‚Gemeinsam‘ ist das neue Top-down! – Erkenntnisse aus meiner Onlinebefragung "Zusammen-Zuversicht-Zukunft"​

Wow… Ich bin noch immer überwältigt von 256 Teilnehmern (m)einer Onlinebefragung unter dem Titel zum “Zusammen – Zuversicht – Zukunft”. Ich habe hier und hier ja schon ein paar der Zwischenergebnisse und Insights berichtet. Endlich habe ich auch die Resultate insgesamt analysieren und interpretieren können und ich muss sagen: Es tut sich etwas! Doch, mehr als das: Es muss sich auch etwas tun! Denn – soweit meine Interpretation der Daten – es hat sich in den Unternehmen ein Graben zwischen den unterschiedlichen Ebenen aufgetan, dessen Ursachen dringend betrachtet und beachtet werden sollten.
Aber, lest selbst. Hier ein Auszug aus dem Ergebnisreport, den ihr weiterhin gerne hier anfordern könnt.

“Vorwort

Die Zeiten, in denen „die das oben“ alles wussten und “die da unten“ alles machen mussten, was ihnen gesagt wurde, sind lange vorüber. Das Industriezeitalter ist dem Informationszeitalter, der Industriearbeiter in vielen Bereichen dem Wissensarbeiter gewichen. 
Parallel zu dem, in den meisten Unternehmen allgegenwärtigen Wandel, vollzieht sich ein Wandel der Fähigkeiten, Befähigungen und des Selbstbewusstseins der Mitarbeiter. Ein Wandel, der inzwischen fast flächendeckend alle Ebenen umfasst hat. Nie waren die Mitarbeiter in Unternehmen so gut ausgebildet und über allgemeine Entwicklungen in der Umwelt der Unternehmen so gut informiert, wie heute. Dennoch lässt in vielen Unternehmen die interne Transparenz, Offenheit, das Vertrauen, die Beteiligung und die Kommunikation noch immer zu wünschen übrig.
Während das genutzte Wissen über die Optimierung von Arbeitsabläufen und Wissensaustausch in Kollaboration Tools, agilen Arbeitsweisen etc. immer mehr Anwendung findet, tun sich Führungskräfte und Unternehmensverantwortliche, hier im weiteren ‚Top-Management‘ genannt, noch immer schwer damit, gewohnte Handlungsmuster zu überdenken, abzulegen und sich neue, zeitgemäße anzueignen.
Dies resultiert nur zum Teil aus der schleppenden Weiterentwicklung von Führungs- und Managementausbildungen, sowie aus der geringen Nutzung entsprechender, auf der Höhe der wissenschaftlichen Kenntnisse befindlicher, zeitgemäßer Angebote. Sie resultiert auch aus einer natürlichen Unsicherheit beim Verlassen der, oftmals als bedeutsam für den (bisherigen) Erfolg bewerteten, bisherigen persönlichen Komfortzone. Das Risiko eines Wandels auf der Management- und Führungsebene scheint die in diesem Kontext möglichen Vorteile, soweit diese überhaupt bereits bewusst sind, noch nicht ausreichend zu übertreffen.  
Dies ist jedoch ein in steigendem Maß fataler Irrtum, der zusätzlich zu den Herausforderungen einer zunehmend komplexeren und dynamischeren Unternehmensumwelt, der Digitalisierung, agiler und kultureller Transformationen an der Zukunfts- und Entwicklungsfähigkeit der Unternehmen rüttelt. 
Es brodelt unter der Oberfläche vieler Unternehmen. In ihrem Innern hat sich zwischen Top-Management, Führungskräften und Mitarbeitern eine Kluft geöffnet, die aus sehr unterschiedlichen Herangehensweisen an die Gestaltung der eigenen Zukunft resultiert. Eine Kluft, die sich zu einer Bedrohung für den Zusammenhalt und die Zusammenarbeit in den Organisationen entwickeln kann und auf die viele Entscheider noch keine Antwort zu haben scheinen.
Die wohl zielführendste Antwortoption dabei ist zugleich die einfachste, wie auch die komplexeste. Es ist die Idee „gemeinsam“ zum neuen Top-down zu machen und die Zukunft der Unternehmen als Gemeinschaftsaufgabe zu verstehen. 

Die Kernbotschaft der Befragungsergebnisse

In Unternehmen, in denen von den Mitarbeitern nur ein geringes Maß zukunftsgerichteter Aktivitäten von Management und Führung wahrgenommen werden, ist eine erstaunlich große Zahl von Mitarbeiter aktiv, um diesen Mangel zu kompensierten. Dieses auch ohne Kenntnis und Zustimmung von Management und Führungskräften. Damit wächst die Gefahr, dass die Entwicklungen auseinanderlaufen und sich Top-Management und Führungskräfte in ihrer Rollenwahrnehmung nicht ernst genommen fühlen. Eine noch größere Gefahr liegt in restriktiven Reaktionen der Führungsebenen, welche die aus den Tiefen der Organisation stammenden, grundsätzlich positiven Entwicklungen, zum Stillstand bringen könnte. Ein solches Verhalten ist um so wahrscheinlicher, da klar wird, dass die Aktivitäten der direkten Führungskräfte als wenig zeitgemäß bezeichnet werden müssen und die Unzufriedenheit auf allen Ebenen wächst. Wird diese Entwicklung nicht umgekehrt, so besteht in viele Unternehmen das Risiko, das für die Organisationen so wichtige Thema ‚Zukunft’ ineffektiv und ineffizient anzugehen und dabei wichtige Ressourcen und Chancen zu verschwenden. 
Das Vertrauen der Mitarbeiter in eine, von den Führungsebenen ausgehende, zukunftsgerichtete Weiterentwicklung der Unternehmen ist vielfach extrem gering oder gar nicht (mehr) vorhanden!  
Eine weitere Erkenntnis aus den Antworten der 256 Teilnehmer: In Unternehmen in denen die Mitarbeiter die Aktivitäten von Führungskräften und Management entgegen dem Trend als zukunftsgerichtet und adäquat in der Ausrichtung wahrnehmen, ist die Bereitschaft deutlich ausgeprägter, die Herausforderungen der Zukunft in der Unternehmensgemeinschaft zu meistern. Doch auch hier gibt es Anhalts- und Ansatzpunkte, um die Zusammenarbeit wieder zu verbessern.
Es ist Zeit von der Auffassung abzurücken, dass die Mehrzahl der Mitarbeiter sich gegen Veränderung stellt. Die Befragungsergebnisse geben deutliche Hinweise darauf, dass sie (mindestens dann) zur Veränderung bereit sind, wenn der Wandel auf die Zukunftssicherung des Unternehmens und damit der eigenen Arbeitsstelle positiv einzahlt.  
Die Ursachen für das bekundete, wenig partizipative Vorgehen von Führungskräften und Top-Management gehen aus der Befragung nicht hervor. Diese lassen sich jedoch zum Beispiel aus der 2018 gemeinsam mit AGILITYINSIGHTS durchgeführten Studie zu „Agilem Management“ ableiten oder mit dem dazu entwickelten Instrumentarium direkt in den Unternehmen identifizieren. Hier wurde festgestellt, dass in eine großen Zahl von Unternehmen kontroll-, statt Wirkungsfokussierter Managementstrukturen und -systeme genutzt werden, die im heutigen Umfeld eine zeitgemäße Nutzung der Ressourcen und damit einen Mehrerfolg behindern.
Die Auswirkungen dieses Verhaltens sind deutlich. Das entkoppelte Vorgehen führt zu einer Stärkung von Schatten- & Parallelorganisationen sowie informellen Netzwerken und kostet die Unternehmen damit wichtige Ressourcen. Zudem führt mangelnde Transparenz und Teilhabemöglichkeit zu einer Ablehnung Top-down geplanter Veränderungsprozesse mit den bekannten Folgen.
Andererseits sind viele Mitarbeiter in ihrem Bestreben, dem Unternehmen eine gute Grundlage für die weiteren Entwicklungen zu schaffen, extrem engagiert. Dieses Engagement zu unterbinden ist mit einem hohen Risiko verbunden und schadet unmittelbar den Erfolgsaussichten der Unternehmen. 
Die Studie gibt Anlass zu der Empfehlung an Führungskräfte und Top-Manager, sich bewusst und auf Basis einer fundierten Analyse mit dem von ihnen derzeit gelebten Führungssystem und den von Management gesetzten Rahmenbedingungen für die Zusammenarbeit im Unternehmen auseinandersetzen. Diese definieren in großen Teilen, wie eine aktivere, zielgerichtete Interaktion in den kritischen Unternehmensbereichen, einschließlich der Zukunftssicherung, ausgestaltet ist. Geschieht dies nicht ist die Gefahr eines weiter zergliederten Vorgehens der Organisation groß. Das enorme Potenzial der für die Zukunft des Unternehmens engagierten Mitarbeiter, sollte aktiv genutzt und in die Entwicklung direkt mit einbezogen werden.  
Es bleibt sowohl viel Potenzial, wie auch viel Raum, um die zukunftsgerichtete Zusammenarbeit in den Organisationen umfassend zu verbessern.”

Jedes Unternehmen ist ein Hidden Champion

Manche (er)leben es – andere verhindern sich selbst
 

PERSPEKTIVE

 
Deutschland lebt noch immer von seinem Mittelstand. Einer Spezies, die wahlweise als versteckt lebende Art (Hidden Champion) oder als auf der roten Liste der vom Aussterben bedrohten Organismen/Organisationen wahrgenommen wird. Die einen scheinen alles richtigzumachen und die anderen an den einfachsten Veränderungstreibern und Transformationen zu scheitern. Den einen fliegt der Erfolg, fliegen die Innovationen zu, die anderen tun sich schwer damit das Fax abzuschaffen und stattdessen vermehrt auf e-mail zu setzen.
 
Die einen erreiche ich hier im Social Network, die anderen beim lokalen Unternehmerstammtisch – wobei ersteres, letzteres nicht ausschließt.
 
Dennoch wage ich es, letzteren, auch hier auf diesem Kanal, eine neue Perspektive aufzeigen zu wollen. Denn auch sie tragen das Potenzial in sich, in ihrer Einzigartigkeit zum echten Hidden Champion zu mutieren.
 
