Ihr wollt mehr Innovation? Ihr braucht (mehr) gute Führung!

Vor ein paar Wochen hatte ich gefragt, welche Wunschthemen ich in den letzten Blogposts des Jahres noch aufgreifen sollte. Eine der Fragestellungen kam von Daniel Gburek: „Wie kann man in seinem Unternehmen innovative Themen und das operative Tagesgeschäft vereinigen? Was kann man dem Spruch „keine Zeit für Innovation“ entgegensetzen? Funktioniert Innovation im laufenden Betrieb?“
 
Warum nur, kommt mir diese Fragestellung bekannt vor 😉

Ambidextrie

Innovation ist Fluch und Segen. Die klassische Antwort, und die, die förmlich nach Seminaren und Workshops zum Thema schreit ist: Ambidextrie = Beidhändigkeit. Der Versuch gleichzeitig „Exploration“ und „Exploitation“, also die Weiterentwicklung und der Ausbau des bestehenden Geschäfts, der Bestandsprodukte und Serviceangebotes (Exploration) und den Aufbau von „echt Neuem“, das Kerngeschäfts erweiterndem, neue Kundengruppen anziehendem (Exploitation) zu betreiben.
 
Beides zugleich umzusetzen ist für manche wie Jonglieren, man kann es mit etwas Übung lernen, für andere ein Spagat, man muss sich gut vorbereiten und lange üben, und für wieder andere ist es der Overkill, weil zu viel Unterschiedliches in zu kurzer Zeit den persönlichen und gemeinsamen Ressourcenrahmen einfach nur sprengt.

Wie mit dem notwendigen und unmöglichen umgehen?

Das Innovation unumgänglich ist, um im Markt zu bleiben hat z.B. Jean-Philippe Hagmann in „Hört auf Innovationstheater zu spielen“ sehr schön beschrieben. Wer „nur“ mit Exploration weitermacht, wird im Markt, in einer Zeit der sich ständig übertrumpfenden Innovationen, immer weniger positiv wahrgenommen. Dabei muss es nicht zwangsläufig um Technologie gehen. Die heute markantesten Innovationen sind die im Bereich „user-experience“, im Umgang mit Kunden und in der Form, wie ein Produkt genutzt werden kann. Einfach „einfach“ ist das Thema – und manchmal ein unglaublich schwer zu lösendes. Gelänge es mir, wären meine Texte kürzer 😉
 
Das Problem von jedem, der sich um die Zukunft des Unternehmens sorgt, in dem er/sie tätig ist: können wir das Risiko eingehen auf das falsche Pferd zu setzen? Können wir die kostbare Ressource Zeit, können wir Geld investieren und wenn ja wie viel? Was passiert, wenn es schiefgeht?
 
Die kurze Antwort: Ja klar kann, soll und muss das sein? Wenn’s schiefgeht, wenn in der Aktion ein Irrtum steckte, dann schnell darauf lernen, alles mitnehmen, das neuen Wissen allen Interessierten geben und vor allem: WEITERMACHEN!
 
Innovation ist schließlich immer das Spiel mit dem Feuer, aber ohne Feuer hätte unsere Spezies seine Nahrung nie erhitzen und die Ernährung verbessern können. Unsere Gehirne wären nicht in der Ausmaß und in der Geschwindigkeit gewachsen und wir hätten nie die kognitive Entwicklung gemacht, die uns jetzt ermöglicht unseren Planeten zu ruinieren und unser Überleben auf’s Spiel zu setzen. Aber vielleicht kriegen wir ja noch die Kurve.

Zurück zur Innovation….

Thema Risiko: Ein Kernproblem von Innovation ist Risikoaversion. Im heutigen Marktumfeld ist Risikoaversion aber selbst das größte Risiko, zumindest für Unternehmen, die noch lange „überleben“ wollen. Sinnvoller ist ein bewusster Umgang mit Risiken und hier ganz am Anfang eine Reflexion, welche Ängste damit auf persönlichen und gemeinsamer Ebene verbunden sind und wie real die Ursachen und Hintergründe für diese Ängste sind.
 
Ebenfalls betrachtenswert ist, ob Innovation nicht schon“unter der Hand“ stattfindet. Wie sich in eng geführten Organisationen leicht „Schattenorganisationen“ bilden, um die durch die Führung verursachten Probleme zu umgehen und Zusammen-Arbeit zu erleichtern, so gibt es Unternehmen, in denen sich Mitarbeiter selbst den Raum nehmen, um, oft im Kleinen, Dinge auszuprobieren und damit manchmal innovative Ideen umzusetzen. Dieser informellen Innovation lohnt es nachzugehen, weil sie Hinweise darauf gibt, welche Freiräume nötig sind bzw. welche Räume genutzt werden. Hier kann und sollte „gute Führung“ unterstützen, um die zarten Pflänzchen zu stärken, statt sie umzuhauen.
 
Formale Innovation wird dagegen meist in Abteilungen wie R&D/F&E gepackt, damit die Menschen darin – und manchmal nur die – Neues ausprobieren. Dies widerspricht massiv der Wahrnehmung, dass alle, die Wissen, Kompetenz und Erfahrungen in Ihrem Fachgebiet besitzen, Innovationserzeuger sein können. Mit etwas Unterstützung können viele so unglaublich viel mehr, als sie im normalen Betrieb zeigen (können).

Wo kommt Innovation her?

Doch Innovation ist auch Investition. Diese wird dann für viele klassische, budgetverhaftete Unternehmen schwierig, wenn diese nicht offiziell angefragt und geplant ist. Gerade für informelle Innovation ist da kein Platz. Zeit und Geld können nicht einfach so verfügbar gemacht werden, schon gar nicht ohne gute Begründung und einen absehbaren „Return on Invest“. Zuviel Risiko, aber das hatten wir ja schon.
 
Aber wie kommt man nun dahin „to unleash the genius in your organization, the talents and the passion“, wie es, wenn ich mich recht erinnere, Linda Hill es auf dem diesjährigen Drucker Forum in Wien sagte. Die Antwort ist so banal, wie sie schwierig in der Umsetzung ist: es geht darum Raum zu geben, loszulassen, den Kontrollverlust auszuhalten und die damit verbundene Angst zu kontrollieren und auszuhalten. Am Ende ist es der Weg von der Angst vor Kontrolle bei den Mitarbeitern zur Kontrolle der Angst bei den Führungskräften.
 
Denn: Was nicht ausprobiert werden kann, kann sich auch niemals zur Innovation reifen.
Und: Jede Innovation geht (noch immer) vom Menschen aus.
 
Tim Brown, CEO von IDEO, hat, ebenfalls beim Drucker Forum und sogar in der gleichen Session wie Linda Hill (hier der Link zum Video), ein paar kritische Erfolgsfaktoren für das Gelingen von Innovation in Unternehmen genannt (die ich hier ein wenig zusammengefasst und zugleich ergänzt habe):

  1. Viele Ansätze zur Lösung einer Aufgabenstellung (eines „Jobs to be done“, wie es Clayton Christensen nennen würde) zugleich ausprobieren. Dies führt bei dem an der Lösung oder den Lösungen arbeitenden Team dazu, mehr Kombinationsmöglichkeiten zu haben und nutzen zu können.
  2. Zusammenarbeit fordern. Wieder mal geht es im Wesentlichen um Raum und Zeit, aber auch um Kultur, d.h. soziales Miteinander, um mentale Modelle und, wie ich sie nenne, um „crosse“ Teams, d.h. cross-funktional, cross-age, cross-gender etc. Das Team sollte so frei es geht miteinander arbeiten können, dabei so vielfältig wie nötig sein und so klein wie möglich.
  3. Bewusste Entscheidungsfindung. Das Wissen aus alten Projekten, mit ggf. gleicher oder ähnlicher Zielsetzung muss möglichst vollständig weitergetragen werden, jedoch nicht um Ideen frühzeitig auszubremsen, sondern um ein vollständiges Bild der Hintergründe für das damalige Scheitern zu haben und schnell zu erkennen, wo es sich ggf. lohnt doch noch einmal tiefer hineinzublicken. Denn oft gibt es neue Daten, neue Trends, neue Möglichkeiten die es beim neuen Versuch mit einzubeziehen gilt. Zu einer bewussten Entscheidungsfindung gehört auch, statt ja/nein Entscheidungen auch „sowohl, als auch“ zuzulassen und, unabhängig davon, alle zu Wort kommen zu lassen, die etwas dazu beitragen wollen (oder sollen). Wie schon gesagt, heute weiß niemand, wo das entscheidende Element an Wissen sich ggf. verbirgt.
  4. Klare gemeinsame Zielsetzung. Auch schon ein Klassiker „neuen Denkens und Managens“. Nur wenn das Ziel und Leitbild allen klar und vor allem allen gemeinsam klar ist, kann man Entwicklungen und Entscheidung für sich einordnen. Es ist der Kleber, der Teams, auch in Konfliktsituationen zusammenhalten kann. Diese Zielsetzung, die Vision, der Purpose muss entsprechend stark und verbindend sein, idealerweise mit einer wichtigen und auch gesellschaftlichen Wirkung. Es kann sein, dass es darum geht den Müll zu sammeln und so die Umwelt zu schonen und das Zusammenleben leichter zu machen oder darum, die Revolution in Unternehmen und der Gesellschaft abzuwenden oder zu mildern, indem doch noch rechtzeitig einer neuen Managementphilosophie Raum gegeben wird.

