Warum die Arbeits-Klimakatastrophe weitergeht und wie uns kluge und klare Regeln helfen können.
Ganz kurz
Die meisten Unternehmen sind daran interessiert, den Komplexitätsgrad möglichst zu verringern und führen dazu neue Arbeitsmethoden ein. Einige dieser Methoden funktionieren dann besser, wenn das „Mindset“ der Anwender „stimmt“. Um den Erfolg dieser Methoden zu gewährleisten, wird versucht, die Mindsets zu beeinflussen. Doch dieser Schritt kann auch nach hinten losgehen. Gelebte Mindsets sind auch immer Individualität und mehr Individualität verstärkt die Komplexität, statt sie zu verringern.
Ein ergänzender oder auch alternativer Ansatz ist, zunächst auf die Grundstrukturen der Modelle zu schauen, auf denen das komplexe System „Organisation“ aufbaut. Oftmals hilft es hier, mit klügeren und klareren Regeln, Normen, Annahmen und Strukturen ein Fundament zu schaffen, dass dabei hilft die neuen Methoden erfolgreich zu nutzen.
Etwas länger
Es scheint egal zu sein, um welches Organisations-, Unternehmens-, Führungsentwicklungsthema es geht, immer taucht irgendwo, oft schon am Anfang, der Begriff „Mindset“ auf. Mindsets sollen verändert, angepasst, reflektiert werden, sie sollen agiler, wachstumsorientierter, positiver sein.
Das klingt für mich ein wenig, wie das Greenwashing bei CO2 Emissionen oder unser allgemeines wegducken, wenn es darum geht selbst aktiv zu werden, um den Klimawandel mit vielen kleinen Schritten zu bremsen. Statt umfassende Maßnahmen zu ergreifen, um CO2 Emissionen zu vermeiden, werden Waldgebiete am anderen Ende der Welt gekauft und der Zertifikatehandel blüht. Statt unser Denken und Handeln zu reflektieren, in ihrer Wirkung zu hinterfragen und ggf. anzupassen, warten wir darauf, dass andere aktiv werden.
Hier geht es nur um das Arbeitsklima, da um das Weltklima. Beiden gemeinsam ist, dass es katastrophale Folgen haben kann, wenn wir die Themen vernachlässigen oder falsch angehen.
Das „Mindset“
Beim Mindset ist der Hintergrund eigentlich klar, einfach und logisch: Wir haben gelernt, dass sehr viel von dem, was wir tun, insbesondere, wenn wir es gemeinsam tun wollen oder müssen, in hohem Maß von unseren Denk- und Verhaltensmustern abhängt. Wenn an dieser Stelle als Dinge nicht so laufen, wie es für das Unternehmen optimal wäre, hat man früher die Zügel enger gezogen und die Mitarbeiter mehr an die Kandare genommen.
Inzwischen sind wir so weit, dass wir stattdessen versuchen, (neue) Verhaltensnormen zu etablieren, sodass die Organisation, die gesetzten Ziele wahlweise leichter, schneller, zielgerichteter und/oder sozial akzeptierter erreicht. Ziel ist jetzt, mit der weiter wachsenden Dynamik und Komplexität umzugehen. Das richtige Mindset, möglichst auf organisationaler Ebene tief verankert, erscheint als die Lösung all unserer Probleme.
Auf dieser Basis wäre es gut in den Unternehmen mehr dieser agileren, positiveren, sozialeren, unternehmerischeren Mindsets zu ‚besitzen’, um komplexe Antworten auf die komplexen Fragestellungen der heutigen Märkte und Unternehmensumfelder geben zu können. Denn am Ende sind es (allein) wir Menschen, die die Kompetenz besitzen mit Komplexität umzugehen, auch wenn es uns selbst nicht immer so erscheinen mag und sie uns auch immer wieder überfordert.
Das Wohl und Wehe aller Mindsets ist aber: Sie sind gelebte Individualität – und das ist richtig und wichtig, aber eben auch das Problem. Denn Individualität ist ein, wenn nicht DER größte Komplexitätstreiber.
Die Gefahr ist, dass, wenn jeder so macht, wie sie/er kann und will, schnell ein Maß an Komplexität erreicht ist, das aus dem Ruder läuft und aus Organisationssicht nicht mehr verkraftbar ist.
Also, müsste man an den Mindsets so arbeiten, dass die Menschen mehr für das Unternehmen tun, sich besser einbringen, mehr engagieren, stärker performen UND ZUGLEICH die Individualität einschränken.
Das ist allerdings ein Eingriff, der nur bedingt gelingt und zuweilen die Situation nur weiter verschlimmbessert.
Die vielen Menschen, die ich bis heute kennenlernen durfte, würde ich mit Blick auf die Veränderbarkeit und die Möglichkeit der Einflussnahme auf ihr „Mindset“, ganz grob, wie folgt gruppieren:
Es gibt diejenigen, die gelernt haben, dass ein nicht übertriebenes Maß an Reflexionsfähigkeit deutlich dabei hilft, den für sie besten Weg durch dieses Leben zu finden. Sie sind oft offen für ehrliches und authentisches Feedback und können mit Kritik und neu vermittelten Perspektiven so umgehen, dass sich eine Veränderung ihres Haltungs- und Verhaltensmusters ergibt, weil sie es für sich persönlich (und für ihr soziales Umfeld) für besser geeignet halten. Diese Menschen überzeugen sich (nur) selbst, die Dinge anders zu machen. Es sind diejenigen, bei denen man ein „growth mindset“ wahrnimmt.
Es gibt diejenigen, die sich durch die Ansichten von Meinungsbildnern beeinflussen lassen und sich mittelfristig gut und gerne anpassen. Solange das Gesamtgefühl für sie stimmt, nehmen sie Einschränkungen in Kauf. Wichtig ist, dass keine Unsicherheiten und Instabilitäten entstehen. Diese Menschen kann man mit guten Argumenten überzeugen, im Job nach den Vorgaben zu agieren. Hier wirken Trainings, Coachings und Schulungen im allgemeinen ganz gut. Das tatsächliche Mindset ändert sich vielleicht nicht, aber die Menschen wissen, was von ihnen erwartet wird und handeln dementsprechend. Auch das ist schon ein großer Gewinn!
Es gibt noch diejenigen, die ihr „fixed mindset“ besitzen und einmal gewonnene Überzeugungen nur sehr schwer aufgeben. Sie besitzen eine gewisse Skepsis gegenüber dem (sich langsam veränderndem) Status Quo und versuchen zu festzuhalten und zu bewahren, was sich (oft) kaum aufhalten lässt. Sie lassen sich kaum überzeugen, Veränderungen anzunehmen.
Welchen Anteil diese verschiedenen Gruppen in der Organisation haben, hängt von vielen Dingen ab, von der Aufgabenstellung, der Art und jeweiligen Ausrichtung der (Wissens-)Arbeit, der Talentsuche bzw. dem Recruiting, der Kultur und dem Arbeitsklima etc.
In der Konsequenz heißt das: Man muss schon sehr gezielt schauen, an wessen Mindset man arbeiten will. Von den Angehöriger zweier dieser Gruppen kann der Versuch an deren Mindset zu feilen als übergriffig empfunden werden und damit auf maximalen Widerstand treffen. So bleibt die Frage, wie man damit umgehen kann.
Ich sehe da vor allem den Weg über die guten alten, aber dann doch ganz anders genutzten Regeln und Rahmenbedingungen.
Wenn man an und in Organisationsstrukturen denkt, denkt man zunächst und zumeist in Organisations-, Führungs- und Strukturmodellen. Und das aus gutem Grund: Modelle haben einen enormen Vorteil: sind ‚nur‘ kompliziert. Sie tragen keine eigene Komplexität in sich, zumindest sollten sie das nicht, um erklär- und umsetzbar zu bleiben. Aus Ihnen wird erst dann ein komplexes System, wenn der Mensch beginnt in und mit ihnen zu arbeiten.