Keine Frage, jedes Unternehmen ist einzigartig, so einzigartig, die die Menschen und die Strukturen, die es prägen. So sehr sich manche Produkte ähneln, so sehr können wir als Kunden wahrnehmen, wie und worin sie sich für uns unterscheiden, welche Unternehmen unseren ausgesprochenen und unausgesprochenen Erwartungen entsprechen und welche sich schon beim ersten Kontakt disqualifizieren. Dabei ist das, was wir als Kunden wahrnehmen, die Exzellenz die wir manchmal erkennen, etwas rein subjektives. Es ist die Verschiedenheit, das Individuelle, das das Besondere ausmacht. Es ist, was Unternehmen zu Champions macht.
 
Diese Besonderheit zu transportieren gelingt dann am besten, wenn man viele Botschafter besitzt, die weitertragen können, was man alleine nicht kommunizieren kann. Wenn man Kunden und Mitarbeiter besitzt, denen ein Lächeln übers Gesicht huscht, wenn sie an das Unternehmen denken. Wenn man sich gerne identifiziert, sich mit der Idee infiziert. Wenn man sich freut den Kontakt aufzubauen und zu pflegen. Geschichten, Emotionen und Gefühle sind es, die den Wunsch wecken Distanz zu überwinden und Nähe aufzubauen. Es sind die Ingredienzien, die Menschen dazu bringt, sich gerne zu engagieren.
 
Doch wie gelingt das, wenn man doch schon mehr als genug damit zu tun hat seine Produkte und Kunden zu verwalten, wenn man liefert, was gewünscht wird, wenn man einfach nur macht, was jeder macht, weil die Zeit, das Geld, die Ressource auch so schon kaum reichen?
 
Um mit einem Opel Slogan zu sprechen: Das Umpacken beginnt im Kopf.
 
Ich habe bislang kein Unternehmen kennengelernt, dem es gelungen ist, die Potenziale, die in ihm stecken, wirklich vollständig und konsequent zu nutzen. Dabei sind es oft die kleinen Dinge, die der erste Schritt dazu sein können, sich selbst und damit das Unternehmen in einem neuen Licht zu erkennen.

Was ist was?

 
Es beginnt etwa damit, wie man „Potenzial“ versteht. Sind „Potenziale“ die bekannten Ressourcen, die es optimal einzusetzen gilt? Oder geht es um die unentdeckten Dinge, die in den Menschen und Maschinen stecken und für die die Zeit und oft das Interesse fehlte, sie zu entdecken?
 
Versteht man unter „Wertschätzung“ das Gehalt samt jährlichem Bonus, das „net geschimpft isch globt gnug“ oder die unerwartete besonderer Aufmerksamkeit, den Blumenstrauß, die Chance seine Idee auszuprobieren.
 
Ist „Mitarbeiternähe“ zu wissen was jemand für das Unternehmen tut oder zu erkennen, wie jemand denkt und was er fürs Unternehmen alles tun könnte?
 
Ist „co-creation“ die Einladung zur Produktvorstellung oder die Öffnung für Dialoge mit Kunden über deren Zukunft, Wünsche und Erwartungen?
 
Ist „Wettbewerb“ der Feind, den man bekämpfen muss oder die Chance gemeinsam die Welt aus den Angeln zu heben, weil man die gemeinsamen Themen schneller und breiter in den Markt tragen kann?

Wir scheitern an Objektivität

 
Wir versuchen immer wieder Dinge objektiv zu betrachten, um alles richtigzumachen. Richtig und Falsch bestimmen Entscheidungen, Prozesse und damit Organisationen. Wie wäre es auch „Richtig“ und „Falsch“ aus neuen Blickwinkeln zu betrachten. Als „subjektiv richtig“ und subjektiv falsch“, als persönliche Perspektive, als Teil individueller Geschichten und Erfahrungen?
 
Wem das auf der Ebene ganzer Organisationen (so klein oder groß sie sein mögen) gelingt, eröffnet sich die Chance das Mittelmaß zu überwinden. Der schafft Raum für individuell wahrgenommen Exzellenz, für das Besondere, für das was Kunden begeistert und Mitarbeiter dazu bringt, sich zu 100% mit dem (im positiven Sinn) gemeinsam geleisteten zu identifizieren.
 
Dieses Reframing ist es, was im Kopf beginnt und (vor allem) im Kopf des Unternehmens beginnen muss. Hier ist das neuronale Netz, das die Herausforderungen für das Unternehmen identifizieren, positionieren und annehmen kann. Hier ist der Bereich, der sich damit befassen kann, welche Stärken es zu stärken gilt. Hier sind die Menschen, die die Weichen stellen können, um gemeinsam mit allen anderen, die mit ihnen die Chancen erkennen, aus einem Allerweltsbetrieb eine Perle zu machen.
 
Es kommt am Ende zwar auf alle an, aber zuvor kommt es auf die wenigen an, die am Hebel dieser Weiche stehen.
 
Wieso ich darauf komme, dass die Potenziale in Unternehmen nicht genutzt werden? Es zeigt sich einfach immer wieder, wenn Weichensteller den Corporate Potential Calculatoroder das Agile Scan Angebot nutzen. Es zeigt sich schon, wenn sie nur die kleinste (und kostenfreie) Variante testen. Dann schon wird erkennbar, wo die Rahmenbedingungen zukunftsweisend bzw. wo sie, im Gegenteil, potenzialverhindernd sind.
 
Doch spätestens im Dialog, wenn auf die immer auch vorhandenen Stärken fokussiert wird, wenn Selbsterkenntnis ermöglicht wird, dann wird auch der Keim geweckt, um das Potenzial auch zu nutzen, dann eröffnen sich neue Möglichkeiten. Ein Prozess, der immer wieder Raum öffnet. Ein Prozess, der immer wieder begeistert. Ein Prozess der zeigt, dass in jedem Unternehmen ein Hidden Champion versteckt ist.

Befreit Führung! – Wie(so) zeitgemäße Führung für jeden so wichtig ist!

Was euch hier erwartet?! Ein, ehrlich gesagt, (fast zu) langer Artikel, einer, der (eure) Zeit braucht. Ein tiefer Blick hinein in das, was zeitgemäße Führung bedeutet, wie und warum sie Teil einer Befreiung ist, und nicht zuletzt erste sehr konkrete Fragen und Aufgaben, damit ihr selbst, für euch und für andere, an der Gestaltung zeitgemäßer Führung arbeiten könnt.
Ein Artikel, der trotz seiner Länge ein Anfang sein kann, Führung von seiner angestauten Last zu befreien und erfolgversprechend neu zu gestalten.

 

Führung als Akt der Befreiung zu (er)leben bedeutet Arbeit am Selbst. 

 
Den meisten Unternehmen geht es gut – und damit könnte ich diesen Beitrag eigentlich schon beenden. 
Die Unternehmen, denen es gut geht, sind auf die Zukunft vorbereitet, sie haben Produkte, die die Möglichkeiten der Zeit nutzen und auch in den nächsten 5 Jahren noch Kunden finden, sie haben eine Organisationsstruktur und gemeinsame Regeln erarbeitet, die es erlauben mit den branchentypischen Herausforderungen der nächsten Jahre umzugehen, sie haben ein Management, das das Unternehmen vorausschauend und mit Blick auf das gemeinsame Wohlbefinden auf das, was kommen kann gut vorbereitet hat. Warum also auch nur ein weiteres Wort dazu schreiben?
 

Arbeitest du auch in solch einem Unternehmen?

In einigen, sicherlich wenigen, Unternehmen schlagen die Herausforderungen der Zeit massiv durch. Manche nennen es VUCA, andere Komplexität, manche Dynamik, Globalisierung, Demographie, Fachkräftemangel. Was nach Ursachen klingt, ist oft nur Symptom, genauso wie Kulturwandelprojekte, Restrukturierungen und Personalabbau nur Antworten auf Symptome sind und die Ursachen damit oft umgehen. Was als Ursache hinter vielem von dem steckt, was uns als besonderer Stressfaktor herausfordert, ist der Versuch die Vielfalt, die verwirrenden Zusammenhänge, die Mehrdimensionalität von Lösungen und Antworten in gewohntes, einfaches, lineares Denken zu fassen. Es ist der Versuch einfache Ansätze zu finden, wo genial einfache Lösungen gefragt sind. Übertragen auf die Physik wäre es der Versuch, quantenmechanische Effekte mit den Erkenntnissen eines Isaac Newton zu lösen, ein Versuch, der bis vor einigen Jahrzehnten auch so verfolgt wurde. Heute, u.a. seit Feynman und Hawking wissen wir, es war ein Versuch der zum Scheitern verurteilt war. In der Physik ist diese Erkenntnis bereits gewachsen.  
 

Unsere Welt erfordert nichtlineare, systemische und, daher um so mehr, organisationsindividuelle Lösungen. 

 

Ein großes Ziel – viele Wege

Die Physik versucht, die Welt in möglichst wenigen, (relativ) einfachen Formeln zu beschreiben. Gescheitert ist sie bis heute an einer universellen Formel, die sowohl im Mikrobereich der Atomkerne wie auch im Makrobereich der Galaxien funktioniert. Noch immer reicht unser Wissen nicht aus, um eine einheitliche Theorie zu formulieren, obwohl es sie geben muss, zumindest, wenn wir daran glauben, dass die Welt in der wir leben existiert.
 
In anderen Bereichen sind wir genauso auf der Suche nach dem Muster für den richtigen Weg, nach der Vorlage, die wir überall anwenden können, nach der Blaupause, die funktioniert, um Unternehmen auf die Zukunft vorzubereiten. Es ist die Frage, wie der Weg für die Unternehmen aussieht, die noch nicht wissen, wie ihre Produkte, ihre Regeln, ihre Rahmenbedingungen, ihre Mitarbeiterstruktur, kurz wie ihre Zusammenarbeit und deren Ergebnisse in optimaler Weise aussehen.  
 
Die Antwort – die heute noch richtige Antwort – ist, dass die Zukunft von uns abverlangt, zunächst noch ohne die ultimative, genial einfache Lösung klarzukommen. Zumindest, so scheint es, müssen wir noch ein paar Jahre ohne eine Unternehmensweltformel überstehen, noch müssen wir Unternehmen wettbewerbs- und zukunftsfähig machen, ohne die ultimative Lösung zu kennen. Wir müssen, wie ich es nenne, organisationsindividuell und damit vor allem auf mit vollem Fokus auf die Menschen, als dem kreativen, anpassungsfähigen, kraftvollen Energiezentrum vorgehen.
 
