Es ist so unsinnig, wie wir mit „Sinn“ umgehen. Es ist so maßlos sinn-los. Auf der einen Seite glorifizieren wir die Wirkung von „Purpose“, auf der anderen Seite geht (fast) jede Form von Sinnfindung und -vermittlung im Alltag unter. Manchmal gibt es zur Ablenkung etwas Pseudosinn geboren aus halbgaren ZDF-Visionen, manchmal eine Idee, manchmal etwas Mitreißendes, inspirierendes, oft aber eben nur was Aufgewärmtes, fades.

Was zugleich am Sinn so fasziniert, ist, dass, wenn das Thema gut angepackt wird, es so unglaublich weit trägt, es so immens wirksam ist. Dann beflügelt es, ist der erste Baustein, um in den Flow zu kommen. Dann lässt es neue Energien wachsen und neues entstehen. Sinn hat dann etwas von einer Droge, er kann abhängig machen. Im Idealfall will man immer mehr davon, egal ob als Kunde oder als Mitarbeitender. Dann klappt der Transfer von Idee und Werten, dann sagt man sich: Das was in diesem Sinn steckt ist gut für mich, es hilft mir und der Welt besser zu sein, besser zu leben.

Und die andere Seite der Medaille?

Wenn der Sinn selbst sinnbefreit und im Wortsinn sinn-los ist? Wenn darin nichts steckt, was woran die eigene Motivation andocken kann? Wenn da nur viele leere Worthülsen aneinandergereiht sind? Dann fehlt es an Energie, an Klarheit, an Richtung und an Entscheidungen auf die man sich einlassen kann. Dann leiden alle, weil sie nicht wissen, warum sie etwas tun sollen oder was. Dann werden Entscheidungen getroffen, die nicht mit der Ausrichtung, der Zielsetzung und der Idee des Unternehmens korrelieren. Dann wabert vieles durch den Raum, ohne Hand und Fuß zu haben, ohne den (wahrscheinlich doch irgendwo verborgenen) Sinn mit Leben zu füllen. 

Sinn lebt von und mit Geschichten. Die aber müssen tiefgängig und tiefgründig sein. Die heute vielfach üblichen oberflächlichen Memes und Stories, die auf unsere verkürzte Aufmerksamkeitsspanne angepasst sind, eignen sich nicht für einen tieferen Sinn, für etwas, das die Basis der Zusammenarbeit bilden soll. Denn Sinn ist mehr, Sinn ist kulturprägend. Was er ausdrückt, findet seinen Raum in dem, was die Organisation über sich und andere denkt. Wobei streng genommen natürlich nicht „die Organisation“ denkt, sondern die Menschen darin. Jeder einzelne, als Teil und alle gemeinsam. Und darin liegt der Sinn von Sinn! Alle gemeinsam und gleichermaßen wissen zu lassen, was man miteinander erreichen will. Nur, wem gelingt es wirklich, die Botschaft so zu verkünden? 

Alte Unternehmen haben (theoretisch) einen Vorteil, sie können ihre Geschichte für diese Geschichten nutzen. Ganz nebenbei könn(t)en sie so an einer gemeinsamen Identität als Anker basteln. Aber, welche (Helden-)Geschichten haben die meisten alten Unternehmen denn überhaupt geschrieben, welche lohnt es zu erzählen?! Nur ganz selten gelingt es ihnen etwas wirklich Verbindendes zu formulieren, dass nicht nur nach hohler Phrase klingt. Und so wie viel Unternehmen geführt werden, mit dem klaren Blick auf die KPI und Gewinne wird es schwer mehr als hohle Phrasen glaubwürdig zu vermitteln. 

Gute, rundum gute Geschichten sind so rar wie wirklich rundum gute Unternehmen.

Und die jungen Unternehmen, die Start-ups, die Entrepreneure, die, klein wie sie sind, zwar gute Geschichten für Kunden schreiben, aber außer einem ‚Bob der Baumeister‘ „Yo, wir schaffen das“ ist zu selten viel drin. Für die Mitarbeiter gibt es das gute Gefühl einer der ersten gewesen zu sein, falls, ja falls das Unternehmen überlebt. Aber einen richtigen Sinn, langfristig ausgerichtet, womöglich nachhaltig, aufbauend, energetisierend….. ?!

