Agilität ist ein Buzzword, dass immer mehr auch im Mainstream ankommt. Untrügliches Zeichen dafür ist es, wenn die Kollegen großer Beratungen, das Thema im Kanon ihrer Studien aufgreifen und die absolute Notwendigkeit darstellen als Unternehmen hier tätig werden zu müssen. Natürlich vor allem, um die Performance zu erhöhen. Dabei steckt in Agilität eigentlich mehr……
 
Laut den Kollegen von McKinsey steckt die Entwicklung von „agilen Organisationen“ noch in den Kinderschuhen. Aus meiner Sicht kaum zu glauben, beschäftige ich mich doch gefühlt schon ein bis zwei Ewigkeiten mit dem Thema. Aber ich muss zugeben, sie haben wahrscheinlich Recht, sind doch meine paar Jahre Arbeit und Erfahrung nichts im Vergleich mit den Entwicklungszyklen der meisten Unternehmen – oder auch denen von McKinsey, wenn mir der kleine Seitenhieb mal erlaubt ist. 😉
 
Andererseits – so ganz in den Kinderschuhen steckt das Thema eben auch nicht mehr. Zu viel Unternehmen sind schon auf dem Weg, zu viele haben schon ihre Erfahrungen gemacht und ebenso haben viele verstanden, dass Agilität ein Thema ist, dass, um bei der verwendeten Metapher zu bleiben, nie aus den Kinderschuhen herauskommen wird. Denn wir werden in absehbarere Zeit nie wieder sagen können, dass wir ohne Agilität auskommen. Wir werden nie wieder sagen können, dass dynamische Fähigkeiten nicht wichtig sind, oder lebenslanges Lernen, oder Informationstransparenz oder Vertrauen und Verbindlichkeit und Verbundenheit und… und… und…

High Heels oder Barfußschuhe?

Doch – auch Kinderschuhe wollen erstmal gefunden, anpasst und getragen werden, wobei, noch bevor dies geschehen kann, das Kind, das in diesem Fall ja durchaus schon selbst entscheiden möchte, erst noch überzeugt werden muss, dass es diese neue Art Schuhe überhaupt benötigt. Bislang ist es ja eher Arbeitsschuhe gewohnt, zum Teil die mit den Stahlkappen oder, immer öfter auch Business Sneaker und High Heels. Jedenfalls nicht diese neuen, zunächst in jeder Art ungewohnten Barfußschuhe, diese flachen Dinger mit den dünnen Sohlen, meist auch noch knallbunt, mit denen man den Untergrund auf dem man geht tatsächlich noch spürt.
 
Und genau hier setzen die Kollegen an.
Sie haben sich die Mühe gemacht und über 2.500 Studienteilnehmer gefunden und befragt, die rund um den Globus in den unterschiedlichsten Bereichen arbeiten. Und sie haben die Ergebnisse hier in Form einer Zusammenfassung für jeden zugänglich gemacht.
 
Was die Studie sehr schön herausarbeitet sind 18 „Praktiken“ die (zukünftig) agile Organisationen in ihre Betriebslogik, d.h. das Verständnis des „Wer macht was, wann, wie, mit wem und warum?“ integrieren sollten, um mehr Leistungsfähigkeit zu erzielen.
 
Wer diese Praktiken integriert, so scheint es, ist dann als „agile Organisation” anderen in vielen Bereichen, insbesondere der Leistungsfähigkeit und dem daraus resultierenden Unternehmenserfolg, weit überlegen. Eine Aussage die ich bestätigen kann, die ich allerdings andererseits noch vom gewählten Geschäftsmodell und ein paar weiteren Parametern abhängig machen würde…. Dennoch, in den Bereichen, in denen neue Wege für neue (digitale) Geschäftsmodelle eingeschlagen werden müssen oder sollen, da braucht man eben auch neue Schuhe, um diese Wege zu gehen.

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18-dimensional oder doch lieber systemisch?

Wo die Studie – zumindest der veröffentlichte Teil – aus meiner Sicht zu kurz greift sind zwei Bereiche:
 
Zum einen werden die Rahmenbedingungen, in denen sich eine Organisation befindet kaum berücksichtigt. Es fehlen die Hinweise auf Geschäftsmodelle, auf den Grad der fachlichen und sozialen Befähigung der Mitarbeiter (hilfreich ist hier etwa der sog. Haufe-Quadrant, um sich diese Beziehungen klar zu machen) und auch der zugestandenen und wahrgenommene Bewegungs- und Befähigungsraum der Mitarbeiter selbst, die ganz wesentlich beeinflussen, wie „agil“ diese dann auch handeln „können“ und „wollen“, wenn sie doch schon „dürfen“ und „sollen“.
 
Zum Zweiten fehlt es (mir) an einer systemischen Betrachtung des Gesamtbildes. Die 18 Themen werden in „dynamic“ und „stable“ aufgeteilt, aber nicht weiter miteinander in Beziehung gesetzt. Das Zusammenspiel und die entstehenden Emergenzen fehlen. Gerade, wenn es um die zielgerichtete Implementierung von agilen Strukturen und Arbeitsweisen und im eine agile Haltung im Management geht, ist es wesentlich diese Interdependenzen zu berücksichtigen. Die Umsetzung einzelner Bereiche, wie eines „Action-oriented decision architechture“ wird scheitern, wenn nicht zugleich die Mitarbeiter im Bezug auf eine „shared vision and purpose“, einen „entrepreneurial drive“ und „continous learning“ den Mehrwert für (auch) das persönliche und gemeinsame Wachstum verstanden haben.
 