Zuvor gilt es aber wichtige Fragen beantworten, die immer mehr über den Zulauf und den Verbleib der Menschen entscheiden werden. Es sind die auf das Unternehmen bezogenen Fragen nach dem wozu! Was ist das Ziel? Was ist das Ziel des Unternehmens? Was ist das Ziel der einzelnen Gruppen, der Mitarbeiter, der Führungskräfte, des Managements? Was ist das GROßE Ziel?
 

Der Silberstreif der Freiheit

Wie würden Unternehmen aussehen, wenn sie, wenn das Management, als der zentrale Weichensteller und Rahmengeber, das Ziel hätten, sich selbst mit maximalen Freiheiten auszustatten? Die Frage erscheint, gerade mit Blick auf der Ebene der Top-Führungskräfte, und gerade nach den Managementauswüchsen in (tatsächlich, vergleichsweise) wenigen Unternehmen  paradox. Jedoch sind oder fühlen die wenigsten Unternehmensführer sich wirklich „frei“. Sie sind allzu oft gefangen und eingequetscht zwischen den Anforderungen ihres Umfelds, den Erwartungen von Investoren, von Kunden, dem Einfluss von Wettbewerbern und auch ihren persönlichen Zielsetzungen, ihres Engagements, das sie in diese Position gebracht hat.
Für sie bedeutet es eine neue, ungewohnte Freiheit, sich (endlich wieder) mit den Dingen beschäftigen zu können, die wirklich wichtig sind für das Unternehmen. Dinge, die Chancen eröffnen, die Probleme reduzieren und, die die Zukunft leichter und greifbarer machen. Dinge, die vorausschauendes Handeln erfordern und die konkrete Pläne ad absurdum führen.
 

Was hat das alles mit Führung zu tun?

Führungsentwicklung und ich schreibe hier ganz bewusst nicht Führungs-kräfte-entwicklung, ist ein Schlüssel auf diesen Wegen. Auf den Wegen zur Befreiung des Managements, des Unternehmens und der Gestaltung der Zukunft. Führungsentwicklung meint die Entwicklung von fachlicher und sozialer Kompetenz, die zu mehr Anerkennung und zu dem führt, was man heute gerne „Leadership“ nennt.
 
Wichtige Kernelemente habe ich im Manifest für zeitgemäße Führung beschrieben. Mehr Hintergründe finden sich in der Übersicht der Prinzipien. Beides findest Du auch auf humeaning.com .
 
Konkret anwendbar für dieses Manifest und die Prinzipien für Führungsentwicklung so nicht. Jedoch helfen sie zu verstehen, was Führung sein kann, welche Auswirkungen ein Umdenken auf dieser Ebene hat. Wie es im Detail gelingen kann die Schritte zu gehen, was man lernen, tun, trainieren kann, um tatsächlich so agieren zu können, erschließt sich daraus erst auf den zweiten und dritten Blick nicht.
 

Gefühle und Rahmenbedingungen

Viele Verhaltensmuster, Vorurteile und Menschenbilder haben sich so tief in unser Unterbewusstsein gegraben, dass Seminare und Workshops hier zwar einen ersten, wichtigen Anstoß geben können, um Linderung zu verschaffen. Tatsächlich etwas bewirken kann nur jeder für sich, was meist eine, teils langwierige, Auseinandersetzung mit sich selbst, seinen Wahrnehmungen und seinen Gefühlen, erfordert. Tatsächlich etwas bewirken kann nur, wer die eigenen Erwartungen und Emotionen von denen seines Umfelds zu unterscheiden lernt, um so von innen heraus mit Zuversicht und Zufriedenheit auf andere zugehen zu können. 
 
Ein Anfang kann gemacht werden, indem das Gefühl dafür, „neu“, zeitgemäß zu führen, durch neue (Vor)Bilder, durch Beispiele geschaffen und über einen langen Zeitraum verinnerlicht, erfahren, erlernt und umgesetzt wird. Tägliche oder wöchentliche gemeinsam (oder manchmal auch alleine) durchgeführte Reflexionen, Routinen, Reviews, Retrospektiven, Retreats und Rituale sind ein probates Mittel, um alte Muster nachhaltig aufzubrechen. Wie wir im Kontext Agilität gelernt haben, sind dies Transportmittel, die geeignet erscheinen, tatsächlich etwas zu bewegen.
 
Doch eine neue, eine andere innere Einstellung allein der Führenden reicht nicht. Wie frei Führung im Alltag agieren kann, hängt eben auch davon ab, welche Rahmenbedingungen (vor)gegeben sind. Es kommt darauf an, wie mit diesen Rahmenbedingungen umgegangen wird, wer sie in welchem Sinne definiert, welche Regeln, welche Symbole und Symbolik damit einhergehen. Klar ist, jenseits aller Kulturwandelprojekte, jenseits der Arbeit mit den Mitarbeitern, jenseits aller Leitwerte sind Management und Führung system- und kulturgestaltend.
 

Die Wirkungen von Management und Führung sind system- und kulturgestaltend. 

 

Zahlen und/oder Kultur

Wie, was und warum das Management eines Unternehmens den Rahmen definiert, wie die Führungskräfte den Rahmen ausgestalten, wie sie den Mitarbeitern die Freiheiten geben, die sie brauchen, um optimal Wirkung für das Unternehmen zu erzeugen, das alles gestaltet die Grundprämissen, die die Mitarbeiter anwenden können, um die Probleme zu überwinden, denen sich in ihrem Arbeitsalltag stellen. Sie nehmen damit wesentlichen Einfluss darauf, wie gedacht, gehandelt, wie gefühlt wird, was „richtig“ und gut im Sinne des Unternehmens ist. Das alles gestaltet, was wir Unternehmenskultur nennen.
 
Heute leben und arbeiten viele, auch Führende, stetig mit vollem Druck auf dem Kessel, egal auf welcher Ebene sie ihre berufliche Heimat haben. Termine sind knapp kalkuliert, Ziele extrem herausfordernd, das Umfeld immer schwieriger. Zu oft schränken auf „altem Denken“ basierende Strukturen und Prozesse zusätzlich (und oft unnötig!!) ein.
 
Jedoch das – aus meiner Sicht – Schlimmste ist, dass wir in unseren erlernten Verhaltensweisen gefangen sind. Zu tief sitzen Sozialisierung und Ausbildung. Tief verankerte Grundannahmen, die Zahlen mehr Wert einräumt, als den sozialen und kognitiven Potenzialen. So hilfreich und wichtig es ist die „richtigen“ KPI zu betrachten, so schädlich ist es, unreflektiert alles in Zahlen zu fassen. Vor allem dann, wenn diese Zahlen die eigenen (unbewussten) Vorurteile immer wieder bestätigen.
 

Mit VUCA auf VUCA reagieren: mit Vernetzung, Umdenken, Chancen, Agilität

 

Was du selbst tun kannst / sollst / darfst

Doch worauf sollte man den Fokus richten? Was sollte man betrachten, um zu verstehen, was man bewirkt? 
 
Im Kontext zeitgemäßer Führung sehe ich 10 Dimensionen und ca. 30 Parameter, die besondere Relevanz besitzen. Die ersten beiden der zehn übergeordneten Dimensionen befassen sich mit der Frage, welchen Fokus und „Modus der Zusammenarbeit“ das Unternehmen benötigt. Geht es um Effizienz oder Effektivität bzw., in welchem Mix sind die beiden Ausprägungen von Wirksamkeit für das Unternehmen bedeutsam.
 
Das Zweite ist ein Set von drei Dimensionen, die alle die Zukunftsfähigkeit betrachten, die eigene, die der Mitarbeiter und Kollegen, sowie die des Unternehmens. Wie sehr fließt die Ausrichtung auf die nächsten Jahre z.B. in das gemeinsame Lernen, die Nutzung von Talenten und die Selbstwirksamkeit ein?
 
Die letzten fünf Dimensionen zeitgemäßer Führung betrachten, wie sehr sich Führung als (Be)hüter von Werten und Kultur versteht, wie Zusammenarbeit aktiv ausgestaltet wird, wie Mitarbeiter in ihrer Entwicklung gefördert werden, wie Vernetzung und Kommunikation unterstützt wird und wie sehr der Blick auf einen von Menschlichkeit geprägten Umgang gerichtet ist.
 
Ganz konkret wird es, wenn man auf die Ebene der Parameter blickt, die ich mit zeitgemäßer Führung verbinde. Hier lohnt es (sich) ein paar Fragen zu stellen und (sich) Reflexions-Aufgaben zu geben. Diese können so aussehen, wie ich es hier in ein paar Beispielen zeige.
 
Im Bezug auf die Nutzung von ggf. Verborgenen, zumindest aber im Unternehmen unbekannten Talenten lohnt es sich (aus meiner Sicht), sich regelmäßig zu fragen: 

  • Welche meiner Talente und besonderen Fähigkeiten, auch außerhalb meines eigentlichen Arbeitsbereiches, konnte ich in den letzten 2 Wochen bei der Arbeit einbringen und nutzen? 
  • Wo haben diese Talente für die Menschen in meinem Umfeld oder für das Unternehmen insgesamt die Zusammenarbeit verbessert? 
  • Wer außer mir hat davon profitiert?

 
Zur Entwicklung können persönliche Aufgabenstellungen dienen, wie etwa: 
Nimm dir 15 Minuten Zeit und schreibe auf, welche deiner Talente die meisten Menschen in deinem Arbeitsumfeld von dir noch nicht kennen. Überlege, wo du diese einbringen kannst und finde die Menschen, die dich dabei unterstützen, diese einzubringen oder zu zeigen. Sprich sie an und finde einen Weg deine Talente zu nutzen.
 
Wenn ihr als Team an der Identifikation von Talenten arbeiten wollt, dann:
Nehmt euch 20 Minuten Zeit und tauscht euch über die Talente aus, die ich im Arbeitsalltag nicht zeigen könnt. Findet heraus, wer ähnliche Talente hat und wo solche im Unternehmen eingesetzt werden (könnten). Vereinbart einen Termin für eine „Talentprobe“ in den nächsten zwei Wochen, bei der ihr euch gegenseitig zeigt, wozu euch dieses Talent befähigt oder wo und wie ihr es einsetzt. Macht es sicht-, hör- und fühlbar. Ladet andere ein, bei der Talentprobe dabei zu sein. 
 