Solche Modelle bestehen zum größten Teil aus mehr oder wenigen einfachen, impliziten wie auch expliziten Regeln, mit den wir komplexe Sachverhalten „kleinreden“. Auf diesem Weg werden diese dann – nur noch kompliziert – wenigstens annähend beschreib- und damit handhabbar. Das verändert zwar nicht die Komplexität des Problems, liefert aber Ansätze, um mit geeigneten Rahmenbedingungen und der Fähigkeit der Menschen, mit Komplexität umzugehen (indem er/sie sie zugleich zum Modell hinzufügt).
Regeln, Regeln Regeln?!!
Hier lohnt sich eben auch der zweite Blick, um vielleicht doch einen Weg zu finden, die innere, im System steckende, Komplexität von Unternehmen zu verringern. Ich sehe an dieser Stelle vor allem kluge und klare Regeln. Regeln, die den einen Raum geben, um Dinge auszuprobieren und das Unternehmen zukunftssicherer zu machen, Regeln, die die anderen verstehen und anwenden können, um ihren Job gutzumachen und Regeln, die Weiterentwicklung nicht nur bedingen, sondern fordern, und für diejenigen, die das Unternehmen unter Umständen zu sehr auszubremsen drohen, klare Konsequenzen folgen lassen.
So kann eine Regel sein, Regeln zu identifizieren, die Arbeit verkomplizieren, statt sie zu erleichtern. Eine andere Regel kann sein, Ideen und Innovationen mittels virtuellem Crowdfunding durch die Mitarbeitenden zu unterstützen, sodass neue Ideen einfacher einen Weg finden ausprobiert zu werden und zugleich viele Menschen die Erfolgschancen mit bewerten und das Thema unterstützen. Eine dritte Veränderung könnte sein, Entscheidungswege und/oder Bonizahlungen auf den Prüfstand zu bringen und ihre Wirkung im Gesamtkontext zu betrachten, statt nur die individuellen Vorteile zu sehen.
Es ist nicht leicht „kluge“ und „klare“ Regeln zu finden, die in und für eine spezifische Organisation funktionieren. Es ist ein Prozess, der viele Menschen mit unterschiedlichen Perspektiven, Denk- und Handlungsweisen mit einbeziehen sollte. Aber es ist eben wieder mal auf ein Prozess der verbindet, Verständnis schafft und allein dadurch schon die innere Komplexität verringert.
Vielleicht lässt du den Gedanken mal sacken, und ihr startet in eurer Organisation einfach mal den Versuch zunächst an den Regeln, statt den Mindsets zu arbeiten. Werft doch zunächst einfach noch mal einen Blick auf die Normen, Vorgaben, Annahmen und Strukturen. Ich bin überzeugt, dass an der Stelle in jedem, wirklich jedem Unternehmen noch einiges an Potenzial steckt, dass leichter zu bearbeiten und zu heben ist, als auf anderen Wegen.
Anfragen zur gemeinsamen Arbeit an Normen, Regeln, Rahmenbedingungen, Annahmen und Strukturen gerne per e-mail oder Direktnachricht.
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Über den „Dunning-Kruger-Effekt“ im Kontext organisatorischer Agilität
Ganz kurz
Auch Führungskräfte neigen dazu, sich und die Fähigkeiten des Unternehmens zu überschätzen und die der Mitarbeitenden zu unterschätzen. Das führt in Zeiten äußerer Krisen zu zusätzlichen Spannungen in den Unternehmen. Sie täten gut daran, die Mitarbeitenden stärker, auch in unternehmerische Entscheidungen, zu involvieren.
Mehr Details
Vom Dunning-Kruger Effekt werden die meisten hier schonmal gehört haben, falls nicht, es geht um die persönliche Selbstüberschätzung bei Themen, bei denen wir erst begonnen haben, sie wirklich zu verstehen. Ein Effekt, der gerade auch als Visualisierung sehr eingängig ist.
Man sollte annehmen könnten, dass dieser Effekt in Unternehmen kaum auftritt, da man ja an jeder Stelle mit Experten im Verständnis des eigenen Themas und den Hebeln und Besonderheiten der gemeinsamen Wertschöpfung zu tun hat. Das ist wohl leider an vielen Stellen ein Irrtum.
Was uns bei der Diagnostik und Analyse von (Hoch)Leistungsstrukturen schon länger aufgefallen ist, hat eine dezidierte, wissenschaftliche Betrachtung der relevanten Dimensionen und Kennzahlen jetzt bestätigt. Leider!
Die Folgen sind gerade jetzt nicht zu unterschätzen und manchmal dramatisch. Wenn Führungskräfte ein Bild von den Fähigkeiten des Unternehmens haben, das von dem Bild der Mitarbeitenden stark abweicht, dann führt das, gerade in krisenbehafteten Zeiten, wie heute, schnell zu Fehlinterpretationen und Fehlentscheidungen. Das heißt, um es ganz deutlich zu machen, zu VERMEIDBAREN Fehlinterpretationen und Fehlentscheidungen. Zu oft mit fatalen Konsequenzen für das Unternehmen.
Mein Appell: Geh in die Selbstreflexion und in den Dialog. Mach Dir bewusst, an welchen Stellen andere die Unternehmenswelt anders wahrnehmen und forsche nach den Hintergründen. Sei offen dafür, Dein Weltbild und Deine Perspektive anzupassen. Auch, wenn das mitunter eine komplexe Aufgabe ist. Und auch wenn Du im Moment dafür „keinen Kopf“ hast – JETZT ist die Zeit sich damit zu befassen, BEVOR Entscheidungen auf falschen Annahmen getroffen werden und zur allgemeinen Krisensituation noch Spezifischen hinzukommen.
Wir, d.h. die Partner im Management-Insights Netzwerk haben, Erfahrungen mit solchen Situationen und nutzen unsere Diagnostiken, um diesen Prozess gezielt zu unterstützen. Schnell und einfach. Und ich meine wirklich, wirklich, wirklich schnell und wirklich, wirklich, wirklich einfach!
Die ersten Kernergebnisse der wissenschaftlichen Untersuchung der Diagnoseresultate von 374 Unternehmen wurden im August auf einer Konferenz in den USA vorgestellt. Die Resultate und Empfehlungen haben wir hier für Dich zusammengestellt:
Resultate
Es gibt deutliche Unterschiede in der Wahrnehmung zwischen Führungskräften und Mitarbeitenden
Die größten Lücken bestehen bei den Dimensionen ‚Mensch‘ (dem individuellen Leistungsumfeld) und ‚Belastbarkeit’ (aka ‚Resilienz’), wobei ‚Vertrauen‘ den größten Einfluss hat
Traditionell ausgebildete Führungskräfte schaffen strukturierte Umgebungen, die den heute mehr denn je notwendigen Wissensfluss hemmen
Mitarbeitende sind nicht in der Lage, ihr kreatives Potenzial zu maximieren
Die Unterschiede in den Dimensionen ‚Erfolg‘ und ‚Kultur‘ tragen dazu bei, dass Veränderungsinitiativen scheitern
Die Führungskräfte glauben, dass das Unternehmen über alle Fähigkeiten verfügt, um erfolgreich zu sein. Die Mitarbeitenden tun dies nicht.
Führungskräfte und Mitarbeitende haben kein gemeinsames Verständnis dafür, wohin sich die Organisation entwickeln sollte. Sie haben keine gemeinsamen Intentionen, keine gemeinsame Agenda und kein gemeinsames Zielbewusstsein. Die Zusammenarbeitskultur und die Strategie erscheinen nicht kohärent.
