Ich arbeite und schreibe schon lange im Kontext von Leadership-, Organisations- Kultur- und Managemententwicklung, aber der (fast schon virale) Erfolg von „Eine unbequeme Wahrheit über die großen Transformationen unserer Zeit – und wie Sie trotzdem zu den Gewinnern zählen können!“ hat selbst mich erstaunt! 
 
Management (als Thema) ist im Zusammenhang mit den großen Transformationen lange eher belächelt und als nebensächlich abgetan worden. Langsam, so scheint es, schlägt das Pendel zurück und der Wert und die Entwicklungsfähigkeit dieses Aufgabenbereichs, im Kontext der heute wichtigen technologischen, strukturellen und kulturellen Themen wird klarer.
 

Vom Management-Saulus zum Paulus

Zugegebenermaßen, ich anfangs auch auf „Management“ als der Verhindererrolle, insbesondere im Vergleich zu Leadership, herumgehackt.
Mit den Jahren ist bei mir allerdings die Erkenntnis gereift, dass gerade, wenn es um die großen Entwicklungsthemen wie Agilität, Digitalisierung und neuen Arbeitsformen geht, beide Aspekte, Leadership und Management, insbesondere in ihrer Kombination, eine große und erfolgskritische Bedeutung zukommt.
 
Mehr noch: Bewusstes, zeitgemäßes Management ist zusammen mit kompetentem Leadership zu einem kaum zu überschätzenden strategischen Alleinstellungsmerkmal für Unternehmen geworden. Je schneller die äußeren, globalen, technologisch-sozialen Entwicklungen voranschreiten, desto essenzieller wird das Zusammenspiel aus sozialer und struktureller Kompetenz, desto mehr geht es darum menschliche Interaktion optimal zu gestalten und das Wissen der Mitarbeiter bestmöglich zu verbinden und zu nutzen. Und desto kritischer ist es, diesen Teil nicht eingehend zu betrachten. 
 
Im ersten Teil der „unbequemen Wahrheit“ habe ich dargestellt, dass der erfolgversprechendere Ansatz die großen Transformationen zu meistern darin besteht, mit einer bewussten Ausgestaltung und Reflexion zentraler Managementaufgaben zu beginnen: Mit der Klärung des „Warum“ des Unternehmens und der Orchestrierung wirksamer Zusammenarbeit.
 
Heute zeige ich auf, wie Management (sich) diesen Weg gestalten kann.
 

Managementdesign wirkt sich immer aus

Das Design von Management, die durch Management in der Organisation gesetzten Trigger und Fokuspunkte, haben wesentliche Auswirkungen auf die Selbstwahrnehmung der damit gestalteten Arbeits-Gemeinschaft. In der Diversität jeder Organisation und der Vielfalt der Kulturen ist jede Führungs- und Zusammenarbeitsstruktur ein unkopierbares Merkmal – und im besten Fall ein markanter Wettbewerbsvorteil.
 
Zugleich brauchen die großen Transformationen in all ihrer Komplexität bewusstes und zeitgemäßes Management, um erfolgreich gemeistert werden zu können. Unklarheit bzgl. der eigenen Möglichkeiten und Chancen, verbunden mit der Angst vor der eigene Courage zerstören immense Werte.
 
Neben der Kompetenz wirksame Zusammenarbeit optimal zu orchestrieren, ist die Schaffung der Rahmenbedingungen und des perfekten Nährbodens für diese Zusammenarbeit die Kernaufgabe eines solchen, den Entwicklungen der Zeit angepassten „neuen“ Managements. Eines Managements und eines Managementverständnisses, dass in dieser Form, auch in der Lehre bislang nur zu selten vermittelt wird. Noch immer herrscht der fatale Irrglaube, gutes Management habe keinen wirtschaftlichen, das Unternehmen vom Umfeld differenzierenden Nutzen. Dabei kann wohl fast jeder ein Lied davon singen, welche Wirkung gutes und schlechtes Management auf das Zusammenspiel der Kräfte, auf Mitarbeiter, Kunden und damit den Erfolg des Unternehmens hat – in jeder Branche, in jeder Unternehmensgröße – immer und überall!
 