 
Das alles zeigt: Innovation ist, mehr denn je, Führungsaufgabe. Das heißt, nicht die Innovation selbst ist Aufgabe der Führungskräfte, nicht sie müssen die Idee haben und die Umsetzung gestalten, aber sie müssen den Raum zu schaffen und für die Gestaltung der Rahmenbedingungen sorgen, s.d. anschließend alle, die das Wissen, den Mut und die Lust haben sich in den Prozess einzubringen, dies auch tun können. Es ist damit eine (neue) Herausforderung für das Management und Teil des Weges hin zu einer besseren Zusammenarbeit.

Wie passt das alles in den laufenden Betrieb?

Mut-Raum geben, mentale Modelle bewusst machen und ggf. anpassen und damit die Rahmenbedingungen zu schaffen, ist ein gleichzeitiger ein Eingriff in die Führungskultur, das Managementmodell und die Organisationsstruktur. Ohne das geht es tatsächlich (nach meiner Erfahrung) nicht.
 
Es bedeutet Teams (wie oben beschrieben) zusammenzubringen, Plattformen zu schaffen, über die sie sich untereinander und mit der Restorganisation austauschen können, es bedeutet eine Lernkultur zu etablieren, zur (Selbst)Reflexion anzuregen und es bedeutet, als Führungskraft neue Aufgaben zu übernehmen. Dialoge, Debatten Konflikte wollen/sollen/müssen geführt, ausgehalten und moderiert werden, jeder braucht Raum, um sich entsprechend seinen Möglichkeiten (inkl des Persönlichkeitsbildes) einzubringen. Introvertierte brauchen einen anderen Entfaltungsraum als Extrovertierte etc.. Die Zukunft kann heute nur schaffen wer sie gemeinsam erschafft. Co-Creation ist das Code-/Buzzword im Kontext Innovation.

Die Eckpfeiler

Die Grundlage hierfür kann man schaffen, indem man ein paar Eckpfeiler setzt. Die zwei wichtigsten sind aus meiner Sicht:

  • „Ein- und Ausblicke geben“ Wie sieht das Gesamtbild der Organisation heute aus, wie soll es und wie kann es sich entwickeln, wie soll das Unternehmen in der Zukunft aussehen? Wie verändern sich Wertschöpfung, welche Trends sind absehbar, was macht der Wettbewerb, woher kommt neuer Wettbewerb, welche Nischen tun sich auf, wofür interessieren sich Start-ups? Diese Wissen ist nicht nur für die dezidierten Innovation-Teams (die es ja nicht geben kann, s.o.) notwendig, sondern es ist Wissen für alle Interessierten. Wissen durch das neue Inspiration entstehen kann.
  • „Warum können wir was wir tun?“ Welche Kompetenzen besitzt das Unternehmen, welche nicht? Welche braucht es in der Zukunft, welche nicht (mehr)? Es gilt das Selbstverstehen und das Selbstverständnis zu stärken und Vertrauen, Verbundenheit und (dazu) eine umfassende, alle inkludierende Kommunikation aufzubauen, trotz und gerade wegen der immer auch vorhandenen Vielfalt an Ideen und Impulsen.

 
Sind diese Punkte klar, ist das Wissen geschaffen, verbreitet und vorhanden, so stärkt dies den Auf- und Ausbau der Gemeinschaft im Unternehmen. Mit einer „Community Culture“ (ja, Kultur ist per se auch immer in und aus der Community geboren, aber es hilft es klar zu machen), in der der Rahmen für gute Zusammenarbeit gelegt ist, in der die Bereitschaft herrscht, ambitioniert vertrauensvoll, vertrauenswürdig und verantwortlich zu handeln, entsteht die Basis für die so wichtige kontinuierliche Innovation. Eine Basis, die auf Ehrlichkeit, Vertrauen, Respekt, dem Blick auf’s Gesamtbild, auf Neugierde, Mut und der Erkenntnis aufbaut, dass es lohnt, zusammen neues zu gestalten, selbst wenn es nur dazu dient das nächste Gehalt zu sichern.
 
Innovation ist ein wichtiges und vom Management und den Führungskräften zu gestaltendes Thema!
 
In diesem Sinne sollte man jeden Fragen, der keine Zeit für Innovation hat oder geben will, wie er/sie sein/ihr Gehalt in 3 oder 5 Jahren finanzieren will. Denn Innovation kann jeder und damit wird jedes Unternehmen – wohl oder übel – leiden, das Innovation verzögert oder ganz verschläft. Mehr denn je, ist es wichtig, sich die Zeit zu nehmen, um vom Tagesgeschäft aufzublicken und aus Retrospektiven, Reviews und Trendvorhersagen abzuleiten, an welchen Stellen Wachsamkeit lohnt und wo sie unverzichtbar ist.
 
Daniel Gburek, ich hoffe die lange Antwort, mit ihren vielen Facetten passt dennoch zur Frage. Die ganz konkrete Antwort lässt sich nur finden, wenn man am und im Unternehmen schaut, wenn man den Status Quo, die Menschen und ihre Ziele kennt, wenn man weiß, welche Potenziale bestehen und welche geschaffen werden wollen und können.
In diesem Sinne: Viel Erfolg – ich unterstütze gerne! 😉

„Strategisch-agile Planung, geht das?“ –  Wie Sie Agilität und strategische Planung zusammen-denken

„Strategisch-agile Planung, geht das?“ – Wie Sie Agilität und strategische Planung zusammen-denken

Immer wieder stehe ich mit offenem Mund da und kann nicht fassen, was um mich herum passiert. Entweder starten Unternehmen vollständig unbedacht und mit Vollgas in ihren agilen Transformationsprozess oder sie planen sich auf dem Weg dahin „einen Wolf“.

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In den letzten Wochen habe ich den Case aufgemacht, dass strategische Planungen und Agilität – so disjunkt sie im ersten Augenblick wirken – doch gemeinsam betrachtet und angegangen werden sollten. Allein schon, weil agile Strukturen in den erfolgreichen Unternehmen der Zukunft tief verankert sein und damit auch „planvoll“ implementiert werden müssen. Daher tut, wer strategisch weiter denkt, gut daran, auch „in agil“ zu denken, und das Thema mindestens auf die Agenda zu nehmen und besser noch, es dort nicht nur zu belassen, sondern auch weiter zu entwickeln.

Ja – agil ist ein Hype!  Aber ein äußerst langatmiger.

Das Internet war/ist auch ein Hype – und, geht’s wieder weg? Nein!

Wir sind so gewohnt, dass die Wirkung von Change initiativen ausbleibt, dass wir an die Wirkung von Agilität gar nicht mehr glauben. Dabei vergessen wir oft,  dass der Change oft deshalb nicht funktionieren, weil ihm ein starker Anker im Arbeitsalltag fehlt. Change der hilfreich ist, der die Arbeit erleichtert, kommt in der Mehrzahl auch an, einfach, weil er auf der ganz individuellen Ebene positive Wirkung zeigt. Genauso ist es mit Agilität, die als zentrales Haltungs-, Verhaltens- und Denkmuster allerdings den Umfang klassischer Changeinitiativen sprengt. Wer in (agilen) Strukturen arbeitet, die darauf aufbauen, dass alle ihre jeweiligen kognitiven und sozialen Fähigkeiten einbringen wird erleben, wieviel einfacher die Zusammenarbeit wird. Und ja, manchmal macht’s dann sogar Spaß. In meinen Augen alles andere als ein Fehler.

Veränderungen dieser Art finden Zulauf, statt Ablehnung. Wie sonst wären die Schattenorganisationen in einigen Unternehmen oder die, wie Pilze aus dem Boden schießenden, (Selbsthilfe)initiativen von Mitarbeitern zu verstehen, die auf diese Art versuchen, ihr Unternehmen auf einen besseren Weg zu bringen.
Das alles sollte schon Grund genug sein „dieses agile“ mit auf die Agenda strategischer Planungen zu nehmen – und das nicht nur in Großkonzernen und im Mittelstand. Auch wenn viele kleine Unternehmen ganz natürlich schon „agil“ sind, so ist es durchaus sinnvoll und zielführend die verschiedenen Aspekte und Ausprägungen einer agilen Arbeitshaltung zu durchdenken und ihnen Raum zu geben.

Wo Agilität mal angekommen ist, da geht sie dann auch nicht mehr weg.

Don’t copy

Ich habe sie wahrscheinlich schon hundertemale geschrieben, meine Warnung vor der Kopie. Und dennoch tauchen immer mehr Unternehmen (bei mir) auf, die den Heilsversprechen von Copy&Paste Beratungen (dazu gehören auch ein paar der ganz Großen) auf den Leim gegangen sind und die das XYZ-Modell übernehmen sollen und haben. Und was passiert dann…. Es geht schief, weil die Menschen, die Basiskultur, die Strukturen, die Haltung im Management, die Kunden, das Geschäftsmodell und -umfeld, einfach alles im eigenen Unternehmen ganz anders ist, als bei der Vorlage. Das Gleiche ist halt doch nicht dasselbe.