McKinsey lässt so (aus meiner Sicht) den Leser, ganz im Sinne des auf CxO Level gezielten Sales-Pitches mit der Erkenntnis zurück, dass es viel zu tun gibt und es lohnt diesen Weg zu gehen.

Was hat das alles jetzt mit der Seele zu tun?

Ganz einfach:
 
1) Agilität ist (ein Teil) der Seele des Unternehmens, denn „am Ende“ ist es die Seele, die Haltung und das Verhalten der gesamten Organisation, die wir heute so einfach mit „agil“ umschreiben.
 
2) Agilität braucht Seele und Befähigung, denn nur wenn alle gemeinsam mit den notwendigen Freiheiten und Fähigkeiten an einem Ziel arbeiten, kann Agilität wirken.
 
Und 3) Agilität erzeugt Seele, denn singuläre Agilität zieht gemeinsame Agilität nach sich. Agilität, Verantwortungsübernahme, Entscheidungsfähigkeit, Informationsaustausch, Respekt und all die vielen kleinen Bausteine kann man, nein sollte man lernen (wollen). Sie wirken dann individuell und in der Gemeinschaft selbstreferenziell und verstärken das gemeinsame Verständnis und mithin Agilität. Und das sind dann auch gleich wieder Themen von Agilität: „lebenslanges Lernen“ und die vielbeschworene Fehler- bzw., wie ich es lieber nennen“Lernkultur“.
 
Agilität hat also das Potenzial die oder eine Seele zu erzeugen und mit dieser Seele der Organisation mehr Wirkung und Erfolg zu verschaffen. Zugleich braucht Agilität die Bereitschaft des einzelnen mitzugehen. Sie braucht die Bereitschaft sich Themen zu stellen, die zunächst lästig und unbequem sind. Verantwortungsübernahmen, Entscheidungswille, „Entrepreneurial mindests“ sind nichts für Menschen, die sich entmündigt dem Wunsch und Willen der Geschäftsführung beugen. In diesem Sinne hat jede Geschäftsführung die Mitarbeiter, die sie zulässt und verdient. Sie hat damit aber und das zeigt die Studie von McKinsey eben auch, nur ein begrenztes Erfolgspotenzial. Sie hat immer mehr ihr immer engeren Grenzen.
 

Agilität kann Angst machen und „Angst essen Seele auf“, dabei ist der Weg zur Agilität ein Weg zu individuellem Wachstum.  

Agilität ist nur ein Schritt

So schwer es schon erscheint einer Organisation diese Seele einzuhauchen, das ist noch nicht alles, was es braucht, damit der Erfolg langfristig und nachhaltig wirken kann. Es ist nur die Basis auf der Strukturen, Prozesse, Selbstverständnis, Selbstverantwortung und zuweilen auch Selbstorganisation aufbauen. Es ist nur ein Schritt in die Richtung von mehr Wirkung der Organisation auf den Markt, auf die Kunden und Mitarbeitern und damit auch auf die Konten.
 
Es ist im (wieder) systemischen Gesamtkontext nur ein Schritt – aber es ist einer der einen in jedem Fall in die richtige Richtung führt.
 
Es ist ein Schritt, der um so leichter gegangen werden kann, je mehr Ihre Füße den Untergrund auf dem Sie dabei wandeln spüren können. Es ist ein Schritt, der Barfußschuhe zu einer mehr als sinnvollen Investition macht.

Ein anderer Sales-Pitch

Ich arbeite in einem Verbund von Beratern, die schon lange die entscheidenden Schritte weitergehen, wenn es darum geht Agilität, Wirkung und Zukunftsfähigkeit in Unternehmen zu implementieren. Dieser Verbund nutzt als gemeinsame (agile 😉 ) Ressource ein Diagnoseinstrument, dass es erlaubt strukturiert und tief in Organisationen zu blicken und die so gewonnene Erkenntnis in einer Form zu visualisieren, die die systemischen Zusammenhänge greifbar und damit bearbeitbar machen.
 
Wir nutzen momentan einen Ableger dieser Diagnostik dazu, ähnlich wie die Kollegen bei McKinsey, einen Status zu „Agilem Management“ zu erheben. Wir möchten herausfinden, wie weit Unternehmen auf Agilität vorbereitet sind, bzw. wie sie schon wirkt und wie die Führung und Führungssysteme dabei unterstützen und Wege ebnen.
 
Um dabei nicht alleine Wissen zu sammeln, sondern die Erkenntnisse denTeilnehmern umgehend zurück zu spiegeln, geben wir in Form individueller Vorab-Reports Rückmeldung über die Art und Verteilung der Steine, der Pfützen und Blockaden, die noch auf dem Weg liegen. Sie erinnern sich an die Barfußschuhe? 😉 , und eine „Übersichtskarte“ gibt es natürlich auch dazu. (Hier können Sie an der Studie kostenfrei und unverbindlich teilnehmen.)
 
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