Das A und O auf dem Weg 

Unternehmen, denen es gelingt sich strukturell und kulturell in die neue Arbeitswelt zu entwicklen weisen eine höhere Innovationsrate, eine stärkere Mitarbeiterbindung, ein stärkeres Unternehmertum und bessere produktive Energie auf, wie es Prof. Dr. Heike Bruch, meine Leadership-Professorin von der Hochschule St. Gallen, in einem Interview im Blog „Creating-Corporate-Cultures“ der Bertelsmann-Stiftung beschreibt.
 
Andererseits treten bei Unternehmen die unvorbereitet in den Wandel starten und bei denen dieser in der Folge (zu!) oft misslingt, Überforderung, Überhitzung, mehr Konflikte und mehr Erschöpfung auf. Probleme, die die Produktivität der Organisation ganz direkt sehr negativ beeinflussen.
 
Wichtige Erfolgsfaktoren sind aus ihrer Sicht gegenseitiges Vertrauen, Wertschätzung und eine starke Unterstützungskultur. Sie gibt dazu den Rat: „Führungskräfte sollten erst auf ihre eigene Energie aufpassen und danach die Energie der anderen nutzbar machen.
 
Dieser Schritt der verstärkten Selbstreflexion sollte mit einem unvoreingenommenen, objektiven Blick auf die eigenen und die organisationalen Fähigkeiten, Hemmnisse und Potenziale beginnen, um darauf aufbauend die gewonnenen Erkenntnisse zielgerichtet und fokussiert zu nutzen. Zu erkennen, wo die Organisation bereits optimal zusammenarbeitet und wo noch Stolpersteine verborgen sind, ist das A und O und zugleich der allererste Schritt auf dem Weg die kommenden Entwicklungen, und damit die Zukunft, zu gestalten. 

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© ZUKUNFTheute / Guido Bosbach

Neue Erfolgsparameter für Management

Beim Blick auf die Organisation und das Zusammenspiel in der Organisation sind weitere Erfolgsfaktoren zur optimalen Ausgestaltung wirksamen Managements wichtig. Dazu gehören ganz zentral:

  • Breit aufgestelltes, gelebtes Leadership und beispielhaft gelebte Werte
  • Die Fähigkeit die richtigen Fragen zu stellen und Perspektivwechsel zu vollziehen, um es der Organisation zu erleichtern, zu den richtigen Antworten zu gelangen.
  • Der Mut das Big Picture zu betrachten, auch wenn es oft ähnlich überfordert wie ein Blick in die Tiefen des Universums, das den Betrachter zunächst in seiner Einfachheit verblüfft und später in seiner Komplexität mit Details bis hin zu Resten des Urknalls, überfordert.
  • Die Klarheit subjektives und objektives Feedback und Erkenntnisse zu differenzieren, entsprechend einzuordnen und zu nutzen.

 

[clickandtweet handle=““ hashtag=““ related=““ layout=““ position=““]“Nur wenige kennen die Antworten, vielen fehlen die richtigen Fragen.“[/clickandtweet]

 
Kluge, zukunftsorientierte Organisationen begeben sich auf dem Weg durch die Transformationen und den damit beginnenden kontinuierliche Entwicklungsprozess auf eine Lernreise, eine Reise des Verstehens, deren Richtung maßgeblich das Management mitbestimmt. Unter anderem, indem es den Startpunkt der Reise definiert und, mit Blick auf das Big Picture, immer wieder Observationspunkte ansteuert, um den Fokus der Aufmerksamkeit regelmäßig zu analysieren und zu reflektieren.
 