Worauf soll man aber den sonst bauen?

Wer strategisch plant, muss viele Perspektiven und Entwicklungen mit einbeziehen. Warum also nicht auch mal tief und damit jenseits klassischer Mitarbeiterbefragungen, in die eigene Organisation hineinblicken? Ja, natürlich ist das nicht leicht. Von allen Seiten weichgespülte und als kopierfähige Vorlage aufbereitete Befragungen kratzen dabei nur an der Oberfläche, Townhalll-Meetings oder Barcamps sind zu unstrukturiert und laden zu sehr die extrovertierteren Meinungsbilder ein.

Wer mehr über die dynamischen Fähigkeiten seiner Organisation erfahren will, wer herausfinden möchte, woran Geschwindigkeit scheitert oder was sie forciert, wer die Reaktionsfähigkeit, die Potenziale von Vertrauen, Zusammenarbeit, die Qualität der Beziehungen untereinander erkennen, betrachten und die Zusammenhänge verstehen will, der hat nur wenige Möglichkeiten, dies strukturiert und objektiv zu tun.

Dabei ist genau das immer wichtiger, wenn es um die brandaktuellen strategischen Themen geht, wie Talentfindung und -nutzung, die (schon fast abgedroschene, weil oft nur als große, disruptive wahrgenommene) Innovationsfähigkeit, vor allem aber die Adaptions- und Reaktionsgeschwindigkeit von Organisationen. Hier trennt sich immer mehr die Spreu vom Weizen. Hier sind die Details verborgen, die strategische Vorteile bieten. Hier liegt auch die Basis, für die wohl als längsten missachtete und zugleich zunehmend wichtig(ste) (sozial) Technologie: Gutes, durchdachtes, strategisch kluges und damit mithin heute mehr denn je agiles Management.

Kluges, agiles Management – was ist das?

Die Menge an Büchern, Vorträgen, Workshops und (Un-)konferenzen zum Thema „new leadership“ aka „neue Führung“ wächst stündlich. Das Thema „servant leadership“ aka „dienende Führung“ bekommt täglich neue Ansätze und Auswüchse zur Seite gestellt. So richtig (und alt) die Erkenntnis ist, dass dies ein guter Weg ist, um die Potenziale der Mitarbeiter zu aktivieren, so sehr fehlt eine noch wichtigere Komponente, die (allein) es ermöglich gute Führung auch umzusetzen: Ein bewusst durchdachtes, das Gesamtunternehmen voll einbeziehendes Management Design – eine Art und Form von Führungs-, Entscheidungs- und Organisationsstruktur (und vor allem -verständnis), die die Grundlage für eine positiv wirkungsvolle Zusammenarbeit in Unternehmen bildet. Eine Art das Unternehmen zu optimaler Funktion zu bringen, bei der die Zusammenhänge, das große Bild und die Treiber verstanden sind und sich bestmöglich an- und ineinander fügen.

Kennen Sie Adam Grant? Wenn nicht, lesen Sie ihn, hören Sie ihm zu, lernen Sie sein GedankenGUT kennen. Er blickt auf und in die Menschen und dies mit besonderem Fokus auf die Zusammenarbeit, die diese Menschen zustande bringen. Hier nur ein Zitat von ihm: „Die größte einzelne Indikator für die Effizienz einer Gruppe ist die Menge an Unterstützung, die die Mitarbeiter sich gegenseitig zukommen lassen.“

Und dem steht Management auch heute noch, wie schon zu Zeiten von Peter Drucker, im Weg, der schon damals schrieb: „So much of what we call management consists in making it difficult for people to work.“

Das Bild erkennen

Wenn Sie also den Gedanken zulassen, dass auch Sie als Führungskraft und Unternehmenslenker den wahren Potenzialen ihres Unternehmens (auch nur im entferntesten) im Weg stehen könnten, weil Sie nicht alles mit mit der notwendigen Schärfe und Objektivität sehen können, weil Sie nicht (mehr) alles Wissen (können) oder weil Ihre Managementstruktur zwar hervorragend plant und misst, aber das Unternehmen doch teilweise anders funktioniert, als Sie es gerne hätten, dann sind Sie gerade einen enormen Schritt weitergekommen. Diese Erkenntnis ist der erste Schritt die alten, schon längst zerbrochenen Strukturen loszuwerden.

Und damit schließt sich auch der Kreis zur strategischen Planung, denn nun kann es auch Ihnen gelingen bewusst einen neuen Aufsatzpunkt zu schaffen. Von diesem neuen Aufsatzpunkt aus, können Sie nun auch die „alten Themen“ neu betrachten, etwa Digitalisierung, die Gestaltung neuer Geschäftsmodelle oder den Einfluss der Veränderungen im Arbeitsmarkt auf Ihr Unternehmen.

„Weiche KPI“?

Keine Frage, auch zukünftiges Management fühlt sich sicherer und besser, wenn es eine Sensorik und ein System von Indikatoren nutzen kann, die ein realistisches Bild vom Unternehmen geben. Aber, welche Indikatoren sind dies? Was macht Erfolg auf diesem „anderen“ Weg aus? Was lohnt es zu betrachten?  


In einer, im Vergleich zu einer Zeit vor 15 Jahren, so anders funktionierenden Welt, erleben alte, menschliche Themenfelder eine Renaissance: Motivation, Cleverness, die Nutzung der vorhandenen Fähigkeiten und Talente, die Qualität von Dialogen zu Sinn, Risiken, Performance.

Sind dies KPI, die Sie bislang bereits nutzen und auf die Sie Ihre strategische Planung aufbauen? Wenn ja: Glückwunsch! Sie gehören zu einer exklusiven und extrem kleinen Minderheit und haben zugleich wahrscheinlich ein überproportionales Stück vom Erfolg in Ihrer Branche in der Hand.

Wenn nicht, grämen Sie sich nicht. Kaum jemandem gelingt es diese weichen Faktoren sinnvoll und objektiv zu erfassen und zu reflektieren. Aber, es ist möglich!

Eine DIY-Anleitung

Eine Do-It-Yourself (DIY) Anleitung für eine Rejustierung der strategischen Planungsgrundlage gibt es seit Jahren in Form von zwei Büchern und einem Online Design Check – allerdings eine, die erst jetzt, aber dafür mit Vehemenz, aus einem Dornröschenschlaf erwacht. Immer geht es dabei um den (Erfolgs)Faktor Menschen in modernem Managementdesign und um die Erfolgsparameter, die es diesen Menschen erlaubt sich im Sinne des Unternehmens optimal einzubringen.

Eine der im MANAGEMENT DESIGN Buch enthaltenen zentralen Denkvorlagen (aka Canvas) möchte ich Ihnen hier zeigen, um Ihnen zu ermöglichen selbst Ihr Unternehmen hier zu reflektieren.

management design canvas

© 2015 Lukas Michel

Schon mithilfe dieses Denkrahmens und den zugehörigen zielgerichteten Leitfragen beginnt sich der Nebel über dem eigenen Unternehmen etwas zu lichten.

Klarheit 

Die im Vorgängerbuch „THE PERFORMANCE TRIANGLE“ in seinen Grundzügen beschriebenen Design Checks haben bei meinen Kunden in der Vergangenheit immer wieder zu Aussagen geführt, wie „Woher kennen Sie unser Unternehmen so gut, wenn Sie noch nie hier waren.“ oder „Das beschreibt ganz genau meine Situation, jetzt wird mir einiges klarer.“

Der Effekt erklärt sich ganz einfach: Die Design Checks schaffen schnell und unkompliziert eine objektive Visualisierung des tief verinnerlichten Bauchgefühls und zeichnen damit, gerade, wenn man auf eine breite Datenbasis zurückgreifen kann, ein sehr realistisches, manchmal erschreckend zutreffendes Bild der Unternehmen auf.

Im DIY-Modus kann man mit dem im Buch vorgestellten Design Check hier erste Erkenntnisse gewinnen.

Im Ergebnisbericht, der in diesem Jahr veröffentlichen Studie zu Agilem Management kann man lesen, dass erfolgreiche Unternehmen deutlich mehr Zeit in Dialoge zu Sinn und Risiken, zu Strategieentwicklung (!), in Kommunikation und Transparenz und die Reflexion und Ausgestaltung sinnvoller Kennzahlen, stecken als die mittelmäßigen und zweitklassigen, die sich eher auf Regeln zur Governance, Risiko Management und Pläne & Reports fokussieren.

Arbeitet man mit dem gleichen Tool und mit diesem Wissen in Unternehmen, so erkennt man schnell, wo die Löcher und Problemstellen, aber auch wo die Chancen und Potenziale liegen. Man erkennt den Werkzeugkasten agiler Fähigkeiten des Unternehmens, man sieht, welche Teile fehlen, um diesen an die Menschen und den Kontext, statt die Menschen (oder den Kontext) anzupassen und man bekommt die Hebel in die Hand, um die Fertig- und Fähigkeiten der Organisation aktiv zu verbessern.