Schließlich lässt sich die persönliche Weiterentwicklung in der Reflexion durch folgende Fragestellungen unterstützen: 

  • Welche Talente an mir würdest ich gerne ausbauen? 
  • Bei welchen Tätigkeiten fühle ich mich am wohlsten? 
  • Was kann aus dieser Fähigkeit werden, wie kannst ich sie weiterentwickeln?“

 
Als zweites Beispiel ein paar Ansätze zum Parameter „Beziehungen“:
Versuch dich doch einmal an folgenden Fragen:

  • Wie gut sind meine sozialen Beziehungen zu den Menschen in meinem Umfeld? 
  • Gibt es größere Differenzen und ständige Aufreger? 
  • Pflegen wir einen wirklich ausgeglichen, harmonischen Umgang miteinander? 
  • Sind wir ausgesprochen nett und höflich, vielleicht auch zu höflich, zueinander, sodass die Ehrlichkeit leidet? 

 
Wenn du deine Beziehungen zu Kollegen und Geschäftspartnern verbessern möchtest, dann probiere folgendes:
Nimm dir in den nächsten drei Tagen 30 Minuten Zeit, um allein und ohne Störung über die Beziehungen in deinem Umfeld nachzudenken. Frage fünf andere, welche drei Dinge sie an dir positiv wahrnehmen und welche eine Sache du aus ihrer Wahrnehmung heraus anders / besser machen solltest. Wie offen und ehrlich könnt ihr miteinander umgehen?
 
Eine Aufgabenstellung für dein Team könnte sein:
Nehmt euch eine Stunde Zeit und bildet Zweiergruppen, die jeweils für 10 Minuten miteinander sprechen (z.B. auch bei einem kleinen Spaziergang). In den ersten 5 Minuten spricht der eine wohlwollend über die Dinge, die ihm beim anderen positiv aufgefallen sind und die eine Sache, die derjenige verbessern kann. Dann tauscht ihr die Rollen. Startet keine Diskussion, sondern sprecht wohlwollend, bzw. hört einfach nur zu.
 
Und, wenn du weiter in die Reflexion gehen willst, dann beantworte dir folgende Fragen:

  • Welche Beziehungen schätze ich besonders und auf welche würde ich verzichten, wenn ich die Freiheit dazu hätte?
  • Was stört mich an diesen Beziehungen so sehr, welche Eigenschaft des anderen, und welche meiner Reaktionen darauf?
  • Welche Gefühle steigen in mir auf, wenn ich an die positiven und negativen Beziehungen denke? Welche bei mir liegenden Ursachen haben diese Gefühle? Auf Basis welchen Glaubenssätze und Erfahrungen entwickeln sich diese Gefühle ich mir?

 
Als drittes und letztes Beispiel das Thema „Lernen“
Fragen:

  • Wenn ich an die vergangenen zwei Wochen denke, was habe ich Neues gelernt? 
  • Was war mir vollkommen unbekannt, wo habe ich dazugelernt? 
  • Konnte ich dieses neue Wissen bereits anwenden? 
  • Welche Erfahrungen habe ich dabei gemacht?“

Eine Aufgabenstellung für dich
Suche dir in den nächsten zwei Wochen drei verschiedene Lernpartner, die Wissen besitzen, an dem du gerne teilhaben würdest. Triff dich mit ihnen und geh in den Dialog. Bereite dich auf die Treffen vor, indem du fünf Fragen formulierst. Stell ihnen deine Fragen und bring die Antworten, gemeinsam mit ihnen in deinen Arbeitskontext, d.h versucht gemeinsam zu identifizieren, wo du dieses neue Wissen direkt anwenden kannst. 
 
Eine Aufgabenstellung für dein Team
Nehmt euch 30 Minuten Zeit und überlegt in den ersten 15 Minuten gemeinsam, welches Wissen über das Unternehmen oder eure Fachthemen euch im Team fehlt, oder welches ihr vertiefen wollt. Sprecht in den nächsten 15 Minuten darüber, auf welchem Weg ihr dieses Wissen ins Team holen wollt. Sprecht in den nächsten 5 Tagen Menschen an, von denen ihr vermutet, dass sie dieses Wissen haben und ladet sie zu eurem nächsten Treffen ein. Geht in diesem Treffen in den Dialog zu den Themen und findet Möglichkeiten, das so gewonnenen Wissen möglichst unmittelbar anzuwenden.  
 
Und, wenn du wieder in die Reflexion gehen willst, dann beantworte dir folgende Fragen: 

  • Wie fühle ich mich, wenn ich etwas Neues lernen will oder soll? 
  • Bei welchen Themen fällt mir das lernen leicht, bei welchen schwer? Woher kommt der Unterschied? 
  • Was würde passieren, wenn mir das Lernen bei allen Themen leicht fallen würde? Was würde ich dann lernen wollen?

 
(Diese Fragen und Anregungen stammen aus dem Entwurf für ein Kartenset, an dem ich derzeit arbeite. Wenn ihr Interesse daran habt zu erfahren, wie es damit weitergeht, dann tragt euch in meinen Newsletter ein oder schickt mir eine e-mail. Ich halte euch dann gerne auf dem Laufenden.
 
Zudem arbeite ich an einem Analysewerkzeug, dass anhand einiger Fragen zu den Parametern eine strukturierte Übersicht zu eurem Status Quo erstellt. Auch hier gilt, wenn ihr mehr erfahren möchtet, dann meldet euch (s.o.).
 
Das Thema zeitgemäße Führung werde ich auch in einer Reihe offener Workshop thematisieren, die ich gemeinsam mit Henrik Zaborowski, dem Luther des Recruiting, durchführe. Dazu könnt ihr hier mehr erfahren. 
Aber das alles nur nebenbei.)
 

Befreiung und Raum für gemeinsamen Erfolg  

Zeitgemäße Führung, Führung, die wieder mehr darauf abzielt den Mensch in den Fokus zu rücken und diese stärkste aller Erfolgsquellen im Arbeitsalltag wirklich wieder zurückzugewinnen (und nicht nur einen Bruchteil des Potenzials zu nutzen), ist mir ein zentrales Anliegen. Doch es hilft wenig, diese Thema singulär anzugehen. Das Zusammenspiel der Rahmenbedingungen mit der Nutzung dieses Rahmens, die Gestaltung von Zusammenarbeit auf der Ebene des Gesamtsystems ist, was zukünftig immer mehr über Erfolg entscheiden wird. Es geht um nichts weniger, als die Befreiung der Unternehmen vom Ballast und den Hemmnissen, die wir in den letzten 50 bis 100 Jahren für und in uns aufgebaut haben. Sie sind, und das fliegt so manchen Unternehmen gerade ganz massiv um die Ohren, was von uns ein neues Denken, jenseits eines linearen „Aus A folgt B und dann erreichen wie C“ erfordert.
 
Es geht um die Befreiung der Menschen und ihrer Fähig- und Fertigkeiten. Es geht um die Rahmenbedingungen und Ausgestaltung optimaler Zusammenarbeit. Es geht um die Freiheit und den Freiraum weniger unter der Arbeit zu leiden und dafür mehr zu bewirken. Und es geht damit in der Folge, quasi als Symptom nach der Neugestaltung der Ursachen, um nachhaltigen Erfolg, auch in der Zukunft. 
 
Stay tuned!

Ihr wollt mehr Innovation? Ihr braucht (mehr) gute Führung!

Vor ein paar Wochen hatte ich gefragt, welche Wunschthemen ich in den letzten Blogposts des Jahres noch aufgreifen sollte. Eine der Fragestellungen kam von Daniel Gburek: „Wie kann man in seinem Unternehmen innovative Themen und das operative Tagesgeschäft vereinigen? Was kann man dem Spruch “keine Zeit für Innovation” entgegensetzen? Funktioniert Innovation im laufenden Betrieb?“
 
Warum nur, kommt mir diese Fragestellung bekannt vor 😉

Ambidextrie

Innovation ist Fluch und Segen. Die klassische Antwort, und die, die förmlich nach Seminaren und Workshops zum Thema schreit ist: Ambidextrie = Beidhändigkeit. Der Versuch gleichzeitig „Exploration” und „Exploitation“, also die Weiterentwicklung und der Ausbau des bestehenden Geschäfts, der Bestandsprodukte und Serviceangebotes (Exploration) und den Aufbau von „echt Neuem“, das Kerngeschäfts erweiterndem, neue Kundengruppen anziehendem (Exploitation) zu betreiben.
 
Beides zugleich umzusetzen ist für manche wie Jonglieren, man kann es mit etwas Übung lernen, für andere ein Spagat, man muss sich gut vorbereiten und lange üben, und für wieder andere ist es der Overkill, weil zu viel Unterschiedliches in zu kurzer Zeit den persönlichen und gemeinsamen Ressourcenrahmen einfach nur sprengt.

Wie mit dem notwendigen und unmöglichen umgehen?

Das Innovation unumgänglich ist, um im Markt zu bleiben hat z.B. Jean-Philippe Hagmann in „Hört auf Innovationstheater zu spielen“ sehr schön beschrieben. Wer „nur“ mit Exploration weitermacht, wird im Markt, in einer Zeit der sich ständig übertrumpfenden Innovationen, immer weniger positiv wahrgenommen. Dabei muss es nicht zwangsläufig um Technologie gehen. Die heute markantesten Innovationen sind die im Bereich „user-experience“, im Umgang mit Kunden und in der Form, wie ein Produkt genutzt werden kann. Einfach „einfach“ ist das Thema – und manchmal ein unglaublich schwer zu lösendes. Gelänge es mir, wären meine Texte kürzer 😉
 
Das Problem von jedem, der sich um die Zukunft des Unternehmens sorgt, in dem er/sie tätig ist: können wir das Risiko eingehen auf das falsche Pferd zu setzen? Können wir die kostbare Ressource Zeit, können wir Geld investieren und wenn ja wie viel? Was passiert, wenn es schiefgeht?
 
