Machtfaktor Kulturkontrolle

Kaum ein Thema ist mehr der DigitalisierungsAgilitätsNewWorkUndWasWeissIch-Diskussionsdauerbrenner als „Kultur“. Zumindest meine Filterblase ist voll von guten Ratschlägen, Empfehlungen und Warnungen rund um Kulturentwicklung, Leitbilder, (agiler, digitaler, sozialer) Haltung und Mindsets, Sinn und Purpose, der Frage nach dem Warum, dem Wozu, dem Wofür. Kurz wir reden viel über Kultur, wir versuchen sie zu verstehen, wir versuchen sie zu verändern, durch große und kleine Maßnahmen, durch Grassroot und GesamtOrga-Programme. Wir stecken (gefühlt) mitten drin, in einem umfassenden, (vielleicht) fast grenzenlosen und teilweise entgrenzten Kulturwandel. Gestern, heute, morgen.
 
Doch, was ist das genau, diese „KULTUR“? Der südafrikanische Medizinanthropologe Cecil Helman hat Kultur 1984 definiert als „ein System von Regeln und Gewohnheiten, die das Zusammenleben und Verhalten von Menschen leiten.“
 
Kultur umfasst alle Bereiche unseres Zusammenlebens und Arbeitens und wir sind es somit mehr als gewohnt, uns in sehr unterschiedlichen (Teil)Kulturen zurechtzufinden. Im Stadion verhalten und „sind“ wir anders, als in der Oper.
 
Und trotzdem – oder gerade deshalb denke ich, dass es lohnt, die prägenden Aspekte zu reflektieren. Was macht Kultur aus, wer prägt sie, wer gestaltet sie und wie und vor allem, wem nützt sie und in welcher Form?
 
So sehr ich hier Lust habe, das Thema breiter auszuführen… ich versuche mich hier auf einen wichtigen Aspekt zu fokussieren: Kultur als direkter und indirekter Machtfaktor.
 
Der Definition Helmans folgend ist Kultur systemisch reziprok von Normen und Regeln, von Moralvorstellungen, Ritualen, Annahmen, Sozialisierungen, (Vor)Urteilen und den Rahmenbedingungen geprägt, die wiederum uns und unser Umfeld prägen. Ein sehr abstraktes, sehr reales und sehr komplexes Gebilde also, dass ich da auftut. Um Kultur im Arbeitskontext besser fassen zu können, fokussiere ich auf drei Protagonisten: die „Legislative“, d.h. Regelbestimmer, die vereinte „Exekutive“ & „Judikative“, also diejenigen, die die Regel- und Normenkontrolle durchführen, mithin die Führungskräfte, und die Regelbefolger und die überall lauernden Regelbrecher. Sie alle, und gerade letztere, sind es, die neben den, durch die Zielsetzung und das Geschäftsumfeld gegeben Rahmenparametern, die ethischen, moralischen und faktischen Normen in Gruppen und Organisationen beeinflussen. Sie sind es, die durch ihre jeweilige und Interaktion und Kommunikation untereinander, miteinander und mit den anderen darüber bestimmen, was als Kultur sichtbar und erlebbar wird oder unsichtbar bleibt und nur “zwischen den Zeilen“, auf der Hinterbühne der Organisation wirkt.
 
Doch, kann man Kultur überhaupt kontrollieren und wenn ja, wer besitzt die Kontrolle über die Kultur?
Gerade, wer Kulturentwicklung wünscht und versucht durchzuführen, sollte ein klares Bild davon haben, was er oder sie tut. Ob als Auftraggeber oder Ausführender, in jedem Fall übernimmt man mit der bewussten Arbeit an und mit „der Kultur“ eine bedeutende Rolle für die Zukunft des Unternehmens und schafft sich zwangsläufig eine nicht zu unterschätzende Machtposition.
 
In den meisten gesellschaftlichen Kulturen hat sich direkte und/oder indirekte Gewalt (etwa durch Druck und Zwang, gerne auch gekoppelt mit Belohnungen) durch zuvor festgelegte Institutionen als probates Mittel etabliert, um (auch) einen kulturellen Herrschaftsanspruch zu festigen. Und auch in den klassischen Arbeitsstrukturen sind wir es gewohnt, in sehr „einengenden“ und eng geführten Kulturen zu arbeiten. Detaillierte Arbeitsanweisungen, die Vorgabe von Anwesenheitszeiten, vom Arbeitsort, von den Gruppen, die sich einen Raum teilen müssen – all das sind Teile der oft verbindlich „vereinbarten“ Regeln und Normen. Sie schaffen damit auf der eine Seite die so notwendige Sicherheit und einen verlässlichen Rahmen, können aber auch, sofern die „Judikative“ und die „Exekutive“ ihre Aufgaben zu sehr mit eigenen Interessen vermischen oder zu wenig ernst nehmen, zu einer Schieflage der Kultur und massiven Unfrieden führen.
 
Kultur befindet sich dabei immer in einem systemischen Regelkreis. Die Normen, Wertevorstellungen, Glaubenssätze, Menschenbilder und damit auch Entscheidungswege, Konfliktstrukturen, Resilienz, werden von allen auf ihre Art mitbestimmt. Meist geben die Gründer und Top-Führungskräfte den anderen ihr Bild mit auf den Weg, sie bestimmen (als erste) wie die Dinge laufen. Die Führungskräfte in den Ebenen darunter interpretieren diese Vorgabe im Kontext ihrer Erfahrungen und ihrer eigenen Zielsetzungen. Schließlich finden sich in der dritten Gruppe die Regelbefolger (und damit -bestärker) und die Regelbrecher und -hinterfrager. Gerade sie wirken damit als Steuerungsinstrument, da sie die Relevanz und Wirkung der Normen auf die Probe stellen und damit die Regelgestalter zwingen, dazu Stellung zu beziehen und die Details und Wirkungen zu überdenken. Das Wechselspiel dieser beiden Parteien bestimmt damit wohl am wesentlichsten die Entwicklung der Kultur.
 
Werden diejenigen, die, idealerweise mit hohem Bewusstsein, das Gegebene immer wieder hinterfragen ignoriert, oder gibt es sie erst gar nicht, entsteht eine sehr starre Kultur, die die heute oft notwendige Flexibilität zu sehr einschränkt. Wird ihnen andererseits zu sehr freien Lauf gelassen, besteht die Gefahr, dass der die Organisation schützende Rahmen Schaden nimmt und das Unternehmen langfristig gefährdet.
 
Der Art wie hier Dialoge und der Interaktion initiiert und geführt werden, ist damit allein schon ein wichtiger Machtfaktor.

Die sich verändernde Arbeitswelt erfordert offenere Kulturen

Die Herausforderung ist, sich dieser Macht bewusst zu werden und sie sinnvoll einzusetzen. Viele Unternehmen brauchen heute eine offenere Kultur, um die Schnelligkeit des Wettbewerbs, neuer Produktentwicklungen und die der Märkte mitgehen zu können. Der Ruf nach mehr Agilität in immer „digitaleren“ Zeiten wird nicht umsonst immer lauter. Im Kern muss dazu und daher die Zusammenarbeitskultur betrachtet und (oft) umgestaltet werden. Die Rahmenbedingungen, die Handlungsmuster und (leider – weil es enorm schwer ist diese zu verändern) teilweise auch die Denkmuster brauchen mehr Beweglichkeit und Raum, damit sie die Menschen, die den Erfolg gestalten wollen, die Möglichkeiten dazu geben.
 
Dies schließt alle Mitarbeiter (unabhängig von ihrer (Führungs-)Rolle) genauso ein, wie Kunden, Partner und Investoren. Es erfordert einen kontinuierlichen Prozess, in dem sich (möglichst) alle ihre Verhaltens- und Interaktionsmuster immer wieder bewusst machen und miteinander lernen. In den meisten Unternehmen, die ich kenne, ist dazu ein (fast radikales) Umdenken notwendig. Es ist für sie höchste Zeit an einem neuen Verständnis der Rahmenbedingungen zu arbeiten, die es erlauben, sich den sich immer schneller wandelnden Anforderungen, gezielt und wirkungsvoll anzupassen. Es ist höchste Zeit das Betriebssystem zu überdenken und nur zu gestalten. Das (Betriebs-)System, das eben auch wesentlich die Kultur prägt und es am Ende auch, mehr als jeder einzelne Mensch in diesem System, prägt und, in gewissem Sinne, kontrolliert.
 