Wie steht es damit bei Ihnen? Welches Set an Indikatoren nutzen Sie für die Ausgestaltung von Zukunftsszenarien? Kennen Sie ihren Werkzeugkasten (agiler) Fähigkeiten, was definiert ihn und was fehlt?

Einblicke mit Tiefgang 

Aber auch mit diesen Erkenntnissen kratzt man im Grunde noch an der Oberfläche. Interessanter wird es da, wenn man sich eine Ebene tiefer in die Metriken eingräbt, denn auch solche „weichen“, gerade im agilen Kontext aber so wichtigen Indikatoren, leben von den Zusammenhängen und Verknüpfungen, wie ich gleich aufzeige. Diese Verbindungen gelten zwar in allen Organisationen gleichermaßen, sind aber, bewehrt mit konkreten Daten und Aussagen, dann von besonderer Bedeutung, wenn es darum geht, all die im „normalen“ Unternehmenskontext ungenutzten Potenziale – ich spreche hier von geschätzten 30% der Leistungsfähigkeit – für die Organisation zu aktivieren. (Überlegen Sie spaßeshalber mal, wie das Unternehmen sich entwickeln könnte, wenn Sie nur 10% der Potenziale greifen könnten….)

Beispiele aus dem Design Check Ergebnisübersichten sind hier die Leadership Scorecard und die Management Toolbox. Gelingt es die mit der Toolbox und der Scorecard verbundenen Indikatoren (und jeder der aufgeführten Begriffe kann mit Leben/Werten gefüllt werden) auf, für das Unternehmen, optimal Werte zu bringen, so werden Sie kleine und große Wunder erleben.

„Erstklassige Organisationen entwerfen ihre Toolbox so, dass sie zu den Menschen und dem Kontext passt.“

leadership

Leadership Toolbox © AGILTYINSIGHTS, Lukas Michel

leadership scorecard

Leadership Scorecard © AGILTYINSIGHTS, Lukas Michel 

Die Leadership Toolbox dockt dabei orthogonal an die Scorecard an und gibt noch eine Ebene mehr an Details zum Thema Führung. Wann haben Sie zuletzt Ihre Organisation aus diesen Blickwinkeln betrachtet?

Strategische Pläne für die großen Transformationen

Die großen Transformationen, mindestens die Digitalisierung und die Entwicklung und Implementierung neuer Geschäftsmodelle stehen auf der Agenda jeder umfassenden strategischen Planung. Und auch im ganz konkreten Kontext dieser Transformationen lohnt es den Blick von der harten Realität den Innen- und Außenwelt zu den weicheren Aspekten hinzuwenden. Auch hier lassen sich Indikatoren dafür identifizieren, wo der größte (Nachhol)bedarf besteht und wie Prioritäten zu setzen sind. Agilität sollte dazu in seinen drei wichtigsten Komponenten gesondert betrachtet werden: im „operativen“, was viele Unternehmen bereits tun, man denke nur an den Aufbau agiler Teams, im „strategischen“, was manche im Zusammenhang mit der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle ebenfalls vollziehen und im „organisationalen“, woran die meisten derzeit noch nachhaltig scheitern, weil sie die Rahmenbedingungen für Agilität nicht greifen und einbringen können. Das ist auch der Grund, warum agile Teams sich in klassischen Strukturen so schwertun.

Wie die Indikatoren sich in diesem Kontext darstellen und welchen Einfluss sie an den verschiedenen Stellen haben, lässt sich an Darstellungen wie dem „Agilen Diamanten™“ und der „Agilen Energie™“ ablesen.

agiler diamant

Agiler Diamant™ mit Indikatoren aus einem Agile Design Check™
©2018 ZUKUNFTheute & AGILITYINSIGHTS

Agile Energie

Agile Energie™ mit Indikatoren aus einem Agile Design Check™
©2018 ZUKUNFTheute & AGILITYINSIGHTS

Eine individuelle Herausforderung 

Die Agile Energie™ entsteht im Zusammenspiel der drei Komponenten. Der Agile Diamant™ setzt diese in Beziehung zu den aktuellen und großen Transformationen, die viele Unternehmen derzeit beschäftigen.
Der Erfolg dieser Transformationen hängt signifikant davon ab, wie mit Agilität als zentralem Thema umgegangen wird.


So, jetzt habe ich Sie (möglicherweise) in eine schwierige Position gebracht. Sie wissen jetzt, welche „neuen“ Elemente in eine zukunftsgerichtete strategische Planung gehören und Sie kennen (zumindest) eine der Möglichkeiten, dies recht einfach zu tun. Nun müssen Sie selbst entscheiden, was Sie mit diesem Wissen anstellen. Ob Sie es zum Wohle Ihres Unternehmens einbringen oder es lieber bleiben lassen, weil es zu schwierig, zu anstrengend und zu langwierig wäre, es auf den entscheidenen Ebenen einzubringen.
Anhand dieser, Ihrer, Entscheidung lässt sich schon ablesen, wie gut die Dialoge zur Strategiefindung, zur Kultur, zu Werten und Entwicklungsoptionen bei Ihnen heute bereits sind, wie offen die Organisation für neuen Input ist und wie sie (alle gemeinsam) damit umgehen. Wie sehr fühlen sie sich gefordert sich hier im Sinne des Unternehmens stark zu machen? Wie steht es damit bei Ihren Kollegen?
Vielleicht ahnen Sie die Antworten, aber können sie aber nicht greifen.

Den Schlüssel zu konkreter Informationen finden Sie oben. Das Schloss öffnen müssen Sie nun selbst. Ich sagte ja: eine schwierige Position – oder etwa doch nicht?

Zusammenfassung und Fazit

(Gemeinsames) strategisches Denken ist das A und O mittel- und langfristiger Planungsaktivitäten. Nicht nur mit Blick auf die Entwicklungen im Umfeld, sondern insbesondere was neue Umsatzquellen und Geschäftsmöglichkeiten betrifft. Strategische Produkt-, Service-, Akquisemöglichkeiten sind bekannte Elemente des Fundaments der Zukunft. Doch um die Möglichkeiten zu nutzen, helfen Planvorgaben auf diesem Niveau nicht mehr weiter. Das Unternehmen muss gemeinsam und agil auf die Entwicklungen im Umfeld reagieren können. Damit ist der Aufbau und das Verständnis für „agile“ (Planungs)strukturen ein Pflichtbestandteil moderner strategischer Planungsinitiativen. Din der Folge sollte sich auch das Managementdesign einer bewussten strategischen Betrachtung zu unterziehen, damit dieses die mit einer strategisch-agilen Planung und Arbeit verbundenen Implikationen auf das Unternehmen zu 100% unterstützt.

Es gibt wenige Konzepte und Methoden, die es erlauben umfassend die notwendigen Einblicke und Einsichten aus dem Unternehmen strukturiert und objektiv zu erfassen und sie so für die Konzeption der Entwicklung zu nutzen. Neben den Angeboten einiger großer Beratungen sind die Agile Design Checks sind ein erprobter, verlässlicher und (im Wortsinn) preis-werter  Weg dahin. Sie bieten Einblicke, die sonst verwehrt bleiben und geben Anker- und Anhaltspunkte, wie und wo im, am und mit der Organisation gearbeitet werden sollte, um die gesteckten Ziele zu erreichen.


Links

AGILITYINSGHTS Netzwerk: http://www.agilityinsights.net

Agile Designs Checks – Übersicht:  https://agilityinsights.net/de/was-wir-tun/design-check

Agile Checks im Kontext von Strategie & Planung: https://agilityinsights.net/de/was-wir-tun/strategischeplanung

Literatur

The Performance Triangle
2013,  Lukas Michel, LID Publishing, ISBN: 978-1-907794-41-4

Management Design
2015 Lukas Michel, LID Publishing, ISBN: 978-1-907794-66-7

Das AGILITYINSIGHTS Netzwerk wurde von Lukas Michel initiiert, um Unternehmen beim Zugang und der Umsetzung von Agilität mithilfe der Agile Design Checks im Verbund und Austausch mit internationalen Partnern zielgenau beraten zu können. Die Agile Design Checks wurden von Lukas Michel entwickelt und werden stetig verfeinert. Über die Netzwerkpartner haben in den letzten 15 Jahren ca. 200 Unternehmen die Agile Design Checks mit großen Erfolg und stets positiven Feedback genutzt. Das Netzwerk steht im ständigen Austausch mit Wissenschaftlern, um durch deren Feedback und Forschungsprojekte weitere valide Informationen einbinden und nutzen zu können.

www.agilityinsights.net    |    michel@agilityinsights.com

Guido Bosbach ist, mit seinem Unternehmen ZUKUNFTheute, Top-Management Berater für kleine oder mittelständische Unternehmen, wie für Konzerne. Sein besonderer Fokus liegt auf dem zentralen Thema Agilität und deren Umsetzung in allen drei relevanten Komponenten: operativ, strategisch und organisational.
Er wurde 2017 vom internationalen Business-Netzwerk Linkedin als Top-Voice und 2018 vom Personalmagazin als Top HR-Influencer ausgezeichnet.
Guido Bosbach ist Partner im AGILITYINSIGHTS Netzwerk.

www.zukunftheute.net    |    gb@zukunftheute.net

Kann Agilität (in Deutschland) überhaupt funktionieren?