Arbeitnehmer haben in Organisationen mit klassisch ausgebildeten Führungskräften oder Managern wenig oder gar keinen Einfluß
Schlussfolgerungen und Implikationen
Die Ergebnisse unterstützen die Behauptungen des Dunning-Kruger-Effekts und zeigen, dass er die organisatorische Flexibilität behindert
Führungskräfte sind möglicherweise kritischer, weil sie das Gefühl haben, dass ihre Handlungsfreiheit aufgrund von äußerem Druck, staatlichen Vorschriften oder gesellschaftlichen Anforderungen eingeschränkt ist
Führungskräfte überschätzen durchweg ihre eigenen Fähigkeiten, während sie die Fähigkeiten ihrer Untergebenen unterschätzen
Führungskräfte treffen Entscheidungen, obwohl sie sich der Möglichkeiten nicht bewusst sind
Veränderungsinitiativen scheitern, weil Führungskräfte die Störungen in ihrer Organisation nicht kennen oder ignorieren und ihre eigenen Fähigkeiten überschätzen, während sie die der Menschen in ihrer Organisation unterschätzen
Im ersten Schritt sollten sich Führungskräfte dieser inhärenten Voreingenommenheit bewusst werden
Führungskräfte sollten die Selbstreflexion stärken, um das Bewusstsein für ‚blinde Flecken’ zu schärfen
Führungskräfte sollten Maßnahmen ergreifen, um ihre Organisation zu diagnostizieren, um die ‚unsichtbaren, selten diskutierten‘ Hemmnisse, Widersprüche und Störungen zu identifizieren und im überschaubaren Rahmen zu beseitigen, bevor sie disruptive Veränderungsinitiativen starten
Die am 8.8.2022 von Prof. Herb Nold und Lukas Michel im Rahmen des Annual Meetings der „Academy of Management“ in Seattle gezeigte Präsentation, kann ich auf Anfrage gerne zur Verfügung stellen.
Anfragen zu den Diagnosemöglichkeiten und -aufwänden gerne per e-mail.
Wir erleben einen Fachkräftemangel. Das Thema ist nicht neu und doch scheinen wir sehenden Auges immer weiter in die Katastrophe laufen zu wollen. Die Ursachen reichen von der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, über Geschlechterklischees bis zu den eklatanten Mängeln im Bildungssystem. Auszubildende, aber auch Berufserfahrene wollen gerade in systemkritischen und für unsere Zukunft immer notwendigeren Bereichen wie dem Sozial und Gesundheitssystem, der Kindererziehung, dem Handwerk oder der IT nicht arbeiten. Sie haben erstaunlicherweise kein Interesse, sich, trotz aller inneren Berufung und intrinischem Pflichtbewusstsein, in Systemen abzumühen, in denen Wertschätzung ein Fremdwort und Ausbeutung eher die Regel als die Ausnahme ist.
Einige paar Betriebe gehen andere Wege. Die 4-Tage-Woche im Handwerk findet immer mehr Anhänger. Möglichkeiten, die eigenen privaten und familiären Bedürfnisse trotz, oder besser dank der Arbeit zu erfüllen, machen es auch in Branchen, auf die andere gerne mit einer zu hoch gestreckten Nase herabschauen, wieder attraktiver zu arbeiten.
Wir stecken mitten in einer bereits Jahrzehnte alten Bildungsmisere. Das System bricht immer mehr zusammen. Die Infrastruktur ist marode. Der Grad der Digitalisierung ist ein Hohn und wird weder ernsthaft noch zielgerichtet vorangetrieben. Der Umgang mit Schülern und Lehrern ist unsäglich. Fachkräfte sind auch hier Mangelware und immer mehr, die außerhalb dieses Systems eine Chance für sich sehen, fliehen aus dem System. Die Folge sind, für eines der wohlhabendsten Länder der Welt, inakzeptable Klassengrößen, eine wachsende Bildungsungerechtigkeit, zunehmendes Mobbing und Gewalt.
Ein paar Schulen haben es geschafft, die Misere für sich zu beenden. Hier kümmern sich Lehrer, Schüler und Eltern gemeinsam darum, das System „Schule“ neu zu gestalten, indem das Leben als komplexes System wahrgenommen wird und hier Einzug hält. Da werden Fächer neu kombiniert, Themen übergreifend gemeinsam erarbeitet. Eigenverantwortung gestärkt und Selbstwirksamkeit aufgezeigt. So wird selbst hier Bildung spannend und attraktiv.
Wir erleben ein Wissensarbeitsdesaster. Obwohl Wissensarbeit in vielen Bereichen bereits das Arbeitsleben und die Organisationen dominiert, haben die wenigsten Unternehmen Strukturen geschaffen, die dem Rechnung tragen. Es wird verfahren, wie vor 100 Jahren. Es werden enge Vorgaben gemacht, Leistung wird nach Zeit bemessen, nicht messbares mit Zielerreichung gesteuert und mit Boni belohnt. Es wird nach Regeln gearbeitet, die aus dem Industriezeitalter stammen und in Strukturen, die davon ausgehen, dass, wer „weiter oben“ sitzt auch mehr weiß und bessere Entscheidungen treffen kann. Kompetenz wird in Abhängigkeiten eingesperrt, wo sie Raum zur Entfaltung braucht. Dabei gilt Wissen nur dann als erworben, wenn es per Zertifikat nachgewiesen wird. Lebenslanges (Selbst)Lernen nur akzeptiert, wenn es in die engen Normen passt, ganz als gäbe es auf YouTube und Co., bei Bloggern und in den frei zugänglichen Angeboten diverser Online Universität keine relevanten und teil hervorragenden Lerninhalte gäbe. Nur was vorgegeben wird, offiziell geprüft wurde und in Struktur passt, wird ernst genommen. Menschen erhalten nicht den Raum, ihre Kompetenzen und Fähigkeiten zu entfalten und auszuweiten. Die vorhandenen Ressourcen werden nicht akzeptiert, zugelassen oder genutzt. Wir verschwenden, als hätten wir genug davon. Dabei leben wir in einem Land, in dem es schon seit langem an guten Ideen, deren Akzeptanz und Umsetzung mangelt. Fehler sind noch immer keine Option und Kreativität macht Angst. Selbstbewusstsein ist ein Kündigungsgrund, Anpassungsfähigkeit oder gar generalistisches, unternehmerisches Denken und Handeln sind gefährlich. Wer über den Tellerrand schaut und womöglich noch darauf hinweist, dass das Gras jenseits der eigenen Bubble auch grün ist und sogar besser wächst, wird ausgegrenzt.
Und wieder: ein paar Unternehmen machen es anders. Sie differenzieren, wer zur gleichzeitigen Erfüllung der beruflichen Rolle und persönlichen Bedürfnisse welche Freiheiten braucht und gestalten Rahmenbedingungen, die es erlauben, sich voll einzubringen. Sie haben verstanden, dass es nicht reicht, eine Organisation vorzugeben, sondern dass man Strukturen, Prozesse, Ziele, Intentionen und die vielen Menschen, die damit arbeiten sollen, gemeinsam betrachten muss. Sie machen Arbeit zu etwas, dass auch diesen Teil des Lebens attraktiv macht.
Nur… all die guten Beispiele, sie reichen nicht! Sie werden uns nicht reichen, um uns eine Zukunft zu sichern, die so sicher und stabil ist, wie wir es uns erhoffen. Die Arbeitswelt, wo wie sie heute ist, ist soll zu marode, kaputt und nicht zukunftsfähig. Sie krankt an zu vielen Problemen, Konflikten und Krebsgeschwüren. Sie ist in dieser Form weder zu retten, noch kann sie uns geben, was wir als Wirtschaftsstandort, als Unternehmen und als Menschen brauchen, um entspannt in die Zukunft blicken zu können.
Was wir tun müssten, wäre die Systeme, die Arbeit bestimmen,
die Ideen, wieso es Unternehmen gibt, was sie leisten sollen und wie (die Managementsysteme),
die Ideen, was die Unternehmen tun könnten, um Kunden zu gewinnen und Gewinne zu erzielen (die Geschäftsmodelle),
die Ideen, wie die Arbeit aufgeteilt und gestaltet werden kann, wie Prozesse ablaufen und Entscheidungen getroffen werden sollen (die Organisationssysteme), und
die Ideen, wie Menschen leben wollen, was Arbeit ihnen in ihrem Leben ermöglichen soll, wie Arbeit so ins Leben passt, dass Motivation und Engagement entsteht,
zusammen zu denken, sie als Arbeitsmetasystem zu verstehen und zu verbinden, statt sie künstlich zu trennen.
Das ist eine Aufgabe, die (zugegeben) viele fordert, wenn nicht überfordert. Es ist nicht kompliziert, aber komplex. Um sich dieser Herausforderung zu stellen, muss man, gerade, wenn man ein Unternehmen führt, Mut mitbringen, denn es zeigen sich „plötzlich“ viele Elemente und Themen, für die man, in der singulären Betrachtung der einzelnen Systeme blind war.