Werden diese Rahmenbedingungen zeitgemäß gestaltet, wandelt sich wesentlich das Rollenbild von Führung. Da Organisationen, die auf Schnelligkeit, Mehrdeutigkeit, Ambiguität, Flexibilität und Dynamik ausgerichtet sind, die Einhaltung der bestehenden „Regeln“ beobachten und ggf. unmittelbar sanktionieren müssen, ist viel mehr als bislang die gemeinsame, soziale „Kulturkontrolle“ durch die Gruppe notwendig. Sie, die jeweilige Arbeitsgruppe, übernimmt die Rolle von „Judikative“ und „Exekutive“. Sie definiert damit, zunächst für sich und im weiteren auch (mit) für die Organisation, Ethik und Moral. Sie bestimmt über Nachhaltigkeit und Außenwirkung. Sie bestimmt im kleinen, aber deutlich wirksamer als in alten Strukturen, auch die nach außen sichtbaren Anzeichen von Kultur und Erfolg.

Was also ist zu tun?

Vor dem Handeln steht hier – auch und gerade und hektisch agilen Zeiten – das (Nach)Denken und reflektieren:

  • Der erste Schritt ist, sich die herrschende Kultur bewusst zu machen. Welche Regeln und Normen dienen der guten und möglichst einfachen Zusammenarbeit, welche behindern sie? Können solche Stolpersteine und Störfaktoren angesprochen werden und wenn ja von wem und wie?
  • Ist der „Job to be done“ klar? Ist klar, worum es (in) der Organisation wirklich geht oder gehört das zu den Kulturelementen, die nur auf der Hinterbühne bearbeitet werden (können).
  • Wie weit geht die Diskussion zu ethisch und moralischen Grundsätzen? Was ist erlaubt, was nicht? Sowohl auf der zwischenmenschlichen Arbeitsebene, wie auch in Richtung Kunden und Partnern?
  • Wie groß ist das Vertrauen, wie ausgeprägt die Beziehungen, wie offen die Kommunikation?
  • Wie werden Konflikte angegangen und gelöst?

Erst nach einer solchen Reflexion, in den denn folgenden Schritten, kann und sollte an und mit diesem Machtinstrument gearbeitet werden.
 
Das sind nur einige der Einflussfaktoren, die es zu bedenken gilt. Aber immerhin ist das Gespräch über sie in jedem Fall ein Anfang – und machtvoller in Bezug auf den langfristigen Erfolg als vieles andere.

Wo ist eigentlich ein Gott, wenn man mal einen braucht?

>>> Meinung

Wie schön wäre es, wenn wir (wieder) mehr auf einen Gott vertrauen könnten. Eine allwissende, wohlwollende, charismatische, komplexitätskompetente, systemisch denken- und handelnde, vorausschauende, weisungswillige und -befugte Instanz, die als Ziel und Richtung vorgibt, gegenseitige Verbundenheit und Vertrauen aufzubauen und die es uns in unserer (Arbeits)Welt ermöglicht, tatsächlich den Mensch in den Fokus zu rücken. Und das alles rechtzeitig, bevor wir noch intensiver und mehr mit Maschinen interagieren und damit rechtzeitig, bevor wir vollends die ethische und moralische Kontrolle verlieren.
 
Das für mich (derzeit) prägnanteste Beispiel ist unsere vielfache (Filterblasen)Diskussion um den (so wichtigen) Menschen- oder auch Kundenfokus. Klar, es gibt einige Unternehmen, die den einen und damit immer auch den anderen tatsächlich leben, die allermeisten spielen aber nur Theater. Sie imitieren Kunden- oder Mitarbeiter- oder Menschenfokus und sind in Wahrheit doch maximal chef- und führungsfokussiert. Das ist einfacher, bequemer und entspricht eher unserer Sozialisierung – nicht nur der, der Führungskräfte, sondern unser aller.   
 
Dafür nimmt man dann in Kauf, dass man nicht so kann und darf, wie man es „eigentlich“  gerne würde. Man nimmt in Kauf, dass man bei Entscheidungen kaum Mitsprache hat, dass man sich an die Vorgaben hält, auch wenn man weiß, dass es besser anders und anders besser geht. Man steckt zurück, weil man den Konflikt scheut und fürchtet ohnehin den kürzeren zu ziehen. Man lässt Macht gewähren, wo es sinnvoller und erfolgversprechende wäre mitMach(t)en zu können. Auch wenn wir wissen, dass es weder für das Unternehmen noch für uns selbst von Vorteil ist immer wieder so zu agieren.
 

Warum handeln wir alle, immer (mal) wieder, dann doch so? 

Weil es ganz natürlich ist, den bequemeren, einfacheren Weg zu gehen, Verantwortung abzugeben, nicht immer mit vorne zu stehen, sagen zu können, dass die anderen das so wollen. Und wir machen dabei mit, weil für viele der Aufstieg, das Karriereziel „Führungskraft“ natürlich weiterhin attraktiv ist – und wer sägt schon an dem Ast, auf dem er selbst mal sitzen möchte?!
 
Der Wunsch Alpha-Wesen zu sein, ist tief in uns verwurzelt. Und neue Organisationsutopien schüren zudem die Angst davor, dieses Lebensziel nicht (mehr) umsetzen zu können. Wenn alle gleich sind, wo bin ich dann gleicher?
Andererseits wollen viele andere auch gar keine Führungskarriere. Sie wollen die Verantwortung für ihr Privatleben, aber nicht unbedingt für die Dinge, die sich bei der Arbeit weit jenseits sinnvoller Kontrollmöglichkeiten und außerhalb der Komfortzone abspielen. Die Angst vor den schlaflosen Nächten wächst mit der Sorge, über sich selbst hinauszuwachsen. 
 
Und so wird weiter die Kompetenz der Disziplin untergeordnet, das Vertrauen dem Misstrauen, die Selbstverantwortung den Vorgaben, die langfristige Zukunft dem kurzfristigen Profit. Wir denken in Kategorien wie Arbeitszeit statt -wirkung, Boni statt Beteiligung, Einzel- statt gemeinsamer Verantwortung und manifestieren damit immer mehr tief verankerte, erlernte Hilflosigkeit. Sich tatsächlich für das eigene Tun verantwortlich fühlen zu können, das schaffen wir im Privatleben manchmal und im Berufsleben selten. 
 
Das mag als kurzfristige Strategie wunderbar funktionieren. Mittel- und langfristig limitiert es aber die Führungskräfte, Chefs und Unternehmen, indem sie die großen Hebel für Macht und Einfluss aus der Hand geben. Denn diese stecken mittel- und langfristig viel mehr im gemeinsamen und gemeinsam genutzten Potenzial als im kurzfristigen Druck. In dem Potenzial das jeder nur in die Gemeinschaft einbringt, wenn es ihm und ihr selbst langfristig mehr Zufriedenheit bringt. Am Ende muss sich halt bei der Aktion jeder irgendwie damit wohlfühlen. Nacht und Einfluss der Zukunft haben diejenigen, denen es gelingt die Potenziale der Freiwilligen, der Follower und Netzwerke, hinter ihnen zu bündeln und nutzbar zu machen.  
 
Der technische Fortschritt hat uns Aufgaben eingebrockt, die es nun gilt anzugehen. Die Digitalisierung erlaubt uns, Wissen jederzeit und überall zu nutzen, aus unserer Jackentasche heraus mit der ganzen Welt in Echtzeit zu kommunizieren. Sie hat Gemeinschaft in einem Maß erlebbar gemacht, dass vor 10 Jahren unmöglich schien. Aber wir kranken auch noch an den Folgen der letzten großen technischen Revolutionen. Sie haben die Grundlage für unseren Wohlstand und die heutigen Entwicklungen geschaffen, aber auch, als unbewusste und ungewollte Nebenwirkung, den Klimawandel enorm beschleunigt und uns in den Organisationsstrukturen entmündigt. Alles mit dem Ziel größer, schneller, weiterzukommen, bis an den Rand unseres Planeten und darüber hinaus. Nun langsam, nachdem jeder Winkel erreicht, erforscht und „zivilisiert“, d.h. an das Wirtschafts- und Handelssystem angeschlossen ist, ist es Zeit die Welt und ihre Ressourcen als begrenzt und schützenswert zu realisieren.   
Es ist damit an der Zeit bei dem was wir tun und wie wir es tun wohldosierter und bewusster Gas und Bremsest zu nutzen. Es ist Zeit Nachhaltigkeit in ihren drei Dimensionen soziales, ökologisches und ökonomisches, zur gemeinsamen Basis des Handelns auch und vor allem in Unternehmen werden zu lassen. Fernab von greenlabeling ist es Zeit, sich bewusst zu machen, dass, nachdem sich unsere Vorfahren das Recht genommen hatten, die Welt und die von uns genutzte Technologie immer weiterzuentwickeln, wir nun gemeinsam in der Pflicht stehen, die Konsequenzen anzunehmen. Es ist das Erbe, dem wir uns stellen sollten, um selbst ein annehmbares Erbe zu hinterlassen.
 