Dabei, und das ist der Punkt, der mich wirklich bewegt, geht es bei all dem, bei all den guten Sinn-Geschichten im Grunde immer nur um eines, etwas, dass uns alle aufhorchen lässt:(höhere) Lebensqualität. Der Sinn versteckt sich nicht banalem, er steckt in dem, was das Unternehmen für die Menschen tut. Es ist nicht das höher, schneller, weiter, das antreibt gemeinsam etwas zu meistern oder die Produkte zu kaufen, sondern „einfach“ zu etwas zu kommen, dass ein gutes Gefühl gibt, das das Leben lebenswert(ig)er macht. Mehr Lebensqualität ist der Sinn in guten Produkten genauso wie in guten Arbeitssituationen und in guten Unternehmen. 

Wem es gelingt Sinn so zu formulieren, in Bilder zu fassen und zu transportieren, dass das er-lebens-werte darin sichtbar wird, der hat die Energien auf seiner Seite. Der kann Wege und Ziele ableiten, die gegangen und erreicht werden wollen. Der kann Strategien entwerfen, die Raum und Richtung geben und macht Arbeit zu etwas, dass Zufriedenheit schafft. Denn, welchen Sinn hat Arbeit, wenn wir am Ende dastehen und daran zweifeln, ob, das, was wir tun Sinn ergibt? Welchen Sinn hat Purpose, wenn nicht klar wird, wozu es führen soll? Klarheit, das ist es, was im Sinn stecken sollte, Glasklarheit. Und was ist stattdessen soo oft zu erkennen? Nebel, zermürbender Nebel. Wenn der so viel besungene Nordstern fehlt, wenn es an Gewissheit mangelt, was sollen Menschen dann tun, außer im Trüben zu fischen.  

Um den Sinn wiederzuentdecken, kann man sich zusammensetzen und ehrlich dazu austauschen. Zu den Erwartungen und Gefühlen. Das ist gut, richtig und manchmal ebenso schwierig. Manchmal ist es da einfacher zunächst den groben Unfug und Unsinn zu identifizieren und loszuwerden. Und der hat sich in vieles eingeschlichen und fest eingewoben. Warum also nicht einfach mal einen Tag mit Unsinnsuche verbringen. Ein nonsenseFriday, ein Tag, an dem der Unsinn gnadenlos adressiert und aufgedeckt wird, an dem die Teams ihren Spürsinn schulen dürfen, und alles aufs Tablet bringen, was ihnen an Unsinn in den Abläufen, den Prozessen, den Projekten begegnet. Ein Tag, an dem darüber gesprochen und vielleicht gestritten werden darf, was entweder abgeschafft oder sinnvermittelnder gestaltet werden sollte. Denn manchmal ist der Sinn gut und richtig und fast greifbar, aber in der Verbalisierung gnadenlos unter- und verloren gegangen.  

Denkt einfach mal über den Sinn nach. Über den Sinn, den und der euch Arbeit gibt. Macht euch klar, was euch antreibt und warum und erschafft Bilder und Geschichten, um anderen Lust zu machen, ihren Sinn darin zu finden. Dann macht vieles einfach wieder mehr Sinn – und ganz nebenbei Hunger wirklich gemeinsam außergewöhnliches entstehen zu lassen. 

Ich freue mich darauf, zu sehen, was daraus erwächst.   

Zu folgenden Themen sind in meiner IMHO (in my honest opinion) Reihe bislang Beiträge erschienen:

Alle diese Themen sind Analyseelemente unserer Diagnostiken von AgilityInsights. Im Zusammenspiel und der gemeinsamen Betrachtung stellen sie sehr konkrete und direkt nutzbare Hinweise und Hebel dar, mit denen wichtige Schritte hin zu mehr Spitzenleistung leichter gegangen werden können. Mehr Infos gerne auf Nachfrage.