Aber es ist, wenn man ehrlich ist, höchste Zeit dafür, denn, und das zeigen viele der Analysen, die im Management Insights Netzwerk in den letzten Jahrzehnten durchgeführt wurden. Die Zukunft hängt mehr denn je davon ab, nicht mehr an Symptomen herumzudoktern, sondern ganz bewusst die Ursachen anzugehen.
Es ist Zeit aufzubrechen und Arbeit in eine neue Dimension zu führen.
Fachkräftemangel, Bildungsmisere, Wissensarbeitsdesater – Wie wir Arbeit und unsere Zukunft kaputt machen
>>> Ein Rant über die Arbeitswelt <<<
Wir erleben einen Fachkräftemangel. Das Thema ist nicht neu und doch scheinen wir sehenden Auges immer weiter in die Katastrophe laufen zu wollen. Die Ursachen reichen von der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, über Geschlechterklischees bis zu den eklatanten Mängeln im Bildungssystem. Auszubildende, aber auch Berufserfahrene wollen gerade in systemkritischen und für unsere Zukunft immer notwendigeren Bereichen wie dem Sozial und Gesundheitssystem, der Kindererziehung, dem Handwerk oder der IT nicht arbeiten. Sie haben erstaunlicherweise kein Interesse, sich, trotz aller inneren Berufung und intrinischem Pflichtbewusstsein, in Systemen abzumühen, in denen Wertschätzung ein Fremdwort und Ausbeutung eher die Regel als die Ausnahme ist.
Einige paar Betriebe gehen andere Wege. Die 4-Tage-Woche im Handwerk findet immer mehr Anhänger. Möglichkeiten, die eigenen privaten und familiären Bedürfnisse trotz, oder besser dank der Arbeit zu erfüllen, machen es auch in Branchen, auf die andere gerne mit einer zu hoch gestreckten Nase herabschauen, wieder attraktiver zu arbeiten.
Wir stecken mitten in einer bereits Jahrzehnte alten Bildungsmisere. Das System bricht immer mehr zusammen. Die Infrastruktur ist marode. Der Grad der Digitalisierung ist ein Hohn und wird weder ernsthaft noch zielgerichtet vorangetrieben. Der Umgang mit Schülern und Lehrern ist unsäglich. Fachkräfte sind auch hier Mangelware und immer mehr, die außerhalb dieses Systems eine Chance für sich sehen, fliehen aus dem System. Die Folge sind, für eines der wohlhabendsten Länder der Welt, inakzeptable Klassengrößen, eine wachsende Bildungsungerechtigkeit, zunehmendes Mobbing und Gewalt.
Ein paar Schulen haben es geschafft, die Misere für sich zu beenden. Hier kümmern sich Lehrer, Schüler und Eltern gemeinsam darum, das System „Schule“ neu zu gestalten, indem das Leben als komplexes System wahrgenommen wird und hier Einzug hält. Da werden Fächer neu kombiniert, Themen übergreifend gemeinsam erarbeitet. Eigenverantwortung gestärkt und Selbstwirksamkeit aufgezeigt. So wird selbst hier Bildung spannend und attraktiv.
Wir erleben ein Wissensarbeitsdesaster. Obwohl Wissensarbeit in vielen Bereichen bereits das Arbeitsleben und die Organisationen dominiert, haben die wenigsten Unternehmen Strukturen geschaffen, die dem Rechnung tragen. Es wird verfahren, wie vor 100 Jahren. Es werden enge Vorgaben gemacht, Leistung wird nach Zeit bemessen, nicht messbares mit Zielerreichung gesteuert und mit Boni belohnt. Es wird nach Regeln gearbeitet, die aus dem Industriezeitalter stammen und in Strukturen, die davon ausgehen, dass, wer „weiter oben“ sitzt auch mehr weiß und bessere Entscheidungen treffen kann. Kompetenz wird in Abhängigkeiten eingesperrt, wo sie Raum zur Entfaltung braucht. Dabei gilt Wissen nur dann als erworben, wenn es per Zertifikat nachgewiesen wird. Lebenslanges (Selbst)Lernen nur akzeptiert, wenn es in die engen Normen passt, ganz als gäbe es auf YouTube und Co., bei Bloggern und in den frei zugänglichen Angeboten diverser Online Universität keine relevanten und teil hervorragenden Lerninhalte gäbe. Nur was vorgegeben wird, offiziell geprüft wurde und in Struktur passt, wird ernst genommen. Menschen erhalten nicht den Raum, ihre Kompetenzen und Fähigkeiten zu entfalten und auszuweiten. Die vorhandenen Ressourcen werden nicht akzeptiert, zugelassen oder genutzt. Wir verschwenden, als hätten wir genug davon. Dabei leben wir in einem Land, in dem es schon seit langem an guten Ideen, deren Akzeptanz und Umsetzung mangelt. Fehler sind noch immer keine Option und Kreativität macht Angst. Selbstbewusstsein ist ein Kündigungsgrund, Anpassungsfähigkeit oder gar generalistisches, unternehmerisches Denken und Handeln sind gefährlich. Wer über den Tellerrand schaut und womöglich noch darauf hinweist, dass das Gras jenseits der eigenen Bubble auch grün ist und sogar besser wächst, wird ausgegrenzt.
Und wieder: ein paar Unternehmen machen es anders. Sie differenzieren, wer zur gleichzeitigen Erfüllung der beruflichen Rolle und persönlichen Bedürfnisse welche Freiheiten braucht und gestalten Rahmenbedingungen, die es erlauben, sich voll einzubringen. Sie haben verstanden, dass es nicht reicht, eine Organisation vorzugeben, sondern dass man Strukturen, Prozesse, Ziele, Intentionen und die vielen Menschen, die damit arbeiten sollen, gemeinsam betrachten muss. Sie machen Arbeit zu etwas, dass auch diesen Teil des Lebens attraktiv macht.
Nur… all die guten Beispiele, sie reichen nicht! Sie werden uns nicht reichen, um uns eine Zukunft zu sichern, die so sicher und stabil ist, wie wir es uns erhoffen. Die Arbeitswelt, wo wie sie heute ist, ist soll zu marode, kaputt und nicht zukunftsfähig. Sie krankt an zu vielen Problemen, Konflikten und Krebsgeschwüren. Sie ist in dieser Form weder zu retten, noch kann sie uns geben, was wir als Wirtschaftsstandort, als Unternehmen und als Menschen brauchen, um entspannt in die Zukunft blicken zu können.
Was wir tun müssten, wäre die Systeme, die Arbeit bestimmen,
die Ideen, wieso es Unternehmen gibt, was sie leisten sollen und wie (die Managementsysteme),
die Ideen, was die Unternehmen tun könnten, um Kunden zu gewinnen und Gewinne zu erzielen (die Geschäftsmodelle),
die Ideen, wie die Arbeit aufgeteilt und gestaltet werden kann, wie Prozesse ablaufen und Entscheidungen getroffen werden sollen (die Organisationssysteme), und
die Ideen, wie Menschen leben wollen, was Arbeit ihnen in ihrem Leben ermöglichen soll, wie Arbeit so ins Leben passt, dass Motivation und Engagement entsteht,
zusammen zu denken, sie als Arbeitsmetasystem zu verstehen und zu verbinden, statt sie künstlich zu trennen.
Das ist eine Aufgabe, die (zugegeben) viele fordert, wenn nicht überfordert. Es ist nicht kompliziert, aber komplex. Um sich dieser Herausforderung zu stellen, muss man, gerade, wenn man ein Unternehmen führt, Mut mitbringen, denn es zeigen sich „plötzlich“ viele Elemente und Themen, für die man, in der singulären Betrachtung der einzelnen Systeme blind war.
Aber es ist, wenn man ehrlich ist, höchste Zeit dafür, denn, und das zeigen viele der Analysen, die im Management Insights Netzwerk in den letzten Jahrzehnten durchgeführt wurden. Die Zukunft hängt mehr denn je davon ab, nicht mehr an Symptomen herumzudoktern, sondern ganz bewusst die Ursachen anzugehen.
Es ist Zeit aufzubrechen und Arbeit in eine neue Dimension zu führen.