ACHTUNG: MEINUNG !

Ich habe ja ehrlich gesagt manchmal doch Zweifel, ob ich hier das Richtige mache. Ich fokussiere bei meiner Arbeit darauf Top-Managern und HR’lern die Grundlagen von Agilität zu vermitteln, um dann in den Unternehmen in einer gemeinsamen Aktivität die Rahmenbedingungen für diesen, in meinen Augen und in den Augen meiner Kunden, wichtigen Erfolgsfaktor zu legen.

Das 1. Problem 

Agilität ist eine Haltung und zeigt sich im Verhalten. Das kommt dann im Unternehmen besonders wirksam an, wenn es, ganz klassisch, von oben vorgelebt wird. Entsprechen nützt es wenig, wenn, wie es heute so oft gemacht wird, erst im Kleinen agile Teams aufgesetzt und darin Rolleninhaber festgelegt, und diese dann mit Agilen Coaches ins Unternehmensleben losgelassen werden. Die Abstoßungsreaktionen auf allen Ebenen sind dann heftig und der Performancegewinn entschwindet mit den Diskussionen und der gegenseitigen Behinderung. Wir leben halt eine Neidkultur, statt einer miteinander Lernkultur.

Das 2. Problem

Agilität setzt auf gute Kommunikation und (ergebnis)offene Dialoge. Doch was wir sagen und was beim anderen ankommt, sind bekanntermaßen zwei Paar Schuhe. „Gute Kommunikation“ ist echt ein Ding für ausgebuffte Profis. Transparenz gelingt ja meist noch irgendwie, wobei es auch hier eine große Herausforderung ist, die richtig wichtigen Informationen, gut aufbereitet, zur richtigen Zeit, in der richtigen Form, (d.h. verständlich und anknüpfungsfähig) den richtigen Menschen / Mitarbeitern bereitzustellen. Transparenz ist zudem eine Holschuld, kein Bringschuld! Menschen mit Informationen zu überschütten, die sie nicht interessieren ist da vollständig kontraproduktiv. Aber das alles richtig zu machen ist, nun ja, halt nicht einfach.

Das 3. Problem

Funktionierende, gelebte Agilität ist Selbstvertrauen pur. Und ganz ehrlich, wer, der in klassische hierarchischen Strukturen seine Lorbeeren verdient hat und aufgestiegen ist, will schon, dass die anderen mehr Selbstvertrauen entwickeln? Da muss man doch mit dem berühmten Klammeraffen gepudert sein, wenn man auf einmal den Mitarbeitern erlaubt die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Da gehen doch alle (persönlichen Karriere)Pläne garantiert den Bach runter.

Auf der anderen Seite: Wer wird denn so blöd sein, Verantwortung zu übernehmen, wenn sich da ein anderer findet und es bislang dafür immer nur einen auf den Deckel gab. Macht doch keiner. Obrigkeitshörigkeit haben wir schließlich schon im Kaiserreich gelernt.

Ich fürchte ich könnte hier noch eine lange Liste von Problemen aufführen, die zumeist darauf zurückzuführen sind, wie wir – gerade im Unternehmenskontext – sozialisiert sind. Wir sind Kinder eines zu lange als relativ als aushaltbar erlebten Managementdesigns, also einer Art Unternehmen zum Funktionieren zu bringen, die zwar kaum einen glücklich gemacht hat, aber den Broterwerb sicherte. Und mehr als das, Zufriedenheit oder Spaß an der Arbeit… da tun wir uns einfach schwer, an sowas zu glauben und dafür vom alten, erlebten, gewohnten, „sicheren“ Abschied zu nehmen.

Nur – wenn man sich ansieht, was da draußen, außerhalb der Unternehmens(un)glückseeligkeit so passiert, dann kommt man an dem Thema einfach kaum vorbei. Zu intensiv sind die Veränderungen und deutlich ist der Vorteil, wenn man den Wechsel hinbekommt.

Und doch Zweifel ich. Wie viel einfacher wäre es Trainings und Workshops anzubieten, die das alte weiter manifestieren. Wie viel leichter wäre es auch dem (inzwischen eben nicht mehr) bewährten weiter aufzusetzen, statt sich in mit und für Unternehmen den Kopf darüber zu zerbrechen, wie in dem speziellen Fall die Rahmen- und Strukturkomponenten zusammenzufügen sind. Wie viel weniger müsste man diskutieren, argumentieren und überzeugen?

Vor allem eben, weil es ja am Ende doch erstmal kaum einer so richtig will……

Und dennoch: Ich kann halt nicht anders, einfach, weil ich den Weg langfristig als alternativlos ansehe und mir lieber die Nase, ganz vorne an der Wand, blutig stoße, als ständig mit einem Bein über dem Abgrund zu hängen.

Irgendwie bin ich dann doch froh, dass mein Selbstvertrauen und das meiner Kunden und Auftraggeber dann doch so groß ist, dass es lohnt jeden Tag aufs Neue in unbekannte Welten aufzubrechen. 

  • Ja, Agilität braucht ein Top-Management, das Agilität vorleben will!
  • Ja, Agilität braucht gute Kommunikation und Transparenz – auch die ist hinzukriegen – irgendwie verstehen wir uns ja am Ende doch alle!
  • Ja, Agilität braucht Selbstvertrauen – auf wortwörtlich allen Seiten!
  • Ja, Agilität kann (und wird) in Deutschland immer besser funktionieren, wenn immer mehr Menschen immer mehr zu diesem, ihrem Selbstvertrauen finden. 
  • Und ja, mehr Selbstvertrauen tut – ganz nebenbei – auch unserer Gesellschaft gut – aber das ist ein anderes Thema.

So – und jetzt denke ich wieder weiter.

Agil Arbeiten und (dennoch) strategisch Planen?! Ein Experteninterview

Die meisten meiner Beiträge entstehen aus der Reflexion meiner Erfahrungen und Erkenntnisgewinne zu interessanten Themen, die ich dann an andere weitergebe. Heute habe ich einen Kollegen, Lukas Michel, eingeladen, seine Erfahrungen und Erkenntnisse ganz direkt mit mir und Ihnen zu teilen, einfach weil ich glaube, dass darin auch für Sie sehr wertvolle Inhalte verborgen liegen.

Lukas Michel und ich arbeiten zwar seit Jahren zusammen und tauschen uns intensiv aus, aber natürlich sind seine (An)Schichten zuweilen in anderen Bereichen fundierten und anders reflektierend als meine. 

Lukas hat mit THE PERFORMANCE TRIANGLE und seinem Buch zu MANAGEMENT DESIGN schon vor Jahren Reflexionstools im Kontext Agilität geschaffen, denen heute viele, auch und gerade einige große Beratungen nacheifern. Seine umfassende Erfahrung an dieser Stelle können sie jedoch nicht so schnell aufbauen. Er ist zugleich einer meiner Mentoren und ich schätze mich außerordentlich glücklich mit ihm zusammen (und im Verbund mit anderen Mitgliedern, des von ihm aufgebauten AGILITYINSIGHTSNetzwerks) zu arbeiten.   

Zum Interview

Lukas, Du arbeitest seit einer Zeit am und im Thema Agilität, als noch buchstäblich niemand etwas mit dem Begriff anfangen konnte, heute ist er Hype. Du hast damit mehr Erfahrung und Expertise als die meisten anderen die sich in diesem Feld tummeln. Was bedeutet der Begriff für Dich und wo siehst Du den größten Nutzen in Unternehmen? 

Danke Guido. Seit 16 Jahren ist Agilität das dominante Thema meiner Aktivität. Um in einem sich schnell verändernden Umfeld erfolgreich zu sein, braucht es agiles unternehmerisches Handeln. So war und ist unser bestreben durch mehr Agilität, zusammen mit Geschwindigkeit und Resilienz, Organisationen und Management zu dynamischen Fähigkeiten zu verhelfen. Dynamische Fähigkeiten ermöglichen das Antizipieren, das Vorwegnehmen und die Entwicklung von Fähigkeiten zur Veränderungen ohne die störenden Elemente traditioneller Veränderungsprozesse. Unsere Forschung bestätigt, dass Organisationen mit diesen drei dynamischen Fähigkeiten besser mit VUCA (V=Volatilität, U=Unsicherheit, C=Komplexität (Complexity), A=Vielfalt (Ambiguity)) umgehen und die Talente der Mitarbeitenden für mehr Leistung, Innovation und Wachstum einsetzen. Ich sehe im richtigen Design dieser Fähigkeiten in der Organisation und von Management den wahren Schlüssel zu nachhaltig guten Ergebnissen. 

Wir haben vor ein paar Wochen über den Zusammenhang zwischen strategischer Planung und Agilität bzw. den Mehrwert durch Agile Design Checks gesprochen. Was hat sich Deiner Meinung nach verändert?

