vor allem, in einer Gesellschaft, in der die Unsicherheit in der Mittelschicht angekommen ist, in der es darum geht, das Erreichte zu (er)halten und zu verteidigen. Dies sind die Zeiten in denen, wie heute, „die anderen“ bitte ausprobieren sollen, was einem selbst noch suspekt erscheint. Zu oft ohne bewusst reflektiert zu haben, was geschieht, wenn das Ausprobieren, das Experiment scheitert oder ein Erfolg wird. Es sind die Zeiten für Mutanfälle, die jedoch selten stattfinden und lieber delegiert werden.
 
Doch delegierter Mut ist wirkungsloser Mut. Im Falle von Themen, die ganz eindeutig auf den Tisch der Geschäftsführung gehören, ist es eine gefährliche Wirkungslosigkeit die so entsteht. Eine Wirkungslosigkeit, der man jedoch begegnen kann!
 

Inseln zwischen tropischen Atollen und Eismeer

Agilität ist so ein Thema, das als Trend (und Buzzword) polarisiert und das aus meiner Sicht zuallererst und ganz oben auf den Schreibtisch der Geschäftsführungen gehört.
 
Doch Agilität ist schwer zu greifen, weil jeder etwas anderes darunter versteht, weil jedes es (be)nutzt wie er gerne möchte. Damit begibt sich jeder, der beginnt sich damit zu befassen in unsicheres Fahrwasser. Zugleich scheint es wichtig genug zu sein, damit die eigene Organisation das Experiment wagt, aber nicht wichtig genug, um sich (auf der vom Tagesgeschäft okkupierten Führungsebene) damit tatsächlich zu befassen.
 
Ein – wie ich es sehe – fataler Fehler.
 
Das Ergebnis solcher Experimente in Sichtweite, aber ohne echte Beteiligung des „C-Suite“ sind eine Art „neue Inselwelt“ mitten im Stillen Ozean der Unternehmenswelt. Diese Inselwelt weist eine (wenig) erstaunliche Vielfalt auf. Manche erscheinen wie ein Südseeparadies, in dem es alles lebensnotwendige zu geben scheint. Sie sind Sehnsuchtsort ihrer Umwelt und bleiben doch für die meisten unerreichbar.

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Andere sind Teil des pazifischen Feuerrings und eher vulkanischen Ursprungs. Auf und in ihnen brodelt es. Sie wirken aus der Ferne, mit ihren hohen Bergen, wie eine stabiler und sicherer Zufluchtsort, sind aus der Nähe betrachtet, aber zugleich unnahbar, ohne Ankerpunkt und Hafen. Manchmal herrscht eine wahrhaft explosive Stimmung, insbesondere, wenn Einflüsse die Lava die Insel verlässt, in Richtung Meer fließt und das umgebende Wasser zum Kochen bringt.

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Wieder andere sind wie Eisberge im Polarmeer. Es herrscht eine frostige Stimmung, sie brechen auseinander und man weiß nicht, wann sie kippen und alle in der Umgebung mit herunterziehen.

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Das Gemeinsame aller dieser Inseln ist, dass sie auf und aus dem Boden entstehen, den die Organisation und die Führung ihnen bietet. Sie sind Ergebnisse der Reaktion der Unternehmensführung auf die Veränderungen im Markt und Wettbewerb. Sie werden im Firefighting mit den neuen Komplexität als heilbringende Option wahrgenommen. Sie sind der Versuch in einer Welt Zukunft zu gestalten, in der es darum geht, die Gegensätzlichkeit von innovativem, visionärem, „try & error“ Start-up-Verhalten mit effizienzgetriebenem, profitorientiertem, „0-Fehler“ Bestandsgeschäft zu vereinen. Sie sind die Inseln, die wachsen sollen, um als neue Lebensgrundlage zu dienen. Und zugleich sind sie isoliert, bestehen als Eilande im tosenden Ozean.
 

Gemeinsame Sprache, gemeinsame Ziele, gemeinsame Werte

Betrachtet man sie näher, so erkennt man, dass dieser Inseln auf Sand gebaut sind. Sie sind entstanden, ohne sich bewusst mit den Folgen der Langgewinnung und des dieses Siedlungsversuches zu befassen. Sie sind Fremdkörper, ihnen fehlt die Verbindung zum Rest der Organisation. Auf ihnen leben verschwenderische Hippies, die mit den Normen und Werten der Altorganisation so wenig gemein zu haben scheinen, wie eine Industrieregion mit einem Palmenstrand. Es fehlen Brücken, es fehlt der kommunikative Anschluss, es fehlen eine gemeinsame Sprache und eine gemeinsame Kultur und Werte.
 
