Die Kollegen von McKinsey haben, wie CIO.de berichtet, ein „Scheinproblem“ entlarvt. „Agilität und Stabilität stehen nicht im Widerspruch sondern stehen in Resonanz zueinander“.
Ohne hier Kollegenbashing betreiben zu wollen bin ich auf der einen Seite enttäuscht und auf der anderen Seite erfreut.
Ich bin erfreut, weil das Thema Agilität und Stabilität – und damit auch der Zugang zu neuen Arbeitsformen offensichtlich auch bei den großen Beratungshäusern angekommen ist, was darauf hindeutet, dass das Thema nachgefragt wird und im „Mainstream“ ankommt. Mithin verbessert das auch meine Auslastung.
Andererseits bin ich enttäuscht. Enttäuscht, weil die Kollegen das Thema entweder nicht in Tiefe durchdrungen haben oder sie sich nicht trauen, neue Lösungen für diese „neuen“ Herausforderungen in die Diskussion zu bringen.

„Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.“ Albert Einstein

Vielleicht weil ihnen die neuen Lösungen noch fehlen – interessanterweise läuft derzeit ein öffentlicher Hackathon zu Agilität, an dem auch die im McKinsey Quartely genannten Autoren beteiligt sind. Lösungs- und Ideenfindung in der Crowd – zumindest mir ist neu, dass die Kollegen so vorgehen. Vielleicht aber auch nur, weil dieses Vorgehen das Geschäft stärker ankurbelt.
Doch wie komme ich zu meiner Kritik. Wie ich zufällig gerade in der letzten Woche in meinem kleinen Trilogie zum Thema „keine Energie zum beamen“ dargestellt habe, ist lange klar, dass Agilität Stabilität unbedingt benötigt. Es ist keine Option, es ist ein Muss! Nicht nur aus meinem Physikstudium weiss ich, dass keine Feder schwingen könnte, wenn sie nicht an einem stabilen Punkt befestigt wäre. Und ich muss kein Biologe sein um zu erkennen, dass kein Baum Wind und Wetter trotzen könnte, wenn er mit seinem Wurzelwerk nicht ausreichenden Halt hätte. Was passiert, wenn der Boden erodiert oder sich Lücken (Störungen) in der Basis auftun, kann man nach manchem Sturm im Wald sehen.
Die Kollegen stellen den Zusammenhang in ihrem Beitrag allerdings so dar, dass man Agilität auf alte Strukturen aufpflanzen kann, indem man ein paar „wir machen das so“ Normen einführt. Das klingt nach einem prima Geschäftsmodell, um zum einen dieses „Beratungsknowhow“ zu verkaufen und um dann in einem Jahr wieder auf der Matte zu stehen und zu sagen „Wir haben da noch eine Lösung für die jetzt – ganz plötzlich – neu aufgetretenen Probleme“.
Kann man so machen – führt aber für den Kunden nicht wirklich zu was.
Aus meiner Erfahrung (und der einiger Kollegen) kann (und sollte) man aber durchaus auch anders vorgehen, wenn Agilität im eigenen Unternehmen entstehen und funktionieren soll.
Ironischerweise ist dabei der erste Schritt, neue Stabilität zu schaffen, indem man die leistungsbehindernden Störungen in der Basis der Organisation identifiziert und hier an den Ursachen arbeitet. Dabei entsteht meist ganz automatisch, sowohl für das Management als auch für die Mitarbeiter, Frei- und Arbeitsraum, der dann Agilität zulässt und es gestattet, sowohl schnell als auch auch flexibel auf die Umwelt des Unternehmens zu reagieren und zugleich den festen Boden unter den Füßen – und damit Sicherheit – zu behalten. Dazu sind dann allerdings nicht feste Normen und Regeln der Schlüssel sondern gemeinsame und klare Prinzipien.
Sarkasmusmodus ein> Aber – ich bin sicher, dass wird dann in ein paar Monaten als „die neuestes Entlarvung“ auch den Weg zu den Kollegen finden. Sarkasmusmodus aus>