Klingt heftig und anstrengend? Ist es auch!
santis 505966 1920 
Es ist eine Herausforderung Unternehmen auf dem Weg eine geeignete Richtung (mit) zu geben. Es ist eine Herausforderung sich immer wieder auch selbst zu reflektieren, sich an die eigene Nase zu fassen und den Gedanken zuzulassen, dass der eingeschlagene Weg, selbst wenn er gemeinsam mit vielen anderen Kompetenzträgern identifiziert und mit vereinten Kräften angegangen wurde, vielleicht doch noch nicht der Beste war. Es ist eine Herausforderung den Confirmation Bias und die Fehlbarkeit in sich zu erkennen und auszuhalten.  
 
[clickandtweet handle=““ hashtag=““ related=““ layout=““ position=““]Unfehlbarkeit ist heute keine Kernanforderung an Management – sie darf es nicht mehr sein[/clickandtweet].
Offen gezeigte und beispielhaft ausgehaltene Fehlbarkeit – das ist das Thema. Daran kann man selbst, können alle und damit die Organisation wachsen und sich auf die Zukunft besser vorbereiten.
 
Manager und Leader sind, auch in der digitalen Welt, in der jeder mit seiner Meinung und seinen Gedanken die Welt verändern kann, innerhalb der Unternehmen noch immer wichtige „Influencer“ und „Multiplikatoren“ – ob sie wollen oder nicht. Sie haben einen enormen Einfluss darauf, wie und woraus sich die Zusammenarbeitskultur in Unternehmen entwickelt. Sich dessen bewusst zu sein ist wichtig, weil es wiederum den Weg der Organisation beeinflusst. 
 
     

„Business has to give people enriching, rewarding lifes or it is simply not worth doing.“ (Richard Branson)

Das eigene Managementmodell verstehen lernen

Wie agiert das Management in Ihrem Unternehmen? Wie agieren Sie als Teil des Managements? 
 
Ein paar Fragen:

  1. Schauen Sie in den Kalender: Womit verbringen die Menschen mit Managementaufgaben ihre Zeit? Wenn weniger als 75% der Zeit mit der Verbesserung der Zusammenarbeit und mit Trends und möglichen Entwicklungen verbracht werden, dann sind Entscheidungen und Verantwortlichkeiten in der Organisation nicht geeignet allokiert.
  2. Wie klar sind Sie sich über vorhandene Potenziale und Herausforderungen, die die Zusammenarbeit positiv oder negativ beeinflussen? Wie steht es mit der Bedeutung von zum Beispiel der Klarheit der gemeinsamen Zielsetzung (Purpose), wie sehr wir das Zusammenspiel im Unternehmen als gemeinschaftliche Verantwortung verstanden? Gibt es Dialoge zum jeweiligen Wertbeitrag der Abteilungen und Mitarbeiter, zur Strategie und deren Implementierung? 
  3. Womit verbringen die Menschen in der Organisation ihre Zeit, wieviel Zeit wird darauf verwendet, darf und soll darauf verwendet werden, die Ungereimtheiten und Hemmnisse zu überwinden und die Dialoge zu führen?  
  4. Wie werden überhaupt unabhängige Einblicke ins System der Organisation gewonnen? Jenseits der Standard KPI, Annahmen, Vorurteilen, Wunschdenken oder den lächelnden Gesichtern beim „Management by walking around“? 
  5. Wie gut ist das genutzte Managementmodell verstanden?  


„Business is: People first“ (Tom Peters)

 
Um Management zeitgemäß und zukunftsfähig zu gestalten und eben auch so, dass die großen Zukunftsthemen aus der Organisation heraus erfolgreich gemeistert werden können, ist es immer wichtiger nicht nur das Geschäftsmodell, sondern auch das Managementmodell zu verstehen. Zu verstehen, auf welcher Basis man zusammenarbeitet, wie die Komponenten ineinandergreifen und zu welchen Ergebnissen das führt bzw. führen kann und sollte. In vielen Organisationen herrscht zwar Klarheit bezüglich des Geschäftsmodells, aber auf welchem Fundament dieses aufbaut, ist selten klar. 
 