Ich glaube fest daran, dass es uns leichter gelingen wird dieses Erbe zu gestalten, wenn wir auch beginnen Unternehmen und Organisationen wieder langfristiger und nachhaltiger (aus-)zu-gestalten. Es gibt Beispiele, die zeigen, dass sich die Themen nicht ausschließen. Gerade im deutschen Mittelstand gibt es viele Familienunternehmen, die sehr erfolgreich mit anderen Maßstäben agieren als schnellem Profit und klaren Machtstrukturen. Aber auch weltweit richten sich Unternehmen wie Semco, Gore, Patagonia, Buurtzorg nach „neuen“, gemeinverträglicheren KPI aus. Selbst Investoren wie Bridgewater rufen dazu auf Ökonomie, Ökologie und Soziales wieder mehr unter einen Hut zu bekommen. 
 
Doch große(, weltweite) Gemeinschaften zu bilden, die einen Glauben, ein großes, übergreifendes und attraktives Ziel teilen und entsprechend handeln, ist bislang nur den Göttern gelungen. Auch wenn die heutigen großen Religionen in ihren eigenen Organisationsstrukturen kein Beispiel bieten, so bieten dieses doch die Ziele, die sie verfolgen. Am Ende geht es immer darum, die Erhaltung der Menschen und dazu die des Planeten zu sicher. 
 
Ich glaube, heute brauchen wir einen neuen Gott, der uns wieder zusammenbringt, um gemeinsam die großen Herausforderungen der Zeit zu stemmen. Vielleicht beginnen wir damit die Grundlagen dafür in jedem Unternehmen zu schaffen, indem wir, jeder von uns, daran arbeiten das Unternehmen, sein soziales, ökologisches und ökonomisches Umfeld und damit in einer Kettenreaktion am Ende der ganzen Planten in einen Zustand zu versetzen, der der Erhaltung der Menschheit insgesamt dient.
Das wäre mal ein Gott, an den auch ich glauben kann.  

Gemeinsam dem Kontrollverlust begegnen

Wer kennt sie nicht, die Momente des „Kontrollverlusts“? Mein letzter liegt gerade eine Woche zurück. Ein krasser Fall, zugegeben, aber eben auch einer, der dazu geführt hat, mich intensiver mit dem Thema auseinanderzusetzen.
 
Was passiert da, wenn der Boden unter unseren Füßen nachgibt und das Gefühl der Angst um sich greift? Was ist da los, wenn wir in Sekundenbruchteilen vom Steuermann zum blinden Passagier auf unserem eigenen Schiff, unterwegs in Richtung Zukunft und Existenzgrundlage werden? Was bringt uns so sehr in das Gefühl der Ohnmacht, dass wir zwischen Stillstand und vollkommener Überforderung die Realitäten kaum noch wahrnehmen?
 
Im „normalen“ Leben können dies Momente sein, wie ein steckenbleibender Fahrstuhl, Glatteisregen auf der Autobahn oder ein Kreislaufzusammenbruch. Mit Blick auf Unternehmen sind es im kleinen die Momente, in denen der Chef die geleistete Arbeit einfach ignoriert oder negiert, die „weiter oben getroffene“ Entscheidung, deren noch unabsehbaren Folgen sich in jedem Fall direkt auf das eigene Arbeitsgebiet auswirken oder der, wie ein Damoklesschwert über einem schwebende mögliche Jobverlust. Es sind noch immer die Altlasten einer „Command & Control“ Führung, die entmündigen und Abhängigkeiten erzeugen.
 
Aber auch wohlgemeinte Entwicklungen wie sie im Kontext von „Agilität“, „New Work“ und im „Kulturwandel“ auftreten, können, obwohl sie oft eine deutlich andere Intention haben, zum Gefühl des Kontrollverlustes beitragen. Schließlich zielen alle diese „neuen“ Ansätze darauf, gemeinsames Handeln zu stärken, was aber andererseits bei allen, die auf der Basis von ellbogen-betontem Wettbewerb sozialisiert sind, die Angst verstärkt in einem Zug auf dem Abstellgleis zu sitzen und die weitere Fahrt zu verpassen.
Kurz, es sind immer die Momente mit ungewissem Ausgang, in denen das eigene Handeln nur minimalen oder keinen Einfluss (mehr) auf das Ergebnis hat.
 
Was dann in uns abläuft, sind die gleichen alten instinktiven Reaktionen, die schon seit Menschengedenken unser Handeln prägen. Diesem enormen Stressfaktor ausgesetzt, landen wir irgendwo zwischen Wut, Widerstand, Resignation und Stillstand. Die einen, gerne auch Quertreiber und -denker genannt, starten in die Rebellion, um zu retten, was (für sie) zu retten ist, andere verdrängen, was sie nicht sehen wollen und der Rest gräbt sich einfach weiter in den Treibsand der gelernten Hilflosigkeit ein. Gerade, wenn der Kontrollverlust zu einem Dauerzustand wird, hilft vermeintlich ja Passivität, um die vielleicht doch noch vorhandenen, knappen Ressourcen für den Zurückgewinn der Kontrolle aufzusparen.
 
Was ich vorhin andeutete, lohnt jetzt mit mehr Tiefe berichtet zu werden. Der Kontrollverlust in der VUCA-New-Work-Welt. Kontrollverlust also in einer Welt kontinuierlichen Wandels, stetiger Anpassungsnotwendigkeit und ohne die Möglichkeit langfristig zu planen. Das (ich übertreibe vielleicht ein wenig) Amargeddon und die nicht nachvollziehbare, allumfassende Katastrophe, für manchen Baby-Boomer und so manche ‚Command & Control‘ Führungskraft.
 
Dem Physiker in mir fällt natürlich der Verglich zu Schrödingers Katze ein, deren Schicksal – zwischen Leben und Tod – für den Außenstehenden nicht erkennbar und auch nicht beeinflussbar ist, solange die Kiste noch geschlossen ist. Ähnlich ergeht es denjenigen, die im Zuge der Veränderung befürchten, dass an ihrem Stuhl gesägt wird und der hierarchisch abgesicherte Status flöten geht.
 
Dabei existiert in dieser Analogie auch der Funken Hoffnung der Quantenphysik, die klarmacht, dass gewissen Teilchen nicht beliebige, sondern nur feste, diskrete Werte annehmen können. Die absolute Unvorhersagbarkeit weicht also der Vorhersage immerhin „unterscheidbarer“ Ergebnisse.
 
Das erlaubt eine neue, veränderte Dimension der Kontrolle und Perspektive. Eine, die es ermöglicht, den Kontrollverlust in viele kleine Abschnitte zu unterteilen, die für sich genommen auch als Wachstums-, Entwicklungs- oder Lernchance aufgefasst werden können. Anders also, als der „Kontrollverlust im Großen“ der mittel- oder unmittelbar an den Rand der Katastrophe zu führen und damit existenzbedrohend erscheint.
 
Wichtig, um diese kleinen Schritte zu gehen und diese Wahrnehmung zu entwickeln ist, sind zwei Entscheidungen, die jeder von uns, zumindest im Kontext ‚Arbeit’ selbst treffen kann bewusst zu machen:
Erstens hilft es, die möglichen Entwicklungsrichtungen, die das Thema, das das Gefühl des Kontrollverlustes ausgelöst hat, zu verstehen.Um den Blick wieder über den Tellerrand heben zu können, brauchen wir das Gefühl, dass hinter dem Tellerrand eine Welt existiert, die zu betrachten lohnt. Wir brauchen eine persönliche (oder gemeinsame, aber dazu komme ich noch) Vision, ein Ziel, eine Idee.
 
Zweitens kann man versuchen, sich des eigenen, individuellen Verhaltens und der damit eingenommenen Rollen klarzuwerden. Konkret:

  • Kann ich offen damit umgehen und versuchen kreativ den („vermeindlichen“ ?!) Kontrollverlust für etwas Positives zu nutzen? Gelingt es als Quer- und Weiterdenker ein Reframing der Situation umzusetzen?
  • Kümmere ich mich gerne darum, die Ressourcen zu strukturieren, um dann gemeinsam Ideen zu entwickeln? Kann und will ich das ansprechen und versuchen Gleichbetroffene oder Gleichgesinnte zu finden?
  • Sehe ich die drohende Gefahr als so existenziell an, dass ich mich wie gelähmt zur Verfügungsmasse anderer degradiere?

Der Kontrollverlust lässt sich vielmals als fließender Veränderungs- und Entwicklungsprozess neu fassen und so leichter aushalten. Nichtsdestotrotz gilt: Sich diesem Angstthema so zu nähern bedeutet, einen Teil der zuvor wahrgenommen Sicherheit aufzugeben und sich neu zu orientieren. Es ist Zeit die Komfortzone um ein paar (zunächst kleine, aber entscheidende Schritte zu verlassen, um die ‚Magische Zone‘ mit neuen Aussichten und Möglichkeiten zu erreichen.
 