Die kurze Antwort: Ja klar kann, soll und muss das sein? Wenn’s schiefgeht, wenn in der Aktion ein Irrtum steckte, dann schnell darauf lernen, alles mitnehmen, das neuen Wissen allen Interessierten geben und vor allem: WEITERMACHEN!
 
Innovation ist schließlich immer das Spiel mit dem Feuer, aber ohne Feuer hätte unsere Spezies seine Nahrung nie erhitzen und die Ernährung verbessern können. Unsere Gehirne wären nicht in der Ausmaß und in der Geschwindigkeit gewachsen und wir hätten nie die kognitive Entwicklung gemacht, die uns jetzt ermöglicht unseren Planeten zu ruinieren und unser Überleben auf’s Spiel zu setzen. Aber vielleicht kriegen wir ja noch die Kurve.

Zurück zur Innovation….

Thema Risiko: Ein Kernproblem von Innovation ist Risikoaversion. Im heutigen Marktumfeld ist Risikoaversion aber selbst das größte Risiko, zumindest für Unternehmen, die noch lange „überleben“ wollen. Sinnvoller ist ein bewusster Umgang mit Risiken und hier ganz am Anfang eine Reflexion, welche Ängste damit auf persönlichen und gemeinsamer Ebene verbunden sind und wie real die Ursachen und Hintergründe für diese Ängste sind.
 
Ebenfalls betrachtenswert ist, ob Innovation nicht schon“unter der Hand“ stattfindet. Wie sich in eng geführten Organisationen leicht „Schattenorganisationen“ bilden, um die durch die Führung verursachten Probleme zu umgehen und Zusammen-Arbeit zu erleichtern, so gibt es Unternehmen, in denen sich Mitarbeiter selbst den Raum nehmen, um, oft im Kleinen, Dinge auszuprobieren und damit manchmal innovative Ideen umzusetzen. Dieser informellen Innovation lohnt es nachzugehen, weil sie Hinweise darauf gibt, welche Freiräume nötig sind bzw. welche Räume genutzt werden. Hier kann und sollte „gute Führung“ unterstützen, um die zarten Pflänzchen zu stärken, statt sie umzuhauen.
 
Formale Innovation wird dagegen meist in Abteilungen wie R&D/F&E gepackt, damit die Menschen darin – und manchmal nur die – Neues ausprobieren. Dies widerspricht massiv der Wahrnehmung, dass alle, die Wissen, Kompetenz und Erfahrungen in Ihrem Fachgebiet besitzen, Innovationserzeuger sein können. Mit etwas Unterstützung können viele so unglaublich viel mehr, als sie im normalen Betrieb zeigen (können).

Wo kommt Innovation her?

Doch Innovation ist auch Investition. Diese wird dann für viele klassische, budgetverhaftete Unternehmen schwierig, wenn diese nicht offiziell angefragt und geplant ist. Gerade für informelle Innovation ist da kein Platz. Zeit und Geld können nicht einfach so verfügbar gemacht werden, schon gar nicht ohne gute Begründung und einen absehbaren „Return on Invest“. Zuviel Risiko, aber das hatten wir ja schon.
 
Aber wie kommt man nun dahin „to unleash the genius in your organization, the talents and the passion“, wie es, wenn ich mich recht erinnere, Linda Hill es auf dem diesjährigen Drucker Forum in Wien sagte. Die Antwort ist so banal, wie sie schwierig in der Umsetzung ist: es geht darum Raum zu geben, loszulassen, den Kontrollverlust auszuhalten und die damit verbundene Angst zu kontrollieren und auszuhalten. Am Ende ist es der Weg von der Angst vor Kontrolle bei den Mitarbeitern zur Kontrolle der Angst bei den Führungskräften.
 
Denn: Was nicht ausprobiert werden kann, kann sich auch niemals zur Innovation reifen.
Und: Jede Innovation geht (noch immer) vom Menschen aus.
 
Tim Brown, CEO von IDEO, hat, ebenfalls beim Drucker Forum und sogar in der gleichen Session wie Linda Hill (hier der Link zum Video), ein paar kritische Erfolgsfaktoren für das Gelingen von Innovation in Unternehmen genannt (die ich hier ein wenig zusammengefasst und zugleich ergänzt habe):

  1. Viele Ansätze zur Lösung einer Aufgabenstellung (eines „Jobs to be done“, wie es Clayton Christensen nennen würde) zugleich ausprobieren. Dies führt bei dem an der Lösung oder den Lösungen arbeitenden Team dazu, mehr Kombinationsmöglichkeiten zu haben und nutzen zu können.
  2. Zusammenarbeit fordern. Wieder mal geht es im Wesentlichen um Raum und Zeit, aber auch um Kultur, d.h. soziales Miteinander, um mentale Modelle und, wie ich sie nenne, um „crosse“ Teams, d.h. cross-funktional, cross-age, cross-gender etc. Das Team sollte so frei es geht miteinander arbeiten können, dabei so vielfältig wie nötig sein und so klein wie möglich.
  3. Bewusste Entscheidungsfindung. Das Wissen aus alten Projekten, mit ggf. gleicher oder ähnlicher Zielsetzung muss möglichst vollständig weitergetragen werden, jedoch nicht um Ideen frühzeitig auszubremsen, sondern um ein vollständiges Bild der Hintergründe für das damalige Scheitern zu haben und schnell zu erkennen, wo es sich ggf. lohnt doch noch einmal tiefer hineinzublicken. Denn oft gibt es neue Daten, neue Trends, neue Möglichkeiten die es beim neuen Versuch mit einzubeziehen gilt. Zu einer bewussten Entscheidungsfindung gehört auch, statt ja/nein Entscheidungen auch „sowohl, als auch“ zuzulassen und, unabhängig davon, alle zu Wort kommen zu lassen, die etwas dazu beitragen wollen (oder sollen). Wie schon gesagt, heute weiß niemand, wo das entscheidende Element an Wissen sich ggf. verbirgt.
  4. Klare gemeinsame Zielsetzung. Auch schon ein Klassiker „neuen Denkens und Managens“. Nur wenn das Ziel und Leitbild allen klar und vor allem allen gemeinsam klar ist, kann man Entwicklungen und Entscheidung für sich einordnen. Es ist der Kleber, der Teams, auch in Konfliktsituationen zusammenhalten kann. Diese Zielsetzung, die Vision, der Purpose muss entsprechend stark und verbindend sein, idealerweise mit einer wichtigen und auch gesellschaftlichen Wirkung. Es kann sein, dass es darum geht den Müll zu sammeln und so die Umwelt zu schonen und das Zusammenleben leichter zu machen oder darum, die Revolution in Unternehmen und der Gesellschaft abzuwenden oder zu mildern, indem doch noch rechtzeitig einer neuen Managementphilosophie Raum gegeben wird.

 
Das alles zeigt: Innovation ist, mehr denn je, Führungsaufgabe. Das heißt, nicht die Innovation selbst ist Aufgabe der Führungskräfte, nicht sie müssen die Idee haben und die Umsetzung gestalten, aber sie müssen den Raum zu schaffen und für die Gestaltung der Rahmenbedingungen sorgen, s.d. anschließend alle, die das Wissen, den Mut und die Lust haben sich in den Prozess einzubringen, dies auch tun können. Es ist damit eine (neue) Herausforderung für das Management und Teil des Weges hin zu einer besseren Zusammenarbeit.

Wie passt das alles in den laufenden Betrieb?

Mut-Raum geben, mentale Modelle bewusst machen und ggf. anpassen und damit die Rahmenbedingungen zu schaffen, ist ein gleichzeitiger ein Eingriff in die Führungskultur, das Managementmodell und die Organisationsstruktur. Ohne das geht es tatsächlich (nach meiner Erfahrung) nicht.
 
Es bedeutet Teams (wie oben beschrieben) zusammenzubringen, Plattformen zu schaffen, über die sie sich untereinander und mit der Restorganisation austauschen können, es bedeutet eine Lernkultur zu etablieren, zur (Selbst)Reflexion anzuregen und es bedeutet, als Führungskraft neue Aufgaben zu übernehmen. Dialoge, Debatten Konflikte wollen/sollen/müssen geführt, ausgehalten und moderiert werden, jeder braucht Raum, um sich entsprechend seinen Möglichkeiten (inkl des Persönlichkeitsbildes) einzubringen. Introvertierte brauchen einen anderen Entfaltungsraum als Extrovertierte etc.. Die Zukunft kann heute nur schaffen wer sie gemeinsam erschafft. Co-Creation ist das Code-/Buzzword im Kontext Innovation.

Die Eckpfeiler

Die Grundlage hierfür kann man schaffen, indem man ein paar Eckpfeiler setzt. Die zwei wichtigsten sind aus meiner Sicht:

  • „Ein- und Ausblicke geben“ Wie sieht das Gesamtbild der Organisation heute aus, wie soll es und wie kann es sich entwickeln, wie soll das Unternehmen in der Zukunft aussehen? Wie verändern sich Wertschöpfung, welche Trends sind absehbar, was macht der Wettbewerb, woher kommt neuer Wettbewerb, welche Nischen tun sich auf, wofür interessieren sich Start-ups? Diese Wissen ist nicht nur für die dezidierten Innovation-Teams (die es ja nicht geben kann, s.o.) notwendig, sondern es ist Wissen für alle Interessierten. Wissen durch das neue Inspiration entstehen kann.
  • „Warum können wir was wir tun?“ Welche Kompetenzen besitzt das Unternehmen, welche nicht? Welche braucht es in der Zukunft, welche nicht (mehr)? Es gilt das Selbstverstehen und das Selbstverständnis zu stärken und Vertrauen, Verbundenheit und (dazu) eine umfassende, alle inkludierende Kommunikation aufzubauen, trotz und gerade wegen der immer auch vorhandenen Vielfalt an Ideen und Impulsen.

 
Sind diese Punkte klar, ist das Wissen geschaffen, verbreitet und vorhanden, so stärkt dies den Auf- und Ausbau der Gemeinschaft im Unternehmen. Mit einer „Community Culture“ (ja, Kultur ist per se auch immer in und aus der Community geboren, aber es hilft es klar zu machen), in der der Rahmen für gute Zusammenarbeit gelegt ist, in der die Bereitschaft herrscht, ambitioniert vertrauensvoll, vertrauenswürdig und verantwortlich zu handeln, entsteht die Basis für die so wichtige kontinuierliche Innovation. Eine Basis, die auf Ehrlichkeit, Vertrauen, Respekt, dem Blick auf’s Gesamtbild, auf Neugierde, Mut und der Erkenntnis aufbaut, dass es lohnt, zusammen neues zu gestalten, selbst wenn es nur dazu dient das nächste Gehalt zu sichern.
 