In einem dynamischen Umfeld mit schnellen Veränderungen sind jährlich wiederkehrende Strategieübungen und Budgetrunden kaum mehr zeitgemäss. In diesem Kontext sind manche Ziele im dem Moment bereits obsolet, in dem diese vereinbart wurden. Bürokratie rund um Zielvereinbarungen sind die Folge. Die Kosten für Unternehmen sind enorm und die Steuerungsfähigkeit ist minimal. Planung als Jahresanlass ist ein Relikt vergangener Zeiten. 

Traditionelle strategische Planung und Budgetierung konzentriert sich auf das, was man sieht und zählen kann. Gleichzeitig sind die für die Wertschöpfung relevanten Faktoren weitgehend unsichtbar und schwierig messbar. Ich denke da an die Qualität der Führung, Kultur, Management Systeme, Zusammenarbeit, Sinn und Beziehungen. Dabei sind es eben die unsichtbaren „Teile des Eisberges“, welche die Aufmerksamkeit der Strategie und Planung brauchen. 

Gleichzeitig sitzt das Wissen in modernen Unternehmen bei den Mitarbeitenden. Führungsteams sehen nur etwa 15% dessen, was in Organisation abläuft. Traditionelle top-down Planung hat in diesem Kontext definitiv ausgedient. 

Gerade jedoch in einem dynamischen Umfeld ist das Bedürfnis nach Steuerung und Kontrolle, und damit nach Sicherheit, gross. Darauf müssen Führungsteams auch in Zukunft nicht verzichten. Hierfür empfehle ich nicht-routinemässige, institutionalisierte und systematische Reflexion, um die weitere Entwicklung gezielt angehen zu können. Unser Agiler Design Check ist die konkrete Anwendung hiervon.

Früher haben strategische Planungsinitiativen wertvolle Hinweise für die Entwicklung des Unternehmens gegeben und es erlaubt die Zuordnung von Ressourcen wie Mitarbeitern und Budgets entsprechend auszurichten. Welche besonderen Vorteile siehst Du in der Verknüpfung dieser Art der Reflexion mit strategischen Planungsinitiativen?

Erstens gilt es, Strategie und Planung von starren Zeitachsen zu lösen. Ich empfehle ausserplanmäßige Denkarbeit immer dann, wenn Veränderungen dies auch erfordern. In einem dynamischen Kontext wird Strategie und Planung zur täglichen Arbeit. 

Zweitens gilt es, durch den geeigneten institutionellen Rahmen sicherzustellen, dass Strategie und Planung zur Aufgabe all derer wird, die sich um die Zukunft des Unternehmens sorgen und einen Beitrag leisten können. 

Drittens gilt es für Führungskräfte einzugestehen, dass sie nicht immer die gesamte oder richtige Antwort haben. Systematische Reflexion hilft, den gesamten Eisberg zu sehen, indem das Wissen aller einbezogen wird. 

Das Agile Design Check kombiniert Chris Argyris’ „Double-loop Learning“ mit Nick Luhmann’s und Stafford Beer’s „Second Order Observation Systems“ für das Monitoring von dynamischen Fähigkeiten. Beobachtung schafft Bewusstsein und Bewusstsein führt zu sinnvollen Entscheidungen und Handlungen.

Wie würdest Du heute im Rahmen einer strategischen Planung vorgehen, um dieses Bewusstsein zu schaffen und die Möglichkeiten optimal zu nutzen? Wo siehst Du die Unterschiede zu früher?

Für mich sind Planung und Strategie auch in einer dynamischen Zeit wichtig. Früher war das ein Jahresanlass der Führungskräfte. Heute ist das Teil moderner Unternehmensführung und Kommunikation. Traditionelle SWOT Analysen weichen kollaborativem Monitoring. 

So empfehle ich, in unregelmässigen Abständen eine Bewertung der vorhandenen unsichtbaren dynamischen Fähigkeiten durchzuführen. Das kann man heute schnell und unkompliziert mit standarisierten Diagnoseinstrumenten wie mit dem Design Check machen. Klarheit über die immateriellen Fähigkeiten einer Organisation zu haben, wird somit zur Ausgangslage für Strategie und Planungsarbeit. 

Strategie und Planung sind Instrumente, die den Austausch und Dialog fördern. Mehr Beteiligte sehen mehr. Und, wer so beteiligt wird, übernimmt auch leichter Verantwortung. Genau das nutzen wir mit den Design Checks aktiv, in dem alle an der Diagnose beteiligten Führungskräfte und Mitarbeiten in einem Tagesworkshop mithelfen, die Erkenntnisse aus dem Design Check in Handlungsinitiativen zu übersetzen. Dabei helfen moderne Moderationstechniken, alle Beteiligten auf Lösungen auszurichten,die Verantwortung bei ihnen zu belassen oder sie zentral und aktiv einzubinden. 

Welche Vorteile bietet aus Deiner Sicht an dieser Stelle ein Agile Design Check? Welche Perspektiven eröffnet er? Welche Flecken bleiben ggf. dennoch blind und warum?

Wenn 90% des Wissens bei den Mitarbeitenden liegt und der Grossteil der Fähigkeiten unsichtbar ist, dann muss es als Führungskraft mein Ziel sein, dieses Wissen freizusetzen und den Eisberg trockenzulegen, oder eben, den Fokus auf die für die Wertschöpfung relevanten Aspekte für Strategie und Planung zu legen. Hiermit werden Standards, Muster, Eigenschaften und Reifegrade der Organisation transparent. Nur was man sieht, kann man auch gestalten. So wird der Agile Design Check zum Gestaltungswerkzeug für dynamische Fähigkeiten. 

Inwieweit sollten die Mitarbeiter hier einbezogen werden, oder reicht es die Führungskräfte in die Reflexion einzubeziehen, um valide Aussagen zu erhalten?

Alle Unternehmen sagen von sich: „Wir stellen nur die besten Mitarbeitenden ein“. In diesem Sinne gilt es, diese Mitarbeitenden sinnvoll in die Planung und Strategie einzubeziehen. Mit dem Agile Design Check geht das ganz einfach. Indem Mitarbeitende die Fragen des Online Diagnoseinstrumentes beantworten, sich hiermit Überlegungen machen, was und wie die Dinge sein sollen und einen Beitrag im Workshop leisten, mobilisieren wir Wissen und Verantwortung schneller und einfacher als jedes traditionelle Planungsinstrument. Durch den Einbezug von Mitarbeitenden, durch den Zugang zu mehr Wissen und die Möglichkeit der direkten Einflussnahme von Führungskräften erhöht sich die Klarheit und die Steuerbarkeit im Vergleich zum traditionellem Vorgehen. 

Der Agile Design Check bietet mehr Sicherheit und Planbarkeit für heikle Entscheidungen in Unternehmen. Er ist die Grundlage für den besseren Umgang mit den Unwägbarkeiten eines zunehmend volatilen, unsicheren und komplexen Marktumfeldes. 

Lieber Lukas, vielen Dank für das Teilen Deine profunden Erfahrungen.

„Strategisch-agile Planung, geht das?“ –  Wie Sie Agilität und strategische Planung zusammen-denken

Strategische Planung & Agilität – Symbiose oder Schizophrenie?

Die Idee Pläne zu machen finde ich immer wieder faszinierend und grausam! Auf der einen Seite machen wir Pläne, um Unsicherheiten zu überwinden, Klarheit zu schaffen, Strukturen aufzubauen und damit so etwas wie Wohlbefinden zu erzeugen. Auf der anderen Seite landen die allermeisten Pläne, kurz nachdem man sie gefasst hat, auf dem Müll oder sind zumindest die dafür aufgewandten Energie nicht wert, da sie in dem Moment in dem sie gefasst und abgesegnet werden, meist schon hoffnungslos überholt und veraltet sind.

Wer dennoch versucht sich an den Plänen zu orientieren, wer IST / SOLL Vergleiche anstellt, wer sich zum Sklaven der Fortführung der Vergangenheit in die Zukunft macht, um die zukünftigen Boni zu sichern, steckt in einer grausamen Falle.

Und doch – ich verstehe, dass Unternehmenslenker auch in Zeiten immer schwieriger abzuschätzender Entwicklungen – teilweise immer stärker – auf dieses alte Instrument bauen. Denn was sonst gibt uns die für unsere Resilienz so wichtige Sicherheit?!

Das ungenutzte Potenzial

Meine ursprünglicher Plan für diesen Artikel war die Sinnlosigkeit der in vielen Unternehmen jetzt startenden strategischen Planungsrunden darzulegen. Insbesondere in Organisationen, die auf dem Weg zu agileren Zusammenarbeitsstrukturen sind, scheint es zunächst widersinnig, Komplexität und Dynamik mit Plänen entgegentreten zu wollen.

Doch sind mir in der Reflexion und Diskussion unsere allzu menschlichen Grenzen wieder bewusst geworden und damit eben auch die schon genannte Suche nach Sicherheit und Stabilität, den zwei Grundpfeilern für agiles Arbeiten. 