Kennst Du das? Du startest voll motiviert in das Projekt, die Woche, den Tag und kaum bist Du bereit richtig loszulegen, wirst Du ausgebremst.
Warum ist das so? Was führt dazu, dass Menschen, Strukturen, Pläne Dich ausbremsen, statt Dich dabei zu unterstützen 100% Deiner Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit einzubringen?
Sollte das Unternehmen nicht auch das Ziel haben, Dein Engagement zu nutzen, um effizient und effektiv finanzielle (und soziale und ökologische) Erfolge zu feiern?
Natürlich ist das das Ziel. Nur stehen dem in (fast) jeder Organisation wichtige und leider oft auch veraltet gedachte und gehandhabte Umstände entgehen. Kaum ein Unternehmen hat diese bislang wirklich überwunden. Sie stecken tief im System und in den gewohnten Denk- und Handlungsweisen verborgen (und fest).
Nicht alles Gold glänzt auch
In den letzten Jahren war ‚Purpose‘ das große Thema. Wenn der Purpose stimmt und bei den Mitarbeitenden angekommen ist, dann klappt’s mit der Arbeit schon, war das Credo. Und, eine Frage, das ‚warum‘ ist enorm wichtig ist, um für den gemeinsamen Erfolg fokussiert vorzugehen und dynamisch reagieren zu können.
Und auch das ‚was‘ hat zunehmend Raum eingenommen, denn vor allem die Idee, mit neuen, digitalen oder digitalisierten Geschäftsmodellen schnell Erfolge in neuen Märkten oder mit neuen Produkten zu erzielen, hat ganz eindeutig großen Charme.
Und tatsächlich ist auch, seit mindestens 20 Jahren, das ‚wie‘ ein viel diskutiertes Thema. Nicht nur, aber eben auch, weil eine agilere Vorgehensweise vor allem in der Softwareindustrie große Erfolge gezeigt hat.
Während nun aber Simon Sinek das warum, wie und was in seinem Golden Circle konzentrisch und in engem Zusammenhang darstellt, tun sich viele Organisationen noch immer schwer, die drei Themen miteinander zu denken. An den Themen wird intensiv gearbeitet, aber sie werden, so wie ich es noch viel zu oft wahrnehme, voneinander getrennt betrachtet und angegangen.
Zu selten wird geschaut, welchen (teils sehr direkten) Einfluss ‚Purpose‘ und das (neue) Geschäftsmodell auf die formalen Prozesse und non-formalen und informellen Interaktionen hat. Zu selten werden die gegenseitigen Abhängigkeiten aufgezeigt. Zu selten werden die Formalien auf die gelebte und gewünschte Kultur abgestimmt.
🛑 STOPPT DAS! HÖRT DAMIT AUF! 🛑
Wenn ihr etwas an Eueren Arbeitsweisen ändert, wenn Ihr neue Ideen umsetzen, neue Produkte entwickeln, neue Kundengruppen erschließen wollt, Regeln, Prozesse oder Strukturen einführt oder abschafft, nehmt Euch die Zeit euch anzusehen, welche Wirkung das im Gesamten hat. Was fördert die Interaktion und Motivation, was bremst sie?
Ein wesentliches Element bei dieser Betrachtung: wie viel Wissen steckt in der Arbeit.
Früher konnte man klar zwischen Wissens-/Kopfarbeit und (im Wesentlichen) körperlicher Arbeit unterscheiden. Heute, bei einer zunehmenden Technisierung und Individualisierung der gewünschten Arbeitsergebnisse, fällt diese Unterscheidung immer schwerer. Nicht umsonst sind agile Arbeitsweisen heute in allen Arbeitsbereichen und allen Branchen Thema. Egal ob im Handwerk, der Produktion, der Pflege, in Kantinen genauso, wie im Einzelhandel. Überall ist es zunehmend relevant, das Wissen über Abläufe, Materialien, Kundenwünsche, Trends und Entwicklungen gemeinsam zu etwas Werthaltigerem zu machen.
Dabei ist es wichtig ist zu erkennen, dass Wissensarbeit ein ganz anderes Maß an wahrgenommener Denk- und Handlungsfreiheit, an (Selbst-)Vertrauen und (Selbst-)Wirksamkeit erfordert als ‚wissensarme‘ Tätigkeiten, zumindest wenn man als Organisation möchte, dass diese effektiv und effizient zum gemeinsamen Erfolg beiträgt.
Es erfordert eine andere Kultur, andere non-formale Interaktionsmuster, um die beteiligten Menschen dazu zu bringen, sich als ganzes einzubringen. Das haben viele Unternehmen verstanden und arbeiten an Verbesserungen auf dieser Ebene. Dabei wird gerne damit gespielt, innere und äußere Merkmale (zu) formaler Strukturen zu verändern. Seinen es (Pseudo)flache Hierarchien, Open-Door-Policies, neue Jobtitle, das Wegfallen der Krawatte und die Renaissance von Sneakern oder Corporate Influencer, die jenseits der Presseabteilung über Unternehmen berichten (sollen). Es scheint tatsächlich, als wäre eine bisschen mehr Mensch möglich.
Doch, dabei taucht häufig ein massives Problem auf: Um als Organisation funktionieren zu können, muss sie Menschen zu möglichst austauschbaren Objekten machen. Um verlässliche Prozesse und Strukturen aufzubauen, ist das Eingehen auf persönliche Vorlieben und etwaige Animositäten schlicht nicht sinnvoll und möglich. Die Organisation muss es schaffen, Austauschbarkeit sicherzustellen. Sonst bricht zu schnell zu viel zusammen, wenn Menschen ihre Rolle nicht mehr ausfüllen oder ihre Aufgaben nicht mehr erfüllen können. Sie muss Formalien über die Menschen stellen, damit sie funktioniert.
ODER aber, es gelingt ihr, dieses Dilemma zu meistern, indem sie die Formalien so anpassen, dass beides möglich ist: strukturelle Sicherheit und Fortbestand und Menschlichkeit. Bislang haben ein paar wenige Unternehmen diese Problematik für sich gelöst. Alle (mir bekannten) auf sehr unterschiedliche Weise, aber alle auch mit großem Erfolg. Ihnen ist es gelungen, sich so aufzustellen, dass Menschen in ihrem Denken und Handeln das Unternehmen motiviert und engagiert unterstützen können, ohne zugleich von den organisationalen Vorgaben ausgebremst zu werden. Ihnen ist es gelungen, Menschen im Ganzen Wirksamkeit zu geben und zugleich die eigene Wirksamkeit zu verbessern.
Das Dilemma überwinden
Immer sind es organisationsindividuelle Schritte und Maßnahmen, die dazu geführt haben. Die Balance ist in jeder Organisation, abhängig vom Geschäftsmodell, den weiteren Rahmenbedingungen und den Menschen, einmalig. Sie muss immer wieder neu evaluiert werden, um sich den Veränderungen des Umfelds, der Aufgaben und der Menschen anzupassen. Dieser Aufwand ist notwendig, relativiert sich aber durch die damit erhöhte Leistungsfähigkeit, -befähigung und -bereitschaft.
Mein Ansatz dieses Dilemma zu knacken ist, die Erfordernisse des ‚was‘, des Geschäftsmodell und die Möglichkeiten des ‚wie‘ mit den formal notwendigen und den non-formal möglichen Strukturen, Prozessen und Interaktionsmustern gemeinsam zu betrachten und in einem zirkulären Vorgehen miteinander in Einklang zu bringen. Im ersten Moment meist etwas ungewohnt, aber enorm hilfreich, um das System mit seinen Interdependenzen zu verstehen und gestalten.
Wichtig ist es diese Reise ergebnisoffen zu starten, denn manches, was nach ausbremsen aussieht, kann durchaus richtig und wichtig sein, um die Ergebnisqualität auf einem erforderlich hohen Maß zu halten. Andererseits gibt es meistens sinnvolle Anpassungspotenziale in Bezug auf die Formalisierung zuvor non-formaler Abläufe, ohne diese in ihrer Geschwindigkeit und Wirksamkeit zu beeinträchtigen.