Innovation ist ein wichtiges und vom Management und den Führungskräften zu gestaltendes Thema!
 
In diesem Sinne sollte man jeden Fragen, der keine Zeit für Innovation hat oder geben will, wie er/sie sein/ihr Gehalt in 3 oder 5 Jahren finanzieren will. Denn Innovation kann jeder und damit wird jedes Unternehmen – wohl oder übel – leiden, das Innovation verzögert oder ganz verschläft. Mehr denn je, ist es wichtig, sich die Zeit zu nehmen, um vom Tagesgeschäft aufzublicken und aus Retrospektiven, Reviews und Trendvorhersagen abzuleiten, an welchen Stellen Wachsamkeit lohnt und wo sie unverzichtbar ist.
 
Daniel Gburek, ich hoffe die lange Antwort, mit ihren vielen Facetten passt dennoch zur Frage. Die ganz konkrete Antwort lässt sich nur finden, wenn man am und im Unternehmen schaut, wenn man den Status Quo, die Menschen und ihre Ziele kennt, wenn man weiß, welche Potenziale bestehen und welche geschaffen werden wollen und können.
In diesem Sinne: Viel Erfolg – ich unterstütze gerne! 😉

11 Thesen zur digital-agilen Arbeitswelt der Zukunft – und wie wir sie (üb)erleben

Wer Unternehmen in die Zukunft führt oder sie dabei aktiv begleitet, der tut gut daran, sich ab und an mit dieser Zukunft intensiver auseinanderzusetzen. Das Maß in dem sich Technologien (immer schneller) weiterentwickeln, deren permanente gegenseitige Beeinflussung und die damit täglich neu entstehenden Möglichkeiten machen es zu komplex, konkrete Aussagen zu treffen, aber die Tendenzen sind klar genug, um ein paar Thesen aufzustellen, worauf es in den nächsten Jahren ankommt.

Nichts davon ist planbar, aber es lohnt sich auf die Eventualitäten vorzubereiten, auch wenn sie konkret ein etwas anderes Gesicht haben werden. Ich jedenfalls – mit den zu erwartenden 15 bis 20 Jahren, die ich noch sehr aktiv die Veränderung von Arbeit initiieren und begleiten will – bereite mich so gut wie möglich auf Basis meines Wissens und meiner Erkenntnisse vor. Jeder ist frei sich seine eigenen Gedanken dazu zu machen – nein, nicht nur frei: Jeder SOLLTE sich (ganz explizit) seine eigenen Gedanken machen.

These 1: Management erlebt eine Renaissance und wird untergehen

Die Rolle von „Management“ (wie ich sie definiere) ist, Zusammenarbeit optimal zu gestalten und dazu die geeigneten Rahmenbedingungen um- und durchzusetzen.
Um Unternehmen die nächsten wichtigen Entwicklungsschritte gehen zu lassen werden kluge, bewusst reflektierte Unternehmensführer heute beginnen die Basis dafür schaffen, dass zukünftig jeder selbst diese Rahmenbedingungen mit beeinflussen kann. Management als soziale Technologie mit diesem „neuen“ Verständnis seiner selbst, wird damit zunächst wesentlich an Bedeutung gewinnen und über die Zeit ein Thema, das von allen gemeinsam betrieben wird.
Auf diesem Weg wird aus Führung immer mehr Leadership – was aber keine These, sondern bereits heute Fakt ist. Management in seiner heutigen Form wird untergehen.

These 2: Die Arbeitswelt wird maximal vernetzt, maximal verteilt und maximal getrennt

In technologisch führenden Gesellschaften wird der Arbeitsmarkt maximal miteinander vernetzt sein. Nicht nur vernetzen sich Unternehmen mit Mitarbeitern und Talenten, sondern auch Experten und Generalisten mit- und untereinander. Wir werden maximal einen gemeinsamen Bekannten benötigen, um jemand anders im für uns relevanten Arbeitsmarkt zu erreichen.
Zugleich werden wir maximal verteilt arbeiten, d.h. die räumliche Trennung wird sich verstärken. Die heutigen Büros werden zu Netzwerktreffpunkten, CollaborationHubs und Gemeinsam-Wohlfühlzentren.
Filterblasen werden sich stärker abkapseln. Wenigen wird es gelingen diese Blasen miteinander zu vernetzen. Diesen wenigen wird damit eine besondere Bedeutung für Innovationen, über diese Grenzen hinaus und auch für die Gesellschaft, zukommen .
  

These 3: Kollaboration wird intensiver – zwischen Menschen, zwischen Maschinen, zwischen Menschen und Maschinen und in Räumen, die wir erst wieder kennenlernen müssen

Wenn Maschinen immer mehr Aufgaben übernehmen – auf jedem Niveau nicht-kreativer Arbeit und auch auf den unteren Ebenen kreativer Arbeit – dann werden wir neu lernen müssen in den Maschinen Kollegen zu sehen, statt Gerätschaft. Menschen werden ohnehin intensiver zusammen arbeiten, über alle funktionalen, disziplinären Geschlechter-, Alters- und Kulturgrenzen hinweg. Zugleich brauchen wir immer auch (wieder mehr) Raum, um für uns konzentriert die neuen Ideen zu durchdenken und allein unsere Schlüsse zu ziehen. Diese Reflexions- und Rückzugsarbeit werden wir an Orten durchführen, die uns, bei den gegebenen Möglichkeiten, bestmöglich entsprechen, an denen wir uns wohlfühlen, ob in der Natur, im Café oder unterm Schreibtisch. Und auch die Zusammenarbeit findet mehr in den Räumen statt, die uns erlauben in den gemeinsamen Flow zu kommen. (Siehe These 2)

These 4: Neue Zusammenarbeit etabliert neue Kulturen  

Um die sozialen und kognitiven Fähigkeiten für verbesserte, intensivere, vernetzter Kollaboration zu nutzen, wird sich eine neue Kultur der Zusammenarbeit etablieren. Mit echtem Vertrauen, Ehrlich- und Verletzlichkeit sowie Emotionen, um Verbundenheit und Vernetzung aufzubauen. In der Zukunft sind wir wieder mehr als Mensch gefordert. Die Demographie und der Bedarf an kompetenten Kreativ- und Wissensarbeitern wird dazu führen, dass Unternehmen die Grundbedürfnisse nach z.B.  Stabilität, Sicherheit, Selbstwirksamkeit, Zugehörigkeit, Zuversicht und Anerkennung mehr in den Fokus rücken.  

These 5: Hochspezialisierte Experten und umfassend vernetzte Generalisten bestimmen die Zukunft fluider Unternehmen

Die Arbeiten, die nicht von Maschinen übernommen werden können, werden im Wesentlichen von zwei sehr unterschiedlichen kompetenten Gruppen übernommen: Hochspezialisierte Experten werden flexibel in Projekten und Unternehmen umherwandern, um maximale Wirkung zu erzielen. Umfassend vernetzte Generalisten stellen derweil die Basis sicher, auf der diese Experten arbeiten können. Ihre Aufgabe ist das Gesamtbild des Unternehmens im Auge zu behalten und systematisch, komplex die Muster zu erkennen, die Veränderungen und Möglichkeiten andeuten. Sie sind es, die komplexe Kollaborationsstrukturen schaffen und die richtigen Experten aus ihrem Netzwerke dafür begeistern. Sie organisieren gemeinsam und an vielen Stellen gleichzeitig die Zukunft der Unternehmen.

Dabei ist es zunehmend unerheblicher, woher das Wissen stammt, dass die Menschen einbringen. Akademische Ausbildungen an Hochschulen und Universitäten werden durch initiatives Selbstlernen über Medien und persönliche Lernerfahrungen ersetzt. Die Zertifikate dieser neuen Art der Grund-, Aus-, Fort- und Weiterbildung sind persönliche Empfehlungen und Referenzen.

Fluide Unternehmen werden ihren konkreten Bedarf vor allem aus diesen beiden Gruppen decken. Sie werden gemeinsam mit diesen Menschen in den Momenten wachsen, in denen sie Bedarf an der Zusammenarbeit haben und in den Zeiten schrumpfen, in denen neue Kraft geschöpft werden soll.

These 6: 3D und 4D Kommunikation wird Arbeitsalltag

Wer nicht physisch im CollaborationHub arbeitet, wird sich per AR- und VR-Equipment visuell und kognitiv jederzeit und von überall her dort hineinbewegen können. Die 4. Dimension entsteht durch den Zeitversatz, der möglich wird. VR, kombiniert mit individuell geprägten „künstlichen Intelligenzen“ wird uns als eine Art „intelligenter Anrufbeantworter“ in dieser asynchronen Kommunikation unterstützen und „für uns“ antworten können. Zusammen mit 3D-Druck, neuer Logistik und einer wesentlich vereinfachten Mobilität, wird der Arbeitsort nur noch in dem Maß die Arbeitssituation mitbestimmen, wie die „Betroffenen“ dies zulassen.

These 7: Wir entwickeln ein neues Verständnis für sozial-komplexe, technologisch-komplexe und sozitechno-komplexe Systeme

Das zunehmende Bewusstsein für die Nichtlinearität der Umwelt führt zu einem wachsenden Verständnis der Nichtvorhersagbarkeit von sozialen und technologischen Einflüssen und Entwicklungen. In der Abhängigkeit der sozialen und technologischen Systeme entsteht ein weiteres sozitechnologisches System mit ganz eigenen Rand- und Rahmenbedingungen. Das Bewusstsein für diese Systeme erlaubt neue Entwicklungen auf einem ungeahnt neuen, durch „künstliche Intelligenzen“ stärker unterstützen Niveau.