Und doch, den strategischen Planungsprozessen, wie sie oftmals heute noch abgearbeitet werden, fehlt eine wesentliche Komponente, um wieder echte Relevanz zu erlangen. Die etablierten Planungsmuster drehen sich um Umsätze, Kosten, Budgets, Risiken, Effizienz, Ressourcen, Produktentwicklungen, Produktionsmittel, Zielsetzungen, Marktanalysen, die Bewertung von Trends, etc. Sie blicken damit sehr ins Detail. Der Fokus liegt dabei auf der Implementierung von Steuerungsmaßnahmen, statt der Öffnung von Raum in dem auf die eigenen und fremden (Aus-)Wirkungen der Umwelt auf das Unternehmen reagiert werden kann.

Selten werden tatsächliche strategische Maßnahmen, die Reflexion von langfristigen Zielen oder gar Retrospektiven von Projekten, Prozessen und Werten mit einbezogen. Und bislang habe ich jedoch nie erlebt, dass im Rahmen strategischen Mittel- und Langfristplanungen das Thema Agilität und die Vorbereitung der Organisation auf agile Arbeitsstrukturen explizites Thema war. Doch gerade im Bestreben das gesamte Bild zu erfassen steckt viel ungenutztes Potenzial. 

Deep Dive in die Potenziale und Probleme

Wer sich in einer, auf ihre Entwicklung immer schwerer abschätzbare Zukunft einstellen will, kommt nicht umhin, die sozialen und kognitiven Fähigkeiten der Mitarbeiter intensiver zu nutzen und so reaktionsschneller und -vielfältiger zu werden. Immer mehr Kunden und Märkte erwarten immer mehr Geschwindigkeit, Service und Individualität. Eine, und die aus meiner Sicht beste, Möglichkeit dies zu tun ist, Agilität tief im Unternehmen zu verankern. Tief heißt dabei nicht nur auf der operativen Ebene, sondern insbesondere auch in Bezug auf strategische Geschäftsmodell- und organisationale Managementmodellentwicklungen. „Planvolles“ Ziel sollte sein, die Organisation frühzeitig und bestmöglich auf immer häufiger und immer dynamischer kommende Situationen einzustellen.

Es ist allerdings schwierig, diese vorbereitenden Maßnahmen anzugehen und vorauszudenken, solange nicht klar ist, an welchen Themen es in der Organisation (schon jetzt und mit besonderer Sicht auf das Thema „Agilität“) hakt, wo die Potenziale, Hemmnisse und echten Probleme stecken, wo Kommunikation schiefläuft, wo es an Freiraum zur Verantwortungsübernahme fehlt, wo der Sinn nicht klar ist, wo Beziehungen schlecht sind, wo Führungssysteme zu sehr einengen, wo die Kultur abgrenzt, statt zu verbinden. Wenige Unternehmensreflexionen, die im Rahmen strategischer Planungen durchgeführt werden beziehen diese spezifische Sicht mit ein. 

Erkenntnisse aus Agile Design Checks

Vor ein paar Monaten habe ich gemeinsam mit AGILITYinsights eine Studie zu Agilem Management durchgeführt, die dank einer großen Resonanz solide und valide Aussagen zu der Adaption agiler Führung in Unternehmen zulässt. Nimmt man die Ergebnisse der sehr planungs- und steuerungsverliebten Unternehmen aus dieser Befragung und betrachtet sie mittels des „Agilen Diamanten“ im Kontext einer dreiwertigen Agilität (operativ, strategisch und organisational) so treten eindeutige Muster auf. 

©2018 AGILITYinsights & ZUKUNFTheute

Die Unternehmen erreichen in allen agil-strategisch relevanten Bereichen nur mittelmäßige Ergebnisse. Das für den Aufbau von Agilität so grundlegenden Element „Kultur“ wird als deutlich unterdurchschnittlich wahrgenommen. Innovation findet hier entsprechend kaum statt.  

Ebenso eindrücklich ist das Bild, wenn man sich die Dialogkompetenz in den Unternehmen betrachtet. Offene, aufrichtige Dialoge sind eine Grundvoraussetzung, um auf ein neues Niveau guter, aktiver und agiler Zusammenarbeit aufzusteigen. Wo keine oder wenige Dialoge stattfinden, wo Monologe vorherrschen, da kann sich keine Agilität entwickeln. Im Modell der auf bei der Befragung genutzten Agile Design Checks tauchen Hinweise hierzu in der Leadership Scorecard auf und lassen Hinweise auf die Ausgestaltung dieser zunehmend wichtigen Führungsaufgabe zu. 

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© 2018 AGILITYinsights 

Gelebte Agilität braucht gute Dialoge zu unterschiedlichsten Themen. Organisationale Agilität schafft Raum, (auch) für diesen Austausch.

Strategische Reflexion der Art, wie das Unternehmen funktioniert

Bei einem weiteren Aspekt sehe ich die Notwendigkeit, strategisches und agiles Denken intensiver miteinander zu verknüpfen und sich dazu valide Aussagen, wie sie zum Beispiel auch im Rahmen der Agile Design Checks entstehen, zunutze zu machen.

Ein Ziel strategischer Planungen ist Raum zu schaffen, in dem (strategische) Weiterentwicklung möglich ist, sei es in Hinblick auf neue Produkte, neue Umsatzquellen, Kompetenzgewinn oder einen steigenden Beitrag zum sozialen oder ökologischen Umwelt. Die Möglichkeiten sind hier so vielfältig wie die Zielsetzung der Unternehmen. Lange Zeit war, mangels sinnvoller Alternativen und damit zunehmend auch einem fehlenden Bewusstsein für die Existenz anderer Wege, das Thema „Managementmodell“ (unbewusst) ausgeklammert. Mit Managementmodell ist dabei gemeint, nach welchen Grundsätzen und Logiken ein Unternehmen geführt wird und funktioniert. Es geht darum zu klären, wie Entscheidungen getroffen werden, wie das bestehende Geschäft weitergeführt und gleichzeitig neues Geschäft aufgebaut wird, wie Ziele zu Ergebnissen passen und wie Leistung entsteht. Durch das Fehlen dieses Elementes haben sich viele Unternehmen die Chance genommen, Innovation den notwendigen, wichtigen, neuen Raum zu geben oder sich den Veränderungen vonMärkten und Umwelt anzupassen. Wer etwa in der Methodologie der Lean Startups einem „Minimum Viable Product“ die Möglichkeit verschaffen will das Licht des Marktes zu entdecken, kann und darf nicht nach dem Projektstart auf einen schnellen Return on Invest schielen oder einen 100%-Top-Quality Ansatz verfolgen.

In vielen Unternehmen wird in diesem Zusammenhang zwar an neuen Geschäftsmodellen gearbeitet, gerne auch mit Methoden wie dem Business Model Canvas. Der Erfolg solcher Maßnahmen hängt aber mindestens ebenso stark vom extrem selten bewusst reflektierten Managementmodell ab. Doch auch hier existiert ein Silberstreif am Horizont. Der im Rahmen des Speaker Contest des Nordic Business Forum der Öffentlichkeit vorgestellte Management Model Canvas, macht hier auf elegante Art das für das alltagsgewohnte Auge unsichtbare sicht- und greifbar. Auch hier kann ich Ihnen und empfehlen diesen Ansatz einfach mal im Rahmen der eigenen Überlegungen auszuprobieren. (Mehr Infos auf www.managementmodeldesign.net)

Gibt es eine Zukunft für die Planung?

Am Ende hängt die Zukunft der etablierten und auch für viele (noch) wichtigen strategischen Planung davon ab, wie sehr sich diese für die Notwendigkeiten der Zukunft öffnen und inwieweit Entwicklung und deren Potenziale mit aufgenommen werden. Hier entscheidet es sich, ob das Vorgehen sich symbiotisch ergänzt, oder durch die beinhaltete Schizophrenie das Unternehmen lähmt.

Noch ist Agilität also nicht der Abgesang der Planungszyklen, sondern birgt im Gegenteil die Chance durch die Aufnahme agiler Einflüsse und die Vorbereitung der Organisation auf das Thema Agilität in allen drei Komponenten den strategischen Planungsprozessen neues Gewicht und neue Bedeutung zu geben. Ohne diese Bereiche allerdings halte ich sie weiterhin für Zeitverschwendung und bestenfalls für sinnbefreite Beschäftigungsmaßnahmen. 

Am Ende entscheiden Sie in der Leitung Ihres Unternehmens selbst, wohin Ihr Weg, auch und gerade strategisch, geht. 

Wenn Sie die kostenfreie Demo der Agile Design Checks nutzen möchten, um erste Anhaltspunkte zu erhalten, melden Sie sich hier an. Wenn Sie „Ihren“ Agilen Diamanten erhalten wollen schreiben Sie uns dies bitte unter Bemerkungen – wir melden uns dann, um Sie durch das Ergebnis zu führen.

Ist „agil“ der neue Change?

Vor ein paar Wochen hatte ich eine intensive Diskussion mit einer leidvoll geprüften Führungskraft. Sie war gerade von einer Schulung zum Thema Agilität zurückgekehrt und nahm die neue Veränderung als eine von vielen wahr. Dabei steckt im agilen deutlich mehr als nur Veränderung.

Dennoch werden „agile Transformationen“ mit denselben Methoden angegangen und geplant, wie Changeprojekte. Ich halte dies für einen fatalen und nachhaltigen Fehler, denn dieser Ansatz vernichtet mehr Potenzial als er in den Organisationen eröffnet.