Dies gelingt um so leichter, je mehr ich mich bereits in einem Zustand (relativer) Unabhängigkeit und Freiheit wahrnehme, wenn ich etwa in Bezug auf den Arbeitsort, die Arbeitszeiten bereits unabhängig(er) entscheiden kann und (zudem), wenn ich mir eines starken, tragfähigen Netzwerks von Kollegen bewusst bin. Diese beiden Faktoren, Wahlfreiheit und Verbundenheit bzw. Vernetzung, sind die wesentlichen Einflussgrößen, um mit dem Gefühl eines individuellen Kontrollverlustes in einer beruflichen Situation umzugehen.
 
Um aus das Angstgefühl weiter einzugrenzen sind weitere Trigger hilfreich:

  • So fordern auch kleine Erfolgserlebnisse das Gefühl das jetzt so wichtige Selbstvertrauen. Man sollte sie sich bewusst machen und wo möglich feiern und so emotional verstärken.
  • Kleine Rituale und Symbole helfen, sich an die (ersten= positiven Schritte und Entwicklungen zu erinnern und die damit verbundenen positiven Gefühle besser zu verankern.
  • Der Kontakt zu erfahreneren Kollegen und Mentoren macht es leichter, neue Perspektiven und Ansätze zu betrachten.
  • Sich die eigene Schwäche und Verletzlichkeit einzugestehen und sich zugleich klarzumachen, dass wir in einer Welt Leben, die „Permanent beta“ als eine relevante Facette des Gestaltungsraums in sich trägt, hilft ebenfalls. In dieser „neuen“ (Arbeits)Welt sind wir alle, in Bezug auf immer mehr Themen ‚permanente Anfänger‘.

Bei all diesen Triggern geht es darum, die Wahrnehmung zu stärken, Teil einer Gruppe von „powerful people“ zu sein, von Menschen, die zwar beim ersten Blick nur wenig „Macht“ zu besitzen scheinen, aber bei denen sich auf den zweiten Blick offenbart, dass dennoch viel Gestaltungsspielraum vorhanden ist. Doch: dieser Schritt braucht Ruhe und Mut zur Reflexion. Gerade wenn die Dinge nicht so laufen, wie man sie gerne hätte, hilft es Teil einer vertrauensvollen und vertrauenswürdigen Gemeinschaft zu sein, die fest entschlossen ist ein gemeinsames Ziel umzusetzen!
 
Um sich dieser Position klar zu werden, hilft es, in die Kommunikation innerhalb der Organisation zu investieren und sie zu intensivieren. Wer umfassend, ehrlich und transparent die eigene Sichtweise und die Bedürfnisse zum Ausdruck bringt, gewinnt nicht nur Ansehen und Zuspruch, sondern auch Unterstützung. Es hilft den eigenen Ansatz zu reflektieren und hilft die Zielsetzung der anderen zu verstehen. Allein das eröffnet neue Handlungsspielräume und die Chance gemeinsam zu (re)agieren.
 
Kontraproduktiv ist es allerdings in Situationen, in denen ein möglicher oder bereits stattgefunden Kontrollverlust ein Thema ist, mit Neid, Misstrauen und übermäßigem Widerstand zu reagieren.
 
Der Kontrollverlust ist oftmals ein Thema, dass den einzelnen besonders betrifft, womit er oder sie aber selten wirklich alleine ist. Oftmals ist das Gefühl in größerem Umfang in der Organisation präsent, ohne direkt angesprochen zu werden. Ein manchmal fatalen Fehler, der ganze Unternehmen ausbremst, Innovation verhindert und die gemeinsame Leistung einbrechen lässt.
 
Was mir in der letzten Woche geholfen hat, aus meiner ‚Gefangenschaft‘ der Ohnmacht und dem damit wahrgenommenen Kontrollverlust zu entfliehen, war das Wissen, dass es zwei Gruppen gibt, die mir helfen konnten und wollten, um mit der Situation fertig zu werden. Zum einen waren es meine „Mitgefangenen“. Mein Umfeld, dass in derselben Situation steckte, sodass wir uns mit unseren unterschiedlichen Fähigkeiten unterstützen konnten. Zum anderen war es „externer Support“, d.h. Menschen, die fachliches beisteuern konnten, ohne direkt in gleichem Maß betroffen zu sein. Notwendig war dazu die Probleme klar anzusprechen und trotz einer emotionalen Aufgewühltheit offen und ehrlich miteinander zu sprechen.
 
Am Ende haben wir gemeistert, was es zu meistern galt. Auch und vielleicht in dieser Form auch gerade wegen, des zuvor gefühlten Kontrollverlustes, denn nur so waren wir bereit über unsere Schatten zu springen.

Zertifikate oder echte Kompetenz? Woher wissen wir, wer etwas wirklich kann?

Mein Tauchkurs ist jetzt fast 20 Jahre her. Seitdem liegt irgendwo in einer Schublade (m)ein Zertifikat, mit dem ich wahrscheinlich noch immer irgendwo auf der Welt eine Tauschbasis finden würde, die mir das notwendige Equipment ausleiht, um mich in eine potenziell lebensgefährliche Situation zu bringen. Ich bin ein guter Schwimmer und Schnorchel auch gerne, aber auf dem Weg weiter unter die Wasseroberfläche könnten mir dann doch ein paar Details entgehen, würde ich das Thema es ganz ohne kompetente Begleitung heute nochmal angehen.
 
Und jetzt meine Frage an die Führungskräfte unter euch? Wann habt ihr euer Führungszertifikat gemacht? Welches Wissen habt ihr dabei erworben? Ist dieses Wissen noch aktuell, passt es zu den aktuellen Entwicklungen und den sich daraus für euer Unternehmen ergebenden Möglichkeiten? Fühlt ihr euch noch wohl damit?
 
Oder habt ihr Führung im Job autodidaktisch gelernt? “Learning by doing“? Vielleicht noch begleitet von einer erfahreneren Kraft oder einem Coach?
 
Was denkt ihr, wieviele Führungskräfte bei ihrer Neuanstellung nach spezifischen Ausbildungen für diese Tätigkeit gefragt werden?
 
Gerade „Führung“ ist ja eh so ein Ding, das man entweder kann, bei dem man sich noch ein paar gute Bücher kauft und dann läufts – oder man lernt es eh nie?! So scheint zumindest vielfach die Meinung zu sein. Womit Führung ein Thema zu sein scheint, bei dem man nichts wirklich erwartet (außer „nachweislicher Führungserfahrung“, wobei, was sagt das über die Qualität und Kompetenz aus und wer führt und prüft überhaupt diesen Nachweis?), weil man ja nur sehr schwer im Vorfeld sagen kann, ob die Führungskraft mit den Menschen in seinem Umfeld so weit harmoniert und kommuniziert, dass nachher tatsächlich alles optimal läuft.
 
Mit fachlichen Ausbildungen und Nachweisen, wird dagegen ganz anders umgegangen.
Fragt sich, was auf den gemeinsamen Erfolg in einem Team und Unternehmen mehr Einfluss hat.
 
Jetzt will ich aber gar nicht über Führungskräfte herziehen. Es geht um uns alle und unseren Umgang mit Lernerfahrungen und deren Nachweis. Der Blick auf die Situation bei Führungskräften hilft allerdings sehr, für meinen eigentlichen Punkt zu sensibilisieren. Wir leben in einer Welt zwischen Microlearning, einer Vielzahl neuen Lernformen, Do-it-Yourself-Angeboten, noch immer großer Zerttifikatsgläubigkeit und zugleich einer unglaublichen Gleichgültigkeit.

Der Nutzen von Zertifikaten jenseits von Basisqualifikationen?

Die Arbeits- aber auch die Lernwelt ist deutlich differenzierten und diffiziler als noch vor 10 Jahren. Mit der Dynamik der Entwicklungen nimmt in beiden Bereichen der Veränderungsstrom weiter Fahrt auf. Was gerade noch als ruhiger Fluss vor sich hin dümpelte lässt die ersten Stromschnellen erkennen. Ich bin gespannt, ob, oder eher wann, wir an einem Wasserfall ankommen.
 
Damit müssen wir in beiden Bereichen – und insbesondere in der Schnittmenge des „Lifelong learning on and for the job“ den Blick heben und uns neu orientieren.
 
