Niemand käme auf die Idee einen Chirurgen bei der OP zu unterbrechen. Niemand würde von einem Dachdecker, der in 20 Metern Höhe Ziegel austauscht, erwarten, dass er telefonisch erreichbar ist. Niemand würde einen Busfahrer während der Fahrt auf der Autobahn bitten, den Blick für eine Minute von der Straße zu nehmen. Manchmal passiert es dennoch, die Regel ist es glücklicherweise eher nicht.
Dennoch erwarten viele, dass in Büros anders gearbeitet wird, dass Mitarbeitende ständig erreichbar sind, und sich um 10 Themen gleichzeitig kümmern. Was für ein Quatsch!

Schon die Idee, dass man ständig für alle anderen ansprechbar ist, sollte schleunigst begraben werden. Gerade auch, weil unsere Aufmerksamkeitsspanne inzwischen ohnehin schon auf einen Wimpernschlag gesunken ist. 


Wir sind Getriebene einer immer dynamischeren Arbeitswelt. Wir und andere erwarten, dass wir alles ständig im Griff haben und aussagefähig sind. Wir bekommen mehr Informationen, als wir konstruktiv be- und verarbeiten können. Dabei ist die Idee möglichst viel schnell zu erledigen ein Relikt der Akkordarbeit. Die Bedeutung gemeinsam und wohl durchdachter, dynamik- und komplexitätsgerechter Lösungen wächst.

Wir drücken uns selbst den Hals zu und steigern den Druck stetig weiter. Die Folge ist Überforderung und Burn out bei den einen, Frust und Bore out bei den anderen.

Die Anzahl der geleisteten Arbeitsstunden gilt noch immer als Indikator für Arbeitsleistung – statt der Leistung und qualitativ hochwertiger Ergebnisse. Dabei beruhen Ergebnisse immer häufiger auf neuen und guten Ideen und nicht auf deren gleichzeitiger Erarbeitung. Ideen, die eben nicht schnell und zwischendurch geboren werden, sondern Zeit und Raum brauchen, um zu reifen. Es sind Resultat eines frischen, klaren, fokussierten Denken und entstammt nicht Köpfen, in denen 10 Dinge gleichzeitig bedacht werden wollen.

Wir bemessen die Zeit, die wir auf ein Thema oder ein Projekt verwenden, oft zu kurz, weil das nächste schon auf dem Tisch liegt, weil der nächste Gesprächspartner schon an der Türe wartet. Wir arbeiten dafür länger, aber nicht besser. Wir wollen keine Zeit verschwenden und tun es doch in einem ungeheuren Maße. Wir laden uns und anderen Dinge auf, von denen kaum jemand weiß, warum sie erledigt werden sollen.

Wir sollten uns klarmachen: Fokus braucht Bewusstsein und physischen und psychischen Freiraum. Ablenkungsfreies Arbeiten gelingt nur, wenn sowohl die inneren Ablenkungen wie auch die äußeren abgestellt werden können und dürfen. Es ist (für manche) eine echte Selbstzäsur, aber auch eine echte Herausforderung für das Umfeld.

Fokussiert zu arbeiten bedeutet seine Aufmerksamkeit selbstbestimmt auf ein Thema lenken und die zugehörigen Aufgaben konzentriert meistern zu können. Es ist ein bewusster Akt der Konzentration und es ist in einer Welt der Ablenkungen eine zunehmende Herausforderung den Fokus für einen längeren Zeitraum aufrechtzuerhalten.


ABER: Es ist auch so unglaublich effektiv und effizient!

Wir wäre es, Zeiten einzuplanen und zu kommunizieren, in denen wirklich ruhig, konzentriert, ablenkungsfrei gearbeitet werden kann. An einem Thema, ohne Störungen?! Fokuszeit als Kalendereintrag mit Prio 1. Wie wäre es, mit 30% der Arbeitszeit zu starten? Wie wäre es, wenn sich alle daran halten würde, es statt der spinnerten Idee eines Einzelnen zur Haltung in der Organisation würde?

Dann würde mehr erledigt. Man würde sich auf die wichtigen Dinge konzentrieren und ganz nebenbei die unwichtigen identifizieren, um sie ganz abzuschaffen. Man könnte Prozesse vereinfachen, Bürokratie abbauen und mit einem klareren Blick stringenter arbeiten.

Was dabei hilft, ist ein klares Verständnis für die eigenen Fähigkeiten und Ziele und ein ebenso klares Verständnis für die gemeinsamen Fähigkeiten und Ziele. Und Verständnis dafür, wie sich jeder der Beteiligten optimal, d.h. zum gegenseitigen Nutzen einbringt. Denn damit kommt man schneller in den Flow, in die Konzentration, findet den eigenen UND den gemeinsamen Fokus. Es birgt die Chance, die eigenen Kompetenzen zu verbessern, selbst und gemeinsam konfliktfrei zu lernen und sich weiter zu entwickeln.

Ein anderer erfolgversprechender Ansatz: bewusstes Prokrastinieren. Man startet den großen, unbewussten Teil der Gedankenmaschine früh und nutzt des Unterbewusstseins, um Lösungswege für Aufgaben durchdenken, ohne dass wir es wirklich mitbekommen. Das gelingt, wenn man sich die Aufgabenstellungen anschaut und sie bewusst erst deutlich später, dafür dann aber fokussiert angeht.

Wenn Fokus gelingt, dann wachsen die Leistungsbereitschaft und das Leistungsvermögen, die Arbeitsqualität steigt, gemeinsame Erfolge werden leichter erzielt und last but not least, die Lebensqualität steigt. Man investiert weniger Zeit für mehr Output, man entwickelt bessere Ideen und gewinnt so doppelt: gemeinsam als Unternehmen und ganz individuell als Mensch.


P.S. Die Frage nach der Möglichkeit fokussiert zu arbeiten ist eines der zentralen Elemente unserer AgilityInsights Organisationsdiagnostiken. Wir helfen Unternehmen ihre PS besser und fokussierter auf die Straße zu bringen. Probier es aus!