Hier, bevor wir gemeinsam daran arbeiten, in Deiner Organisation ‚Mensch‘ mehr Raum zu geben und die #workLIFEexperience zu verbessern, fünf Fragen, die Du im Vorfeld für Dich beantworten kannst und die vielleicht für sich schon eine Veränderung bewirken:
Ist Deine Organisation darauf angewiesen, dass manches an den offiziellen Wegen vorbeigeregelt wird, um schnell, effektiv und effizient handeln zu können?
Wie wichtig sind für Deine Organisation und ihre Abläufe menschliche Ressourcen, wie Kreativität, Anpassungsfähigkeit, körperliche und kognitive Fähigkeiten und deren Nutzung bzw. Erhalt?
Wie muss die Organisation gestaltet sein, um diese Ressourcen (optimal) einbringen und nutzen zu können? Welchen strukturellen und prozessualen Rahmen benötigt sie, damit sie die Ressource maximal effizient und effektiv nutzen kann?
Was macht Deine Organisation für neue Mitarbeitende attraktiv? Was muss sie ihnen bieten können, damit sie kommen und bleiben?
Welche Regeln und Grundsätze unterstützt das Erreichen der gemeinsamen Ziele bestmöglich, ohne auf systembedingte Konflikte zu stoßen und indem reibungslose Abläufe, minimale Verschwendung und maximale Nachhaltigkeit ermöglicht werden?
In den meisten Unternehmen wird es richtig, also wirklich richtig eng, wenn ihnen die Mitarbeiter ausgehen. Ganz blöd wird es, wenn das in einer Zeit passiert, in der Fachkräfte ohnehin Mangelware und die Wechselbereitschaft hoch ist. (Laut einer repräsentativen forsa Umfrage von Anfang 2022 denken 40% Erwerbstätigen in D-A-CH über einen Jobwechsel nach. Bei den 30- bis 39-jährigen sogar 50%.) Wozu das führt erkennen wir langsam in Form von Lieferengpässen, langen Schlangen, steigenden Preisen und immer längeren Vorlaufzeiten bei Terminen, gerade auch bei Handwerkern.
Wie Gerhard Fehr, von FehrAdvice in seinem aktuellen Newsletter schreibt: „Unternehmen müssen sich dieser neuen Realität stellen und den Mitarbeitern einen Mehrwert bieten.“
Einer seiner Ratschläge als Verhaltensökonom und -berater: Bewusste Perspektivwechsel.
Eine Perspektive, die es in diesem Kontext einzunehmen lohnt, ist die auf den eigenen Job, bzw. aus Organisationssicht, die auch die Unterstützung im Job. Die worklife experience ist mein Stichwort dazu. Denn, was immer mehr zählt ist, wie Arbeit und Leben miteinander stattfinden und wahrgenommen werden können.
Daher habe ich hier zwei Reflexions- und Perspektivwechselangebote zusammengestellt.
Im Kern geht es für beide Seiten darum zu klären:
WORAUF lasse ich / lassen wir uns wirklich ein? WAS kann ich / können wir wirklich erwarten? WARUM will ich / wollen wir etwas wagen und bewegen? WOHIN kann meine/unsere Reise gehen?
Es hilft, einen kleinen Schritt heraus aus dem üblichen Trott zu gehen und einen neuen, anderen Blick auf das werfen, was man erreichen will. Um Dich und Euch dabei ein wenig zu unterstützen, habe ich ein paar Reflexionspunkte und -fragen zusammengestellt. Mir geht es darum Dir / Euch hier ein paar Impulse dazu mitgeben, damit Du / Eure (neuen) Mitarbeitenden im (neuen) Job mehr erreichst/-en, die Zufriedenheit und der Erfolg wachsen und am Ende vielleicht tatsächlich alle auch glücklicher sind.
Was sind für Dich persönlich Deine Antworten auf folgende Fragen:
Warum will ich tun, was ich tue bzw. etwas NEUES machen?
Welche Erwartungen habe ich an den (neuen) Job?
Was motiviert mich, mich derart zu engagieren?
Welche realistischen Hoffnungen könn(t)en erfüllt werden?
Was sagt mein Umfeld dazu, werde ich unterstützt oder wird das eher gebremst?
Wofür will und kann ich echte Verantwortung übernehmen?
Was macht für mich ERFOLG aus? Wie erkenne ich ihn?
Was ist mir wichtig? Was möchte ich tun oder umsetzen?
Wie soll ich wahrgenommen und gesehen werden?
An welchen Parametern kann ich meinen Erfolg ablesen?
Wie sehen meine CHANCEN aus?
Welche Talente sind mit bewusst, wen kann ich fragen, um meine blinden Flecken ins rechte Licht zu rücken?
Wohin will ich meine Fähigkeiten entwickeln?
In welche Richtung soll meine Karriere gehen? Will ich fachlich oder menschlich (Führung) weiterkommen?
Was bin ich bereit zu INVESTIEREN?
Wo sind die Grenzen für meine Investition in Bezug auf Zeit, Lernen oder Unbequemlichkeiten?
Was ist für mich ein leistbarer Verlust? Was bin ich bereit, zu riskieren?
Wie viele und welche Ressourcen kann ich einbringen?
Wie viel von mir ganz persönlich als Mensch kann und möchte ich einbringen? Wie viel Emotionalität und Verletzlichkeit kann, will und sollte ich mir bedenkenlos leisten?
Welche UNTERSTÜTZUNG erhalte ich oder kann ich bieten?
Welche externen Referenzen, welche Menschen aus meinem Netzwerk helfen mir, falls es mal schwierig wird?
Wie sollen oder werden sich voraussichtlich meine soziale Einbindung in der Organisation entwickeln?
Wie kann ich mich für diese Unterstützung bedanken und diese erwidern?
Welche Unterstützung erhalte ich von der Organisation und in welcher Form kann und will ich diese nutzen?
Welche RAHMENBEDINGUNGEN werde oder möchte ich erleben?
Wie soll meine zukünftige Arbeitssituation in Bezug auf Arbeitszeit, -ort, -platz, -umfeld aussehen?
Welche Art von Führung möchte ich erleben? Welche Unterstützung können mir (andere) Führungskräfte geben?
Welche Art von Organisationsstruktur hilft mir, meine Ziele umzusetzen? Brauche ich eher klare Abgrenzungen oder eine intensive Interaktion mit anderen, um meine Stärken auszuspielen?
Welche ethischen und moralischen Grundsätze kann, will und werde ich meiner Arbeit zugrunde legen? Sind diese in der Organisation normal und typisch oder eher ungewöhnlich? Wo finde ich Hilfe dabei, diese einzuhalten? Mit wem kann ich diese diskutieren?
Oft hilft es, die Fragen mit anderen zu diskutieren und/oder die Antworten zu verschriftlichen und visualisieren.
Sei aber nicht zu kritisch mit Dir, wenn Du später feststellst, dass Dinge doch anders gelaufen sind, als Du es Dir vorgestellt und vorgenommen hast. Das Leben nimmt oft unerwartete Wendungen. Wenn das so ist, reflektiere, wie weit Dich diese Abweichung vom Plan tatsächlich beeinflusst und welche Vorteile sie Dir, vielleicht auch aus einer veränderten Perspektive bietet.
Und nun zur anderen Seite der Macht
Sich Gedanken dazu zu machen, wie (neue) Mitarbeitende ihre Rollen und Jobs optimal starten und ausfüllen können, gehört (hoffentlich) inzwischen zum Alltag. Wobei das ‚optimal’ für Mensch und Organisation gleichermaßen gelten soll(te). Da sich aber auch hier Alltagstrott entwickelt, habe ich auch für diese Sicht ein paar der grundlegenden Fragen zusammengestellt. Wobei die Frage bleibt: Kennt der (neue) Mitarbeitende die Antworten auch?
Welche ERWARTUNGEN haben wir?
Welchen Nutzen wollen wir für das Unternehmen erreichen?
Welchen Aufwand wollen wir betreiben, um diesen Nutzen zu erreichen?
Haben wir unsere Erwartungen in klare Worte gefasst und kommuniziert?
Welche Investition sind wir bereit zu tragen, in Bezug auf Zeit, Geld und andere verfügbare oder zu beschaffende Ressourcen?
Was ist unser leistbarer Verlust?