Natürlich sind Zertifikate manchmal wichtig. In der letzten Woche habe ich (dennoch) auf Linkedin in die Runde gefragt, welche Erfahrungen meine Follower dort mit „Zertikaten“ bzw. Deren fehlen in unserer, wie ich es empfinde, noch immer sehr zertifikatsgläubigen Welt so gemacht haben. (https://www.linkedin.com/posts/bosbachmobi_wir-sind-ja-ein-extrem-zertifikatsgl%C3%A4ubiges-activity-6606192014948089856-xTRf)
 
Torsten Roman-Jacke hat das wie folgt kommentiert: „Hmmm. in einigen Bereichen, z.B. Gesundheitsbereich – Arzt – ist es mit ganz lieb, wenn jemand eine Ausbildung / Studium / Examen hat. Bei Umgang mit Starkstrom finde ich es auch ok. 😉 Doch ansonsten sind viel Zertifikate und Auszeichnungen das Papier, worauf sie ausgedruckt wurden. Was sagt es über den Menschen aus? Wenig bis gar nichts. Unternehmen sollten bei Bewerbungen die Frage stelle “Wer bist du?” und nicht “Was bist du?”. Damit wäre schon viel gewonnen und gleichzeitig bekommen sie tolle Menschen.“
Guter Punkt!

Worum geht es wirklich?

Was brauchen wir denn von jemand anderem, dessen Wissen, Kompetenz und Fähigkeiten wir noch nicht einschätzen können. Warum vertrauen wir, wie Dank Pink in einem Vortrag dargestellt hat, der 15jährigen aus der Nachbarschaft eher zu auf unsere Kinder aufzupassen, als der diplomierten Erzieherin die gerade erst in die Wohnung nebenan gezogen ist?
 
Es ist einfach: Wir suchen und brauchen für solche Entscheidungen Vertrauen und Sicherheit, dass der Job gut gemacht wird. Wie Markus Ahornen als Kommentar zu meinem Post schreibt: „Wir als Spezies brauchen Beweise, möglichst aus eigener Anschauung. Seit der Steinzeit haben wir gelernt, Aufschneidern und Lügnern nicht zu trauen, weil das Überleben der Art davon abhing. Heute passt das teilweise nicht mehr in die Zeit, weil sich die technische Entwicklung immer stärker von der gesellschaftlichen abkoppelt, aber 200.000 Jahre menschliche Evolution lassen sich nicht so schnell abschütteln. :-)“
 
Was wir also brauchen ist Mut unsere Gewohnheiten bewusst zu überdenken, zu reflektieren, ohne uns selbst dabei zu verurteilen, um so neue Gewohnheiten zu entwickeln. So könnten wir unser Verständnis davon überdenken, was es bedeutet, etwas wirklich zu können – zumindest in Teilbereichen, die sich nicht zu Existenz- oder lebensbedrohlichen Problemen auswachsen können. Das heißt, wir sollten kritischer hinterfragen, was wir (als Individuum und für die Arbeitsorganisation) konkret brauchen und wer diese Kompetenz besitzt oder besitzen kann. Wir brauchen dafür mehr Netzwerk und Zugriff auf persönliche Erfahrungen, auf Referenzen und Feedback. Auf das Erfahrungswissen unseres Umfelds, das oftmals viel genauer Aussage treffen kann, was jemand kann und was nicht – ganz nach Dan Pink also, aber auch einem deutlich höheren Niveau.
 
Dieser Weg führt dazu, dass wir – als Individuen, wie als Teil einer Organisationen – Zugang zu den Fähigkeiten und Kompetenzen von Menschen zu erhalten, die ihr Kopf- und/oder Handwerk beherrschen, ohne dies offiziell nachweisen zu können.
 
Das trifft insbesondere dann zu, wenn es um Themen geht, die man noch gar nicht „offiziell“ gelernt haben kann, weil es noch niemand lehrt, man es aber braucht, weil der Markt schneller ist, als die Lehrangebote?
 
Als jemand, der die neuen Themen in Tiefe analysiert und sich seine eigene Meinung dazu bildet, hat man es da noch vergleichsweise leicht. Solche „Vordenkern“ haben in dem Kontext einfach Narrenfreiheit. Aber, was ist mit den eher stillen, die sich die top-aktuellen Themen anschauen, und Erfahrungen machen? Erfahrungen, deren Qualität zudem niemand beurteilen kann?
 
Damit gewinnt ein anderer Aspekt an Bedeutung: Selbst up-to-date zu bleiben. @Harald Schirmer hat in einem Blogbeitrag versucht dem Mircolearning, also den Versuch immer ein bisschen dranzubleiben und Zeit zu investieren, eine Lanze zu brechen. Ein ungeheuer wichtiges Thema – für alle, nicht nur für die, deren Terminkalender ohnehin immer aus allen Nähten platzt.
 
Was also wäre ein Weg, uns alle hier weiter voranzubringen, Zertifikaten eine „zettelfreies“ Pendant an die Seite zu geben? So schwer ich mich selbst tue, dies umzusetzen (sowohl sie zu schreiben als auch welche anzufragen), so wichtig finde ich Referenzen und Bestätigungen von Fähigkeiten. Jenseits der Möglichkeit sich diese zu kaufen, sind solche Nachweise aus der Crowd ungemein kraftvoll und in der Masse eben auch zumeist verlässlich und ehrlich.
 
Und damit hier mein vorgezogener Weihnachtswunsch (an mich und an euch): Wie wäre es, in der Zeit vor Weihnachten vermehrt Referenzen zu schreiben und auch Linkedin (Xing bietet dies leider nicht an) die Fähigkeiten und Kenntnisse von Kontakten zu bestätigen und jeden Tag (mindestens) eine Empfehlung zu schreiben. Ich bin überzeugt, dass das neue Wege öffnet, Vernetzungen stärkt und nebenbei für neue Impulse zur Problemlösung sorgt. Und ich bin überzeugt, dass wir damit die Basis für eine neue Art der Zusammenarbeit schaffen, für die gemeinsame Arbeit von „powerful people“ and den Themen unserer Zeit. Gemeinsam und um gegenseitigen Bewusstsein unserer Stärken sind wir einfach besser.
 
Vier weitere Ansätze sind mir dazu eingefallen:

  • Erstellt öffentliche Übersichten zu den Themen die euch interessieren mit Hinweisen und Inspirationen, also Buchheims, Videos Podcasts. Alles, was anderen helfen kann, mehr dazu zu erfahren. (Mein Adventskalender funktioniert in diesem Jahr nach einer ähnlichen Logik.
  • Nutzt die Möglichkeiten in Social Media, um eure eigenen Kompetenzen und Fähigkeiten aufzuführen.
  • Gebt anderen Hinweise, welche besonderen Fähigkeiten sie besitzen, die sie als Selbstbild vielleicht gar nicht als so besonders wahrnehmen. (Ich glaube, darin steckt sehr von Potenzial).
  • Und der „aktivste“ Ansatz und anschließend an die obigen beiden Absätze: Bittet andere euch ehrliches Feedback zu geben, wie ihr die Dinge angeht, und was in euch steckt. Idealerweise mit Blick darauf, worin ihr noch besser werden könnt, oder was euch außergewöhnlich gut gelingt. Lasst uns als Netzwerk einfach viel aktiver und offener damit umgehen.

 
Demnächst werde ich mit unseren Kids zum Schnuppertauchen gehen, mit Tauchlehrer und unter Aufsicht versteht sich, damit ich auch wieder beginnen kann. Es ist nie zu spät, Dinge wieder neu zu lernen.

Transformation weitergedacht: Im „Ecosystem“ zu mehr „powerful people“

Transformation weitergedacht: Im „Ecosystem“ zu mehr „powerful people“

Nach einigen Schwächen im letzten Jahr war Wien in der letzten Woche wieder spannender.
Nein, nicht die Stadt an sich – die ist nett, aber aus meiner „Landei“ Sicht doch auch immer irgendwie gleich. Nein, ich meine das Global Peter Drucker Forum, dem ich (inzwischen schon in alter Tradition) wieder per Livestream beigewohnt habe. Auch, wenn das bedeutet auf das Netzwerken vor Ort zu verzichten, so hilft mir die Teilnahme „aus der Distanz“ bei Veranstaltungen, die so voller wertvoller Impulse stecken, diese direkt in mein Denken, meine Wahrnehmungen und meine Weiterentwicklung einfließen zu lassen.
 
Was wäre wohl, wenn eine solche Veranstaltung in einem reinen Onlineformat abgehalten und das Netzwerken auch auf diesem Weg möglich wäre. (Ich bin da gespannt, was die VR-Konferenztechnik uns in den nächsten Jahren beschert.)
Aber das ist hier nicht mein Thema. Ecosysteme sind es. Organisations-Ecosysteme um genau zu sein.
 