Die (zweite) unbequeme Wahrheit

Wie bringt man diese Themen zusammen: Management mit seinem komplexen Aufgabengebiet, der Prämisse eines „People first“, Confirmation Biases und zugleich die Arbeit an den großen Veränderungen? Wem kann man auf dem Weg zu mehr Erkenntnis vertrauen, ohne nachher mit des Kaisers neuen Kleidern – und dann eben nackt – dazustehen?
 
Im Grunde doch (fast) niemandem!
 
Ein befreundeter Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens sagte vor kurzem in diesem Kontext zu mir: „Ich will nicht, dass, du mir sagst, was ich alles falsch mache. 
So sehr ich die Person schätze, insbesondere für Ihre Ehrlichkeit, so sehr irrt sie. Es geht nicht um Fehler oder deren Aufdeckung. Es geht um die seltene Chance auch auf dem hohen Niveau gelebter Managementverantwortung zu lernen und Einblicke zu erlangen, die den meisten verwehrt bleiben. 
 
Wer hier nicht aktiv wird, vergibt Chancen für sich und die Organisation. Der vergibt Chancen die Zusammenarbeit zu verbessern und damit selbst eine nochmals höhere Qualifikation zu erlangen.
Dabei ist es verhältnismäßig leicht und zugleich vielfach unbekannt, wie sich unauffällig und ohne Einbezug größerer Personenkreise ein objektiver Überblick verschaffen lässt. Gute Beratungen nutzen dazu wissenschaftliche validierte Befragungen, die nur einzelne oder wenige Personen umfassen und die dennoch tiefe, fundierte Einblicke erlauben.
(Gerne empfehle ich Ihnen Tools, inklusive meiner „Hausmarke“, d.h. dem Befragungswerkzeug, dass ich nach langer Suche als das aus meiner Sicht Beste in diesem Kontext identifiziert habe. Konkret beinhaltet dieses als Startpunkt für die weitere Arbeit eine zumeist nur 20-minütige Online Befragung, die dann zu detailreichen Aussagen über die Organisation und einem 1-2 stündigen Dialog mit dem Auftraggeber über diese Aussagen führt. Mehr nicht, aber eben auch nicht weniger.)
  
Eine andere Empfehlung, die ich Ihnen hier ganz direkt mitgeben möchte ist die Suche nach einem (selbst-)reflektierenden, systemisch-denkenden Mentor, der auf individueller Ebene die Entwicklung von Managementteams begleiten kann.
 
Und eine letzte ist die Nutzung Klarheit schaffender und strukturierter Modelle wie dem Management Model Canvas, der ähnlich dem bekannten und heute bereits vielfach genutzten Business Modell Canvas, geeignet ist innerhalb kurzer Zeit die Aufmerksamkeit auf die relevanten Punkte und die Ausgestaltung von Management zu richten.
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„The role of the director is to create a context in which people can be better than they had been before and better than they have ever dreamed to be.“  (Robert Altman –  Oskar prämierter Filmregisseur)

 
Natürlich kann man auch ohne externe Unterstützung an diesen Themen arbeiten, aber das verlangt noch mehr Mut, Disziplin und Bewusstheit bzgl. der selbst gesetzten Aufmerksamkeitspunkte und Prioritäten. Allerdings sollten Sie sich die Frage stellen, ob Sie (sich) dies im Rahmen ihres Managementalltags leisten können. Jedenfalls, solange man sich nicht traut im Kleinen zu beginnen, sich mit möglichst objektiven Reflexionsflächen zu umgeben.   
 
Eine abschießende Bitte:
Fragen sie sich warum Sie diesen Text hierher gelesen haben.
Hat Ihnen der Text neue Impulse gegeben? Haben Sie daraus etwas mitnehmen können? Wenn ja, freut es mich, weil ich damit mein Ziel erreicht habe. Noch mehr freue ich mich, wenn Sie den Text empfehlen und teilen und anderen die Möglichkeit geben diese Erfahrung selbst zu machen.