These 8: Der Mensch rückt zentral in den Fokus und in die Arbeit in die Cloud

Der Mensch, sei es als Kollege, Kunde oder Teil der Umwelt rückt immer weiter in den Fokus von Zusammenarbeit. Damit wächst die Eigenverantwortung und die gemeinsame Verantwortung für die Erhaltung lebensnotwendiger Ressourcen. In (der derzeitigen) Ermangelung eines „Planeten B“ wird die gegenseitige weltweite Rücksichtnahme das Denken stärker prägen.
Gemeinsam getragene Verantwortung wird sich in gemeinsamem Fortschritt und gemeinsamem Lernen und intensivem Erfahrungsaustausch über alle Grenzen hinweg ausdrücken.
Mit den zentral in der Cloud verfügbaren Daten wird die Verarbeitung und Generierung von Wissen und die Entwicklung kreativer Ideen vermehrt in der Cloud stattfinden. Der menschliche Beitrag zur Arbeit wird immer mehr in der Cloud geleistet. 

These 9: Es entsteht eine 4-Klassen Gesellschaft    

Neben den hochspezialisierten, hochqualifizierten und hochkompetenten Experten, den umfassend vernetzen, systemisch agierenden Generalisten und der Garde, der diese beiden Gruppen unterstützenden „Mitmacher“, wird es eine zunächst große Zahl an „NiKöNiWos“ geben. Die „Nicht-Können-oder-Nicht-Wollenden“ werden die Entwicklungen nur aus der Ferne begleiten. Die übrigen drei „Klassen“ müssen dabei besondere Sorge für diese Menschen mittragen, um die gesellschaftliche Spaltung unbedingt zu vermeiden. Mit neuen Generationen werden die Bildungssysteme und -möglichkeiten (irgendwann endlich) die Zahl der NiKöNiWos verringern helfen. 

These 10: Arbeit direkt am und mit Menschen gewinnt an Wert

Alle Arbeitsbereiche, die ein hohes Maß an emotionaler und sozialer Kompetenz erfordern, werden an Bedeutung und Wertschätzung gewinnen. Die Demographie, die Notwendigkeit einer neuen auf Dialog und Diskussion aufbauenden Bildung und die intensivere Interaktion mit und durch technologische Hilfsmittel, erfordert zugleich einen intensiveren zwischenmenschlichen Austausch. In Arbeitsbereichen, die zudem von physischen Belastungen geprägt sind, wird Technologie Arbeit so weit erleichtern, dass hier mehr Menschen leichter arbeiten können.        

These 11: Es liegt tatsächlich vor allem an uns!    

Wir alle, egal in welcher Rolle und Position wir uns wähnen, gestalten die Zukunft jeden Tag aktiv mit, indem wir Dinge tolerieren, forcieren oder ablehnen. Es liegt an uns, uns dies immer wieder bewusst zu machen. Die Zukunft beginnt und entsteht jeden Tag neu aus dem was wir tun, dem, was wir nicht tun und dem, was wir versäumen.

Doch all das Wissen um mögliche Entwicklungen nützt Ihnen (und mir) wenig, wenn wir nicht unsere Schlüsse daraus ziehen und entsprechend handeln.
Einige meiner Vorschläge und persönlichen Ansätze für eine solche zukunftsgerichtet Handlung sind:

  1. Bauen Sie Ihre Management-, Führungs- und Leadershipkompetenz aus. Egal, ob Sie Ihr Unternehmen in die Lage versetzen wollen Innovation und Effektiv zugleich zu sein, oder Sie sich darauf vorbereiten möchten langfristig mit Ihren Kollegen mehr Einfluss auf die Organisationsentwicklung und die Unternehmensentwicklung zu nehmen. Die Kompetenz ist wichtig und kann langfristig nur von Vorteil sein. Nur: Achten Sie darauf nicht alte Muster zu vertiefen, sondern zeitgemäßes Gedankengut zu reflektieren.  
  2. Verstehen Sie: „wo sich Ihr Unternehmen befindet“: In welchem Marktumfeld, in welchem technologischen Umfeld, in welcher Wettbewerbs- oder Kooperationssituation? Welche Geschäftsmodelle verfolgen Sie, welche(s) Managementmodell nutzen Sie dafür? Passen die Dinge (noch) zueinander oder was müssen Sie ändern, damit zu sich zukunftsgerichtet Entwickeln können?
    Wenn Sie sich damit auseinandergesetzt haben, entwickeln Sie Fortschrittsszenarien und gehen Sie die ersten kleinen Schritte! Für sich und für „Ihr“ Unternehmen.    
  3. Egal, was Sie in Zukunft tun wollen und werden: Erweitern Sie konsequent, branchen- und themenübergreifend Ihr Netzwerk. Seien Sie dabei offen für andere Meinungen, Perspektiven und Vorgehensweisen. Respekt, Toleranz und ein ausgewogenes Verhältnis zwischen „Geben und Nehmen“ zeichnen gute Netzwerke aus.   
  4. Seien und bleiben Sie neugierig! Menschen, Technologie, Kultur, Kunst, Literatur, Weltgeschehen, etc. Viele Dinge werden die Zukunft wieder mit bestimmen. Die Zusammenhänge zu verstehen kann und wird Ihnen Vorteile bringen. Auch, wenn es enorm schwierig ist das Gesamtbild vollständig zu verstehen, so birgt jedes Mosaiksteinchen einen kleinen Teil neuer Erkenntnis.
  5. Lernen Sie immer und überall das Neue zu Endecken und daraus zu lernen. Lernen Sie zu erkennen, wie Sie persönlich am besten lernen, wie Ihr Team lernt, wie Ihre Organisation lernt. Nutzen Sie die immer neuen Möglichkeiten wie Videos, Themenchats, Kommentarfunktionen zu Artikeln, Dialoge mit Gleich- und Ungleichgesinnten, Virtual und Augmented Reality,. Machen und Lernen Sie alles, was geht!
  6. Lernen Sie Fehler besser auszuhalten; Ihre eigenen und die anderer! Lassen Sie es zu, sich verletzlich zu machen und zu zeigen. Sie werden die Angst davor und vor vielem anderen  verlieren und sie werden erkennen, wer ehrlich und offen mit Ihnen umgeht und wen Sie in Zukunft meiden sollten. Seien Sie menschlich zu sich und anderen.
  7. Finden Sie Ihre Rolle als Experte oder Generalist. Ich sehe derzeit viele (hoch)professionelle Experten, aber zu wenige Generalisten mit umfassendem Wissen, großer Offenheit, großer Toleranz, unstillbarer Neugierde und der Kapazität die vielen Eindrücke zu einem stimmigen Bild zu vereinen. Werden Sie sich klar, worin Ihr derzeit und zukünftig nutzbares Talent besteht. Arbeiten Sie darauf hin, davon immer mehr zu nutzen.
  8. Unterstützen Sie die NiKöNiWos, bei denen Sie Hoffnung haben, dass Ihre Unterstützung fruchtet und die, bei denen Sie eine „systemrelevante“ Notwendigkeit sehen, dass diese den Anschluss nicht verleiten. Ich glaube, dies werden sehr viele sein. 
  9. Versuchen Sie Impulse und manchmal auch den Rat von Menschen anzunehmen, die Ihnen verrückt und merkwürdig erscheinen. Bleiben Sie dabei Sie selbst, aber reflektieren Sie, wo das Körnchen Wahrheit dieser anderen Sichtweise liegt. Denn, wer weiß, vielleicht wird die Zukunft ja auch ganz anders, als Sie (und ich) denken.   

All dies sind meine ganz persönlichen, aktuellen Einschätzungen zur Arbeitswelt der Zukunft. Vielleicht liege ich falsch, vielleicht habe ich in Teilen Recht. Hoffentlich habe ich Sie zum Nachdenken über Ihre Zukunft und die Ihrer Organisation angeregt. 

Teilen Sie diesen Artikel mit Ihren Kollegen und Freunden und diskutieren Sie die für Sie wichtigen Thesen miteinander. Ich bin gespannt auf Ihre Erkenntnisse und Meinungen. Ich freue mich, wenn Sie Ihre Perspektive in weiteren Thesen formulieren.

Arbeiten Sie gemeinsam mit anderen an diesen großen Herausforderungen unserer Zeit und  bedenken Sie: Veränderung braucht Zeit und am Ende kommt alles (etwas) anders, als man es am Anfang absehen konnte und geplant hat.

Managementverantwortung Agilität! oder „Was die Gardner Hype Cycle und der Mount Stupid mit einem Phasenmodell für Agilität zu tun haben“

Managementverantwortung Agilität! oder „Was die Gardner Hype Cycle und der Mount Stupid mit einem Phasenmodell für Agilität zu tun haben“

Gunter Dueck hat vor ein paar Tagen wieder tief hineingeblickt in uns Menschen. Dabei hat er nichts weiter getan, als die Analogien des Mount Stupid Bildes von Zach Weinersmith mit dem Gardner Hype Cycle aufzuzeigen. Beide Kurven befassen sich damit, wie wir mit Ideen und Veränderungen umgehen, sie annehmen (oder auch nicht) und durch welche Niederungen faktischer und emotionaler Erkenntnisse wir gehen (müssen), um neues in die Welt zu bringen.
 
Beide Kurven bieten sich daher genauso an, die Implementierungsphasen der großen aktuellen Transformationen zu beschreiben. Und sie eignen sich, um aufzuzeigen, welche Wege dabei nicht gegangen werden sollten.
 
Je mehr ich an, mit und „in“ diesen Transformationen arbeite, desto klarer wird, dass sie sich alle im Kern um die Nutzung und Aktivierung von Agilität, der kognitiven und sozialen Potenziale aller Mitarbeiter in einer Organisation drehen. Wie das zugehörige Bild aussieht, kann gerne hier nachgelesen werden.
 
Wie also sieht das Thema Agilität aus, wenn man es in einem Phasenmodell, unter Berücksichtigung der (aus meiner Sicht leider) allzu richtigen Erkenntnisse der Gardner Hype Cycle und des Mount Stupid (ggf. gemischt mit ein wenig Dunning-Kruger-Effekt(https://de.wikipedia.org/wiki/Dunning-Kruger-Effekt) darstellt. Wobei, dies möchte ich bei dieser eher ungewöhnlichen Mischung von Konzepten vorausschicken, dies ein tatsächlich sehr, sehr ernstzunehmender Einführungsansatz ist, einer, der sich insbesondere von den immer erfolgloseren klassischen Change-Modellen wesentlich unterscheidet.
 