Wer den Gedanken und Impulsen der Beobachter (und Vordenker) zur Weiterentwicklung von Organisationen folgt, erkennt, wie sehr Unternehmen unter den neuen Gegebenheiten der Wirtschaft leiden und wie schwer es den meisten (dennoch) fällt, ihr Handeln zu verändern. Oft wird noch immer versucht, die „Probleme“ einer sich stark verändernden Umwelt mit den Logiken alten Denkens zu überwinden. Ergebnis ist der immer wieder scheiternde Versuch, die alten Systeme weiter zu optimieren, meist durch „Gesund(?)“schrumpfen von Unternehmen (siehe ganz aktuell Audi) und/oder eine Verlagerung des Fokus von den Stakeholder zu den Kunden.
 
Noch immer fehlt der Mut zum nächsten, vielfach längst fälligen große87n Schritt, der Verlagerung des Fokus von einzelnen Stakeholdergruppen hin, zu allen Menschen. Zu den Kunden und Investoren, aber auch den (festen, temporären und freien) Mitarbeitern und Führungskräften aller Ebenen und zu damit zu den Netzwerken und vielen kleinen „Ecosystems“, die in ihrem ZusammenWirken die Leistungen der Unternehmen erst ermöglichen.
 
Die Herausforderung ist, dass Organisationen, die sich als Öko-/Ecosystem verstehen, ganz anders agieren und denken, als klassisch operierende Unternehmen. Sie haben erkannt, dass die es andere Leitplanken und Ansätze braucht, damit es den Menschen gelingen kann, in dem neuen Umfeld ihre Wirkung für die Organisation zu entfalten.
 
Sie brauchen einen Rahmen, der es Ihnen ermöglicht, ihre Fähigkeiten zu erkennen, zu nutzen, zu bündeln und einzubringen. Und genau hier lohnt es, genauer auf das Thema Ökosysteme einzugehen – wobei ich hier im Kontext von Organisationen, zur klareren Abgrenzung, den englischen Begriff „Ecosystem“ verwende.
 
Ökosysteme sind, sofern sie ohne massiven Eingriff von außen ihr Equilibrium, ihren Gleichgewichtszustand finden können, enorm robust und zugleich anpassungsfähig, obwohl – oder gerade weil – sie mit Komplexität und Dynamiken hervorragend umgehen können. Ist dann noch der Zugang zu den notwendigen Ressourcen gesichert, kann das Ökosystem seine – nach innen oder außen gerichtete – Wirkung erzeugen. (Und, ja, Ich vereinfache hier teilweise die Wirkzusammenhänge).

Worum geht es konkret? 

Wie und was sind diese Organisations-Ecosysteme?

Grundsätzlich gibt es drei wesentliche Eigenschaften von Ökosystemen, die auch hier Anwendung finden können ins Bild passen:

  • Ökosysteme sind offen – Sie interagieren mit internen und externen Mitgliedern und anderen Ökosystemen und gehen teilweise nahtlos ineinander über.Mitglieder / (Teil)Organisationen können mit einem und/oder mehreren Ökosystemen interagieren und diese wechseln. Ressourcen, wie z.B. Energie, werden zwischen den Ökosystemen ausgetauscht.
  • Ökosysteme sind dynamisch – Ökosysteme können sich an verändernde Rahmenbedingungen anpassen, seien dies interne oder externe, weil ihre Mitglieder frei entscheiden können, wie sie reagieren. Sie können sich neu organisieren, ihre Kompetenzen bündeln oder vertiefen. Sie können sich neu vernetzen und so Einheiten bilden, die besser angepasst agieren können. Dazu besitzen sie hohe Freiheitsgrade innerhalb eines klaren und dennoch flexiblen Rahmens.
  • Ökosysteme sind komplex – Die Einflussfaktoren und Mitglieder aus dem inneren und äußeren der Ökosysteme stehen in ständiger Wechselwirkung zueinander und sorgen für ein komplexes Geflecht an Interaktionen. Sie gewinnen damit die Fähigkeit, komplex aus komplexe Herausforderungen zu reagieren.

Ich unterscheide bei diesen Ecosysteme drei Ausprägungen.
Typ 1) In Beispielen wie Apple, Amazon, Facebook, Alibaba, Uber und Airbnb nutzen die Unternehmen intensiv Partnerschaften mit externen Unternehmen, etwa Händlern, Fahrern, Vermietern oder Softwareentwicklern („Anbieter“), um über ihren Mehrwert für diese einzelnen Anbieter, z.B. in Form einer großen, leicht zugänglichen, im wesentlichen gleichberechtigten, einheitlichen technischen Plattform, etwa eines Marktplatzes, ihre eigenen Produkte und Plattformen aufzuwerten.

Typ 2)
in Beispielen wie Buurtzorg und vielen Unternehmen ist die gemeinsame Plattform eher eine Haltung und ein gemeinsames Ziel, dass durch wenige technologische Werkzeuge, z.B. zur Kommunikation unterstützt wird. Hier arbeiten Teams mit ähnlichen Zielsetzungen aber unterschiedlichen Methoden und Kunden an denselben Dingen und profitieren von der Plattform, indem diese Austausch und die Weiterentwicklung ermöglicht und zentrale, leicht u vereinheitlichende Aufgaben übernimmt und die Teams damit unterstützt.
Dazu existiert (für mich) noch eine dritte Ausprägung, die der „individuellen Ecosysteme“ (Typ 3). Sie sind, was uns alle umgibt. Die „Plattform“, die wir nutzen, um zu lernen, uns persönlich weiterzuentwickeln. Unsere Netzwerke, Impulsgeber, Vorbilder und die zwar theoretisch für viele verfügbar sind (und damit einen gemeinsamen Anknüpfungspunkt bieten) aber individuell genutzt werden.
Diese drei Ausprägungen können aufeinander aufbauen. Wenn die individuellen Ecosysteme als kleinste Einheiten miteinander interagieren, können sie an gemeinsamen Themen arbeiten und hier große Leistung erzielen. Teilweise können diese Zusammenschlüsse (aka Organisationen, Typ 2) dann mit Hilfe von technologischen Plattformen (Typ 1) ihre Wirkung weiter verstärken.

Einblicke in die Insights und Ausblicke aus Wien

Martin Reeves, Chairman des BCG Henderson Institute, schreibt dazu als sein „Take away“ aus Wien: (Auszüge aus „The State of the Ecosystem“)
„2. […] 70% der weltweit größten Unternehmen sind heute auf digitalen Plattformen aufgebaut (Anmerkung: dies sind u.a. Amazon, Alibaba, Uber, AirBnb, Google, Facebook, Apple) die eine koordinierte Bereitstellung komplexer kundenspezifischer Angebote durch eine große Anzahl von Unternehmen ermöglichen. 
3.  Abgesehen von Ökosystemen als breite Metapher verweist der Begriff auf eine spezifische Governance-Form, die es einer dynamischen Unternehmensgruppe ermöglicht, den Kunden ein koordiniertes Angebot zu unterbreiten. Ökosysteme kombinieren einen Teil der Flexibilität des offenen Marktes mit einem Teil der Koordination des vertikal integrierten Unternehmens oder der stabilen, linearen Lieferkette. 
4.  Ökosysteme sind kein Allheilmittel, sondern eine bedingte Wahl, je nach Unternehmensmerkmalen und -ansprüchen. Ökosysteme erfordern ein modulares Angebot, so dass mehrere Unternehmen zu ihrer Bereitstellung beitragen können, und sind wertvoll, wenn eine gewisse Koordination erforderlich ist, sei es durch gemeinsame Standards, Schnittstellen oder anderweitig. 
5.  Während es einige vordigitale Präzedenzfälle wie Tupperware oder MasterCard gibt, hat die digitale Technologie den rasanten Aufstieg der Ökosysteme vorangetrieben, indem sie die Koordination hoher Komplexität zu niedrigen Kosten und mit großer Reichweite ermöglicht. 
6.  Geschäftsökosysteme benötigen dynamische und flexible interne Strukturen und keine statischen, klassischen Hierarchien. Es wird viel experimentiert, um die richtige Form für das interne Ökosystem zu finden, von den Mikro-Geschäftseinheiten von Haier über Alibaba’s Self Tuning Enterprise bis hin zu den agilen Strukturen von Tencent und anderen.
7.  Eine erfolgreiche Implementierung von Ökosystemen erfordert ein anderes Denken als eine klassische produktzentrierte Organisation. Die Analyseeinheit wird zum multilateralen Ökosystem und nicht zum Einzelunternehmen. Die Wertsteigerung wird durch die Betonung der gegenseitigen Wertschöpfung ergänzt. Stabilität weicht der Dynamik und Planung dem Experimentieren und Entstehen. Wir könnten diesen unterschiedlichen Ansatz bezeichnen, biologisches Denken im Gegensatz zu mechanischem Denken. […]“
Solche Ecosysteme sind entsprechend eine der derzeit wohl besten Lösungen für die aktuellen Probleme. Aber, wie setzt man sie in Unternehmen um, die weniger eine technologische also eine logische Plattform zur Zusammenarbeit bereitstellen?
Dazu lohnt es, das denken in zentralen Plattformen zu erweitern und dem Fokus anders zu setzen.
Jos de Blok hat in Wien einen kleinen Einblick in den Status von Buurtzorg gegeben. In einem Teil seiner kurzen Präsentation benutzte er eine konzentrische Darstellung der Strukturen der Organisation. Im Zentrum stehen für Buurtzorg die Patienten, um die herum sich deren Netzwerk aus Nachbarn und Angehörigen aufspannt. Sie umgibt das Buurtzorgteam, das wiederum vom formalen Netzwerk mit weiteren Ressourcen umgeben wird. Eine Darstellung, die mich angeregt hat, eine allgemeinere Sicht auf die Organisations-Ecoysteme in denen wir (zukünftig) arbeiten könnten zu entwickeln. Denn sie sind der natürlichste Ausgang zu einfach.besserer.ZusammenArbeit.
Unternehmens Ecosystem V1 quer