Was BRAUCHEN UND WOLLEN wir wirklich?
Wie viel Fach- und wie viel Menschenkompetenz braucht die Rolle, der Job?
Wie viel Rationalität, bzw. wie viel Emotionalität passt zur Rolle und in die Organisation?
Sehen wir die Neubesetzung dieses Jobs, dieser Rolle als Entwicklungschance für die (Teil)Organisation, um neue Wege zu erproben und zu gehen, oder soll eher „nur“ eine Lücke gefüllt werden?
Wie UNTERSTÜTZEN wir und was ist die Organisation bereit und in der Lage auszuhalten?
Welche Ressourcen kann und will die Organisation zur Verfügung stellen, in Bezug auf Unterstützungskräfte (Coaches, Mentoren, Peers), Zeit, Finanzen, Wissen/Information, etc.?
Wie sieht das organisatorische Umfeld aus? Hilft es, die neue Position, mit all den genannten Erwartungen, auszufüllen?
Welchen Chancen- und Entwicklungsraum sind wir bereit zur Verfügung zu stellen, auch wenn die bekannten Grenzen, Regeln und Rahmenbedingungen der Organisation dabei überschritten werden?
Welche Risiken und Chancen erwarten wir? Kann die Organisation das eine wie das andere aushalten?
Woran erkennen wir ERFOLG und wie gehen wir weiter vor?
Was werten wir als Erfolg für dieser Rolle? Was soll (bis wann) erreicht werden?
Wie stellen wir fest, dass dieser Erfolg erreicht wurde? Wer beobachtet die Entwicklung und wie?
Wann und womit sind wir zufrieden, wann und womit glücklich? Welche Parameter und Indikatoren legen wir dem zugrunde?
Wann blicken wir zum ersten Mal gemeinsam auf das dann Erreichte zurück? Wann planen wir weitere Reviews und Retrospektiven?
Mit etwas Glück, für Dich und mich, waren da jetzt ein paar Fragen bei, die Du nicht ad hoc beantworten konntest und die so mehr Klarheit in die worklife experience bringen.
Mehr REFLEXIONSIMPULSE zu diesem und anderen Themen, auch für Teams und Organisationen, findest Du übrigens auf lead42.de.
Und dann noch ein Blick hinter meine Kulissen: Was sich in meinem Job gerade tut?!
Ich befasse mich derzeit mit einem für mich sehr spannenden Thema. Es ist eine andere Perspektive auf den Bereich der worklife experience. Konkret habe ich mich der Frage gestellt, wie es Organisationen gelingen kann, ihre neuen Geschäftsmodelle und die gewachsenen Organisationsstrukturen optimal aufeinander einzustellen. Oder andersherum gefragt: Wie sollten Geschäftsmodelle aussehen und funktionieren, die zur Organisation passen. Wo diese Passung nicht existiert, entsteht erfahrungsgemäß zu viel Ablehnung, Widerstand, Konflikte verfestigen sich und am Ende stehen Misserfolg, Kosten und Frust. Wo es klappt, entstehen deutlich mehr Zufriedenheit und Erfolg.
Wenn Du dies in Deiner Organisation vermeiden möchtest, melde Dich einfach bei mir. Aktuell entwickle ich einen Canvas, der in kurzer Zeit viel an neuen Erkenntnissen bieten wird. Du bist herzlich eingeladen, einer der ersten Nutzen zu sein und das Zusammenspiel Deiner Organisation mit Eurem (neuen oder zukünftigen) Geschäftsmodell, mit diesem neuen Tool genauer unter die Lupe zu nehmen. Neben diesem Aspekt der Führungs- & Organisationsberatung, wirksamen Tools und Ansätzen steht für mich weiterhin die objektive Analyse der (tatsächlichen und eigentlichen) Leistungsfähigkeit Deiner Organisation im Fokus. Nur wo wir möglichst ehrlich und bewusst mit uns und unseren Organisationen umgehen, entsteht Raum für wirklich Großes.
Aber, das nur am Rande.
Ich wünsche Dir in jedem Fall viel Erfolg auf Deinem Weg durch Dein Arbeitsleben und freue mich, wenn Dir mein Impuls dabei hilft.
Wenn Du meinen Gedanken und Impulsen zur Weiterentwicklung von Organisationen und der Entwicklung von Führung langfristig folgen möchtest, dann abonniere meine Blognews. Du erhältst dann als erster den Hinweis auf neue Blogposts in Dein Email Postfach, noch vor der Veröffentlichung auf den Social Media Plattformen.
Als Partner im Management Insights Netzwerk genieße ich das Privileg, relevante Informationen und die Ergebnisse wissenschaftlicher Studien schon vor der offiziellen Veröffentlichung lesen und für mich nutzen und bewerten zu können. Aktuell ist es eine Auswertung zum Dunning-Kruger Effekt bei Mitarbeitenden und Führungskräften in Organisationen weltweit, die es lohnt sie auch hier zu thematisieren.
Was wir als Dunning-Kruger Effekt kennen, ist eine Wahrnehmung, die auch ohne diesen Namen jeder kennt. Die Arbeit von Dunning und Kruger aus 1999 legt nahe, dass Menschen mit vergleichsweise geringem Wissen und Kompetenz neigen, ihre eigenen Fähigkeiten zu überschätzen, während Menschen mit großer Erfahrung dazu neigen, ihre eigenen Fähigkeiten zu unterschätzen. Dies trifft ebenso auf die Mitglieder von Organisationsstrukturen zu.
Deutlich erkennbar wird es etwa im teils übermäßigen Selbstvertrauen von Führungskräften und Managern und der Voreingenommenheit bei der Bewertung der Leistung Kollegen und hierarchisch niedriger positionierten Mitarbeitenden. Diese Wahrnehmung prägt dabei das kritische Denken und Entscheidungsprozesse, was sich ganz direkt auf die Leistung der Unternehmen auswirkt. Andererseits wird auch den Führungskräften (Fach)Kompetenz abgesprochen.
Die Auswirkungen dieser Diskrepanz zwischen den Wahrnehmungen von Führungskräften und Mitarbeitenden haben wohl schon viele im eigenen Arbeitsleben erfahren. Sie ziehen sich wie ein roter Faden durch viele Unternehmen, wie insbesondere auch die Auswertungen der Diagnosedaten von Management Insights aus über 200 Unternehmen weltweit zeigen.
Einige Bereiche, in denen dieses unterschiedliche Verständnis auftritt und für Probleme sorgt, zeigt auch eine Studie von Gartner aus 2021 zur hybriden Arbeit. Hier fallen drei Elemente auf, die mit bis zu 28% Abweichung von Führungskräften und Mitarbeitenden bewertet wurden: Die entsprechenden Aussagen, die in der Gartner Studie genutzt wurden, sind:
„Leitende Angestellte handeln im besten Interesse der Mitarbeiter.“ (FK: 69% Zustimmung vs. MA: 41% Zustimmung)
„Führungskräfte berücksichtigen die Mitarbeiter bei ihren Entscheidungen.“ (FK: 75% Zustimmung vs. MA: 47% Zustimmung)
„Führungskräfte kommunizieren effektiv mit ihren Mitarbeitern.“ (FK: 71% Zustimmung vs. MA: 50% Zustimmung)
Das Misstrauen der Mitarbeitenden gegenüber den Führungskräften ist offensichtlich groß. Die Wahrnehmung von aktiver Beteiligung und einer guten Kommunikation gering.
Einen detaillierteren Blick liefert die Diagnostik und deren über 200 Auswertungen, die wir in den letzten Jahren bei und mit Management Insights durchführen konnten. In dem zugrundeliegenden Konzept des „Performance Dreiecks“ wird in verschiedenen Abstufungen eine Vielzahl an Elementen, mit meist unmittelbarem Einfluss auf die Zusammenarbeit und speziell auf die in der Organisation gepflegte Kultur haben, betrachtet. So ergibt sich ein wesentlich genaueres Bild, das leider die Hypothese stützt, dass und wie sich der Dunning-Kruger Effekt in Unternehmen weit verbreitet ist.