Noch schlimmer wird all dies nur, wenn die Baupläne der Inseln aus dem Fundus anderer Organisationen stammen. Wenn versucht wird zu kopiert, was andere Voraussetzungen und Zielsetzungen hatte. Wenn unreflektiert nachgeeifert wird, weil es zu vermeintlich zu schwierig und zu langwierig erscheint selbst Hand anzulegen. Aber: Die Zeit rennt so sehr, dass für schlechte Kopien keine Zeit mehr ist. Die Zeit verlangt nach Originalen, nach Klarheit und Fokus. Die Zeit verlangt nach der Chance darauf vertrauen zu können, dass bewusst gehandelt wird. Und die Menschen, die Leistungsträger des Erfolgs verdienen, dass man sich diese Zeit nimmt und die Basis für Vertrauen in das Neue schafft!
 
Nichts braucht ein stärkeres Fundament als dieses notwendige Vertrauen. Wo Mitarbeiter, Geschäftspartner, Co-Creatoren, (Crowd)Investoren und Kunden darauf vertrauen wollen, dass das Unternehmen in die richtige Richtung geht, wo sie alle darauf bauen, dass es eine Zukunft gibt, die sie alle mit trägt, da ist es heute und jetzt an der Zeit ein Fundament zu schaffen, dass in der notwendigen Vielfalt bi-modaler Organisationsstrukturen sie alle gemeinsam trägt.
 
Dieses Fundament besteht aus den Rahmenbedingungen, die nur eine Führung schaffen kann, dass sich dieser Aufgabe bewusst ist. Eine Führung, de einlädt sich einen neuen Werte- und Kulturenmix zu erarbeiten, die für Neues und Altes gleichermaßen funktioniert. Die erlaubt sich gegenseitig zu verstehen, zu tolerieren und zu unterstützen. Die Zusammenarbeit über der Grenzen der Inseln hinaus bis hinein in das alte Industriedenken ermöglicht. Der neue Kommunikations-, Austausch- und Mobilitätskonzepte fördert, um miteinander statt übereinander zu reden.
 

Vom SEA-Level auf den C-Level

Vielfältigkeit, Respekt, Toleranz, bewusste Verschwendung, vorausschauendes Längs-, Quer- und vor allem unternehmerisches Denken, umfassende Vernetzung, stabile Beziehungen und, auf dieser Basis, eine sich immer weiter verbessernde Zusammenarbeit sind es, was ein agil-bewusstes, zukunftsorientiertes Management als Rahmenparameter aufbauen, einbringen und vorleben sollte.
 
Diese Eigenschaften sind es, auf die kluge, zukunftsbewusste Führungskräfte ihren Fokus richten, damit sie selbst den Raum erhalten, sich um die Themen zu kümmern, die in ihrer (dann ggf. neuen) Rollenbeschreibung auftauchen werden: Die Zukunft des Unternehmens vorauszudenken und die Organisation bestmöglich darauf einzustellen. Denn nur das schafft es tatsächlich allen eine Perspektive und damit Hoffnung, Zuversicht und Antrieb zu geben. Und das ist schlussendlich das Kapital auf dem Unternehmen ihre Zukunft bauen können.
 
Agilität als Experiment auf „SEA-Level“, als Test neuer Kooperationsmodelle auf der Arbeitsebene, auf „Meereshöhe“, anzusehen ist gefährlich! Wer Agilität tatsächlich einmal als geeignetes Muster für eine bessere Zusammenarbeit erlebt hat, erträgt nur mit Widerwillen das enge Kästchendenken meritokratischer Weisungs- und Kontrollstrukturen. Wer den Stein der agilen Weisheit einmal besessen hat, geht nicht mehr zurück.
 
Wer Agilität in dem Bewusstsein einführt, das Rad ggf. später zurückzudrehen, der wird den Verlust von wichtigen Kompetenzträgern erleben. Wer Agilität einführt ohne sie selbst auf dem C-Level verstanden zu für sich ausprobiert zu haben, stürzt sein Unternehmen mit den besten Absichten in eine kommende Krise.
 

Können Sie sich um die Zukunft kümmern, bevor es zu spät ist?

Experimentelle Inseln besitzen so lange eine gefährlich Wirkungslosigkeit, solange die notwendigen Rahmenbedingungen in der Gesamtorganisation nicht gegeben sind. Das allerdings ist Management/Leadership-Aufgabe, die selten verstanden ist.
 
Dieses Risiko kann minimiert werden, indem mit den ersten Ideen zur Einführung agiler Ansätze, die Rahmenbedingungen, die mentale Modelle und die vorhandenen agilen Kompetenzen aufgebaut und / oder reflektiert und, wo möglich, gemessen werden. Die oben genannten Eigenschaften und Rahmenparameter sind für alle Organisationen relevant, in denen agile Teile etabliert werden. Sie zu betrachten und zu validieren, ist das A&O eines bewussten Umgangs mit diesem Erfolgsfaktor für die Zukunft.
 
Jede Organisation besitzt weitere, individuelle Themen, die es gilt im Auge zu behalten. Wenn Sie als Top-Führungskraft für sich klären wollen, welche Rahmenbedingungen für IHR Unternehmen die besten sind, dann fragen Sie sich: Welche Werte und Themen muss ich in der Organisation verankern, damit ich mich für 3 Monate ununterbrochen um die Zukunft des Unternehmens kümmern kann?
Ich bin gespannt auf Ihre Erkenntnisse!