 
Managementmodelle Übersicht EcosystemsIch schreibe: „…(zukünftig) arbeiten könnten…“ weil wir uns mit den alten Strukturen an vielen Stellen im Weg stehen. Sie stehen für Eingriffe in ein (zuvor wahrscheinlich) funktionsfähiges Ökosystem, die die Rahmenparameter so verändert haben, dass im Ergebnisse viele Organisationssysteme dem Kollaps immer näher kommen. Dieser Eingriff in Form 100 Jahre alter Managementprinzipien und Büro- und Meritokratie ähnelt der Einfuhr von zwei Dutzend wilden Kaninchen nach Australien vor mehr als 140 Jahren. Dieses als Fleisch- und Felllieferant geplante Jagdwild hat sich zu einer katastrophalen Plage mit mehrere Milliarden Individuen entwickelt und über den gesamten Kontinent aus gebreitet.
 
Um ein solches Ökosystem wieder in einen angepassteren, aus sich heraus leistungsstärkeren Zustand zu entwickeln, sollte man zunächst verstehen, wie das Zielszenario aussehen kann. Was muss ein Organisations-Ecosystem, als Struktur leisten, um sowohl mit Komplexität und Dynamiken umzugehen, als auch daraus Stabilität aufzubauen. Eine Struktur, die sich fähig erweist, in einer VUCA Welt optimale Performance zu leisten und bestmögliche ZusammenArbeit zu ermöglichen?
Unternehmens Ecosystem V1 Ausschnitt quadratisch

So wie mein „Typ 2“ auf den „Typ 3“ aufbaut, stellt sie (zwangsläufig) den Mensch, zunächst unabhängig von der Rolle als z.B. Kunden oder Mitarbeiter in den Fokus. Um diesen Fokuspunkt herum, bilden Sphären mit soziale und fachliche Interaktion den Rahmen in dem sowohl persönlich-individuelle, wie auch gemeinsame Weiterentwicklung ermöglicht wird und für die die Organisationen einen stabilen Rahmen bildet.
 
Die organisationale / formale Ebene bildet den (kulturellen) Rahmen, indem Parameter, ethische und moralische Normen und Regeln vereinbart – nicht vorgegeben (!) – werden. Sie bestimmt über die Qualität, Ausrichtung und Ausgestaltung dieser „Rules“ die „Roles & Relationships“. Sie befähigt durch diese Richtlinien und schafft (und kontrolliert damit auch) den Zugang zu weiteren externen Ressourcen. Wenn ein organisationaler Rahmen es neuen Talenten es schwer macht, sich auf das miteinander im Innern einzulassen, so ist die Wahrscheinlichkeit hoch, diese schnell wieder zu verlieren.
 
Sie umgibt die Ebene der fachlichen Interaktion, des direkten Austauschs, über das, was an Kompetenzen, Fähigkeiten, Informationen und Wissen vorhanden ist.
 
Damit dieser fachliche Austausch aber überhaupt seinen Weg findet, braucht es die sozialen Beziehungen, die animieren und ermöglichen sich gegenseitig zu unterstützen. Vertrauen, Verlässlichkeit und psychologische Sicherheit, kurz gute Gefühle, sind hier wichtige Bausteine. Wobei – eine Binsenweisheit – die informellen und informalen Netzwerke hier mindestens so wichtig sind, wie die formalen.
 
Schließlich – damit der Mensch dann tatsächlich wirken kann, braucht er in und aus diesem, ihn/sie umgebenden Ecosystem die Klassiker zeitgemäßen Umgangs miteinander: Respekt, Bewusstsein für ein klares, gemeinsames Ziel und Raum, Ressourcen, Zuspruch, Ermutigung und Ermächtigung, kurz echtes, ernst gemeinstes „Empowerment“. Es braucht, wie einer der Teilnehmer in Wien es ausdrückte „Purpose, the human touch in a digitized world.“
 
Werden diese Ebenen zusammengebracht, so sind die das Fundament für das was Ecosysteme brauchen, um langfristig und nachhaltig erfolgreich zu sein: Möglichst viele „powerful people“, also Menschen, die sich einbringen können, wollen und Raum haben, dies zu tun.
 
Doch, was bremst uns dabei, diesen Raum für diese „powerful people“ zu gestalten. Fast am Ende der zwei Tage in Wien wurde dazu das Auditorium befragt. Fast 70% fanden sich bei den Antwortoptionen „unflexible Strukturen und Kulturen“ sowie der mangelnden „Fähigkeit, das alte und neue in der Organisation gleichzeitig zu leben“ zusammen. Diese notwendige Dualität und dazu notwendige Ambidextrie sind Aufgaben, die das Management auf der äußeren Schale sicherstellen muss, um die dann tief im Innern, im „Leadership“ umsetzen zu können. Damit passen auch die beiden Topantworten beim Voting zur Abschlußfrage nach den wichtigsten Bausteinen für die erfolgreiche Transformation ins Bild: Raum für mehr „Leadership“ (sic!) und der stärkere Fokus auf die Entwicklung von Zusammenarbeit.
 
Es kann also jeder daran arbeiten sich sein eigenes (kleines) „Typ 3“ Ecosystem im Unternehmen und außerhalb aufzubauen. Jeder kann versuchen sich, neben den Strukturen der Organisation, ein stabiles, tragfähiges informelles Netzwerk aufbauen, dass sozialen Rückhalt, psychologische Sicherheit und die Chance der Weiterentwicklung fachlicher Kompetenzen ermöglicht. Jeder kann so einen wachsenden Beitrag für das eigene und (idealerweise) das gemeinsame Weiterkommen leisten. Gerade die beiden großen Business Netzwerke, Linkedin und XING sind noch immer gut dafür geeignet. Sie erlauben, im kleinen (und großen), sich Strukturen aufzubauen, die nachhaltig und langfristig (individuellen und persönlichen) Erfolg erleichtern. Sie erlauben die drohenden Gefahren zu minimieren.
 
Dazu passt schließlich noch eine Analogie, die in Wien ebenfalls genutzt wurde: Die guten alten Seeungeheuer. Sie waren es, die in den Zeiten, als der Globus weniger erforscht und viele Küsten und Landmassen noch unentdeckt waren, immer wieder sehr illustren Hinweis gegeben und damit bewusst gemacht haben, welche lebensbedrohlichen Gefahren bei der Überfahrt lauern.
 
Und auch den Weg hin zur Schaffung von Ecosystem-Organisationen, zu Systemstruktutren, die einen natürlichen Umgang mit den großen Herausforderungen vieler Unternehmen nutzen und meistern können, weil sie die dynamischen Fähigkeiten dazu tief verinnerlicht haben, scheint aus der aktuellen Perspektive vieler Top-Manager mit großen Gefahren belastet. Die „neuen“ Seeungeheuer scheinen überall zu lauern. Doch, wie damals, hilft es, gut ausgestattete Expeditionen loszusenden, mit cross-funktionalen Teams, die selbstverantwortlich entscheiden und den entdeckten Raum nutzen können, um hier Fortschritte zu machen.
 

Mein Fazit

Es wird Zeit, Organisation zeitgemäßer zu denken, Ecosysteme zu gestalten, die „powerful people“ mehr Raum geben, um die gemeinsamen Ziele umzusetzen. Und auch um selbst mehr Wirkung, Kraft und Energie aufzubauen, um zu den „powerful people“ dazuzugehören, können individuelle Ecosystems helfen, sich hier zu positionieren. Die „powerful people“ sind, was zukünftig Leadership und den USP von Unternehmen ausmacht.
 