Schneller und dynamischer zu verändern ist nicht „agil“

Change ist immer weniger eine einmalige Angelegenheit und wird stattdessen immer permanenter. Nach 10 Restrukturierungen, Softwareinführungen und Prozessoptimierungen in drei Jahren ist Change stetiger Begleiter der Mitarbeiter in großen Unternehmen geworden. Dabei liegt der Fokus aus singulären Veränderungen von Details und Symptomen. Es liegt nicht in der großen Veränderungen, dem umfassenden „anders machen“ – weil dieses Vorgehen, nach traditionellen Maßstäben, zuviel Unsicherheit in sich trägt.

Da bleibt man lieber dabei 80% der Projekte scheitern zu lassen, statt umzudenken, neues wirklich zuzulassen und in Tiefe und eben auch auf der organisatorischen Ebene agiler zu werden.

In agilen Transformationen steckt viel alter Change

Agil ist (auch) der neue Hype. Das heißt, um genau zu sein: operative Agilität. Die Einführung von divers strukturierten, Verantwortung tragenden kleinen Teams, die direkt an der Kundenschnittstelle frei agieren könne. Das ist in, das ist trendy.

Das sich damit zugleich riesige Gräben zwischen diesen neu strukturierten und den „alten“ Einheiten auftun, wird dabei erstmal gerne übersehen. Zu spannend ist das „Experiment“, der Innovationsfaktor in der Veränderung, zu viel Spaß macht es und zuviel Profilierungschance steckt im Feiern der Anfangserfolge.

Doch das böse Erwachen, der Kater folgt, wie der „Genuss“ von 2 Flaschen Wein: auf dem Fuße und mit 100%iger Sicherheit.

Zu oft fehlt das Bewusstsein für die notwendige strategische, wie auch die organisationale Agilität. Oft wird weder konsequent neuen Geschäftsmodellen, noch in neuen, für agiles arbeiten geeigneten Gesamtstrukturen gedacht. Was so entsteht, ist ein Flickenteppich aus Feigenblättern mit dem Aufdruck „agil“. 

Alle Achtung

Wer leichtfertig versucht Agilität einzuführen, wer gar versucht von unten nach oben zu skalieren wird immer die schon genannten Kopfschmerzen erleben. Agilität ist kein leichtes Thema, es ist eines, dass erfordert den Blick zu heben und das Gesamtbild zu betrachten. Ein Thema, das das operative mit dem strategischen und dem organisationalen verbinden muss.

Wer „Agilität“ in seiner Organisation umsetzen und womöglich skalieren will, muss ein paar Themen und zugleich das „Big Picture“ des Unternehmens im Auge behalten:

Welches Potenzial hat Agilität? Welche Chancen und welche Risiken ergeben sich, wenn die Organisation befähigt wird, agiler zu agieren, schneller zu reagieren und selbstständiger zu entscheiden?

Welcher Nutzen und welcher Schaden ergibt sich, wenn vermehrt agile Ansätze implementiert werden? Was geschieht in der Organisation, wenn „agil“ als Thema präsenter wird? Wo unterstützt die damit verbundene Haltung und Kultur die Zusammenarbeit, wo schadet es dem Unternehmen? Ist das Unternehmen, die Branche bereit dafür, oder wäre es besser noch ein paar Jahre zu warten?

Wie verändert mehr oder weniger Agilität die Zukunft des Unternehmens und der Mitarbeiter? Wie verändern sich Aufgaben und Rollen in den nächsten Jahren – ganz unabhängig von Agilität? Wie kann agiles Verhalten die notwendigen Lern- und Lehraufgaben unterstützen? Wo erleichtern eine ein agiles mindset den Mitarbeiter mit den Veränderungen ihrer persönlichen Arbeitssituation umzugehen?

Wer braucht Agilität überhaupt? Wo und für wen im Unternehmen ist Agilität essenziell und existenziell? Welche Bereiche brauchen die Chance zur dynamischen Reaktion auf sich stetig verändernde Kundenanforderungen?

Wer braucht das nicht?! In welchen Bereichen ist er Umstieg zu agilerem Handeln (noch) nicht notwendig? Welche Bereiche sind „Prio 2“? Welche sollte sich des Themas enthalten?

Wie baut man die Schnittstellen? Wenn Agilität, sei es auf operativer oder organisationaler Ebene ein Thema für das Unternehmen ist, wie geht man dann den Schnittstellen zu den Bereichen um, die (noch) nicht agil arbeiten können / sollen /müssen? Wie reduziert man Spannungen und Missverständnisse?

Sind die Menschen bereit und offen für die persönliche Wirkung und Entwicklung? Agile Zusammenarbeit spiegelt sich in der Haltung und dem Verhalten der Teams und Menschen wider. Der Wandel wirkt sich ganz direkt auf die Menschen und ihre persönliche Entwicklung aus. Es geht eben nicht nur darum, eine neue Software zu erlernen, oder in einer neuen Struktur zu arbeiten. Agilität verändert das Bewusstsein für zielgerichtete Arbeit miteinander am gleichen Thema. Dies führt zu emotionalen Konflikten und Diskussionen, jenseits der einfachen Betrachtung von Fakten und Entwicklungen.

Und die Kernfrage:

Wie vermittelt man der ganzen Organisation dieses Amibvalenz ohne, dass sie zerreißt? Wer muss hier aktiv werden? Wer sollte sich raus halten? Wo kann man beginnen? Worauf kann man aufbauen?

All dies (und einiges mehr) sind die Fragen, denen sich diejenigen stellen sollten, die Agilität einführen wollen, sollen oder können. Es sind strategische Fragen, denen man auch schon in strategischen Mittel- und Langfristplanungen den ihnen gebührenden Raum geben sollte.

Mein Credo

Agilität, mit all seinen Chancen und Risiken, mit all seinen Möglichkeiten und Folgen muss strategisch und organisational im Management verstanden und angewendet werden. Die Spitze muss das Thema verinnerlichen und vorleben. Ein agilitätsagnostisches Management ist, aus meiner Sicht, ein Indikator für den Untergang des Unternehmens in den nächsten 5 – 10 Jahren. Agilität auf der Top-Ebene ist kein Luxus, keine neue Spinnerei, sondern überlebensnotwendig.

Nein, agil ist nicht der neue Change, es ist mehr, umfassender – zumindest, wenn man es bewusst und „richtig“ angeht. Es ist der Schlüssel zur Vorbereitung von Unternehmen auf die Zukunft – auf struktureller, organisatorischer und kultureller Ebene.

Die großen haben es erkannt – und scheitern zugleich oftmals an ihrer Größe, Struktur oder dem Versuch, erfolgreiche Modelle anderer zu adaptieren. Auch einige Beraterkollegen empfehlen lieber Kopien, als arbeitsintensivere organisationsindividuelle Ansätze. Besonders hier ist mehr gelebtes Bewusstsein auf der Top-Management Ebene gefragt.

Der Mittelstand ist entweder bereits auf dem Weg oder der Tradition verhaftet. (Auch) hier fußt die Entwicklung mehr auf der Meinung des Inhabers / Investors / Vorstands / Geschäftsführers als auf einem ergebnisoffenen Nachdenken über die Zukunft.

Und die kleinen, die eben ganz oft schon agil, ohne es zu realisieren. Ihnen fehlt oft nur ein Sparringspartner und die fokussierte Reflexion, um an den ungenutzten Potenzialen zu arbeiten.

Und ja, Agil ist der Anlass für Change, für einen (vorerst) letzten, ganz großen. Für einen Wandel von Mindset/Haltung/Verhalten, Verantwortungsallokation, Entscheidungsprozessen und Strukturen. Aber Agil ist kein Change, nichts dessen man sich durch „bend and wait“  entziehen kann. Es ist ein Wandel, den alle verstehen und akzeptieren, besser noch, unterstützen sollten, denn er bringt am Ende, richtig gemacht, allen mehr Zufriedenheit und Erfolg, er bringt gesunden Menschenverstand und gesundes Menschengefühl zusammen, er erlaubt die kognitiven und sozialen Kompetenzen (fast) aller zu nutzen. Fast Aller! Denn wie immer gibt es diejenigen, die sich hier verweigern, jene 10 – 15% die ohnehin gegen alles sind, auch gegen die Chance sich selbst in dazu Zukunft zu katapultieren. Es ist auch in Zukunft immer noch der beste Rat bewusst zu entscheiden, auf welche der 10 – 15% der Mitarbeiter in den „Randbereichen“ man setzen möchte. Auf die Wegbereiter der Entwicklung oder die Bewahrer des erprobten und bislang verlässlichen. Auf die, die Veränderung (und Agilität) mit ganzem Herzen wollen, oder die, die am guten des alten festhalten.

Am Ende kommt es aber auch hier, wie so oft, auf die organisationsindividuell richtige Balance an. Diese zu finden ist die Königsdisziplin, die Aufgabe, die wahres Ansehen und Anerkennung jenseits alter Macht verheißt. Sie zu finden ist die strategische Zielsetzung agiler Unternehmen.