Die Resultate zeigen, dass vor allem in folgenden Bereichen signifikante Abweichungen existieren:
Collaboration, mit der Fragestellung: „Arbeiten die Mitarbeiter effektiv zusammen, indem sie ihr Wissen teilen, um gemeinsame Ziele zu erreichen?“
Awareness, mit „Ist man sich der Kräfte bewusst, die Handlungen und Entscheidungen beeinflussen?“
Strategy, „Verstehen Führungskräfte und Mitarbeiter die Spielregeln und die zur Erreichung strategischer und operativer Ziele erforderlichen Maßnahmen klar?“
Risk Dialogue, „Haben die Führungskräfte eine klare Vorstellung von den potenziellen Risiken und dem Risikoniveau, das die Organisation tolerieren kann?“
Purpose, „Haben die Mitarbeiter einen gemeinsamen höheren Zweck für die Organisation und die Organisationsziele?“
Die starken Abweichungen in den Antworten von Führungskräften und Mitarbeitenden zeigen, wie schlecht es oftmals um (ausreichend) gute Kommunikation, Transparenz, Vertrauen und gegenseitiges Verständnis bestellt ist.
Das fatale ist, dass ein so unbewusster Umgang mit der eigenen Reflexion und den vielen “unsichtbaren und selten diskutierten” dynamische Fähigkeiten der Organisationen, trotz (oder wegen) des steigenden Drucks, den Erfolg des Unternehmens aktiv schmälert. Häufig entstehen solche blinden Flecken, ‚ManagementBlindSpots‘, wie ich sie nenne, weil Führungskräfte in ihrem Arbeitsalltag keine ehrliche, ernsthafte Verbundenheit mehr aufbauen und pflegen können, sei es aus persönlichen, aber oft auch aus strukturell organisationalen Gründen. Die Regeln und Glaubenssätze der Organisationen lassen das schlichtweg oft nicht zu.
„Diese Störungen durchdringen alle Funktionen und Abläufe im Unternehmen, behindern den Wissensfluss und beeinflussen die Entscheidungsprozesse auf allen Ebenen.“ wie meine Kollegen Prof. Dr. Herb Nold und Lukas Michel in ihrer Veröffentlichung schreiben.
Als Folge schätzen viele Führungskräfte die dynamischen Fähigkeiten ihrer Organisation, also die Basiskompetenz, mit komplexen, dynamischen Entwicklungen umzugehen und agil zu handeln, deutlich positiver ein, als ihre Mitarbeitenden. Hinzu kommt, dass eine große Zahl von Führungskräften ihre eigenen Fähigkeiten und die der Gesamtorganisation als deutlich besser und oftmals übertrieben gut bewerten.
Damit wird auch der viel genutzte Slogan „Unsere Mitarbeiter sind unsere wichtigste Ressource“, ad absurdum geführt. Die Studie deutet darauf hin, dass die Mitarbeitenden dies wesentlich anders wahrnehmen. Dass damit Bereitschaft zur Leistungserbringung und einer engen, koordinierten Zusammenarbeit und einem positiven sozialen Miteinander sinkt, ist kein Wunder.
Vor diesem Hintergrund ist es ebenso wenig verwunderlich, dass strategische oder Veränderungsinitiativen noch immer zu selten zum Erfolg führen. Solange Führungskräfte davon überzeugt sind, dass die Organisation über alle wesentlichen Fähigkeiten verfügt, die für den Erfolg erforderlich sind, während die Mitarbeiter dies nicht glauben, ist keine Basis vorhanden, auf der schwierige Veränderungen gemeinsam erfolgreich bestanden werden können. Wenn gleichzeitig auch das gemeinsame Verständnis darüber, wohin die Organisation steuert, welche gemeinsame Absicht besteht, wie die gemeinsame Agenda aussieht und welchen gemeinsamen Sinn das Ziel und gemeinsame Verhaltensnormen haben, wird es selbst die beste strategische oder Veränderungsinitiative schwer haben, ihre Ziele erfolgreich zu erreichen.
Am Ende geht es auch hier wieder um vielfach bereits verspieltes Vertrauen. Einer Eigenschaft und einem kulturellen, ethischen und moralischen Wert, der nicht wichtig genug genommen werden kann und in einer VUCA-Wissenswelt mit der Notwendigkeit dynamische Fähigkeiten zu entwickeln, kultivieren und auszubauen, nicht wichtig genug genommen werden kann.
„Für Führungskräfte ist Unwissenheit oder Unkenntnis, Überschätzung und Fehleinschätzung ihrer eigenen Fähigkeiten und der des Unternehmens ein Rezept für das Scheitern. Das Erkennen und Anerkennen dieser inhärenten Voreingenommenheit muss der erste Schritt bei der Gestaltung agiler Organisationen sein.“, so die Autoren der Studie.
Gleichgültig, ob es um Agilität, New Work und andere Veränderungsinitiativen mit einem großen kulturellen Anteil geht, sie müssen alle immer auch die (selbstreflektierte und das Unternehmen bewusst und richtig einschätzende) Top-Ebene einbeziehen. Idealerweise beginnen sie hier und werden mit tatsächlich, ernsthafter Unterstützung (und das betone ich hier ganz bewusst) von dieser mit an- und durchgeführt werden. Ein hohes Maß an Selbstreflexion ist dazu ein wichtiges Gut, das, zumindest zeigt das die Erfahrung, enorm davon profitiert, von einer objektiven Diagnostik begleitet zu werden. Wann immer darauf verzichtet wurde, war der Prozess anstrengender, länger und kostenintensiver! Die unabhängige, systemische Betrachtung trägt dazu bei, Transparenz und Einsichten in das „unknown unknown“ zu bieten, um die in den Menschen vorhandenen dynamischen Fähigkeiten wirklich heben zu können. Eine noch so gute individuelle Begleitung im Coaching kann das nur selten leisten. Eine Sensibilisierung der Führungskräfte für die “unsichtbaren und selten diskutierten” Lücken im operativen und organisationalen System, hilft, schnell und an den richtigen Stellen, mit geeigneten Hebeln, effektiv einzugreifen und den Gestaltungsprozess in Richtung einer zukunftsgerichteteren, nachhaltigeren, agileren Organisation zu beschleunigen.
So wie ich viele Unternehmen wahrnehme, ist es, gerade jetzt in Zeiten immer unbeständigerer Umfelder, höchste Zeit, die Organisation von innen heraus auf noch mehr Dynamik und Veränderung einzustellen. Zielgerichtete Reflexionsansätze sind dabei wichtige Schlüssel, um den Bereich des unbekannten und unbewussten zu minimieren.
Hier als Führungskraft aktiv voranzugehen, wirkt sich nicht nur positiv auf die Erfolgschancen des Unternehmens aus. Die gewonnenen Erfahrungen und Kompetenzen verändern die eigene Perspektive und sind ebenso wertvoll für den eigenen Weg. Last but not least geht es auch darum, das Unternehmen für Bewerber attraktiver zu machen. Eine positive Zusammenarbeitskultur, die an vielen Stellen im Unternehmen durch das Denken und Handeln der Mitarbeitenden sichtbar und greifbar wird, entwickelt erfahrungsgemäß eine starke Sogwirkung. Entsprechend sind hier auch HR und Organisationsentwickler gefragt, die Weichen zu stellen.
Mit Management Insights steht dazu ein weltweites Netzwerk erfahrener, unabhängiger Impulsgeber, Mentoren und Berater, insbesondere auf für eine geeignete Diagnostik, zur Verfügung. Ich kann dazu jeden meiner Netzwerkpartner nur wärmstens empfehlen!
Wer gemeinsam mit anderen über dieses oder ein anderes Thema im Kontext vom Wandel in Organisationen nachdenken möchte, dem sie noch einmal herzlichst das Augenhöhe Camp am 16. September 2022 in Hamburg empfohlen. (https://www.xing.com/events/augenhohecamp-hamburg-2022-3940477)
Wer meinen Gedanken und Impulsen zur Weiterentwicklung von Organisationen, zur Entwicklung von Führung langfristig folgen möchte, dem empfehle ich, meine Blognews zu abonnieren. Damit landet ein Hinweis auf neue Blogposts noch vor der Veröffentlichung auf den Social Media Plattformen in Deiner e-mail Inbox.