Dies ist sicherlich ein Weg, der schwerer fällt, als alles beim alten zu belassen, aber sicherlich auch ein Weg, um mit einer deutlich höheren Chance als Unternehmen noch lange im Markt aktiv bleiben zu können.
 
Ein erster Schritt auf dem Weg ist, den Status und die Entwicklungschancen der eigenen Organisation besser zu verstehen. Wenn du Interesse hast, dies in deiner Organisation zu tun, dann melde dich einfach per PN oder mail bei mir.

Zukunft? – „Keine Sorge, das geht vorbei!"​

>>>> Impuls

Mein Gott sind wir träge. Wir hängen so sehr in unserer Zufriedenheit fest, in der fixen Idee der Besitzstandswahrung, die ganz sicher klappt, wenn wir nur alle stillhalten, dass wir nicht merken, wie wir längst schlafwandelnd und selbstverliebt im Strom der Zeit in Richtung Zukunft mitgerissen wurden und wohl erst in den Stromschnellen vor der Klippe feststellen, dass es besser gewesen wäre vorbereitet zu mein.
 
Wir diskutieren und glauben noch immer, dass irgendjemand die Welt schon retten wird – Hauptsache nicht wir selbst. Wir glauben, dass ein neuer Messias alles richten wird und wir (fast) nichts dafür tun müssen. Wir glauben noch immer, dass wir so weiterarbeiten können, wir bisher, ohne von unserem imaginären Thron heruntergestürzt zu werden.
 
Wir glauben noch immer „führende Wirtschaftsnation“ wäre ein Ehrentitel auf Lebenszeit.
 
Während wir also so selbstgefällig vor uns hin schlafen, als ob die Zukunft an uns vorbeiginge, ohne uns zu betreffen, während wir ab und zu mal jammernd erwachen, uns beklagen, dass sich die Dinge um und herum irgendwie verändert haben, dass die Welt immer mehr mobile Digitaltechnologie nutzt, obwohl wir ja noch nicht mal flächendeckend mobil telefonieren können, dass man in Afrika leichter mit dem Handy bezahlen kann, obwohl wir ja noch immer Karten in Schlitze stecken, dass Asien und die USA um die technologische Vorherrschaft rangeln, obwohl wir MP3 erfunden haben, während wir davon träumen, dass 5G und IoT alle unsere Probleme löst, gleichzeitig fleißig Windkraft und Stromtrassen verhindern, verändert sich Technologie jeden Tag schneller, hängt uns der Rest der Welt jeden Tag weiter ab.
 
Und wir, wir sitzen hier und bejammern diese Ungerechtigkeit nur noch lauter.
Was wir Gesellschaft nennen, ist immer mehr eine Schere zwischen selbst- und unzufrieden, zwischen Kopf im Sand und Kopf voll Sand, zwischen immensem Reichtum, aussterbender Mittelschicht, armen Alten und alten Armen. Die Schere tut sich auf zwischen „wir wollen, dass alles so „gut“ bleibt wie es ist“ und „wir wollen zurück in eine Zeit, von der die Alten immer sagen, es wäre die gute Zeit“.
 
Wir sind so unglaublich träge und selbstzufrieden geworden!

  • Ich wünsche mir, dass wir Ideen angehen und umsetzen, statt sie im Behördendschungel und der Profitmaximierung zu verlieren.
  • Ich wünsche mir, dass wir zeitliche und räumliche Flexibilität nutzen, statt Pendlerstaus als unvermeidlich zu zelebrieren.
  • Ich wünsche mir, dass wir Raum finden, die Potenziale einzubringen und effektiv zu sein, statt Effizienz um jeden Preis glorifizieren.
  • Ich wünsche mir, dass wir die Altlast eines 100 Jahre alten Managementverständnisses abwerfen und damit aufhören, Menschen in Kästchen zu zwängen, die verhindern, dass sie ihre Fähigkeiten anwenden.
  • Ich wünsche mir, dass es uns gelingt, wieder so weit aufzuschließen, dass wir in 10 Jahren noch/wieder mitreden können.
  • Ich wünsche mir, dass wir mehr grundlegende Hemmnisse abbauen, statt einzig auf die wundersame Heilwirkung von Kickertischen zu vertrauen.
  • Ich wünsche mir, dass wir tun, was wir schön längst können.
  • Ich wünsche mir, dass wir die unglaublichen Technologien anwenden und nutzen.
  • Ich wünsche, dass wir zu uns finden und das Beste tun, was in uns steckt.
  • Ich wünsche mir, dass wir Unternehmen als Keimzelle verstehen, in und mit denen es gelingt, neue Entwicklungen anzustoßen und zu verbreiten.
  • Ich wünsche mir, dass sich immer mehr Menschen trauen, die Zukunft aktiver zu gestalten.

und:

  • Ich wünsche mir, dass bis 2025 80% aller Unternehmen* anders aufgestellt sind und die Zukunft tatsächlich meistern, auch wenn Pareto mir sagt, dass es eher nur 20% schaffen werden.
  • Ich wünsche mir, dass wir die großartigen Perspektiven als Zielbild verstehen und uns von ihnen leiten lassen.

(* mit mehr als 25 Mitarbeitern)
 

Das Land der realen Utopien

Ich glaube, jeder will Zukunft!
Ich glaube niemand verweigert sich, wenn sie für jeden Chancen und Möglichkeiten bereit hält.
Ich glaube, was oftmals fehlt, ist jemand, der sagt: Ja, los, mach!
Ich weiß, die Energie ist da, um genau das zu tun.
 
Scheitern ist keine Option, es ist ein Gewinn. Es ist gut etwas zu tun, auch wenn es schiefgeht, denn daraus können wir lernen. Alles, was den Mensch an Fähigkeiten und Möglichkeiten entwickelt haben, ist als Idee gestartet und wurde ausprobiert, bis es funktioniert hat.
 
Ja, los, macht einfach. Schmeißt über Bord, was euch bremst, findet Schlupflöcher, wenn der Weg verbaut scheint, reißt Schranken und Barrikaden ab, wenn sie euch im Weg sind.
Ja, los, macht euch Bilder von der Zukunft, wie ihr sie gerne hättet. Erkennt, was diese Zukunft braucht, um Realität zu werden und schafft heute die Voraussetzungen für morgen.
Ja, los, lasst uns eine Zukunft denken, die uns weiterbringt und die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass die Utopie Realität wird.

Eine neue VUCA Welt

In unserer Filterblase um- und beschreiben wir die Entwicklungen der (Arbeits)Welt mit VUCA.
Volatility, uncertainty, complexity, ambiguity – Begriffe, die das Potenzial haben, uns Angst zu machen und uns damit zu bremsen, statt Raum zu öffnen.
 
Dennoch scheint VUCA das neue Leitbild der Arbeitswelt zu werden. VUCA macht die Dynamik deutlich und ist der Trigger für mehr Agilität.
 
Aber VUCA kann auch Antrieb geben, um sich für neue Wege der Zusammen.Arbeit zu öffnen, um neuen Energien den Weg zu bahnen.
Wie wäre ein Verständnis von VUCA, das Volatilität als „wir können neues gestalten, weil die Welt ständig neues braucht“, Unsicherheit als „wenn nichts sicher ist, ist alles möglich und machbar“, Complex als „es findet sich immer ein Anknüpfungspunkt und jemand, der auf die Energien reagiert“ und Ambiguität als „es gibt viele richtige Wege und daher können wir auch unserer finden“ interpretiert.
 
Wir könnten beginnen, die (Arbeits)Welt zeitgemäßer zu gestalten. Wir könnten beginnen, auf dem Trümmerfeld des Stillstands der letzten Jahre den Wandel in eine neue Zeit aufzubauen. Mit Energie und dem Wissen, dass ohnehin alles neu zu gestalten ist. Wir können in eine neue Zeit aufbrechen.
Zukunft beginnt jeden Tag, jede Stunde, jede Minute, jede Sekunde neu.
 
Willy Brand sagte „Der beste Weg, die Zukunft vorauszusagen, ist, sie zu gestalten.“ und William Gibson „Die Zukunft ist schon da, sie ist nur ungleich verteilt.“.
Wenn die Zukunft schon da ist, lasst sie uns neu verstehen und die nächsten Schritte so gestalten, dass wir schon heute sagen können: Wir wissen, was kommt und das wird für uns alle die beste Zukunft, die uns möglich ist. Es liegt an uns.
Die Zukunft? Die geht vorbei, immer wieder, immer schneller.
Wenn du sie mitgestalten willst, dann: Ja, los, mach mit!
 
P.S. Gerade hat mich Heike Bruch in einem Linkedin Post auf eine NZZ Dokumentation auf Vimeo aufmerksam gemacht, die Menschen und Unternehmen zeigt, die erste Schritte gehen. Es geht(,) also.