Die Abkürzungsfalle

Wenn in klassischen Change Projekten ein Projekt Management Office den „lead“ übernimmt und die Verantwortung für die weiteren Entwicklungen hier abgeladen wird, wenn Melonenampeln (innen rot, außen grün) auftauchen und die Projekt-Mittelsmänner und -frauen versuchen die vielen verschiedenen Notwendig- und Befindlichkeiten unter einen Hut zu bringen, dann liegt das Kind meist schon tief unten im Brunnen. (Ich war selbst lange genug in diesen Rollen unterwegs).
 
Im Rahmen der heute vielfach noch etablieren Entscheidungswege reden hier, zwischen Steering-Commitee und Project-Lead, oft nur noch mehr oder weniger interessierte Laien miteinander. Zu selten sitzen in den Boards Menschen, die das Thema in mehr als nur seinen Grundzügen tatsächlich verstanden haben und die Konsequenzen ihrer Entscheidungen im positiven wie im negativen, tatsächlich und vollständig absehen können. Hier wir im Nebel gestochert, ohne Sicht, ohne echte Orientierung aber mit der Überzeugung, der kompetente (wenngleich einäugige) Entscheidungsträger unter den Blinden zu sein.
 
Organisationen, die so vorgehen, sind bereits in die Abkürzungsfalle getappt. Sie, bzw. ihr Management, hat haben entweder versäumt sich bezüglich der tatsächlich unternehmensweit wichtigsten Themen das relevante Wissen anzueignen, oder die Entscheidungsprozesse sind falsch strukturiert. Sie haben entweder zu sehr abgekürzt oder nicht richtig.
 
Sie haben den Weg des Kompetenzaufbaus abgekürzt, ohne zugleich die Entscheidungsprozesse umzubauen und Entscheidungen da treffen zu lassen, wo faktisch die notwendige Kompetenz vorhanden ist. Sie haben damit auch die Erfolgswahrscheinlichkeit stark gekürzt.
 

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Von der Ablehnung zum Engagement

Wie Harald Schirmer in „Chefs, wir müssen reden!“ schreibt, scheinen ein paar der neuen Themen zu wenig Akzeptanz und Priorität bei einigen Top-Managern zu besitzen – was ich leider bestätigen kann. Entsprechend geht es in der ersten Phase eines zur Abkürzungsfalle alternativen Vorgehens, um die Überwindung dieser Ablehnung und den Kampf um die knappste Managementressource überhaupt: Zeit. Es sind die Fragen danach, warum gerade dieses aktuelle Thema (insbesondere die großen Transformationen („Digitalisierung“, „new work“, „Innovation“) und ganz zentral Agilität) so wichtig für das Unternehmen und die Führung ist, dass die Investition von Zeit (und ggf. Geld) und der immer wieder drohende Macht- und Statusverlust (gerne) in Kauf genommen wird. Es ist der Weg der Erkenntnis, der angebahnt werden muss, um die Erfolgsquote dieser so massiven und notwendigen Veränderungen zu erhöhen. Ein Weg, der in hohem Maße auf die Aktivität in der Top-Führung baut. (Welchen Einfluss Agiles Management auf die Entwicklung der Unternehmen hat, haben wir im Rahmen unserer Studie zu diesem Thema gerade nachgewiesen. // Lukas Michel)
 
Es ist ein Weg, der sich über persönliche Gespräche mit vertrauten Menschen aus dem Umfeld schneller gehen lässt, als über Powerpoints, Zahlen und Best Practices (von Beratern). Darum brauchen neue Themen kompetente „Peers“, interne Botschafter, Hofnarren und begeisterte Protagonisten, die die ersten Hemmschwellen bei Top-Managern abbauen und sie für einen Anflug von „nur noch“ Skepsis öffnen.
 

Phase I
Wenn die Ablehnung in Skepsis übergeht, ist es an der Zeit, mit Experten das Thema in Tiefe zu durchleuchten. Im Fall von Agilität nenne ich diese „Agile Supervisor“. Es sind Menschen die zusätzlich zu den Kompetenzen eines Agilen Coaches ein deutlich ausgeprägtes Zusatzwissen im Kontext von Managementstrukturen und der Wirkung von Agilität auf die Gesamtorganisation haben. Im Idealfall sind auch dies Mitarbeiter der Unternehmen, ggf. mit externer Unterstützung.
 
 
Ihr Job ist, Wissen und Kompetenz beim Management so zu vermitteln und aufzubauen, dass diese die nächsten Schritte ganz bewusst und umfänglich entscheiden können. Dies ist um so wichtiger, da der Weg in Richtung Agilität auch ein Weg weg von einem steuerungsfokussiertem Managementdesign hin zu einem wirkungsfokussierten ist. Die bedeutet einen fundamentalen Paradigmenwechsel, der ohne bewusste Reflexion der Auswirkungen ins Chaos führt.
 
Wenn Skepsis in Offenheit mündet wird der Raum geschaffen, in dem das neue Wissen durch Erfahrung zur Kompetenz wachsen kann. Jetzt kann im Management begonnen werden, im Kleinen das agile mindset zu leben und auszuprobieren. Das Ziel ist, ein (gutes) Gefühl dafür zu entwickeln, was mit dieser Haltung geschaffen werden kann, und was nicht. Und es ist die Zeit für eine ganz bewusste und umfassende Reflexion des Status Quo, ohne Scheuklappen, ohne Beschönigung. Offen und ehrlich, gerade auch WEIL nicht alles Gold ist, was glänzt.
 
Hier kann der Gipfel des Engagements erreicht werden, bevor…. nunja, bevor der Niedergang beginnt. Denn mit dem Gipfel wird auch der Punkt erreicht, an dem in Folge der Reflexion klar wird, welche große Aufgabe und welcher verantwortungsvolle Weg vor der Organisation und dem Management steht.
 
Und bei großen Aufgaben vertrauen auch heute weiterhin viele in Rollenmodelle und Vorbilder – und das sind auch weiterhin die großen Führungskräfte.

Vision und Philosophie

In der nächsten Phase der Entwicklung beginnt die eigentliche Arbeit an der Basis. Agilität braucht ein organisationales Fundament, dass es aufzubauen gilt. Einige essenzielle und existenzielle Elemente müssen aktiv und bestenfalls in Abstimmung mit den Protagonisten gestaltet werden, um Mitarbeitern ein agileres Arbeitsumfeld zu schaffen. Zentral ist die gemeinsame Vision, die den Mitarbeitern erlaubt zukünftig Entscheidungen zu treffen, die im Geist dieser Vision begründet und vermittelt werden können. Ebenso gehört eine Betrachtung des Wertekanons und Überlegungen zu einer Zusammenarbeitsphilosophie dazu, die geteilt und sukzessive weiter entwickelt werden können. Kulturarbeit pur. Es gilt zu erfahren und auszuprobieren, welche Kommunikations- und Kollaborationswerkzeuge funktionieren und genutzt werden können, auch um die notwendigen vielfältigen Dialoge in Gang zu bringen und zu halten. Die Eckdaten für den Aufbau fluider Teams, von Talentakquise, dem Aufbau interner Netzwerke, den Interaktionsparametern und nicht zuletzt neuer, dem Thema angepasster Monitoringkennzahlen (ja auch das) gehören hierher. Dazu kommen dann noch hunderte kleinerer Themen und Probleme, die betrachtet, durchdacht und gelöst werden wollen.
Phase II
Die gegenseitigen Abhängigkeiten in der Wertschöpfung, dem Wertbeitrag und der Wertschätzung zwischen den verschiedenen Teams und Bereichen brauchen hier ebenso Klarheit, wie es den Mitarbeitern auf dieser Basis möglich sein muss, die Bedeutung des eigenen Beitrags daraus abzuleiten. Und auch für die diejenigen, die dabei feststellen, dass ihre alte Rolle im neuen Kontext keine Bedeutung mehr hat, wollen und müssen bedacht und Angebote in Form neuer Aufgaben und Rollen geschaffen werden. Es ist die Zeit, in der proaktiv in die Zukunft geschaut wird, in der die Trends als mögliche Entwicklungsrichtungen interpretiert und Schlüsse daraus gezogen werden.
 
Hier ist das Management auf die tatkräftige Unterstützung der Führungskräfte und engagierter Mitarbeiter angewiesen. Viel Agilitätswissen steckt ja bereits in den Unternehmen, es will oft nur Raum haben.

Skalierung bis zur maximal möglichen Partizipation

Erst jetzt, nach einer gefühlten Ewigkeit, ist es sinnvoll agile Experimente auf dem Shopfloor und in den Teams zu wagen. Erst jetzt ist genug Wissen über die Herausforderungen und Folgen der Existenz von agilen neben nicht agilen Teams in der Organisation vorhanden, um zielgerichtet damit umzugehen. Zu viele „Agile Projekte“ scheitern an den Dissonanzen und Abstoßungsreaktionen zwischen agilen Teams und den noch nicht agilen Einheiten und Führungskräften. Zu oft wird hier ausgehebelt und ad absurdum geführt, was zuvor mühevoll als kleines Pflänzchen hat wachsen sollen.
 
Hier ist das Refugium der Agilen Coaches, die jetzt mit den Mitgliedern der Organisation den Tenor agiler Zusammenarbeit diskutieren und die vielen organisationsindividuellen Lösungen finden können, die notwendig sind. Hier entsteht der agile Raum, dessen Rahmenbedingungen und Leitplanken zuvor definiert wurden und die jetzt regelmäßig in Retrospektiven reflektiert werden müssen. Hier ist und entsteht für alle wahrnehmbar Sicherheit und Stabilität, die Agilität in größerem fordert und fördert. Hier entsteht jetzt nach und nach das einzigartige Gebilde der agilen Organisation die auf einer starken organisationalen Agilität fusst.

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Natürlich ist das alles nicht einfach. Natürlich wäre es leichter den Projektplan etwas „Scrum-like“ zu machen, Kanban Boards einzuführen und nach und nach agile Teams aufzubauen. Aber es geht nicht nur darum, den Weg einfach zu machen. Es geht darum ihn am Ende, möglichst mit allen, und daher doch wieder von „oben“ initiiert, erfolgreich zu meistern.
 
Agilität ist nicht, wenn jeder alles kann; es ist, wenn jeder Raum hat seinen Teil beizutragen, wenn jeder weiss und will.